Kaffeepulver plus Wasser ergibt Kaffee. Und zwar bei jeder Temperatur. Sobald es Richtung Sommer geht, können wir uns Kaffeemaschinen oder Vollautomaten sparen und wenden uns lieber Cold Brew Coffee zu.
Kaffeepulver plus Wasser ergibt Kaffee. Und zwar bei jeder Temperatur. Sobald es Richtung Sommer geht, können wir uns Kaffeemaschinen oder Vollautomaten sparen und wenden uns lieber Cold Brew Coffee zu.
Um den kalt gebrühten Kaffee ist eine ganze Industrie entstanden. Plötzlich gibt es spezielle Cold Brew Coffee Maker, Rezepte für den Thermomix oder die Kitchenaid, Dripper, Dripster und so manchen Kaffeevollautomaten mit Cold Brew-Funktion.
Braucht man das? Nö. Eine Kanne oder jedes andere Gefäß, gute Kaffeebohnen und ein bisschen Zeit reichen völlig aus.
In diesem Guide findet ihr Tipps zum Selbermachen, Ideen für Kaffee-Rezepte und Mix-Drinks mit Cold Brew. Die Unterschiede zwischen Cold Brew, Nitro Cold Brew, Eiskaffee, Frappé und Co lernt ihr nebenbei auch kennen.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze: Was ist Cold Brew?
Kalt extrahierter Kaffee aus grob gemahlenem Kaffeepulver
Ziehzeit zwischen 8 & 24 Stunden
Brew Ratio 100 g Kaffee auf 1 Liter Wasser
Ideal für helle & fruchtige Kaffeebohnen mit wenig Bitterstoffen
Schmeckt wie ein vielschichtiger Eistee
Kann pur oder mit vielen Zutaten getrunken werden
Kein spezielles Equipment notwendig (außer zum Mahlen & Filtern)
Im Vergleich sehr hoher Koffeingehalt (nach typischer Portionsgröße)
Auch als Drip oder Nitro Coffee
Cold Brew Coffee oder kalter Kaffee: Was sind die Unterschiede?
Es klingt zwar nach Erbsenzählerei, aber Cold Brew Coffee ist nicht einfach nur kalter Kaffee – sondern praktisch das Gegenteil von klassischem Eiskaffee.
Cold Brew | Kalter Kaffee (Eiskaffee) |
---|---|
Kalte Extraktion | Heißes Brühen |
Zubereitung über mehrere Stunden | Zubereitung in Minuten plus Abkühlzeit |
Full Immersion Methode (Wasser & Kaffeepulver in Dauerkontakt) | (Meist) aus der Kaffeemaschine mit Filter |
Sehr feines, spritziges & helles Aroma | Kräftiges Aroma |
Viel Koffein | Koffein nach Zubereitungsmethode |
Pur, mit Eis, mit Tonic | Mit Milch, Sahne, Speiseeis |
Wenn ihr auf die richtigen Kaffeebohnen setzt, ist diese Gegenüberstellung keine Qualitätsbewertung. Eine hervorragende Röstung, die mit jeder beliebigen Zubereitungsmethode heiß gebrüht werden kann, schmeckt auch nach dem Abkühlen gut – nur eben anders als im heißen Zustand.
Gesichtslose Industrie-Bohnen mit robustem Bitterstoff-Gerüst tendieren beim Abkühlen in Richtung Bitterstoff-Säure-Schweiß-Geschmack. Darum wird das Ganze auch so gern mit Milchprodukten übertüncht.
Wolltet ihr diese Bohnen für Cold Brew Coffee verwenden, würdet ihr ebenso mit unschönen Aromen konfrontiert. Denn auf die kalte Extraktion sind totgeröstete Bohnen nicht gut zu sprechen. Dann geben sie nämlich nicht nur sämtliche Bitterstoffe, sondern auch alle zugrundeliegenden Säuren frei.
Ohne Vollautomat oder Hario-Equipment: Wie macht man Cold Brew?
In seiner kürzesten Form lautet das Rezept für Cold Brew Coffee einfach nur: Lasst grob gemahlenen Kaffee für mindestens acht Stunden in kaltem Wasser ziehen. Ausführlicher geht das Ganze so:
Welche Kaffeebohnen für Cold Brew?
Mit der Auswahl der Kaffeebohnen steht und fällt jeder (kalte) Kaffee. Setzt am besten auf sehr helle Röstungen, die fruchtige, florale oder spritzige Aromen anpreisen. Alles, was nach dunkler Schokolade oder ähnlich wuchtigen Aromen klingt, wird als Cold Brew meist zu mächtig.
Inzwischen geht das übrigens nicht mehr ausschliesslich mit Koffein. In meinem Entkoffeinierte Kaffeebohnen Test 2024 hat zum Beispiel der Bonanza El Carmen Decaf wahre Cold-Brew-Fähigkeiten an den Tag gelegt.
Welcher Mahlgrad für Cold Brew?
Liegt Kaffeemehl über viele Stunden in Wasser, lösen sich die Körnchen praktisch auf und werden zu Schlamm. Darum solltet ihr eure Kaffeemühle auf einen groben Mahlgrad einstellen.
Bei einfacheren Mühlen wie der Rommelsbacher EKM 200 dreht ihr das Rädchen ans grobe Ende. Bei einer (etwas) feinteiligeren Mühle wie der Solis Scala Zero Static mit 24 Einstellungen orientiert ihr euch mindestens Richtung Stufe 18.
Viel falsch machen könnt ihr zwar nicht, solltet euch aber an der gewünschten Ziehzeit orientieren. Je länger Kaffee und Wasser Kontakt haben, desto gröber sollte der Mahlgrad sein.
Welche Brew Ratio für Cold Brew Coffee?
Mit 100 Gramm Kaffeepulver auf einen Liter Wasser kommt ihr praktisch immer bei einem spritzig-leichten Ergebnis raus. Natürlich könnt ihr variieren. Weniger Wasser sorgt für einen Geschmack in Richtung Espresso, mehr für Leichtigkeit à la Grüner Tee.
Kaffeebereiter oder Cold Brew Maker: Welches Gefäß für Cold Brew?
Theoretisch reicht ein Schraubglas. Ihr könnt auch eine French Press zweckentfremden. Grundsätzlich sollte das Gefäß verschließbar sein, damit der Kaffee während des Ziehens nicht durch Fremdstoffe verunreinigt wird.
Die French Press hat den Vorteil, dass ihr den Kaffeeschlamm am Ende der Ziehzeit herunterdrücken und relativ gut herausfiltern könnt. Das ist auch der Sinn und Zweck spezieller Cold Brew Gläser oder Cold Brew Maker von Hario, Tchibo und Co.
Sie besitzen einen geräumigen Siebeinsatz, den ihr einfach entnehmen könnt. Ihr könnt jedoch auch einen Papierfilter oder einen engmaschigen Dauerfilter verwenden.
Die French Press eignet sich zudem hervorragend für die Kaffeezubereitung unterwegs, sei es beim Camping oder auf Reisen. Für unterwegs empfiehlt es sich, einen Kaffee zu wählen, der speziell für die French Press geeignet ist. Weitere Details dazu findet ihr in meinem Artikel „Welcher Kaffee für die French Press?„. Eine ausführliche Anleitung zur Nutzung der French Press gibt es in meinem Artikel French Press-Anleitung
Koffein & Aroma: Wie lange muss er ziehen?
Die Mindestziehzeit für guten Cold Brew beträgt acht Stunden. Alles darüber hinaus sorgt für klarere Aromen und vor allem (deutlich) mehr Koffeinkonzentration. Auf eine typische Portion von 250 Milliliter gerechnet, besetzt Cold Brew laut unserer Koffein-Studie die ersten drei Plätze.
Nach 24 Stunden Ziehzeit haut ein Cold Brew mit 280 Milligramm Koffein pro 250 Milliliter Kaffee stärker rein als jedes andere Getränk. Ein 8-Stunden-Cold Brew belegt mit 238 mg den dritten Platz. Die Silbermedaille gehört Cold Drip Kaffee ohne Eis.
Pur, mit Eis oder als Caramel Latte? Drinks mit Cold Brew
Praktisch jeder Barkeeper denkt sich inzwischen einen Drink mit Cold Brew Coffee als Hauptzutat aus. Starbucks hat einen 20-Stunden-Cold Brew Coffee im Angebot. Sogar McDonalds verkauft in den Sommermonaten Cold Brew-Varianten wie eine Caramell Latte.
Ich persönlich mag meinen Cold Brew Coffee simpel: Kaffee, Eiswürfel, Zitrone. Das erfrischt am meisten. Ansonsten gibt es genug Rezept-Ideen, die auf die besonderen Aromen dieser Zubereitungsvariante abgestimmt sind.
Zusätzlich empfehle ich euch mein Video „Cold Brew Kaffee Tipps – Lieber Pur oder mit Tonic?“
Cold Brew mit frisch gepresstem Zitronensaft
300 ml Kaffee
Eiswürfel nach Geschmack
Rund 20 ml Zitronensaft
Nehmt im Zweifel lieber weniger Zitronensaft und tastet euch je nach Kaffee-Aroma an die optimale Dosierung heran. Gegen einen zu kräftigen Cold Brew hilft Wasser zur Verlängerung.
Cold Brew Tonic
80 ml Cold Brew
Eiswürfel nach Geschmack
220 ml Tonic Water
Je nach Kaffee-Stilistik setzt ihr auf neutrale oder etwas herbere Tonics. Neutrale Versionen haben eine Zitrusnote, die hervorragend funktioniert. Mehr dazu erfahrt ihr im Ratgeber Espresso Tonic.
Mit einem Mischverhältnis von 1:1 (150 ml Cold Brew zu 150 ml Tonic) arbeitet ihr die Kaffee-Stilistik noch stärker heraus. Hier solltet ihr euch an die perfekte Balance herantasten.
Cold Brew Coffee Latte
Sobald irgendeine Form von Milch ins Spiel kommt, wird Cold Brew insgesamt weicher und süßer. (Selbstgemachte) Mandelmilch finde ich persönlich am besten, weil sie dem Kaffee den Vortritt lässt und den Geschmackseindruck ausbalanciert. Hier gibt es kein allgemeingültiges Rezept. Nehmt, was euch schmeckt.
Cold Brew Bulletproof Coffee
300 ml Cold Brew
Eiswürfel nach Geschmack
15 g Weidebutter
15 g Kokosöl
Bulletproof Coffee funktioniert heiß und kalt. Der Hype hat sich zwar erledigt, aber als kalte Variante finde ich Bulletproof Coffee ziemlich gut (und mächtig). Gebt die Zutaten einfach ohne Eis in einen Mixer.
Euer Cold Brew Drink Rezept
Meine Tipps und Rezepte laufen auf eine Erkenntnis hinaus: Wenn es euch schmeckt, könnt ihr es in euren Cold Brew kippen. Was etwa in einem heißen Triple Moccachino Pumpkin Cream Cafe Latte steckt, funktioniert auch in kalt. Generell passt Cold Brew perfekt zu:
Säuerlicher Fruchtsaft (Apfel, Ananas, Orange)
Nuss-Liköre oder nussiger Kaffee-Sirup (inklusive Mandel, Amaretto etc.)
Leichte Schärfe (Ingwer, Chili)
Jede Variante von Milch (mit und ohne Kuh)
Süßlich-bittere Spirituosen (Jameson, Jägermeister etc.)
Schokolade
Natürliche Süßungsmittel (Honig, Agave, Birkenzucker usw.)
Salzige Elemente (oder einfach *Salz*)
Sprudelndes Mineralwasser (für den salzig-säuerlichen Eindruck)
Immer öfter sehe ich auch Signature Drinks aus Cold Brew mit Tomatensaft. Da bin ich zwar raus – aber ihr seht, auch das geht!
AeroPress, Dripster & Nitro Cold Brew: Weitere kalte Varianten
Wenn ihr es komplizierter, komplexer und geschmacklich abwechslungsreicher mögt, könnt ihr verschiedene Varianten von Cold Brew Coffee selber machen, für die es spezielles Equipment braucht.
Cold Brew Coffee aus der Aeropress ist sehr konzentriert, voll und cremig – und schlägt eine Brücke zwischen Kaffee und Espresso.
Wenn Cold Brew als French Press Kaffee in Zeitlupe bezeichnet werden könnte, ist Cold Drip Coffee aus Geräten wie dem Beem Cold Drip Kaffeebereiter oder dem Dripster wie Filterkaffee in Zeitlupe. Das kalte Wasser frisst sich tröpfchenweise durch das Pulver, der fertige Drink ist sehr fein, vielschichtig und spannend.
Nitro Cold Brew ist mit Stickstoff aufgeschlagener Cold Brew, der geschmacklich etwas an Frappé erinnert. Seine Süße macht ihn sehr trinkfreudig, die Herstellung ist allerdings aufwendiger.
Ein paar Unterschiede erkläre ich euch im Video „Cold Brew oder Cold Drip Coffee“
Jura Z10 & DeLonghi Eletta Explore: Cold Brew aus dem Kaffeevollautomat?
Weil kalt gebrauter Kaffee ein so heißes Thema ist, taucht Cold Brew auch immer häufiger als Marketingbegriff in meinem Kaffeevollautomaten Test 2024 auf. Bisher haben sich drei Maschinen bzw. Hersteller mit einer eigenen Variante der kalten Kaffee-Zubereitung profiliert:
Tolle Innovation
Jura Z10
Rundum gelungen mit hervorragenden Innovationen
Sehr hochwertige Verarbeitung
Vollständig elektronisch steuerbar
Wesentlich leiseres elektronisches Mahlwerk
Heißer und kalter Kaffee
Hervorragender Espresso und Milchschaum
Kein Milchbehälter im Lieferumfang
„Cold Brew“ ist Etikettenschwindel
Alle Getränke in heiß & kalt
DeLonghi Eletta Explore Cold Brew
Kann praktisch alles – und das wirklich gut
Heißer & kalter Milchschaum
Heißer & kalter Kaffee
Einfache Bedienung
Vielschichtiges Aroma
Mahlwerk etwas laut
Getränke unübersichtlich
Für heiße & kalte Getränke
Intuition Experience+ EA877D
Der Krups Intuition Experience+ ist eine tolle kleine Innovation!
Sehr einfache Bedienung
Individuelle Kaltgetränke mit und ohne Milch
Top Espresso und Milchschaum
Sehr leise
Ungenaue Milchmengen
Während der Jura Z10 „nur“ kalten Espresso beziehen kann, erhaltet ihr bei DeLonghi und Krups auch kalten Schaum. Der DeLonghi Eletta Explore bezieht beide Komponenten kalt, während der Krups Intution Experience+ Kaffee und Milchschaum zwar heiß (über Eis) bezieht, sie anschließend aber noch einmal durch seinen speziellen Milchschlauch jagt und aufschlägt. Das Ergebnis liegt irgendwo zwischen Nitro und Frappe.
Kaffee entwickelt für den Vollautomaten
Mein Kaffee eignet sich bestens für alle Getränke aus dem Vollautomat.
Täglich frisch geröstet
Schokoladiges Aroma
Fair gehandelt
Für Espresso, Kaffee & Milchgetränke
Alle drei Vollautomaten setzen ihre kalten Kaffee-Ideen genauso gut um wie ihre heißen Einfälle. Ich würde mir allerdings kein Gerät kaufen, nur weil es die kalte Zubereitung beherrscht. Dazu sind die „manuellen“ Methoden viel zu einfach und tausendmal günstiger. Denn: Auch so mancher elektrischer Milchaufschäumer kann Milch kalt aufschlagen.
Selber machen oder aus der Maschine: Cold Brew Coffee geht immer!
Meiner Erfahrung nach ist Cold Brew Coffee vor allem ein Beweis dafür, wie groß der Unterschied zwischen guten und schlechten Kaffeebohnen ist. Früher wäre niemand auf die Idee gekommen, Jacobs Krönung kalt zu extrahieren und das Ganze pur zu trinken.
Wie es sich für den Kapitalismus gehört, wird uns weisgemacht, dass wir zum kalten Herstellen und Brauen unbedingt spezielle Spezialprodukte brauchen. Brauchen wir nicht.
Gute Kaffeebohnen, kaltes Wasser und ein Gefäß eurer Wahl – mehr braucht ihr für Cold Brew nicht. Außer eine (günstige) Kaffeemühle. Alles andere ist (schönes) Spielzeug. Mehr Ideen für Kaffee-Rezepte findet ihr in meinem Ratgeber.
Welche Cold Brew Tipps habt ihr? Kommentiert gern fleißig!