Meine Beziehung zu Tchibo und den Tchibo Kaffeevollautomaten hat sich in den letzten Jahren immer wieder verändert. Manchmal finde ich das, was die Urmarke der deutschen Kaffeebar-Kultur produziert, gar nicht schlecht. Siehe meinen Tchibo Blonde Roast Test.
Meine Beziehung zu Tchibo und den Tchibo Kaffeevollautomaten hat sich in den letzten Jahren immer wieder verändert. Manchmal finde ich das, was die Urmarke der deutschen Kaffeebar-Kultur produziert, gar nicht schlecht. Siehe meinen Tchibo Blonde Roast Test.
Dann wiederum fallen mir die Haare aus, wenn das Unternehmen stolzgeschwellt verkündet, seine Kaffeepreise zu senken, weil ja der Weltmarktpreis für Kaffee auf einem historisch niedrigen Niveau ist.
Irgendwo dazwischen schafft es Tchibo, sich so „unauffällig“ zu platzieren, dass die Specialty Coffee-Welt hier wesentlich weniger draufhaut, als dies etwa bei Lavazza oder der Krönung der Fall ist. Mit anderen Worten: Meist tut Tchibo nichts richtig gut, aber auch nichts richtig falsch.
Dann wagen sie sich plötzlich mit Pauken und Trompeten aus der Deckung und präsentieren mit dem Tchibo Esperto Caffè vollmundig den „ersten eigenen Kaffeevollautomaten“. Sie wollen mir das Gerät für den Kaffeevollautomaten Test zur Verfügung stellen und sind offensichtlich von ihrer Maschine überzeugt.
Auch wenn das Logo von Tchibo eine Kaffeebohne ist, unterstütze ich lieber kleinere private Röstereien als Großkonzerne. Mein fair gehandelter Coffeeness-Kaffee ist in Kooperation mit einer der renommiertesten Röstereien Deutschlands entstanden. Das kräftige Aroma mit schokoladiger Note entfaltet sich optimal in Kombination mit Vollautomaten. Die richtigen Geräte-Einstellungen für den Esperto habe ich euch aufgeschrieben.
Aus verschiedenen Gründen habe ich den Tchibo Kaffeevollautomaten doch in der Filiale selbst gekauft und die Überzeugung des Herstellers lieber komplett unabhängig auf die Probe gestellt. Diese Überzeugung ist nicht ganz falsch, auch wenn der Tchibo Esperto Caffè praktisch keinen Neuigkeitswert liefert – bis auf das Bohnenemblem auf dem verstellbaren Auslass.
Denn erstens ist das kompakte Gerät ohne Milchschaumsystem nur eine ziemlich nachgeäffte Variante des Melitta Caffeo Solo. Zweitens ist die Aussage „eigene Maschine“ glatt gelogen. Denn beim Esperto handelt es sich um ein Modell, das zu 100 Prozent baugleich mit einem länger existierenden Severin-Gerät ist.
Macht dieses Whitelabeln den Tchibo Esperto Caffè zu einem schlechten Kaffeevollautomaten? Nein. Aber zu einem schlechteren.
Falls ihr lieber glotzt statt lest, habe ich für euch bereits ein Testvideo auf meinem Coffeeness-YouTube Kanal hochgeladen.
Beliebter Kaffee-Purist
Tchibo Esperto Caffè
Altbekannte Maschine im neuen Gewand.
Kompakt
Schöne Optik
Übersichtliche Funktionalität
Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Brauchbarer Espresso
Keinerlei Neuigkeitswert
Mahlgrad zu grob
Inhaltsverzeichnis
Der Tchibo Vollautomat im Überblick – Schicker Fips
Ich wollte meinen Eindruck, dass dieses Modell eine Whitelabel-Version von Severin ist, nicht ohne Belege hinausposaunen. Also habe ich Tchibo angeschrieben. Von deren Seite kam nur: „kein Kommentar“. Ich übersetze mal: Wir haben keine Gegenbelege, also Ja.
Ich habe ja nichts gegen solches Vorgehen, finde es nur immer wieder lächerlich, wenn dem Kunden suggeriert wird, er kriegt was Ultraspezielles und Superneues. Das entspricht in etwa dem Marketing um sogenannte Crema-Bohnen.
Bei Tchibo klingt das dann so:
Der erste Tchibo Vollautomat ist da! Entwickelt von unseren Kaffee-Experten, speziell abgestimmt für Tchibo Kaffees.
Hier hat keiner irgendwas entwickelt – und wie man eine Maschine „speziell“ auf eine ganze Reihe an Bohnen abstimmt, würde ich auch gern mal wissen.
Allerdings muss ich auch sagen, dass das offensichtliche Vorbild Severin KV8090 oft in vielen Shops teurer ist als die Tchibo-Variante. Der Unterschied schwankt aber deutlich und manchmal kostet Severin rund 40 Euro weniger als Tchibo.
Tchibo Esperto Caffè | |
Testmodell | Esperto Caffè |
---|---|
Gehäusematerial | Edelstahl |
Verfügbare Farben/Designs | Anthrazit, Silber |
Milchschaumsystem | Keins |
Lautstärke (eigene Messung) | – |
Brühgruppe herausnehmbar | |
Display | |
Touch | |
App | |
Benutzerprofile |
|
Wassertank | 1,1 l |
Minimale Auslaufhöhe | – |
Maximale Auslaufhöhe | 15,5 cm |
Mahlwerk | Kegelmahlwerk Edelstahl |
Elektronisches Mahlwerk | |
Bohnenfach | 160 g (auf 300 g erweiterbar) |
Zwei Bohnenfächer | |
Mahlgrade | Stufenlos |
Kaffeepulverfach | |
Kannenfunktion | |
Kaffeegetränke auf Knopfdruck | Espresso, Caffè Crema |
Kaffeestärke einstellbar | 1 Stufe |
Temperatur Kaffee einstellbar |
|
Temperatur Milchschaum einstellbar |
|
2-Tassenfunktion |
|
Heißwasserfunktion | |
Heiße-Milch-Funktion | |
Nur Milchschaum beziehen | |
Wasserfiltereinsatz |
|
Gewicht | 7,5 kg |
Maße (Höhe x Breite x Tiefe) | 31,5 x 18,0 x 40,0 cm |
Sonstiges | – |
Aktueller Preis | 249,00 € |
Alle Spezifikationen |
Außerdem erhaltet ihr den besten Preis, wenn ihr in der Tchibo-Filiale eine Kundenkarte vorlegt. Dann gibt es nochmal starke 50 Euro Rabatt. Aber bestimmt auch ungewollte Werbung ins Haus.
Doch wir wollen nicht nur sagen, was der Esperto im Vergleich zum Vorbild ist, sondern das Ding an sich bewerten. Und da kann Tchibo mit dem hochwertigen Eindruck sowie sehr viel Edelstahl an der Oberfläche durchaus punkten. Für ein Gerät dieser Preisklasse ist diese Materialwahl nicht selbstverständlich.
Analog zum Caffeo Solo von Melitta verzichtet auch der Tchibo Vollautomat vollständig auf jedes Milchschaumsystem. Zudem bietet er auch nur drei Getränke-Versionen: Espresso, Caffè Crema, Americano.
Diese Varianten sind tatsächlich die drei einzigen klar abgegrenzten Stile, die ein Vollautomat hinkriegt. Alles andere – zum Beispiel Ristretto – ist jeweils nur eine Spielart der drei Hauptkategorien.
Insofern finde ich diese minimalistische Funktionalität auch absolut sinnvoll. Dieser Minimalismus drückt sich zudem gekonnt im sehr aufgeräumten Display mit wenigen Touch-Symbolen und der sehr geringen Breite aus.
Die andere Seite der Medaille: Der Wassertank und die Abtropfschale sind nicht gerade geräumig. Aber da ihr sowieso weniger Wasser benötigt (auch weil ihr keinen Wasserdampf für Milchschaum braucht), habe ich damit kein Problem.
Der Bohnenbehälter kann von seinem vergleichsweise fipsigen Fassungsvermögen von 160 Gramm per Einsatz auf 300 Gramm erweitert werden. Kann man manchen. Oder lieber nicht. Denn damit sieht das Gerät plötzlich sehr hässlich aus und wirkt wie mit halbem Hintern zusammengezimmert. Außerdem braucht ihr selten 300 Gramm Bohnen in einem Rutsch. Auf Büros ist dieser Vollautomat nicht ausgelegt.
Als große Besonderheit wird noch die „Intense+ Technologie“ angepriesen, die eine eigene Taste besitzt. Ohne Marketing-Quark könnt ihr damit nichts weiter tun, als die Kaffeestärke zu erhöhen. Kleiner Spoiler: Diese Taste wird zu eurem liebsten Freund bei der Anwendung.
Ein stufenloses Mahlwerk aus Edelstahl komplettiert den durchaus gelungenen Ersteindruck – vor allem zu diesem Preis. Nur das Marketing-Geblubber überschattet alles. Zumindest meiner Ansicht nach.
Mahlwerk und Espresso einstellen – Kleiner Kraftakt
Aus Effizienzgründen kam mein frisch erworbenes Exemplar des Tchibo Esperto Caffè noch am selben Tag bei unserem großen Koffein Test zum Einsatz. Irgendeinen Vollautomaten brauchten wir ja.
Während ich mit Rumhampeln vor der Kamera und Aufgießen diverser Kaffeeproben beschäftigt war, hatte sich Nadine von den Flying Roasters in Berlin-Wedding bereiterklärt, das Gerät startklar zu machen – also den Mahlgrad zu optimieren, die Einstellungen auf „Espresso“ zu trimmen und die richtige Balance für die Testbohnen zu finden.
So richtig fluffig lief das nicht, sie war danach reichlich genervt. Zwar konnte sie den Mahlgrad problemlos auf die feinste Stufe verstellen und hatte auch die Möglichkeit, die Mindestmenge für einen sauberen Espresso auf optimale 25 Milliliter zu senken.
Doch es kam immer nur Plörre raus. Die verarbeitete Kaffeemenge beim Tchibo Esperto Caffè ist ohne Intense-Taste immer zu niedrig. Und ihr habt hier leider auch keine Möglichkeit, das irgendwie feinteiliger zu ändern. Statt „Intense+“ sollte die Taste also „Normalnull“ oder so heißen.
Auch ist die „feinste“ Stufe des Mahlwerks für ein überzeugendes Ergebnis immer noch zu grob. Da zeigen beispielsweise die erschwinglichen Modelle von DeLonghi, was in dieser Preisklasse möglich ist. Auch dem direkten Konkurrenten Melitta Caffeo Solo ist das besser gelungen.
Die besten Kaffeebohnen & Geräte-Einstellungen für den Tchibo Esperto Caffè
Wir haben einen Kaffee extra für Kaffeevollautomaten entwickelt. Er ist hervorragend geeignet für alle Getränke aus dem Tchibo Esperto Caffè. So gelingt der Espresso, schwarzer Kaffee und Latte Macchiato. Hier geht es zu unserem Shop für unseren Kaffeevollautomaten Kaffee.
Denn mit altem und schlechtem Kaffee bringen auch die besten Einstellungen nichts. Nur wer oben was Gutes reinkippt, bekommt auch unten was Gutes raus!
Kaffee entwickelt für den Vollautomaten
Mein Kaffee eignet sich bestens für alle Getränke aus dem Vollautomat.
Täglich frisch geröstet
Schokoladiges Aroma
Fair gehandelt
Für Espresso, Kaffee & Milchgetränke
Das sind die richtigen Einstellungen für unseren Kaffee mit dem Tchibo Esperto Caffè:
Leider mahlt das Mahlwerk des Esperto Caffès zu grob. Somit muss die feinste Stufe auf jeden Fall eingestellt werden. Achtung: Bitte immer nur bei laufendem Mahlwerk verstellen!
Die Bezugsmenge habe ich glücklicherweise auf perfekte 25 ml einstellen können.
Ich empfehle IMMER die „Intense+”-Taste auszuwählen. Ohne diesen Extraschub an Kaffeepulver kommt meiner Meinung nach kein brauchbarer Kaffee zustande.
Der Espresso – Nach dem Geschmack des Tchibo-Kunden?
Trotz Intense+, wenig Wasser, feinstem Mahlgrad und kräftigen Bohnen war der Espresso nicht besonders körperreich. Ein klar wässriger Eindruck war bei jedem Schluck dabei.
Der Espresso war sicher keine Katastrophe, lieferte aber auch keinen so überzeugenden Gesamteindruck, dass mir das Gerät irgendwie positiv im Gedächtnis bleiben würde. Aber hey, vielleicht hätte ich Tchibo-Bohnen benutzen sollen. Dafür ist der Automat schließlich gemacht. Zwinker, Zwinker.
Der Caffè Crema erinnerte ebenfalls eher an Omas Blümchen-Gebräu. Der Vollständigkeit halber habe ich noch den Americano getestet, der nicht nur heißer war als der Rest, sondern auch etwas mehr Geschmack ins Spiel brachte als der Crema.
Möglicherweise sind die Vorlieben des typischen Tchibo-Käufers da wirklich anders als meine. Das sage ich jetzt nicht mit Häme. Den Hersteller brauche ich da sicher nicht fragen, das fällt wohl wieder in die Kein „Kommentar“-Kategorie.
Reinigung – Alles ein bisschen kleiner
Die kompakten Maße des Tchibo Esperto Caffè sorgen zwar dafür, dass ihr die Auffangschale öfter reinigen müsst, ansonsten bietet ein kleines Gerät bei der Reinigung jedoch auch Vorteile.
Die kleinen Bauteile finden selbst in vollen Spülmaschinen immer noch einen Platz. Und sind auch unter dem Wasserhahn oder im Spülbecken ruck zuck sauber. Alle wichtigen Dinge lassen sich hier gut entnehmen – auch die Brühgruppe. Erschreckt euch aber nicht. Sie wirkt zwar wie ein Gimmick aus dem YPS-Heft, ist aber echt.
Sie ist offensichtlich wesentlich kleiner als bei vielen anderen Kaffeevollautomaten im Test, erledigt ihren Job aber dennoch halbwegs gut. Und weil sie so klein ist, könnt ihr sie beim Abspülen perfekt von allen Seiten säubern, bürsten und schnell wieder trocknen.
Im direkten Vergleich mit Melitta zeigt sich nur noch einmal, dass etwas mehr Geld auch für hochwertigere Komponenten sorgt. Bei deren Brühgruppe hatte ich jedenfalls nie das Gefühl, es mit einer Comic-Beilage zu tun zu haben.
Zum Entnehmen müsst ihr nur eine Serviceklappe an der Seite öffnen. Ich würde euch empfehlen, beim täglichen Abspülen der Brühgruppe auch gleich den Bereich hinter der Serviceklappe zu reinigen. Da sammelt sich nämlich sehr schnell sehr viel Kaffeepulver an.
Fazit zum Tchibo Esperto Caffè – Mehr Klarheit, weniger Quark
Ich frage mich, warum man in der Kaffeewelt so darauf erpicht ist, als geschlossenes Markensystem wahrgenommen zu werden. In der Modewelt sind Kollaborationen an der Tagesordnung – und mit dem Label „Marke A x Marke B“ sogar ausnehmend hip.
Beliebter Kaffee-Purist
Tchibo Esperto Caffè
Altbekannte Maschine im neuen Gewand.
Kompakt
Schöne Optik
Übersichtliche Funktionalität
Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Brauchbarer Espresso
Keinerlei Neuigkeitswert
Mahlgrad zu grob
Beide Marken profitieren von den Stärken der jeweils anderen und werden damit nur noch beliebter. Hätte eine „Tchibo x Severin“-Colab nicht den gleichen Effekt haben können? Was soll die Geheimniskrämerei? Ist Tchibo am Ende das Image von Severin gar zu piefig?
Was auch immer der Grund ist, er sorgt für behämmertes Marketing, das sich oft als glatt geflunkert rausstellt. Und dies wiederum drückt den eigentlich ordentlichen Eindruck, den ich von einem Kaffeevollautomaten im Test habe, nach unten.
Der Tchibo Esperto Caffè ist brauchbar, zumal er ein angenehmes (und außergewöhnliches) Preisschild hat. Sein Look und seine reduzierte Funktionalität können überzeugen. Die kompakten Maße sind ebenfalls ein großes Plus.
Der Espresso könnte definitiv voller sein, dürfte aber vielen Leuten besser schmecken als mir. Es bliebe zwar zu diskutieren, ob ein Milchschaumsystem nicht irgendwie immer zu einem Vollautomaten gehört. Doch wie schon der wirklich überzeugende Melitta Caffeo Solo gezeigt hat, ist das wohl eine Glaubensfrage.
Keine Glaubensfrage ist aber, dass ich mir mehr Offenheit bei neuen Produkten wünsche. Kundenverarsche fetzt nicht. So könnte der Esperto beispielsweise problemlos über sein tolles Preisschild beworben werden. Oder über seinen schnieken Look. Oder seine kompakten Maße.
Welche Meinung habt ihr dazu? Kommentiert und diskutiert, was das Zeug hält!