Solange es Supermarktkaffee gibt, werde ich nicht aufhören, über die Bedeutung hochwertiger Kaffeebohnen zu predigen. Und dass ihr diese sogar in euren Kaffeevollautomaten reinkippen könnt oder für andere Zubereitungsmethoden nutzen könnt.
Solange es Supermarktkaffee gibt, werde ich nicht aufhören, über die Bedeutung hochwertiger Kaffeebohnen zu predigen. Und dass ihr diese sogar in euren Kaffeevollautomaten reinkippen könnt oder für andere Zubereitungsmethoden nutzen könnt.
Dafür versuche ich, euch für die wichtigsten Faktoren verantwortungsvollen Kaffees zu sensibilisieren.
Ich analysiere, was nachhaltiger Kaffee ist, oder wo der Unterschied zwischen Fairtrade, Fair Trade und Bio-Kaffee liegt – falls es überhaupt einen gibt. Diese Dinge fließen dann in meinem Kaffeebohnen- und Espresso Test ein.
Hier habe ich euch jüngst den X-Roast Kaffee vorgestellt – ein Gemeinschaftsprojekt der Fair-Trade-Pioniere von GEPA mit der Direct-Trade-Rösterei Quijote Kaffee aus Hamburg.
Nach meinem Test hatte ich die Gelegenheit, mit den Machern über genau die Themen zu sprechen, um die es uns bei guten Kaffeebohnen gehen sollte.
Unser Zoom-Gespräch führten wir mit Kleber, dem Einkaufsmanager Kaffee der GEPA, deren PR-Chefin Barbara und Pingo von Quijote Coffee.
Dabei habe ich erfahren, dass der X-Roast eigentlich nicht für Endkunden gedacht ist – sondern die Kaffeebranche aufrufen soll, fairen und transparenten Kaffee neu zu denken.
Offensichtlich gibt es auch hier noch viel Aufklärungsbedarf. Folgt mir also zu einem Blick hinter die Kulissen einer Branche, die noch nach einem Weg in eine nachhaltige Zukunft sucht.
Coffeeness: Die GEPA importiert Fair-Trade-Produkte in den unterschiedlichsten Kategorien von Schokolade bis Kleidung. Wie groß ist euer Kaffee-Segment?
Kleber: Derzeit importieren wir rund 2.500 bis 3.000 Tonnen Kaffee pro Jahr von 44 Genossenschaften und Handelspartnern. Unser Schwerpunkt ist Lateinamerika, aber wir arbeiten mit Kooperativen auf der ganzen Welt.
Laut eures Geschäftsberichts für 2020 macht Kaffee rund 40 Prozent eures Umsatzes aus. Unter welchen Bedingungen bzw. mit welchen Zielen vermarktet ihr die Produkte?
Kleber: Wie auch in anderen Sparten geht es uns darum, den Erzeugern neue, faire Absatzchancen zu ermöglichen und Kunden mit GEPA-Kaffee für Fairness und Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette zu sensibilisieren. Letztendlich wollen wir natürlich auch zeigen, dass Fair-Trade-Kaffee guter Kaffee sein kann.
Muss man das denn zeigen? Mit welchen Imageproblemen hat Fair Trade zu kämpfen?
Barbara: Auch wenn sich seit unserer Gründung 1975 viel getan hat, müssen wir immer noch beweisen, dass Fair-Trade-Produkte keine Mitleidsprodukte aus der Dritten Welt sind. Der Hippie-Faktor lässt sich nur schwer ablegen. Jahrelang dominierte der Eindruck, dass die Qualität zwangsläufig unter dem Bekenntnis zum fairen Handel und zu sozialen Aspekten leidet.
Kleber: Natürlich gibt es Fair Trade Kaffee, der scheiße schmeckt. Aber wenn wir über Specialty Coffee reden, dann zählen viele Fair-Trade-Angebote längst dazu. Das weiß nur kaum jemand. Durch die Zusammenarbeit mit Röstereien wie Quijote wollen wir diesen Aspekt viel stärker in den Fokus rücken.
Gutes Stichwort. Pingo, eure Rösterei zählt zu den Vorreitern in Sachen Direct Trade, Transparenz und Specialty Coffee in Deutschland. Das funktioniert, weil ihr jeden Kaffeestrauch persönlich kennt. Ist die Zusammenarbeit mit einem größeren Importeur wie der GEPA nicht ein Rückschritt bzw. ein Abweichen von euren Prinzipien?
Pingo: Im Gegenteil. Der Fair-Trade-Ansatz der GEPA passt hervorragend mit unserem Direct-Trade-Ansatz zusammen. Sicherlich erreichen unsere eigenen Kaffees normalerweise noch höhere Cupping Scores. Aber die Qualität, die die GEPA-Partner liefern, ist eben wesentlich höher, als man denkt. Das war im Grunde auch der Ansatz für diese Auflage unseres X-Roast-Projekts.
Der GEPA-X-Roast ist die neueste Auflage in einem Projekt, das ihr schon länger durchzieht. Was ist die Idee dahinter? Und was versprecht ihr euch von der Zusammenarbeit mit der GEPA?
Pingo: X-Roasting ist ein politisches Projekt. Wir arbeiten für eine Röstung mit Importeuren, anderen Röstereien oder Baristas zusammen, um der Kaffeeszene zu zeigen, was in unserer Branche in Sachen Fairness, Transparenz usw. möglich ist. Speziell beim GEPA-X-Roast wollen wir verdeutlichen, dass sich auch über größere Handelspartner hervorragender Rohkaffee einkaufen lässt. Solange diese natürlich dieselben Standards anlegen, die auch wir anlegen.
Was haben Röstereien davon?
Pingo: Es geht nicht nur um die Röstereien. Aber für sie wird es möglich, Specialty Coffee einzukaufen, ohne dass sie selbst Direct-Trade-Strukturen aufbauen müssen. Es gibt also einfache Möglichkeiten, als Rösterei fair gehandelten Kaffee zu liefern.
Aber ist das nicht ein Widerspruch – direkte Beziehungen zu Kaffee-Erzeugern und große Handelspartner?
Kleber: Aus unserer Sicht – Pingo stimmt mir da sicher zu – ist es ein Beschleuniger für einen fairen, transparenten Kaffeemarkt. Kleinröster finden neue Wege, um hochwertigen Kaffee einzukaufen. Unsere Genossenschaften können neue Absatzmärkte erschließen. Die Röstereien beweisen mit ihrem fertig gerösteten Produkt, wieviel Specialty im Fair Trade Coffee steckt. Alle zusammen stärken die Verfügbarkeit und die Präsenz auf dem Markt.
Da bleibt die Frage, wie weit dieses Wachstum gehen kann. Schließlich bedeuten höhere Absatzzahlen und Importmengen, dass irgendwann die Transparenz oder die Qualität leidet.
Pingo: Kapitalismus und Transparenz schließen sich nicht aus. Man muss allerdings als Unternehmen akzeptieren, dass das Wachstum Grenzen hat. Doch diese Grenzen sind relativ. Nehmen wir zwei Beispiele:
- Wir haben für den GEPA X-Roast Coffee und den X-Roast Espresso 4,5 Tonnen Rohkaffee eingekauft. Das ist vergleichsweise wenig.
- Counter Culture Coffee, die für mich zu den transparentesten und besten Direktimporteuren und Röstern gehören, verarbeiten jährlich rund 1.500 Tonnen.
Größe ist also nicht das Problem. Man muss es nur richtig machen.
Barbara: Ich glaube, man sollte auch die Wachstumsgeschwindigkeit nicht aus den Augen verlieren. Wir haben unsere Umsätze auch deutlich gesteigert. Unsere heutigen Zahlen sind jedoch das Ergebnis von fast 50 Jahren Entwicklungsgeschichte. Der wichtigste Leitwert ist die Unternehmensphilosophie. Solange sich das Handeln an den Werten orientiert, sehe ich keinen Grund, warum Fair Trade Coffee nicht den Markt dominieren sollte.
Pingo: Das ist für uns auch ein Punkt. Wir wollen zeigen, was geht. Es ist noch viel zu viel Luft nach oben, vor allem, wenn es um konsequentes Handeln geht. Je mehr wir beweisen, dass Umdenken auch in der Praxis funktioniert, desto schneller wird sich wirklich etwas ändern.
In unserer Zoom-Konferenz haben wir noch über viele weitere Themen gesprochen – zum Beispiel über den Ausbildungsbedarf von Kaffeebauern oder über Fair Trade an sich. Habt ihr Interesse an weiteren Spezialeinblicken hinter die Kulissen guter Kaffeebohnen? Dann hinterlasst mir gerne einen Kommentar!