Kaffeeaufbereitung: Der wichtigste Schritt für perfekten Kaffee?

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

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Kaffeekirschen machen uns den Weg zu den Bohnen nicht gerade leicht. Einfach Fruchtfleisch entfernen, trocknen und ab in den Röster? Is nich.

Kaffeebohnen Kaffeekirsche

Kaffeekirschen machen uns den Weg zu den Bohnen nicht gerade leicht. Einfach Fruchtfleisch entfernen, trocknen und ab in den Röster? Is nich.

Stattdessen kommen aufwändige Verarbeitungsmethoden zum Einsatz, die nicht nur die Bohnen befreien, sondern wesentlichen Einfluss auf das Aroma und den Charakter des fertigen Kaffees haben.

Bei der sogenannten Kaffeeaufbereitung ist der Weg fast noch wichtiger als das Ziel. Was verbirgt sich hinter den verschiedenen Aufbereitungsarten und was sind die Unterschiede zwischen der nassen und trockenen Aufbereitung?

Die Theorie lernt ihr in diesem aktualisierten Ratgeber. Die Praxis findet ihr in meinen Kaffeebohnen Tests und Espresso Tests sowie in meinen Kaffeebohnen für Vollautomaten im Shop.

Kaffee-Aufbereitung: Das Wichtigste in Kürze

  • Die Aufbereitung umfasst Waschen und Sortierung, Trennen von Fruchtfleisch und Bohnen, Fermentierung, Trocknen

  • Verfahren unterscheiden sich danach, in welchem Zustand Bohnen trocknen (ganze Kirsche, Bohne oder Bohne mit Fruchtschleim) sowie nach Einsatz von Wasser

  • Zwei Hauptverfahren: Washed und Natural. Zwischenstufen Honey Processed bzw. Pulped Natural oder Semi-Washed.

  • Naturals im Allgemeinen sehr süß und schokoladig

  • Washed in der Regel charakterstark mit vielen Aromen, die eine bestimmte Region abbilden

Von den Kaffeekirschen zum Kaffee: So funktioniert die Aufbereitung

Kaffeefarm Farmanlage

Die Kaffeeaufbereitung meint sämtliche Arbeitsschritte, die Kaffeekirschen bereits wenige Stunden nach der Ernte durchlaufen. 

Ziel ist, Fruchtfleisch und Bohne zu trennen und die Grundlagen für einen perfekten Rohkaffee mit optimalem Geschmack zu legen. Grob besteht die Verarbeitung aus vier Elementen:

  1. Sortieren der Kaffeekirschen (Entfernen schlechter oder unreifer Früchte)

  2. Auslösen der Kaffeebohnen aus der Kaffeekirsche im Pulper

  3. Fermentierung (mikrobieller Umbau bestimmter Geschmacksmoleküle)

  4. Trocknung der Kaffeebohnen ohne Fäulnis oder Qualitätsverlust

Je nachdem, wann welcher Schritt durchlaufen wird, nimmt der Kaffee später eine ganz andere Richtung. Rufen wir uns kurz eine Kaffeekirsche ins Gedächtnis. Von außen nach innen besteht sie aus:

  • Schale

  • Fruchtfleisch (Pulpe)

  • Pektinschicht (Mucilage)

  • Pergamenthäutchen

  • Silberhäutchen

  • Doppelte Bohne (Samen)

Wie es sich für eine Kirsche bzw. eine Frucht gehört, stecken sowohl im Fleisch als auch in der Schale sehr viele Geschmacksstoffe – unter anderem Zucker. Die Mucilage ist allerdings eine wahre Zuckerbombe und für die Geschmacksbildung bei Kaffee absolut entscheidend.

Die verschiedenen Aufbereitungsmethoden unterscheiden sich an der Oberfläche dadurch, wie viel Wasser sie benötigen. Das macht schon ein Begriff wie „nass“ klar. 

Eigentlich unterscheiden sie sich aber danach, ob die Bohnen als ganze Kaffeefrucht inklusive Schale und Fruchtfleisch, von jeder Schicht befreit oder noch mit Mucilage und Häutchen fermentieren und trocknen.

Das hat einen riesigen Einfluss auf den Geschmack der Kaffeebohne, da so bestimmte Geschmacksstoffe unterschiedlich lange Zeit haben, direkt in die Bohne zu dringen.

Die Methoden der Kaffeeverarbeitung

Kaffeefarm Ernte Kaffeekirschen

Welche Form der Aufbereitung gewählt wird, können sich die Bauern bzw. Farmer nicht selbst aussuchen. Die Wahl ist weitestgehend vorgegeben – und zwar davon, in welchem Teil der Erde sie sich befinden.

Genauso, wie das Klima und die natürlichen Ressourcen bestimmen, ob sich überhaupt Kaffee anbauen lässt und wie die Ernte ausfällt, gibt der Ort vor, welche Aufbereitung möglich ist. Das lässt sich sehr gut an der komplexen Kausalkette der Kaffeeherstellung demonstrieren:

Anbau, Reife, Ernte:

  • Das Anbaugebiet inklusive klimatischer und geografischer Bedingungen bestimmt

  • Die Varietät (Art der Kaffeepflanze), die durch ihre Anbauhöhe und das Gelände

  • Das Ernteverfahren (von Hand oder maschinell) festlegt.

Kaffeeaufbereitung:

  • Die Klima-Voraussetzungen (Wasser, Sonne) bestimmen das Aufbereitungsverfahren,

  • Das vom Arbeiter mehr oder minder gut umgesetzt wird,

  • Der den Stil passend zur Varietät aus dem Kaffee herausarbeiten soll.

Röstung & Zubereitung:

  • Die Röstung wird entsprechend der Aufbereitung und der Varietät abgestimm

  • Um die tatsächlichen Noten des Kaffees optimal herauszuarbeiten,

  • Die zu einer bestimmten Zubereitungsmethode passen.

Falls ihr euch das nächste Mal fragt, warum Kaffee so teuer ist: Je nach Methode vergehen zwischen Ernte und Verschiffung mehrere Wochen. Es werden reichlich Platz, reichlich Wissen, reichlich Arbeitskräfte und reichlich Ressourcen gebraucht. Es handelt sich nun mal nicht um Äpfel.

Nassaufbereitung (Washed)

Kaffeeaufbereitung Gewaschen

Während die anderen Begriffe rund um die Aufbereitung etwas verwirren, wird es bei der Nassaufbereitung tatsächlich sehr nass. Nicht nur bei der für alle Verfahren obligatorischen Vorwaschung, sondern auch in der charakteristischen Abfolge selbst:

  1. Intakte Kaffeekirschen werden in Pulper-Maschinen vom Fruchtfleisch getrennt. Unreife Kirschen werden aussortiert.

  2. Die Kaffeekirschen (samt Mucilage und Silberhäutchen) werden in Wasserbecken bzw. Tanks fermentiert. Bei der Fermentation entwickeln sich einige besondere Aromen, zudem werden Mucilage und Silberhäutchen schonend abgelöst.

  3. Um die Kaffeebohnen endgültig von den Schutzschichten zu befreien, werden sie noch einmal gewaschen.

  4. Die Trocknung der nackten Bohnen erfolgt entweder auf Trockenbetten, Trockenflächen unter der Sonne oder in Trocknungmaschinen.

Trockenaufbereitung (Natural)

Trockenbette für die Kaffee Aufbereitung

„Natural“ sind natürlich alle Methoden – Chemie kommt hier nicht zum Einsatz. Auch kommt die Trockenaufbereitung nicht ohne Wasser aus. Aber mit deutlich weniger. Denn hier spielen Luft und Sonne bei der Aromabildung die Hauptrolle:

  1. Säubern und sortieren der Kaffeekirschen direkt nach der Ernte (mithilfe von Wasser)

  2. Trocknung der vollständigen Kaffeekirsche auf riesigen Trockenfeldern oder auf Trockentischen (African Beds) über mehrere Wochen. Dabei häufiges Wenden und Belüften. In dieser Zeit darf es nicht regnen.

  3. Herauslösen der Kaffeebohnen aus der „Dörrfrucht“ im Pulper und finales Sortieren.

Fermentation geschieht hier natürlich auch, allerdings viel sanfter bzw. nur mit Unterstützung durch die Fähigkeiten der Qualitätsmanager einer Kaffeefarm.

Halbtrockene Aufbereitung (Honey processed)

Honey Processing klingt zwar, als würde hier Wasser gegen Honig getauscht. Begriffe wie Semi-Washed oder Pulped Natural bringen die Sache jedoch eher auf den Punkt:

Als Mischform werden die Kaffeekirschen hier vor dem Trocknen vom Fruchtfleisch befreit (wie bei der nassen Aufbereitung), Mucilage und Pergamenthaut bleiben aber dran und werden in der Sonne mitgetrocknet (wie bei der Natural-Art).

Der Honig-Name kommt vor allem vom klebrigen Gefühl, das die Mucilage in dieser Verarbeitung annimmt. Und auch vom Geschmack, der je nach Bohne und Qualität honigsüß sein kann.

Trocken, halbtrocken, süß? Was die Aufbereitungsmethode mit dem Geschmack zu tun hat

Ich ziehe häufig Parallelen zwischen Wein und Kaffee. Das ist kein Zufall. Schließlich sind beide ähnlich komplex und werden erst in der Weiterverarbeitung in den Stunden nach der Ernte zu dem, was sie ausmacht.

Werden etwa Trauben vor der Gärung zu Rosinen getrocknet, entsteht mit Passito bzw. Beerenauslese ein supersüßer Dessertwein. Werden Kaffeekirschen als Ganzes in der Sonne getrocknet, entstehen daraus sehr süße Kaffees.

Kaffeefarm Arne riecht an Kaffeekirschen

Vor einigen Jahren sind Naturals zum Kaffee-Hype geworden, da sie vor allem untrainierten Kaffeetrinkern zeigten, wie süß die Morgentasse schmecken kann.

Zudem funktionieren Naturals über alle Geräte und Verfahren der Zubereitung hinweg. Solange ihr euren Kaffeevollautomat nicht komplett falsch einstellt oder Löcher in den Handfilter schneidet, machen Naturals alles mit.

Auch deswegen sind meine Kaffeebohnen für Vollautomaten brasilianische Naturals. Brasilien ist König der Natural oder Honey-Methode, zudem wachsen hier Kirschen-Arten mit besonders viel (Pulped)-Natural-Potenzial.

Nass aufbereitete Kaffees wiederum ähneln superteuren Terroir-Weinen. Da die Mucilage hier nicht alles mit ihrer Süße übertünchen kann, zeigt die Kaffeebohne sehr genau, wann, wo, wie und unter welchen Bedingungen sie gereift ist.

Einen solchen Kaffee bezeichne ich oft als blitzsauber, es dominieren Akzente wie Frische, Fruchtigkeit und Würze. Jedes Aroma darf sich in tollen Kaffees eigenständig präsentieren und wird bei perfekter Röstung sehr harmonisch verbunden.

Washed-Kaffees können die geschmacklichen Unterschiede zwischen Varietäten präsentieren, Vergleiche zwischen Kaffee aus Guatemala und Kenia ermöglichen oder eure Verkostungsfähigkeiten trainieren.

Dafür müsst ihr bei der Zubereitung allerdings ein bisschen mehr aufpassen. Genauso, wie Washed-Kaffees ihre Herkunft präzise abbilden, zeigen sie auch Fehler beim Mahlgrad, der Menge oder der korrekten Temperatur.

Fazit: Ohne Aufbereitung bleibt es nur eine Kaffeekirsche

Kaffeefarm Bohne in Kaffeekirsche

Alle meine Aussagen zum Geschmack bestimmter Verfahren der Kaffeeaufbereitung sind am Ende nur Hinweise. Denn jede Kaffeebohne ist anders, selbst wenn sie denselben Gärungsprozess durchläuft oder vom selben Farmer gewendet wird.

Wenn überhaupt, zeigt uns ein Blick auf die Aufbereitungen nur, wie aufwändig die Produktion ist und warum wir die Kaffeebohnen-Natur noch mehr wertschätzen sollten.

Denn jeder Arbeitsschritt soll dafür sorgen, dass sich die Kaffeefrucht von der besten Seite zeigen kann. Unser Röster Wolfram von backyard coffee hat es einmal sehr schön ausgedrückt: „Der Kaffee sagt uns, wie er verarbeitet werden will – nicht andersrum.“ Amen.

Schmeckt ihr die Unterschiede zwischen den Aufbereitungsverfahren? Seid ihr Teil des Fermentation-Hype? Habt ihr einen Favoriten? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

FAQ Kaffeeaufbereitung

Kaffeebohnen müssen sortiert, getrocknet, von Fruchtfleisch befreit und fermentiert werden, bevor sie auf die Reise zum Röster gehen. Das ist aufwändig, sorgt aber für ein spezielles Kaffeearoma.

Je nach Varietät und Herkunft wird Kaffee nass oder trocken aufbereitet. Dabei dreht sich alles um die Frage, wann Bohne und Fruchtfleisch voneinander getrennt werden und in welchem Zustand sie trocknen. Ohne diesen Schritt wäre Kaffee ungenießbar.

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Aktualisiert: 3. April 2024
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