Handfilter: die alternativlose Anleitung zur Kaffeezubereitung

Kaffee aus dem Handfilter ist schon fast eine Religion. Und ich bin ein überzeugter Anhänger. In diesem Ratgeber findet ihr alle Tipps für perfekten Filterkaffee.

Arne met handfilter

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

Wie wir testen | Unser Team

Ich teste neue Kaffeebohnen? Ich greife zum Handfilter.

Ich rede von den besonderen Faktoren der Kaffeezubereitung? Ich meine meist den Handfilter.

Ich will beweisen, welche Macken ein bestimmtes Gerät hat? Ich vergleiche das Ergebnis mit Kaffee aus dem Handfilter.

Manchmal komme ich mir selbst dämlich vor, wie oft der Begriff Handfilter in meinen Ratgebern, Tests oder auf meinem YouTube-Kanal fällt.

Doch diese Quasi-Religion in Sachen Zubereitungsmethoden gibt es nicht erst seit dem Hype auf Instagram. Kaffee aus dem Handfilter ist pur, stilvoll und bildet stets den hintergründigen Charakter einer Kaffeebohne ab. Außerdem ist das Equipment günstig.

Dennoch geht mir der Hype um den Handfilter ein wenig auf die Nerven. Irgendwelche Influencer tun so, als hätten sie das Filterprinzip erfunden und wollen euch vorschreiben, dass es keine Alternative dazu gibt. Wer Kaffee liebt, trinkt ihn gefälligst schwarz aus dem Handfilter?

Das ist vollkommener Quark. Hauptsache ist, dass ihr lernt, wie ihr euren Filterkaffee perfektioniert und ohne großes Gehampel zubereiten könnt. Dafür habe ich diese Ratgeber aufgefrischt und um einige neue Tipps und Gerätschaften ergänzt.

Handfilter im Video: Coffeeness-Tipps zum Gucken

Coffeeness produziert für euch immer mehr Video-Content. Schließlich lassen sich die verschiedenen Zubereitungsmethoden oder Geräte am besten im Bewegtbild erklären. Es dürfte keine Überraschung sein, dass der Handfilter immer wieder einen eigenen Auftritt hat.

Ich empfehle euch einen Blick in folgende Videos:

Wie finde ich den besten Handfilter?

Wenn ihr euch auf die Suche nach einem neuen Handfilter begebt, trefft ihr grundsätzlich auf vier wichtige Unterscheidungsmerkmale:

  1. Material,
  2. Form,
  3. Größe und
  4. Filtertüten.

Über alle vier Merkmale lässt sich hervorragend diskutieren. Das sollten wir auch tun.

Hario V60 Handfilterhalter

Ich kann gut verstehen, wenn ihr keine Lust habt, mehr als 20 Euro für einen Hario V60 Handfilter aus Porzellan auszugeben. Genauso berechtigt ist die Frage, ob wir dem klassischen Melitta Kaffeehalter aus Kunststoff für gerade einmal vier Euro vertrauen können.

Die Wahrheit ist: Beide Varianten führen zu einem ähnlichen Kaffee-Ergebnis. Beide Varianten machen besseren Filterkaffee als fast jede Filterkaffeemaschine.

Beim Handfilter spielt bis zu einem gewissen Punkt auch Überzeugung eine Rolle. Grundsätzlich ist keine Alternative besser als die andere. Ein abschließendes Urteil werde ich mir deshalb verkneifen. Ich stelle euch die Merkmale vor, die Schlüsse daraus zieht ihr am besten selbst.

Von Melitta über No Name-Marken bis zum Hipster-Liebling Hario erhaltet ihr Handfilter bzw. den Filterhalter in vier Materialkategorien:

  • Kunststoff
  • Glas
  • Porzellan
  • Metall

Zu den Metallvarianten zähle ich grundsätzlich auch Permanentfilter aus Metall, die keinen extra Halter benötigen und direkt in verschiedene Pour Over-Gefäße gehängt werden. Über die Besonderheiten dieser Filterkategorie spreche ich später genauer.

Kunststoff ist zwar nicht instagramable, existiert aber schon ewig und kommt bei den Kunden nach wie vor hervorragend an. Handfilter aus Kunststoff sind megagünstig. Selbst Melitta haut den Ur-Filter für sichtbar unter fünf Euro raus. Das geringe Gewicht und die lange Lebensdauer des Materials sind starke Pro-Argumente.

Tchibo elektrische Kaffeemuehle mit Filterhalter aus Kunststoff

Auf der anderen Seite ist Kunststoff nicht besonders hygienisch und hat auch kein gutes Temperaturhaltevermögen. Ich gebe jedoch zu, dass dies Nerd-Faktoren sind, die für viele Nutzer zunächst keine große Rolle spielen.

Glas ist in Sachen Umweltbilanz und Hygiene natürlich die bessere Wahl. Allerdings ist die Bruchsicherheit nicht gerade die beste. Für mich persönlich sind Handfilter aus Glas höchstens eine ästhetische Entscheidung.

Porzellan ist für mich das optimale Material, weil es sehr hygienisch, stilvoll, lebensmittelecht und temperaturfreundlich ist. Zwar geht es ebenfalls schneller kaputt. Aber das passiert bei Kaffeetassen genauso. Ist also kein Drama.

Projekt Koffeinkick Filterkaffee fertig

Handfilter aus Kupfer sind meine liebsten Reisebegleiter. Natürlich geht es mir dabei auch um den Look auf meinem Instagram-Account. Davon abgesehen sind sie unkaputtbar, besitzen ein ausgezeichnetes Temperaturvermögen und werden dank Patina mit der Zeit nur noch schöner. Und einige Modelle könnt ihr sogar falten.

Statt allzu lange über das Material nachzudenken, solltet ihr euch viel mehr Gedanken um die optimale Form eines Handfilters machen. Denn diese beeinflusst das Extraktionsergebnis erheblich. Hier gibt es zwei Hauptkategorien:

  • Das Trapez (die typische Melitta-Form),
  • Der Kegel (Spezialität von Hario und den Nachäffern),
  • (Der Becher als Spezialvariante für Gastrofiltermaschinen sei an dieser Stelle ebenfalls erwähnt, spielt aber beim Handfiltern keine Rolle.)

Bei der Frage Trapez oder Kegel bin ich eindeutig ein „Kegelmensch“. Das Trapez, wie es von Melitta Benz erfunden wurde, hat einen großen Nachteil: Am Boden sammelt sich bei der Extraktion Wasser, das erst nach und nach durch die Löcher in die Kanne fließt. Dadurch wird das Kaffeemehl am Boden stärker extrahiert.

Beim Hario-Kegel gibt es kaum Widerstände, hier sorgt die Schwerkraft für eine gleichmäßigere Extraktion. Ich bilde mir ein, dass dafür auch die typischen Rillen verantwortlich sind, die beim Hario-Filter konzentrisch nach unten verlaufen. Bei Melitta gehen die Rillen schnurgerade nach unten.

Handfilter Barista Arne aufgießen

In jedem Fall kosten Kegelfilterhalter mehr – eben weil sie nach dem hippen Prinzip der Japaner funktionieren. Das Doofe ist auch, dass die passenden Filtertüten dafür ebenfalls stark ins Geld gehen. Auch, wenn sie eine herausragende Qualität haben. Dazu komme ich gleich noch einmal.

Ähnlich wie bei der French Press gibt es Handfilter in verschiedenen Größen für unterschiedliche Tassenmengen. Anders als bei der French Press könnt ihr einen Filter mit der Melitta-Standardgröße 1×4 jedoch auch für kleinere Portionen einsetzen.

Die Minivarianten sind aber besser geeignet, um sie sicher auf einzelne Tassen zu setzen. Damit könnt ihr beispielsweise neue Kaffeebohnen antesten und sie auf die individuell besten Zubereitungsparameter einstellen. Weil ihr weniger Kaffee verbraucht, verschwendet ihr eure teure Investition nicht.

Schon klar, die Filtertüten folgen der Form des Handfilters. Wenn ihr euch für einen Hario-Kegel entscheidet, braucht ihr auch kegelförmiges Filterpapier. Wie schon erwähnt, kostet das. Allerdings machen sich auch hier immer mehr Drittanbieter breit.

Doch Achtung: Hario-Filter haben nicht nur die passende Form, sie bestehen auch aus besonders reinen Fasern. Das macht sich schon bemerkbar, wenn ihr daran riecht. Da müffelt nix. Bei den Drittanbietern könnt ihr euch dessen nicht sicher sein.

Bei der verbreiteten Melitta-Form übrigens auch nicht. Selbst das Original hat einen leichten Holzgeruch. Billige Varianten stinken richtiggehend. Das bekommt ihr selbst mit Ausspülen und Auslüften nicht weg. Die Melitta-Form hat lediglich den Vorteil, dass ihr sie in jedem Supermarkt als günstige Eigenmarken kaufen könnt.

Gerade bei filigraneren Kaffeecharakteren, für die der Handfilter geradezu ideal ist, schlagen sich die Müffel-Rückstände irgendwie immer durch. Sie sind nicht gefährlich, sie verfälschen jedoch den Geschmack und den Duft. Oder bilde ich mir das nur ein?

Beem Selection Pour Over Filterpapier

Keine Einbildung ist hingegen die Tatsache, dass die Hario-Fasern etwas anders aufgebaut sind als die Melitta-Fasern. Macht ihr den Filter vor der Nutzung nass, quellen die Hario-Fasern sehr gut auf, die Poren öffnen sich besser und die Kaffeearomen können später besser durchs Papier. Aber ja, das kostet.

Allerdings hat der Hario-Hype wiederum den Vorteil, dass sich junge Start-ups in dieser Richtung Gedanken machen und hochwertige wiederverwendbare Dauerfilter in Kegelform produzieren, auf die etablierte Hersteller keinen Bock haben.

Was macht Handfilter-Kaffee aus?

Im Ratgeber zur French Press habe ich es bereits festgehalten: Der Handfilter ist als Pour Over Methode der Gegenentwurf zur immersiven Kaffeezubereitung und damit in jeder Hinsicht indirekter. 

„Indirekte“ Zubereitungsmethoden zeichnen sich dadurch aus, dass bei der Extraktion irgendeine Form von Filter bzw. Medium im Einsatz ist. Dieser Filter ist essenziell, weil er bestimmte Bestandteile aus der Kaffeebohne zurückhält.

Sage the Precision Brewer Filterpapier in Filterhalter

Im Fall Handfilter heißen diese Bestandteile Bitterstoffe und Kaffeeöle – also zwei Komponenten, die normalerweise für den typischen Kaffeegeschmack und das volle Mundgefühl zuständig sind.

Wenn diese vorlauten Rüpel nicht in der Tasse landen, haben ganz andere Aromen ihren großen Auftritt: Zitrusnoten, florale Elemente, Obstsorten usw. Also alles, was sonst zu filigran ist, um gegen die grundsätzlichen Kaffeebestandteile anzukommen. Mehr dazu erfahrt ihr im Ratgeber „Schwarzer Kaffee“.

Fertiger Kaffee einschaenken Arne

Kaffee aus dem Handfilter öffnet vor allem Neulingen in der Specialty Coffee-Szene die Augen. Denn hier zeigt sich plötzlich, wie großartig ein säurebetonter, heller Kaffee schmecken kann. Oder dass es keine altbekannten Bitternoten braucht, um nach einer bestimmten Bohne süchtig zu werden.

In Sachen Koffeinkick ist Kaffee aus dem Handfilter ein mittelprächtiger Vertreter. In unserem großen Koffein-Test liegt Handfilter-Kaffee sowohl bei der Koffeinkonzentration als auch bei der absoluten Menge nach Portionsgröße im Mittelfeld.

Mehr dazu erfahrt ihr im begleitenden Video:

Allerdings gilt auch: Der Handfilter extrahiert mehr Koffein als die Filtermaschine oder der Kaffeevollautomat (in der Einstellung „Kaffee“). Das liegt zu einem großen Teil an der Sorgfalt und Vorbereitung, die ihr bei einem Handfilter an den Tag legt.

Eine gelungene Extraktion erkennt ihr auch daran, dass der Kaffee nach dem Abkühlen zwar anders, aber nicht schlechter schmeckt. Vielmehr zeigt er neue Noten, die ihr vorher übersehen habt. Kalter Kaffee aus dem Vollautomaten ist dagegen meist nur genau das – kalter Kaffee.

Geht es um klare Bohnenempfehlungen für den Handfilter muss ich nicht lange überlegen: Alle Ostafrikaner – insbesondere die Äthiopier – sind ideal für Handfilterkaffee. Derzeit gehe ich mit dem Kushukuru von mehrwert kaffee aber auch auf einen hundertprozentigen Kenianer ab.

Ein echter Handfilterkaffee-Experte ist für mich Wood Grouse Coffee aus Hannover. Die spritzigen Röstungen sind ein Knaller – allerdings glaube ich auch, dass so mancher Einsteiger damit überfordert ist.

Wood Grouse Filterkaffee Magarrisa

Auf der sicheren Seite seid ihr wie immer mit sogenannten Omniroasts, die sich für fast alle Zubereitungsarten eignen. Diese Angebotssparte wächst immer mehr. Wahrscheinlich auch, weil keiner mehr bei den passenden Röstungen durchblickt.

Wie bereite ich Kaffee aus dem Handfilter zu?

Wenn wir uns die Grundausstattung für guten Kaffee aus dem Handfilter angucken, müsste die Zubereitung ein Kinderspiel sein. Mehr als den Filterhalter, Filter, gute Kaffeebohnen und Wasser brauchen wir schließlich nicht.

Während ich bei anderen manuellen Methoden oft auch das Ungefähr-Prinzip gelten lasse, halte ich beim Handfilter Präzision für entscheidend. Denn die feine Stilistik des Kaffees kitzelt ihr nur heraus, wenn ihr es bei der Zubereitung genau nehmt.

Dosierung und Mahlgrad

Wie ich schon sagte, ist Handfilterkaffee eine „mittelprächtige“ Angelegenheit. Das gilt auch für den Mahlgrad. Je nach Kaffeemühle liegt er meist in der goldenen Mitte. Bei einer Skala von 1 bis 10 wären wir etwa bei 5 bis 6.

Solis Kaffeemuehle Mahlgrad im Vergleich

Mit dem Mahlgrad habt ihr wesentlichen Einfluss auf die Durchflussgeschwindigkeit. Diese wiederum legt fest, wie kurz oder lang ein Kaffeekrümel extrahiert wird. Je feiner ihr die Bohnen mahlt, desto langsamer und intensiver wird die Extraktion. Das kann schnell zu einer Schieflage führen. Ein Handfilterkaffee hat dann meist die Tendenz, zu sauer oder zu bitter zu werden.

Bei der Dosierung rechnen die meisten Röster und Experten in „Tassen“. Bei einer Tassengröße von 120 Milliliter benötigt ihr 8 bis 12 Gramm Kaffee. Tatsächlich entspricht das auch der alten Dosierformel „Ein Löffel pro Tasse“ – ein typisches Kaffeelot fasst meist 8 Gramm.

Kaffeefilter mit Kaffeepulver

Bei einem 4×1-Tassen-Filter wie dem Hario V60 liegen wir zwischen 30 und 38 pro 500 Milliliter. Die Angaben sind bewusst ungenau, weil ihr je nach Röstung und gewünschter Kontakt- bzw. Durchlaufzeit neu kalkulieren müsst.

Die Filtertüte vorbereiten

Ganz gleich, ob ihr euch für einen Kegel oder das Melitta-Trapez entscheidet: Wenn ihr exzellente Ergebnisse wollt, solltet ihr die Filtertüte „vorbehandeln“.

  1. Zunächst müsst ihr die Naht knicken, damit die Tüte aufklappt und in den Filterhalter passt.
  2. Nehmt den Handfilter nebst Tüte und benetzt ihn einmal mit warmem Wasser. Schwenkt das Ganze und kippt das Wasser weg. Damit öffnet ihr die Poren, schwemmt Staub- und Produktionspartikel heraus und sorgt dafür, dass sich die Tüte perfekt an den Filterhalter schmiegt. Außerdem wärmt ihr die Filter aus Porzellan, Metall oder Glas schon einmal an.

Das Kaffeepulver vorbereiten

Ihr tut euch einen großen Gefallen, wenn ihr euer Kaffeemehl nicht einfach in den Filter donnert, sondern es „levelt“, also für eine ebene Oberfläche sorgt. Dafür müsst ihr den Handfilter nur kurz schütteln oder leicht anklopfen.

Kaffee aufbruehen mit geleveltem Kaffeepulver

So stellt ihr sicher, dass die gesamte Oberfläche gleichmäßig von Wasser erwischt wird und damit alle Kaffeekörnchen extrahieren können. Außerdem minimiert ihr die Kraterbildung.

Bei deutlichen Kratern wird das Kaffeemehl am Rand weniger extrahiert als der Teil in der Mitte, der die ganze Zeit mit Wasser in Kontakt steht.

Die Brühtemperatur

Die optimale Brühtemperatur für Kaffee aus dem Handfilter liegt bei rund 96 Grad Celsius, entspricht also der French Press-Angabe. Oft findet ihr auch die Angabe 94 Grad Celsius, was nicht falsch ist – beim Aufbrühen vergeht etwas Zeit, die Wassertemperatur sinkt.

Viele von euch berichten vom Problem, dass der Kaffee bei der recht langsamen Zubereitung zu schnell an Temperatur verliert. Das umgeht ihr am ehesten mit einem vorgewärmten Gefäß. Dazu lasst ihr etwas kochendes Wasser ein paar Minuten in der Kanne oder Tasse stehen und schüttet es dann weg.

Handfilter Kaffee bruehen

Da der Handfilter eher für kleine Tassenportionen gedacht ist, solltet ihr bei größeren Mengen zum Beispiel auf die Chemex zurückgreifen. Auch sie muss vorgewärmt werden, doch das spezielle Glas hat eine hohe Wärmehaltefähigkeit.

Ein Küchenthermometer ist die sicherste Messmethode, ansonsten könnt ihr auch einen Wasserkocher mit Thermometer oder eine altbekannte Formel nehmen: Siedepunkt des Wassers plus 90 Sekunden Wartezeit. Das ist nicht wirklich genau, doch besser als nichts.

Der gekonnte Aufguss

Solltet ihr bei allen anderen Schritten präzise gearbeitet haben, ist es ziemlich leicht, den Kaffee mit dem falschen Aufguss zu versauen. Denn eure Handbewegungen und eure Geduld stellen sicher, dass der Kaffee gleichmäßig und mit der richtigen Ziehzeit extrahiert wird. Das Ganze funktioniert so:

  1. Gießt die gesamte Oberfläche kurz mit sanft kreisenden Bewegungen und wenig Wasser an. Lasst das Ganze etwa 30 Sekunden lang quellen. Diese Blooming-Phase „aktiviert“ den Extraktionsprozess, jedes Kaffeekörnchen im Filter wird geöffnet, ohne komplett zu extrahieren.
  2. Gießt Wasser in kreisenden Bewegungen nach, bis der Filter voll ist.
  3. Achtet beim Aufgießen darauf, dass sich kein Krater bildet. Nehmt ggf. den Wasserstrahl und holt das klebende Kaffeemehl damit von den Rändern.
  4. Sollte nach dem ersten Volldurchgang noch Wasser übrig bleiben, wiederholt den Aufguss erst, wenn das Wasser des ersten Durchgangs komplett durchgelaufen ist.

Viele Barista nutzen für mehr Präzision beim Aufguss eine sogenannte Schwanenhalskanne mit langer, dünner Tülle. Diese Kannen gibt es auch als Wasserkocher. Das Tool ist nicht unbedingt nötig. Doch die Tüllen von Wasserkochern (und der Wasserkocher selbst) sind meist schwerfällig und grob. So kommt zu viel Wasser auf einmal raus.

Weil sie so sexy sind, sind Schwanenhalskannen nicht ganz billig. Solltet ihr ein ruhiges Händchen besitzen, gibt es jedoch keinen zwingenden Grund, sie zu kaufen.

Handfilter und andere Zubereitungsmethoden im Vergleich

Wenn ich lang und breit über den Handfilter schwafele, ist die Frage nach der Filterkaffeemaschine meist nicht weit – selbes Prinzip, weniger Aufwand, weniger Schererei? Auch wenn das Prinzip gleich ist, ist die Kaffeemaschine ein sehr grobschlächtiger Abklatsch.

Zumindest bisher. Ich musste jüngst den Ratgeber Filterkaffeemaschinen neu auflegen, weil so viele gute neue Geräte auf den Markt gekommen sind, die sich immer stärker am Handfilter orientieren.

Beem Basic Selection Pour Over Uebersicht Arne

So richtig geschafft hat es bisher jedoch nur eine Maschine – die Beem Basic Selection Pour Over. Sie automatisiert nicht nur das Dosieren und sanfte Aufgießen. Sie besitzt sogar eine eingebaute Kreisbewegung beim Aufguss. Genial.

Beem Basic Selection Pour Over Wasserauslass

Dagegen spricht jedoch, dass ihr für ein solches Spezialgerät deutlich mehr Geld investieren müsst – und zwar weit über 100 Euro. Bei einer Handfiltergrundausstattung (ohne Wasserkocher) kommt ihr locker unter zehn Euro weg – mit günstigen Tüten und noch günstigeren Handfiltern aus Kunststoff.

Damit bleibt mehr als genug Geld für anständige Kaffeebohnen und sogar eine Einsteiger-Kaffeemühle übrig. Denn ohne brauchen wir gar nicht weiterreden…

Tchibo elektrische Kaffeemuehle Uebersicht Arne

Da ich so großer Handfilter-Fan bin, seht ihr in meinem Kaffeemühlen-Test 2024 meist sofort, ob sie für einen Handfilter geeignet ist. Auf diesen Mahlgrad teste ich immer zuerst. Und das Erfreuliche ist, dass selbst sehr günstige Einsteigerversionen wie die Tchibo Kaffeemühle oder die Rommelsbacher EKM 200 für Filterkaffee geeignet sind.

Im Vergleich zum direkten „Konkurrenten“ French Press ist die Zubereitung im Handfilter zwar komplizierter, aber wesentlich besser auf feinfühlige Kaffeearomen abgestimmt. Außerdem habt ihr keine Krümel in der Tasse.

Die Chemex ist ein lupenreiner Handfilter-Vertreter, gilt aber wegen ihrer besonderen Form und dem Markenimage als eigenständige Kategorie. So gesehen zählt auch die Karlsbader Kanne in die Kategorie Handfilter, extrahiert aber mit ihrem extragroben Porzellanfilter ganz anders.

Da Handfilterkaffee ohne jeglichen Druck auskommt, ist er mit einem Espresso aus der Siebträgermaschine, dem Kaffeevollautomaten oder der Espressokocher überhaupt nicht vergleichbar.

Tchibo Esperto Kaffeevollautomat Kaffee Creme Bezug

Grob gesprochen liegen die Kaffees an zwei Enden einer Skala: von sanft und drucklos bis schnell und druckbehaftet. Während bei den Druckverfahren Öle und Bitterstoffe im Vordergrund stehen, dreht sich bei Filtervarianten alles um Säuren und florale Noten.

Darum sind sehr dunkle Röstungen für den Handfilter genauso wenig geeignet wie sehr helle Röstungen für die Siebträgermaschine. Die Schattierungen zwischen diesen Extremen sind jedoch viel feinteiliger geworden!

Handfilter reinigen: Reicht das Spülen?

Ein Handfilter-Ensemble ist schneller sauber als ihr gucken könnt. Auch wenn manche Ratgeber davon abraten, den Filterhalter, die Kanne oder den Permanentfilter mit Spülmittel zu reinigen, wüsste ich nicht, was dagegen spricht. Solange ihr Putzmittelreste gut abspült, gibt es keinen Grund, auf den Hygienehelfer zu verzichten.

Ist euch das zu heikel, reicht auch rigoroses Spülen nach jeder Benutzung. Aber wir alle wissen, wie schnell sich in Poren Ablagerungen sammeln. Und Kaffeefette kommen immer durch.

Bodum Pour Over und Co: Welche Vorteile haben Dauerfilter?

Diesen Abschnitt verdankt ihr einerseits einem User-Kommentar, andererseits der Tatsache, dass ein Coffeeness-Teammitglied die Bodum Pour Over zu einem Abonnement erhalten hat.

Grundsätzlich handelt es sich bei allen Pour Over Kaffeebereitern um ein Set aus Dauerfilter und Zubereitungskannen. Sie alle imitieren das Chemex-Prinzip, sind damit aber nichts weiter als eine aufgehübschte Handfilter-Version.

Pour Over Sets haben den großen Vorteil, dass ihr weder Verbrauchsmaterialien kaufen noch euch Gedanken um die passenden Gefäße für den Filter machen müsst. Die Dauerfilter bestehen entweder aus stabilem Metall oder einem Mesh-Einsatz aus unterschiedlichen Materialien.

Im Vergleich zu Papierfiltern mit ihren feinen Poren sind Pour Over Kaffeebereiter etwas grobschlächtiger, weil sich die Fasern (oder Löcher) auch bei Wasserkontakt nicht verändern. Darum muss das Netz feinmaschig genug sein, um eine anständige Extraktion zu erhalten.

Ich habe mal nachgefragt: Die Bodum Pour Over gehört zu den Gerätschaften, die ich neuerdings unter Equipment für akute Einsteiger verbuche. Der Kunststoffnetz-Filter ist so konstruiert, dass der Kaffee auch dann schmeckt, wenn ihr bei der Zubereitung nicht genau aufpasst.

Wie ist das möglich? Die etwas gröbere Struktur lässt mehr Öle und Fette durch als ein Papierfilter. Damit gibt sie sehr vordergründige Aromen an den Kaffee ab, die auf unserer Zunge einen runden, gelungenen Kaffee-Eindruck erzeugen.

Mit diesem Eindruck verlieren gerade filigranere Aromen an Bedeutung, was der Einsteiger aber (noch) nicht mitbekommt. Profis setzen jedoch deshalb bewusst auf gute Papierfilter.

Aber ich bin der Meinung, dass jedes Equipment, das euch den Einstieg erleichtert, eine gute Idee ist. Denn frisch mahlen, die richtige Temperatur wählen und mit der Dosierung experimentieren müsst ihr auch bei Dauerfiltern.

Ich habe übrigens ein Video zum Thema verfasst. Klickt euch rein:

Wiederverwendbare Einzelfilter aus Baumwolle oder Hanf senken euren Müllberg natürlich erheblich. Ich habe nur festgestellt, dass die Stofffilter trotz aller Waschbarkeit dazu tendieren, Kaffeebestandteile in ihren Fasern einzuschließen.

Auf Dauer sieht das doof aus und verfälscht den Geschmack jedes weiteren Aufbrühvorgangs. Darum bin ich von meiner anfänglichen Begeisterung für den Hario Woodneck ein wenig abgekommen. Das Problem gibt es bei Edelstahlnetzen nicht.

Doch da ich lange keine Stofffilter mehr benutzt habe, kann sich dieser Einwand inzwischen auch erledigt haben. Hier freue ich mich auf eure Erfahrungen!

Überhaupt interessiert mich weiterhin brennend, was ihr zum Thema Handfilter wissen möchtet oder beizusteuern habt. Hinterlasst mir gern weiter fleißig Kommentare!

Dein Kaffee-Experte
Team Image
Arne Preuss

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

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