Kaffee richtig mit dem Handfilter zubereiten: Anleitung & Tipps
Ganz schön viel Arbeit für ein bisschen Genuss: Handfilter-Kaffee gibt sich gern kompliziert und komplex. Machen wir es einfacher!
Ganz schön viel Arbeit für ein bisschen Genuss: Handfilter-Kaffee gibt sich gern kompliziert und komplex. Machen wir es einfacher!
Kaffee mit dem Handfilter richtig zuzubereiten, ist eine Kunst für sich. Aber sie sollte bei weitem nicht so geheimnisvoll und kompliziert sein, wie uns Barista-Influencer und Kaffee-Nerds weismachen wollen.
Filterkaffee ist von Hand zwar aufwändiger als aus der Maschine. Sobald ihr jedoch einmal verstanden habt, worum es beim Aufbrühen geht und wie die Elemente der Extraktion zusammenspielen, sinkt der Aufwand. Schöner Nebeneffekt: ihr bekommt ein Ergebnis, bei dem Maschinen einfach nicht mithalten können.
In dieser Anleitung zeige ich euch diese Methode der Kaffeezubereitung in allen Schritten. Ich erkläre, worauf ihr beim manuellen Kaffee aufbrühen achten müsst, und verrate vor allem, was ihr beim Handaufguss zu Hause nicht tun oder wissen müsst.
Kaffee | Kaffeebohnen in Filterröstung (alle Röststufen) |
---|---|
Mahlgrad | Mittel (Richtwert 4 bis 6 von 10) |
Menge | 6 g / 100 ml (Ausgangswert) |
Wassertemperatur | 96 °C |
Ziehzeit | 3–4 min (nach Menge) |
Equipment | Kaffeemühle (ab Einsteigerniveau) Filterhalter (Empfehlung Hario V60) Kaffeefilter (Empfehlung Papierfilter) Feinwaage Wasserkocher (mit/plus Thermometer) Timer Kanne / Tasse Optional Schwanenhals-Kanne |
Kaffee immer frisch mahlen
Wassermenge & Kaffeemenge abmessen/ abstimmen
Filterhalter mit Filterpapier mit heißem Wasser ausspülen
Gleichmäßige Oberfläche im Filterhalter schaffen
Kaffeemehl mit erstem Schwung Wasser nur anfeuchten
Nach Anguss 30 Sekunden warten (Blooming-Phase)
Restliches Wasser in kreisenden Bewegungen in Intervallen aufgießen
Mit der Handfiltermethode könnt ihr besonders feine Aromen wie blumige, fruchtige und süß-würzige Noten hervorheben, die bei anderen Methoden oft nicht durchkommen.
Für manuellen Filterkaffee gilt eine Maxime:
Lasst ihr euch Zeit, schmeckt der Kaffee. Habt ihr es eilig, wird’s nix mit dem Kaffeegenuss.
Selbstverständlich kommt auch trinkbarer Kaffee in die Tasse oder Kanne, wenn ihr es mit Brew Ratio und Brühzeit nicht genau nehmt oder den gemahlenen Kaffee auf eure Weise in den Papierfilter werft.
Dann verliert ihr allerdings die feinen Nuancen, die Filterröstungen bei dieser Methode zeigen. Also werden wir in Sachen Rezept, Zutaten und Vorgehen pedantisch.
Für den korrekten Kaffeegenuss ist es egal, welchen Filterhalter, welchen Filter, welche Kaffeemühle oder welche Kaffeewaage ihr verwendet. Hauptsache, ihr tut es.
Während ihr auf die Waage im Ernstfall verzichten und das Wasser nach Augenmaß oder per Messskala auffüllen könnt, ist eine Mühle unumgänglich. Sie muss aber genauso wenig teuer sein wie der Rest eurer Handfilter-Werkzeuge. Meine Empfehlungen lauten:
Eine simple Einsteigermühle wie die Rommelsbacher EKM 200 reicht für den Filter-Mahlgrad bereits aus. Mehr Mahlstufen lassen sich allerdings besser an die Frische und Farbe der Kaffeebohnen anpassen.
Wer keine extra Kaffeewaage bzw. Feinwaage kaufen will, kann sich auch mit einer Küchenwaage behelfen. Bei Handfilter-Kaffee kommt es nicht (zu sehr) auf jedes Gramm an.
Sowohl billige Filterhalter aus Plastik als auch hochwertige Produkte aus Keramik funktionieren. Die Form ist entscheidender: Wählt lieber einen kegelförmigen Halter wie den Hario V60 als die klassische Melitta-Form. Der Vorteil: Das Wasser läuft gleichmäßiger durch den Aufsatz, so schmeckt der Kaffee deutlich authentischer.
Papierfilter haben feinere und anpassungsfähigere Poren als Dauerfilter aus Stoff oder Metall. Achtet auf die Papierqualität und wählt hochreine Fasern nach dem Vorbild Hario (oder Chemex). Mehr dazu gibt’s im Ratgeber Kaffeefilter.
Das Lieblingstool aller Hipster-Barista sieht nicht nur super aus, es erfüllt auch einen Zweck. Mit der langen, schmalen Tülle könnt ihr den Wasserstrahl genau justieren, das Wasser trifft sanfter und gleichmäßiger auf das Kaffeemehl. Wer oft Kaffee mit dem Handfilter zubereitet, sollte sich ein Exemplar zulegen. Alle anderen sollten ihren Wasserkocher gut handhaben können.
Hier ist zwar erlaubt, was gefällt. Ich empfehle jedoch Gefäße aus Glas. So könnt ihr beim Aufbrühen ohne Maschine am fertigen Kaffee erkennen, ob ihr bei der Dosierung oder dem Mahlgrad alles richtig gemacht habt. Ein paar Ideen gibt’s in meinem Shop.
Ihr könnt faktisch jeden Kaffee in den Filter hauen und brühen. Die Frage ist nur, welcher Geschmack dabei rauskommen soll:
Darum wählen Filter-Fans oft überdurchschnittlich helle Kaffeebohnen, die zum Beispiel aus Ostafrika stammen. Diese Kaffees erinnern teilweise an Tee, haben keine Angst vor (schöner) Säure und schmecken sowohl heiß als auch als Cold Brew besonders frisch.
Solche Aromen sind allerdings nicht jedermanns Sache, weshalb ihr bei der Wahl eurer Bohnen frei seid. Ich empfehle nur, grundsätzlich auf eine Filterröstung oder einen Omniroast zu setzen.
Mindestens genauso wichtig wie die Wahl des Kaffees und das Zubehör sind die Einrichtung und Vorbereitung eurer „Brewing Station“. Mit dem Setup stellt ihr sicher, dass beim Kochen und Gießen alles glattläuft:
Filterhalter mit Filter auf Kanne oder Tasse platzieren
Mit heißem Wasser anfeuchten – da das Wasser ins Gefäß läuft, wird es gleich angewärmt
Wasser wegschütten
Brew Station auf der Waage platzieren
Evtl. Timer bereitlegen
Mit dieser Vorbereitung stellt ihr sicher, dass die Filterporen geöffnet und aufnahmebereit sind, ohne zu viele Aromen bzw. Stoffe aus dem Kaffeepulver festzuhalten. Gleichzeitig spült ihr Produktionsreste und Staub heraus und sorgt für die richtige Betriebstemperatur zum Filtern.
Wie bei jeder Form der Kaffeezubereitung ist der Mahlgrad die wichtigste Stellschraube für die korrekte Extraktion von gemahlenem Kaffee. Beim Mahlen legt ihr fest, wie schnell oder langsam das Wasser durch den Kaffee fließt und dabei Geschmack mitnimmt.
Gehen wir von einer zehnstufigen Skala aus, fangt ihr in der Mitte (5) an und checkt jeweils das Ergebnis. Stimmt der Geschmack nicht, geht ihr in Einzelschritten nach oben oder unten. Die Faustformeln lauten:
Verstellt den Mahlgrad stets in der kleinstmöglichen Stufe und schaut euch unter anderem den Wasserdurchfluss und die Farbe bzw. Dichte eures fertigen Kaffees an. Guter Filterkaffee sollte kaum Schwebstoffe enthalten und auch in dunkleren Röstungen einen Hauch Bernstein mitbringen.
Um die Brew Ratio machen Baristas das meiste Gewese – insbesondere, wenn es um die Zubereitung im Hario V60 geht. Wir müssen uns nur merken, dass ihr mit dem Wasser-Kaffee-Verhältnis bestimmt
Wie lange Kaffee und Wasser Kontakt haben
Wie lange die Extraktion insgesamt dauert
Wie ihr den Aufguss timet & welche Phasen er durchläuft
Mit meiner Ausgangsempfehlung von 6 g Kaffeepulver auf 100 ml Wasser fangt ihr nach meiner Erfahrung stets in der goldenen Mitte an. Experimentiert und geht in halben Grammschritten nach oben oder unten.
Das Wasser wiederum messt ihr eigentlich nicht vorher ab, sondern bestimmt den Füllstand über die Waage während der Zubereitung (1 ml Wasser bzw. Kaffee = 1 Gramm). Wenn die gewünschte Menge an fertigem Filterkaffee erreicht ist, stoppt ihr den Aufguss.
Wer dafür weder Nerven noch Waage hat, kann das Wasser per Messbecher aufgießen. Da Wasserkocher-Skalen notorisch ungenau sind, kommt ihr ums Umgießen allerdings nicht herum. Ob eure Brew Ratio stimmt, könnt ihr wiederum am besten am Kaffee selber beurteilen:
Zu wenig Kaffeemehl im Verhältnis zu Wasser: Das Wasser findet kaum Widerstand und rauscht am Kaffee vorbei. Der Kaffee wird dünn, wässrig und eher sauer.
Zu viel Kaffeemehl im Verhältnis zu Wasser: Der Widerstand und die Kontaktzeit werden zu groß, der Kaffee wird bitter und zu stark.
Über die Temperatur des Wassers mache ich mir im Allgemeinen die wenigsten Gedanken – ob bei einer Kannen- und Tassenfilter-Anleitung oder in French Press und Co. Nennt es einfach Faulheit oder seht es mal so:
Die Wassertemperatur beschleunigt oder bremst zwar die Extraktion, bei der Anwendung merkt ihr meist jedoch kaum Unterschiede. Ich checke die Temperatur einmal vor dem Anguss und gieße das Wasser dann einfach auf.
Ob es genau 96 Grad Celsius nach Rezept sind, nehme ich auch nicht hundertprozentig genau. Solange die Wassertemperatur deutlich über 90 Grad liegt, aber das Wasser spürbar nicht mehr kocht, ist für mich beim Kaffee filtern per Hand alles fein.
Wie schon anklang, könnt ihr es beim eigentlichen Aufbrühen so richtig kompliziert machen. Davon bin ich aber kein Fan. Beim Kaffeekochen ist die Umsetzung schließlich nur der Weg zum Ziel.
Für die richtige Zubereitung mit dem Handfilter müsst ihr euch meiner Meinung nach nur fünf Schritte hinter die Ohren schreiben:
Der erste Anguss sollte das ganze Kaffeemehl gleichmäßig befeuchten, ohne den Filter zu überschwemmen.
Nach dem ersten Anguss solltet ihr rund 30 Sekunden warten, bis das Wasser vollständig durchgelaufen ist. In dieser Blooming-Phase bereitet ihr das Kaffeemehl analog zum gespülten Kaffeefilter auf die eigentliche Extraktion vor.
Jeder weitere Aufguss (bis zum Erreichen der gewünschten Gesamtmenge) sollte in etwa aus der gleichen Menge Wasser bestehen und jedes Mal Zeit haben, das Kaffeemehl vollständig zu durchlaufen, bevor ihr nachkippt.
Gießt immer in kreisenden Bewegungen und langsam auf, damit sich kein Krater im Kaffeemehl bildet und sämtliche Kaffeekrümel gleichmäßig extrahiert werden.
Der Timer kann euch dabei helfen, die einzelnen Güsse nicht zu schnell auszuführen und dem Kaffee Zeit zum Durchlaufen zu geben. Das ist vor allem für sehr Ungeduldige (mich) wichtig.
Je öfter ihr das Brühen praktisch umsetzt, desto perfekter werdet ihr. Nehmt ihr sowieso immer denselben Kaffeeaufsatz, die gleiche Filtertüte und dasselbe Gefäß bzw. dieselbe Größe, braucht ihr für euren Handbrew meist bald keine Pacing-Helfer mehr. Nur die Kaffeewaage fürs Abmessen bzw. Abwiegen solltet ihr nie ganz in die Ecke stellen.
Espresso zubereiten mit dem Handfilter meint zwei verschiedene Dinge: Kann ich Espressobohnen im Handfilter zubereiten oder kann ich ein Getränk wie Espresso im Handfilter zubereiten? Die Antworten sind ebenso zweigeteilt:
Espressobohnen lassen sich im Handfilter zubereiten, allerdings schmecken sie meist falsch – zu sauer, zu bitter, zu kräftig. Nicht umsonst gibt es die zwei Kategorien der Kaffeeröstung.
Espresso aus dem Handfilter existiert nicht. Espresso lebt von der direkten Extraktion unter Druck in wenigen Sekunden. All das ist das genaue Gegenteil von Filterkaffee.
Soll perfekter Filterkaffee zum alltäglichen Kaffeeerlebnis werden, müssen wir aufhören, uns die Zubereitung mit unnötigen Kleinigkeiten zu vermiesen.
Wir müssen nicht lange über die Filtergröße oder das Material des Filters diskutieren. Wir müssen schon gar nicht das beste Drip-Set der Welt finden. Wir müssen einfach loslegen und bei den Bohnen und beim Mahlgrad sorgfältig vorgehen. That’s it? That’s it!
Was ist euch bei handgemachtem Filterkaffee wichtig? Sagt es mir in den Kommentaren!
Handgefilterter Kaffee lebt von einem sorgfältigen Aufguss frisch gemahlener Bohnen, die im richtigen Mahlgrad langsam und methodisch extrahiert werden. Das ist im ersten Moment zwar kompliziert, wird aber mit Übung schnell zur Routine.
Am wichtigsten beim manuellen Kaffeekochen sind frisch gemahlene Kaffeebohnen, die im mittleren Mahlgrad langsam mit Wasser übergossen werden. Die Dosierung ist Geschmackssache, das Equipment ebenso.
Handgefilterter Kaffee schmeckt besser, weil die Geschmacksnoten durch die sorgfältige Filterung nach vorgegeben Parametern Noten aus den Bohnen herausgearbeitet, die ähnliche Methoden der Kaffeezubereitung aufgrund einer gröberen Extraktion nicht erwischen.