Coffeeness auf der IFA 2019: Die Maschine ist tot, es lebe die Kaffeebohne!

Eigentlich ist es völlig absurd, sich als Hersteller jährlich den Aufwand ans Bein zu binden und einen riesigen Messestand aus dem Boden zu stampfen, um Kaffeevollautomaten und Zubereitungsmethoden für Kaffeebohnen zu präsentieren.

arne auf der ifa 2019

Eigentlich ist es völlig absurd, sich als Hersteller jährlich den Aufwand ans Bein zu binden und einen riesigen Messestand aus dem Boden zu stampfen, um Kaffeevollautomaten und Zubereitungsmethoden für Kaffeebohnen zu präsentieren.

Denn Kaffeevollautomaten oder Siebträgermaschinen können weder immer größer noch immer kleiner werden. Die mechanischen Anforderungen an den Druck und die physischen Parameter rund um Espresso und Co bleiben auch immer gleich. Es gibt also schlicht oft nichts Neues, was man dem interessierten Konsumenten andrehen könnte.

Bei Fernsehern reicht es schon, mehr Bildpunkte oder größere Bilddiagonalen einzubauen – oder mit dem faltbaren Smartphone einen Bedarf zu decken, den niemand hat. Dann kann man „Innovation“ draufschreiben, Promoter rumhampeln lassen und die Massen begeistern.

Dennoch fällt es sofort auf, wenn man als alteingesessene Kaffeemarke nicht auf der IFA vertreten ist. Also muss man sich was einfallen lassen. Die Marktsättigung und Langeweile ist für die Hersteller ein riesiges Problem – und gleichzeitig eine Chance für die gesamte Kaffeewelt.

Denn wenn es nichts mehr an der Hardware zu drehen gibt, wendet sich das kluge Unternehmen der Software zu. In unserem Fall ist dies natürlich die Kaffeebohne.

In den vergangenen Jahren (siehe mein IFA-Report 2018 und 2017) war es den Herstellern ziemlich wurscht, welche Bohnen in den Vorführgeräten landeten. Danach fragte sowieso niemand, die Packungen wurden meist gut versteckt. So mancher Promoter seufzte laut über den schlechten Kaffee, den er servieren musste. Zu Recht.

2019 scheint sich das Blatt endlich gewendet zu haben: Fast jeder Gerätehersteller geht Kooperationen mit kleinen Röstereien ein. Viele tun zumindest so, als würde sie interessieren, wie sich der Kaffeepreis entwickelt und was das für die Kaffeebauern und die Wertschöpfungskette bedeutet. Und plötzlich stehen die Kaffeepackungen selbstbewusst neben den funkelnden Maschinen.

Darum haben ich und mein Team beim Rundgang über die IFA 2019 auch weniger nach neuer Technik, als nach dem Bewusstsein für die Kaffeebohne gesucht. Und ähnlich wie bei den Maschinen war es uns ein ziemliches Vergnügen, hinter all das Marketing-Gelaber und Promotion-Gewese zu blicken.

Denn gerade beim Thema Kaffeebohne zeigte sich deutlich, welche Marke die Zeichen der Zeit verstanden hat und aktiv einen Beitrag zur Aufklärung des Konsumenten beitragen will.

Es zeigte sich auch, wer nur einen neuen Ansatz sucht, um seinen Krempel an den Mann zu bringen. Und es zeigte sich leider auch, wem das Kernelement dieser Technikwelt vollkommen am Arsch vorbeigeht.

Totalausfall und Budenzauber: Philips demontiert sein Markenimage

Die „Doppelmarke“ Philips-Saeco ist auf der IFA traditionell mit einer eigenen riesigen Halle und normalerweise sehr vielen Kaffeevollautomaten vertreten. Umso krasser fiel der Kontrast in diesem Jahr aus: Die Halle war so groß wie immer, die Präsentation so übertrieben und laut wie immer – doch das Geräteangebot ein Witz.

Saeco als beliebte Marke für höherpreisige Kaffeevollautomaten fehlte komplett – und bei den Philips-Maschinen wurde ausschließlich die Philips LatteGo gezeigt. Als Version Espresso 3200 stand sie dutzendfach in der Gegend rum. Dadurch fiel es auf den ersten Blick nicht so auf, dass es kein einziges anderes Gerät zu sehen gab.

Die „neue“ LatteGo fährt das gleiche Prinzip wie das von uns getestete Modell: einfaches Milchschaumsystem, abgespeckte Funktionalität, eindeutige Bezeichnungen. Um einen Neuigkeitswert zu suggerieren, gibt es nun ein Touch-Display statt vorsintflutlicher Tasten.

Angesichts der gähnenden Maschinenleere in der Halle, die übrigens für alle Abteilungen galt, wäre es für Philips eine perfekte Gelegenheit gewesen, das Thema Kaffeebohnen ins Zentrum zu spielen. Doch mit meiner Frage, welche Bohnen denn genutzt werden, muss ich in ein Wespennest gestochen haben.

Einer jüngeren Promoterin sah man an, dass sie nicht wusste, ob sie überhaupt eine Antwort geben darf. Eine ältere Kollegin wollte das Thema schnell abbügeln. Man nehme halt Kaffeebohnen. Nur widerwillig öffnete sie dann doch noch eine Schublade und zeigte uns die Jacobs Barista Edition.

Und wollte allen Ernstes das Wörtchen Barista als Qualitätsmerkmal anführen. Auf mein Nachhaken lieferte sie einen Satz, mit dem sich Philips das Krönchen „IFA-Loser 2019“ vollends verdiente: „Es geht um die Maschine, nicht die Bohnen.“ Ja nee … Ist klar.

Sage und Solis geben Vollgas

Wie man es richtig macht, zeigten unter anderem die Australier von Sage. Das Unternehmen drängt gerade mit aller Macht in den deutschen Markt und liefert zum Beispiel mit der Sage Oracle Touch sehr spannende Ideen ab.

Die deutsche Marketingabteilung ist in der heimischen Kaffeeszene unheimlich engagiert und setzt auf Kooperationen mit kleinen Röstereien – nicht nur bei den Bohnen, sondern auch beim Training der Promoter für die Elektromärkte.

Das Schöne dabei: Die Bohnen für die Hybrid-Maschinen und Filterkaffeemaschinen werden nicht unter einem Sage-Label versteckt, sondern dürfen sich selbstbewusst im eigenen Design präsentieren.

Davon dürfte insbesondere die Rösterei Backyard Coffee aus Frankfurt profitieren, die neben Coffee Circle als Bohnenlieferant für den IFA-Auftritt ausgewählt wurde. Besitzer Wolfram ist einer der besten Röster, die ich je kennengelernt habe, und ein absoluter Kaffee-Nerd. Doch im Vergleich zu Coffee Circle ist Backyard eben immer noch ein Insider-Tipp.

Der intensive Espresso Lowrider jedenfalls passt hervorragend in die Sage Oracle Touch und lieferte mit starken Schoko-Noten und klarer Säure auch ordentlich ab. Coffee Circle hatte seinen Auftritt bei den Filtermaschinen mit dem fruchtigen, aber etwas platten Rungeto.

In Sachen Filterkaffee hat sich Sage mit dem Precision Brewer etwas Feines einfallen lassen. Die etwas zu groß geratene Filterkaffeemaschine brüht den Kaffee wahlweise automatisch nach SCA Gold Cup-Standard, nach eigenen Vorgaben oder als Cold Brew auf.

Sage mit dem Precision Brewer IFA 2019

Der Promoter jedenfalls schien von diesem Gerät für einen Preis von rund 299,99 Euro UVP so hingerissen, dass er sie gleich mal zur „besseren Moccamaster“ erklärt hat. Mehrfach. Mit Nachdruck. Dass wir jetzt gar nicht anders können, als sie zu testen, ist klar.

Das traditionsreiche Schweizer Unternehmen Solis spielte unterdessen bisher in unserer Maschinenwelt kaum eine Rolle, will das nun aber – ähnlich wie Sage – unbedingt ändern.

Anders als andere Unternehmen, die sich klar am Third Wave-Trend orientieren, geht Solis den entgegengesetzten Weg und konzentriert sich auf Maschinen (und Kaffees) mit eindeutig italienischer Ausrichtung. Will heißen: stark, dunkel, fester Milchschaum.

Die Maschinenrange wird von der Barista Perfetta Plus angeführt, die für rund 500 Euro UVP das Einsteigersegment bei den Siebträgermaschinen abdecken soll. Die findet auf jeden Fall auch in kleinen Küchen Platz – und bietet nicht ohne Grund eine riesige Farbpalette. Denn Solis will die Scheu vor dem Siebträger nehmen.

Mit dem Hybriden Personal Barista zitiert Solis klassisches italienisches Maschinendesign und spricht damit Leute an, die sonst eher in Richtung Rancilio Silvia schielen. Schon dadurch sticht die Maschine für einen UVP von 1.100 Euro aus dem Segment hervor. Ihr sleekes Gehäuse enthält ein 25-stufiges Scheibenmahlwerk und die üblichen Funktionen einer Hybrid-Maschine – allerdings mit mehr manuellem Einsatz.

Arne im Gespräch bei Solis IFA 2019

Bei den Kaffeebohnen hat sich Solis in der Kaffeeszene Amsterdams umgeschaut und mit Brandmeester’s eine Rösterei gefunden, die außerhalb der Niederlande keiner kennen dürfte. Zu Zertifikaten oder Direct Trade sagt die Website zwar nichts, aber wenigstens ist der Bohnenlieferant sichtbar und wurde von Solis mit Absicht ausgewählt.

Da wir die Menschen von Solis sehr sympathisch finden und Lust haben herauszufinden, ob die Maschinen auch so sympathisch sind, dürft ihr euch demnächst auf ein paar Solis-Tests freuen.

Maulkorb für Miele-Bohnen

Miele und Jura sind bei der IFA traditionell Standnachbarn und werden deswegen von mir auch ziemlich häufig zusammen vorgestellt. Das funktioniert schon deshalb gut, weil sich beide Marken bewusst im oberen Segment positionieren und die gleiche Klientel abgreifen.

Während nebenan am Jura-Stand Berlins Bürgermeister Michael Müller medienwirksam seinen Espresso nuckelte, durften wir bei Miele zur Abwechslung mal vollkommen selbstständig auf den Kaffeevollautomaten herumtatschen.

Berlins Bürgermeister Michael Müller IFA 2019

Dabei fiel mir auch zum ersten Mal auf, dass die Hersteller sonst alles daranzusetzen scheinen, dass bloß kein Plebejer an ihren Geräten rummacht. Das ist schon merkwürdig, schließlich geht es beim Vollautomaten für viele Käufer vorrangig um die einfache Bedienbarkeit. Aber Selbstbedienung ist bei Messen nicht.

Die Laissez-faire-Attitüde ist bei Miele umso erstaunlicher, weil die Vorführgeräte der neuen Miele CM 7750 mit einem UVP von 2.749 Euro ganz klar den üblichen Preisrahmen sprengen.

Diese Maschine wirkt vom Design her ein wenig aus der Zeit gefallen und ist außerdem ziemlich massig. Sie bleibt aber klar in der Miele-Familie. Eines der größten Verkaufsargumente sind die drei Bohnenkammern – die aber allesamt im gleichen Mahlwerk enden.

Allerdings wird betont, dass jede Ladung vollständig durchgemahlen wird, bevor die nächste folgt. Es soll also keine „Kreuzkontaminierung“ geben. Was Funktionalität und Qualität betrifft, mache ich mir bei Miele dennoch keine Sorgen um das Verhältnis von Preis und Leistung. Es existiert halt nur in Sphären, in denen die meisten Vollautomatenkäufer nicht denken.

Die drei Bohnenkammern sind für Miele auch der Anlass gewesen, ihre Bohnen-Kooperation am Stand zu pushen. Unter dem Miele-Label produziert die Rösterei Vollmer Kaffee aus Münster vier verschiedene Röstungen, die „auf die Miele-Maschinen abgestimmt sind“.

MIELE Kaffeesorten IFA 2019

Die Rösterei ist seit 25 Jahren Fairtrade-zertifiziert und legt ihren Schwerpunkt auf das B2B-Geschäft – ist also eher Zulieferer und Whitelabel-Kaffeeproduzent. Eben weil man bei Vollmer sein Geld mit der Zusammenarbeit mit etablierten Marken macht, will man dort offensichtlich nichts Falsches sagen.

Denn der Rösterei-Vertreter hatte das Um-den-heißen-Brei-Reden perfektioniert. Auf jede meiner Fragen zu seinen Bezugsquellen für die Kaffeebohnen, zu seiner Meinung über den Kaffeepreis und dem Anteil an direkt gehandelten Bohnen wich er aus – und lieferte Standardvorträge und Allgemeinplätze.

Dabei erfolgte immer wieder der Seitenblick auf den Miele-Repräsentanten, der sehr genau darauf hörte, was gesagt wurde – und was besser nicht gesagt werden sollte. Am Ende war ich fast genauso schlau wie vorher und kann euch deshalb auch nicht sagen, wie viel Engagement Miele wirklich in die Kaffeebohne steckt.

Um uns noch ein bisschen wieder auf Kurs zu bringen, wollte uns Miele unbedingt noch seine Einbau-Kaffeevollautomaten und die App „Barista Assistant“ zeigen. Die ist aber so rudimentär und ausschließlich für die Einbaugeräte programmiert, dass ich es fast witzig fand, wie enthusiastisch Miele diesen Software-Stumpf präsentierte.

Jura: Die Klassengesellschaft rächt sich irgendwann

Ihr wisst ja, welch zwiespältiges Verhältnis ich zu Jura habe. Manche Kaffeevollautomaten wie der Jura E8 können echt überzeugen, andere finde ich schrecklich. Und über allem schwebt immer dieser Hauch des Elitären, den das Unternehmen aus der Schweiz insbesondere beim jährlichen Messeauftritt auf die Spitze treibt.

Die offene „Plebejer-Zone“ mit allen aktuellen Geräten ist winzig und eng, während der abgetrennte und erhöhte Fachbesucher-Bereich riesig und abgeschottet ist. Über diesem Areal zeigt ein riesiger Bildschirm in Dauerschleife die neuesten Errungenschaften und Image-Facetten. Darunter auch Jura-eigene Kaffeebohnen, nach denen wir natürlich besonders fragen wollten.

Jura-eigene Kaffeebohnen IFA 2019

Das Problem: Die Promoterin war wirklich bemüht, uns unsere Fragen nach der Herkunft des „Premium Espresso“ und der „Pure Origin“-Kaffees zu beantworten, für die Jura extra Schildchen auf jeder Maschine aufgestellt hatte.

Doch dafür musste sie ihr Handy und die Website von Jura bemühen, auf der es jedoch keine Infos gab. Und sie verwies am Ende auf eine Mitarbeiterin, bei der wir einen Termin im Fachbesucher-Bereich hätten machen müssen.

Ich frage: Wenn ihr die Kaffeebohnen schon so pusht und sichtbar am Stand platziert, warum könnt ihr die Promoter nicht auch auf diesen Aspekt schulen? Wie sollen Otto Normalverbraucher, in deren Rolle wir immer auf solchen Messen unterwegs sind, zu dieser Info kommen? Lasst ihr sie in den Fachbesucher-Bereich vor?

Der Witz ist nämlich, dass es die Jura-Bohnen auch bei Media Markt und Co gibt. Und keiner weiß, woher sie kommen und wer dahinter steht. So abwegig war unser Ansinnen also gar nicht.

Ach ja, „neue“ Maschinen gab es natürlich auch. Alle Modellreihen – von der Ena 8 über die E8 bis zur E6 – haben irgendeine Form von Upgrade erhalten. Meist sind es Touch-Displays, in anderen Fällen mehr Kaffeespezialitäten. Gähn.

Krups und Siemens: Liebesgrüße an die Geriatrie

Wenn ihr Hersteller von Kaffeevollautomaten zusammenzucken sehen wollt, sagt einfach mal, dass ihre Neuentwicklungen wie perfekte Senioren-Maschinen aussehen. Da fängt ein reflexartiges Ablenken an, es wird von „Intuition“ und „Nutzungsverhalten“ geredet.

Woher die Angst? Die Best Ager sind eine der wichtigsten Zielgruppen überhaupt geworden, die Altersgruppe 65+ wird immer größer und hat genauso Lust an Technik und Geldausgeben wie die jungen Hüpfer.

Und ihr stimmt mir sicher zu: Sowohl die neue Siemens EQ.500 als auch die Krups Evidence One sehen wie Geräte aus, die wir unseren Eltern und Großeltern schenken würden. Denn beide vereint eine bestechende Eigenschaft:

Statt komplizierter Menüs und kryptischen Bezeichnungen besitzen beide ein Bedienpanel mit bunt hinterlegten Foto-Tasten, auf denen exakt zu sehen ist, was am Ende in die Tasse kommt.

Bedienpanel mit bunt hinterlegten Foto-Tasten IFA 2019

Das sieht dann zwar weder modern noch schick aus, macht aber die Bedienung unfassbar einfach. Selbst, wenn die Brille im Nebenzimmer liegt.

Bei Krups war der Anspruch ganz simpel:

„Wir wollten eine Maschine entwickeln, bei der der Nutzer niemals ins Untermenü muss, um seinen Kaffee perfekt auf seine Bedürfnisse abzustimmen“.

Überhaupt habe ich das Gefühl, dass wir Krups demnächst mal wieder genau unter die Lupe nehmen sollten. Denn hier werden die Vollautomaten offenbar mit einem sehr offenen Ohr für die Bedürfnisse der Nutzer weiterentwickelt.

Lediglich von der fest verbauten Brühgruppe aus Metall lassen sie sich nicht abbringen und begründen dies mit einer besseren Präzision bei der Zubereitung des Kaffees und der längeren Haltbarkeit. Das Reinigungsproblem, das ich dabei sehe, ist für sie keins. Na gut.

Mit Corrado Celebre hat sich Krups einen absoluten Kaffee-Profi für die Präsentation der Evidence One ins Boot geholt, der praktischerweise auch gleich noch die passenden Kaffeebohnen für das Unternehmen bereitstellt. Diese Bohnen unter Krups-Label sind direkt und fair gehandelt.

Corrado ist ein Hans Dampf in allen Gassen und hat (fast aus Versehen) für Krups ein geschlossenes System aus Kaffeebohnen und Maschinen entwickelt, von dem andere Hersteller immer noch träumen. Zumindest hat diese Kooperation das Potenzial dazu. Die Evidence One ist ab September für rund 700 Euro erhältlich.

Bei Siemens liegt die EQ.500 derweil preislich etwa in der Gegend der Siemens EQ6. Bis auf die Bedienung liefert die Maschine kaum Neuigkeiten, auch wenn clevere kleine Details wie der runde Wassertank zeigen, dass hier ebenso jemand an die Nutzer gedacht hat. Denn in diesen Tank kommt jede Hand.

Gerade Siemens als Traditionsmarke mit einem soliden Image, das jedoch wenig nach Zeitgeist riecht, hat uns in Sachen Kaffeebohnen überrascht. Denn auch hier hat man sich mit Coffee Circle zusammengetan – und sich sogar die Mühe gemacht, ein eigenes Label mit „EQ“-Branding, aber eindeutiger Coffee Circle-Ästhetik zu entwerfen.

Da war es dann auch nicht mehr ganz so tragisch, dass es laut Promoter von Siemens absolut nichts Weiteres in Sachen Kaffee zu vermelden gab. Wenn sie es richtig anstellen, könnte die EQ.500 nach meiner Ansicht ein neuer Verkaufshit werden. Falls sie von ihrer Angst vor dem geriatrischen Appeal wegkommen. Wir testen auf jeden Fall!

DeLonghi nimmt’s gelassen

Mit den tollen Menschen von DeLonghi haben wir uns dieses Mal am längsten unterhalten. Nicht nur, weil wir einen Termin hatten. Sondern auch, weil sie sich sehr viel Zeit genommen und ihre Maschinen nicht mit der Verbissenheit präsentiert haben, die manch anderer Hersteller an den Tag legte.

Durch das Geplauder und Geplänkel haben wir dann auch ein Feature kennengelernt, von dem ich glaube, dass es in der normalen Kommunikation immer untergeht, aber am Ende für viele neue Kunden sorgen könnte. Erinnert ihr euch an die DeLonghi Maestosa, den ersten Vollautomaten der Welt mit elektronischer Mahlgradeinstellung?

Den hatte ich zum Sieger der IFA 2018 gekürt, auch wenn er damals noch nicht ganz marktreif war. Dieses Spitzenmodell zum Preis weit über 2.000 Euro stand auch dieses Mal im Mittelpunkt, ist es doch jetzt erst wirklich zu Ende entwickelt.

Der absolut erfreuliche Promoter zeigte uns an ihr aber nicht die x-te Kaffee-Einstellung und die hundertste Version von Espresso, sondern ein Zusatzkännchen mit Magnetquirl, das an die Stelle des Milchschaumsystems geklickt wird.

Ähnlich wie bei einem automatischen Milchaufschäumer mit Schokofunktion könnt ihr kalte Milch und Schokoladenstücke in die „Mixkaraffe“ kippen, die Taste „Heiße Schokolade“ im Maschinenmenü auswählen und dann zusehen, wie Quirl und heißer Wasserdampf das alles zu einer cremigen Einheit verarbeiten.

Der große Spaß dabei ist, dass ihr nahezu alle Zutaten in die Kanne mit Quirl tun könnt. Der Promoter schwört auf die Kombi Banane, Baileys und Milch – und hat auch schon einmal ein Snickers darin zum Shake verarbeitet. Von Glühwein ganz zu schweigen.

Das Kännchen soll wohl für alle höherwertigeren DeLonghi-Maschinen zum Einsatz kommen können, also auch die Primadonna oder die Dinamica. Und plötzlich wird aus einem Gerät, das in seiner Funktion dann doch recht begrenzt ist, eine vielseitige Küchenmaschine für die ganze Familie. So einfach kann es manchmal sein.

Am regen Interesse bei der Vorführung des Schoko-Quirls konnte man jedenfalls gut ablesen, dass DeLonghi wohl einen Nerv getroffen hat. Oder noch treffen könnte.

Auch hier bestehen neue Maschinen übrigens immer öfter den „Ich habe meine Brille nicht auf“-Test: Die DeLonghi Perfecta Evo hat ein ebenso gut leserliches Frontdisplay mit entsprechend großen Tasten, verzichtet aber auf die bunten Bildchen.

Doch im Gegensatz zu Siemens oder Krups sieht man bei DeLonghi unsere Seniorenaussage entspannt – und stimmt uns sogar zu. Im gleichen Atemzug spielt auch die Kannenfunktion eine wichtige Rolle. Omas Kaffeerunde ist für viele Automatenhersteller schließlich der Endgegner.

Bei den Kaffeebohnen besteht für DeLonghi noch Nachholbedarf. Seit vielen Jahren besteht eine Kooperation mit Kimbo-Kaffee, die für italienische Tradition, aber ganz sicher nicht für Transparenz bekannt sind.

Daran wird sich wohl erst einmal nichts ändern. Zumal DeLonghi selbst zugibt, dass man sich erst sehr langsam vom Selbstbild der „reinen Ingenieure“ verabschiedet und in kleinen Etappen beginnt, ganzheitlicher zu denken. Der Wille scheint aber vorhanden.

Am Ende des Messetages: Die ersten Schritte in die richtige Richtung

Natürlich sind wir auch beim Mühlenhersteller Graef, beim „Geheimtipp“ Nivona oder beim sleeken Anbieter WMF vorbei geschwebt. So richtig Spannendes gab es hier nicht zu berichten.

Nivona hat immer noch die gleichen Maschinen im Angebot und hat immer noch eine Kooperation mit verschiedenen kleinen Röstereien für die eigenen Kaffeebohnen im Programm – teilweise Fairtrade, teils direkt gehandelt.

Die 8er-Reihe wurde etwas überarbeitet und eine neue Marketingagentur soll dem notorisch öffentlichkeitsscheuen Unternehmen beim Thema Wahrnehmung und Image auf die Sprünge helfen.

Graef präsentierte nicht nur neue Kaffeemühlen für Einsteiger, sondern liefert mit der Graef Milegra ab Ende Oktober auch eine eigene Hybrid-Maschine im verträglichen Preissegment von rund 650 Euro. Auch hier hat man sich einen Kaffeebohnen-Partner geangelt und die Kater’s Rösterei verpflichtet.

Was mich an all diesen Partnerschaften besonders freut: Offensichtlich hat sich kein Unternehmen ausschließlich darüber Gedanken gemacht, ob die Rösterei groß genug ist oder ein entsprechendes Image hat.

Viele Unternehmen haben vielmehr vor der eigenen Haustür geschaut, welcher Röster aus der Region am besten passt. Diese Regionalität garantiert zwar nicht faire Kaffeebohnen, erhöht aber die Transparenz der Beschaffungsstrukturen.

Außerdem bekommen plötzlich regionale Unternehmen eine Bühne bei einem Mega-Event wie der IFA, die sich eine derartige Werbung sonst gar nicht leisten könnten. Und der Verbraucher öffnet seinen Horizont für Produkte jenseits von Gala und Krönung.

Ich werte dies zuversichtlich als ersten Schritt in die richtige Richtung – hin zu mehr Transparenz in der Kaffee-Industrie, zu faireren Preisen und zu größerer Verantwortung der Maschinenhersteller.

Denn entgegen der Meinung einer einzelnen Philips-Promoterin sollte sich bei allem, was mit Kaffee zu tun hat, auch alles um die Kaffeebohne drehen. Immer, ohne Ausnahme. Insbesondere auf einer der größten und wichtigsten Consumer-Messen der Welt.

Wart ihr schon auf der IFA? Was ist euch im Gedächtnis geblieben? Hinterlasst mir einen Kommentar!

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