Sobald einer „Kaffee machen!“ schreit, denken alle an den Handfilter, die Siebträgermaschine oder höchstens noch den Vollautomaten. An die arme French Press denkt keiner. Zumindest, wenn ich mich in der Specialty Coffee-Szene umsehe.
Die Gründe?
Die French Press ist unsexy.
Mit Kaffee aus der French Press lässt sich kaum Geld verdienen.
Stempelkannen wirken im Vergleich zur Sorgfalt bei Siebträger und Co wie ein Bauerntrampel.
Stimmt alles. Ist aber auch völlig falsch. Während versnobte Trendsetter Kaffee aus der French Press ignorieren, steht er bei euch hoch im Kurs. Das beweisen eure zahlreichen Kommentare, die ihr im Laufe der Jahre unter diesem Ratgeber hinterlassen habt.
Dieser Ratgeber war jedoch hornalt und enthielt ein paar Statements, die ich heute nicht mehr blind unterschreiben würde. Zum Beispiel zur Bodum French Press.
Außerdem habt ihr als Coffeeness-Community dermaßen viele kluge Tipps beigetragen, dass ich nicht anders konnte, als ein umfassendes Update zu schreiben.
Eine Sache hat sich jedoch nicht geändert: Die French Press ist eine der direktesten Zubereitungsmethoden, die es überhaupt gibt. Und eine der günstigsten. Außerdem sorgt sie für einen enormen Koffein-Kick und hängt sogar Espresso ab!
Wie das möglich ist, erfahrt ihr hier – oder in meinem Video:
Wenn ihr eh schon auf meinem YouTube-Kanal unterwegs seid, empfehle ich euch einen Blick in mein neuestes French Press-Video „Kaffee aus der French Press: Zwei Rezepte im Vergleich“. Bei meinen beiden alten Videos könnt ihr auch gern vorbeischauen (und sei es nur zum Lachen):
Die beste French Press: Bodum, Bialetti, Ikea …
Die Hälfte der Kommentarspalte unter diesem Artikel ist mit Widerworten gefüllt. Im vorherigen Ratgeber habe ich nämlich darauf bestanden, dass der Bodum Chambord Kaffeebereiter die beste French Press überhaupt ist.
Eure Einwände laufen grundsätzlich auf zwei Faktoren hinaus:
Nachdem ich ein paar Jahre Zeit hatte, darüber nachzudenken und eure Erfahrungen zu sammeln, gebe ich euch inzwischen Recht. Dennoch ist die Chambord für mich die unangefochtene Nummer Eins und seit Jahren in meiner Küche im Einsatz.
Inzwischen habe ich auch die Bialetti French Press getestet und mir die Ikea French Press UPHETTA für derzeit rund sechs Euro genauer angeguckt. Ich gebe ehrlich zu: Bei einer French Press-Kanne kann nicht allzu viel daneben gehen.
Die Materialgüte des Glasbehälters ist der größte Problemfaktor. Und ja, da sind Bialetti und Ikea ein bisschen robuster. Ich finde es auch ein wenig frech, dass ihr für ein Ersatzglas bei Bodum 15 Euro und mehr zahlen müsst. Dass ihr das nicht investieren wollt, kann ich sehr gut verstehen.
Für mich zählt bei der Chambord und beim Klassiker Bodum CAFFETTIERA für unter 25 Euro allerdings das Gesamtpaket. Ich mag den Look, ich mag die Handhabung, ich mag die Haptik und habe mich auf diese French Press eingeschossen.
Je vertrauter ihr mit eurer Kannenversion seid, desto besser wird auch der Kaffee. Dann ist es fast wurscht, ob obendrüber Bodum, Bialetti, Ikea oder ein anderer Name steht. Ich finde nur, dass folgende Grundbedingungen erfüllt sein sollten:
Behälter aus hitzebeständigem Material – am besten Borosilikatglas
Hochwertige Details wie angenehm gestalteter Stempel
Benutzerfreundliche Stempeleinheit mit stabilen Sieben
Ein sorgfältig austariertes Gewicht, damit ihr selbstbewusst stempeln könnt
Ein schöner Look, damit die Kanne direkt auf dem Tisch stehen kann
Zerlegbarkeit in alle Bestandteile, damit die Reinigung funktioniert
Grundsätzlich halte ich es außerdem für wichtig, dass ihr die Auswahl zwischen verschiedenen Kannengrößen habt. Warum, das erfahrt ihr weiter unten. Hier geht Bodum mit sehr gutem Beispiel voran, andere Hersteller bieten nur die Standardgröße 1 Liter.
Die beste French Press mit Thermoskanne: Gibt’s die überhaupt?
Wo wir gerade bei euren Kommentaren sind: Mindestens so häufig wie Einwände zur Bodum gibt es Einwände zu meiner Aversion gegen French Press-Kannen aus Edelstahl. Diese Thermo-Versionen sollen den Kaffee unter anderem schön warmhalten, damit ihr ihn in Ruhe genießen könnt.
Das ist grundsätzlich nicht dumm, hat aber einen Haken: Kaffee aus der French Press sollte sofort getrunken oder direkt umgekippt werden. Haltet ihr ihn warm, wird er mit jeder Minute bitterer und saurer. Auch dazu liefere ich weiter unten die Begründung.
Diese Überzeugung ist die Grundlage für meinen alten Testbericht zur Ecooe French Press, die es inzwischen nicht mehr gibt. Doch ihr findet einen Haufen andere Versionen nach dem gleichen Prinzip.
Ich habe die Ecooe nach dem Test sofort verschenkt, von den Beschenkten allerdings zwei wichtige Rückmeldungen erhalten:
- Eine French Press aus Edelstahl ist praktisch unverwüstlich.
- Sie eignet sich hervorragend zum Reisen.
Diese Argumente kann ich uneingeschränkt akzeptieren – und gebe damit meinen Widerstand gegen Thermovarianten ein wenig auf. Mir persönlich gefällt die Sache trotzdem nicht, weil ihr hier niemals seht, was ihr gerade tut.
Das hat schon zu so manchem Drück-Unfall geführt. Wenn ihr nämlich nicht richtig abschätzen könnt, ob zu viel Wasser und Kaffee in der Kanne sind, drückt ihr die Suppe manchmal zu rigoros runter und sie kommt dann postwendend wieder hoch.
Dieses Problem hat auch der Klassiker Le Creuset Kaffeebereiter. Hier habe ich mich durchaus etwas vom tollen Look blenden lassen, der so richtig schön nach französischer Landhaus-Romantik aussieht.
Steingut ist ein interessantes Material, sehr hochwertig und schwer. Aber es braucht nach meiner Erfahrung auch ein wenig Starthilfe bei der Temperatur. Ihr solltet diese Kanne ein wenig vorwärmen, damit das Wasser beim Aufgießen nicht zu weit herunter kühlt. Das ist weder bei Glas noch Edelstahl nötig – auch wenn viele das Vorwärmen empfehlen.
Le Creuset ist außerdem ein Synonym für Angeber-Equipment, auch wenn sowohl die French Press als auch die bekannten Töpfe ausgesprochene Qualität abliefern. Die dürft ihr jedoch ordentlich bezahlen.
Wie schmeckt Kaffee aus der French Press?
Bei einer French Press handelt es sich um eine immersive Zubereitungsmethode – also um einen Vorgang, bei dem das einzelne Kaffeekorn während der gesamten Extraktion komplett im Wasser schwimmt und grundsätzlich nicht daraus entfernt wird. Das Gegenteil wären alle Filtervarianten.
Damit könnten wir diese Methode auch als direkte Zubereitung bezeichnen, was enormen Einfluss auf den typischen Kaffeestil hat: Er ist wesentlich voller und körperreicher als bei allen indirekten Methoden, spielt also die vorlautesten Charaktermerkmale am stärksten aus.
Das wiederum birgt aber auch die Gefahr, dass der French Press-Kaffee zu bitter oder zu sauer wirkt. Das passiert euch jedoch meist dann, wenn ihr Kaffeebohnen verwendet, die aromatisch sonst nicht viel zu melden haben. *Räusper*Dallmayr*hust*.
Aus all diesen Gründen ist es auch kein Wunder, dass Stempelkaffee, auf die übliche Portion hochgerechnet, vergleichsweise mehr Koffein hat als ein Espresso. Die genaue Rechnung und wissenschaftliche Messungen findet ihr in meinem großen Bericht „Wie viel Koffein ist in Deinem Kaffee?”
Das heißt aber nicht, dass florale Feinheiten und hintergründige Nuancen in der French Press keine Chance hätten. Es kommt nur darauf an, wie ihr bei der Zubereitung ans Werk geht und welche Röstungen ihr verwendet. Darum geht es jetzt.
Kaffee aus der French Press: Die Anleitung
Auf den ersten Blick ist Kaffee aus der French Press ultraleicht: Kaffeepulver in akzeptabler Menge reintun, aufgießen, kurz warten, stempeln, trinken.
Auf den zweiten Blick wird’s auch nicht viel schwerer. Ich halte die French Press für eine jener Zubereitungsmethoden, die euch Anwendungsfehler problemlos verzeiht. Hier kommt euch die direkte Extraktion zugute, die Probleme an einem Parameter an anderer Stelle wieder ausgleicht.
Das ist auch ein Grund, warum viele von euch meine Grundsatzanleitung um ihre eigenen Ideen und Tipps erweitert haben. Mancher schafft sogar eine Form von Espresso in der French Press! Soweit es passt, habe ich diese Tipps aus der Community in den Ratgeber aufgenommen.
Die folgenden Parameter sind daher etwas (!) Interpretationssache, doch sind sie auch der Standard, mit dem ihr einen charakterstarken und typischen Kaffee aus der French Press erhaltet.
Der Mahlgrad
Neben den richtigen Kaffeebohnen halte ich den Mahlgrad für einen der wichtigsten Faktoren bei Stempelkaffee. Je feiner ihr eure Kaffeebohnen mahlt, desto größer wird die Kontaktfläche. Damit steigt die Gefahr, dass ihr den Kaffee überextrahiert und nur Bitterstoffe sowie Säuren produziert, die alle anderen Nuancen erschlagen.
Außerdem stellt ihr mit den groben Körnchen sicher, dass sie vom Sieb erwischt und runtergedrückt werden. Damit sinkt der Anteil an Kaffeekrümeln zwischen den Zähnen – übrigens einer der größten Einwände gegen French Press-Kaffee.
Die Maschen des Siebs eurer Stempeleinheit sind daher der physische Richtwert für den korrekten Mahlgrad.
In absoluten Zahlen würden wir bei einer Mahlgradskala von 1 bis 10 bei ungefähr 8 liegen. Probiert euch aus, jede Kaffeemühle rechnet schließlich etwas anders.
Ich habe übrigens den Eindruck, dass die French Press auch deswegen nicht so stark beworben wird, weil sie nicht zum Mahlgrad von fertigem Supermarktkaffee passt. Dieser ist nämlich für die Filterkaffeemaschine optimiert, also zu fein für die Stempelkanne. Darum schmeckt Krönung aus der French Press gleich noch schlimmer.
Einige Kommentatoren haben darauf hingewiesen, dass sie auch mit sehr fein gemahlenem Pulver tolle Ergebnisse hinbekommen. Das klappt jedoch nur, wenn ihr die Ziehzeit nach unten korrigiert. Die Kaffeemenge solltet ihr auch verringern.
Die Kaffeemenge
Ich finde, dass ihr bei der Kaffeemenge für eure French Press nicht ganz so genau sein müsst. Mit einem lockeren Handgelenk oder Mutti-Dosiermethoden kommt ihr hier auch zu einem guten Ergebnis.
Allgemein lautet die Formel: 55 bis 65 Gramm Kaffeemehl auf einen Liter Wasser.
Ich nutze meist 55 Gramm, viele Hersteller und Röster empfehlen 65 Gramm. Mir ist ein 65 Gramm-Kaffee meistens zu mächtig, es fehlt an jeglicher Eleganz.
Wie schon erwähnt, gibt es Stempelkannen in verschiedenen Größen von 0,35 Liter bis zu 1,5 Liter. Auch wenn ihr nicht hundertprozentig genau sein müsst, solltet ihr den tatsächlichen Kaffeebedarf ausrechnen.
Ein gehäufter Esslöffel entspricht rund 10 Gramm Kaffee, das sogenannte Kaffeelot (also der Dosierlöffel, den ihr bei vielen Filtermaschinen o.ä. dazu erhaltet) fasst zwischen 7 und 8 Gramm.
Falls euch die Rechnerei zu doof ist und ihr keine Waage nutzen wollt, habe ich für euch eine kleine Tabelle mit den üblichen Bodum-Kannengrößen zusammengestellt:
Größe | Kaffeepulvermenge | Zeit | Mahlgrad | Wasser Temperatur |
0.35 L | 20 g | 3-4 Minuten | grob | 95°C |
0.50 L | 28 g | 3-4 Minuten | grob | 95°C |
1 L | 55 g | 3-4 Minuten | grob | 95°C |
1.5 L | 80 g | 3-4 Minuten | grob | 95°C |
Trotz aller Ungenauigkeit solltet ihr es bei der Dosierung weder stark über- noch untertreiben. Als direkte Zubereitungsmethode spiegelt die French Press zumindest diesen Parameter sehr deutlich wider – meist zum Schlechten!
Die Wassertemperatur
Die optimale Wassertemperatur für die French Press liegt bei 95 Grad. Hier solltet ihr ein bisschen strikter als bei der Dosierung oder dem Mahlgrad vorgehen.
Jedes Kaffeekörnchen hat während der gesamten Extraktion dauerhaften Kontakt zum Wasser. Die Temperatur ist daher eine wichtige Stellschraube für die Extraktionsgeschwindigkeit und -intensität.
Wer keine Lust auf ein Küchen-Thermometer hat, nutzt einen Wasserkocher mit Temperaturanzeige. Oder ihr folgt der Faustformel Siedepunkt des Wassers plus 90 Sekunden Wartezeit. Das ist zwar nicht ganz genau, aber ausreichend für den Alltag.
Die Ziehzeit
Wenn ihr in allen anderen Punkten meinen Standardvorgaben folgt, beträgt die optimale Ziehzeit 4 Minuten. Wenn ihr anderen Vorgaben folgt, verändert sich die Zeit dementsprechend. Ich bin da nicht dogmatisch, sehe aber ansonsten kaum einen Grund, warum ihr den Kaffee länger oder kürzer ziehen lassen solltet.
Abschöpfen: Ja oder nein?
In vielen Ratgebern steht, dass ihr vor dem Stempeln einen Löffel nehmen und den Kaffeematsch plus Schaum abschöpfen solltet. Ich habe dazu eine positiv-gleichgültige Meinung.
Mit dem Abschöpfen stoppt ihr die Extraktion, verhindert also, dass der Kaffee zu bitter wird. Dann haben auch florale Noten eine Chance. Außerdem verringert das Abschöpfen die Gefahr, dass ihr am Ende nervige Kaffeekrümel in der Tasse habt. Drittens lässt sich das Ganze leichter stempeln.
Auf der anderen Seite lebt French Press-Kaffee von den Besonderheiten der Extraktion und Zubereitung. Auf diese Besonderheiten habt ihr alle anderen Kenngrößen vorher abgestimmt – vom Mahlgrad bis zur Füllmenge. Und deshalb halte ich es durchaus für sinnvoll, wenn ihr das Gerät so verwendet, wie es sich der Künstler gedacht hat. Also ohne Abschöpfen.
Was ich damit sagen will: Probiert beide Varianten aus. Sollte euch der Kaffee mit Abschöpfen besser schmecken oder besser bekommen, behaltet es bei. Wenn nicht, dann nicht.
In der vorherigen Version dieses Ratgebers habe ich mehrfach geschrieben, dass ich zum Abschöpfen heute keinen Metalllöffel mehr verwenden würde.
Diese Aussage hat euch zu vielen Fragen veranlasst. Die Begründung ist einfach: Metalllöffel und Glas – gerade, wenn es nicht überaus dick ist – können Scherben-Unfälle verursachen.
Praxis-Tipps für die Zubereitung
Nach den grundsätzlichen Parametern will ich euch noch ein paar Tipps an die Hand geben, mit denen ihr noch mehr aus eurem Kaffee holt oder dieselbe Kaffeebohne völlig neu kennenlernen könnt.
Mit diesem Zwischenschritt lockert ihr das Kaffeepulver auf und sorgt dafür, dass jedes Kaffeekörnchen gleichzeitig mit Wasser in Kontakt kommt. Es handelt sich also um eine grobschlächtige und fixe Variante der Pre-Infusion beim Handfilter.
Da ihr das Kaffeepulver und den fertigen Kaffee durch das Sieb nur grob voneinander trennt, extrahiert French Press Kaffee mit jeder Sekunde, die er in der Kanne verbringt, munter weiter. Deshalb gibt es auch die unterschiedlichen Kannengrößen für euren tatsächlichen Bedarf. Natürlich könnt ihr auch mehr kochen, solltet den Kaffee dann aber umschütten. Macht ihr das nicht, wird er definitiv sauer und bitter.
Die Siebe bzw. der Stempel arbeiten geben den Widerstand des zunehmend verdichteten Kaffeepulvers an und bilden im Idealfall eine abgeschlossene Einheit mit dem Behälterrand. Schlecht sitzende Siebe lassen viel zu viele Kaffeekrümel durch, verkanten sich oder fallen sogar ab. Alles schon passiert.
Wie ich schon erwähnte, wird dieser Tipp gern genannt. Ich mache es nicht, weil es beim Laborglas von Bodum und Co nicht notwendig ist.
Trifft der Stempel auf zu viel Widerstand, lohnt es sich, wenn ihr die Stempeleinheit noch einmal leicht nach oben zieht und dann wieder herunterdrückt. Durch das Ziehen gebt ihr dem Kaffeemehl die Chance, sich zu verteilen. Das löst Klumpen.
Laut Kommentator Udo könntet ihr den Stempel auch etwa zu Dreiviertel runterdrücken und dann die Kanne sanft schütteln. Dann sinken die Krümel durch Schwerkraft zu Boden. Joar, geht. Halte ich aber bei großen Kannen und großer Füllmenge für etwas umständlich.
Wenn euch Hersteller eine French Press mit 1 Liter versprechen, dann reden sie vom gesamten Gefäß, das nicht nur Flüssigkeit, sondern auch das Kaffeepulver aufnehmen muss. Darum erhaltet ihr stets nur rund 800 Milliliter aus dieser Gefäßgröße. Gleiches gilt in den anderen Füllmengen. Das ist keine irreführende Werbung, macht aber Kunden regelmäßig irre. Außerdem ergibt sich daraus eine andere Verwirrung.
Macht die French Press immer voll und halbiert nicht einfach die Kaffee- und Wassermenge, wenn ihr nur eine halbe Kanne wollt. Denn das funktioniert nicht ohne Taschenrechner. Eine Literkanne fasst schließlich keinen Liter Wasser, sondern einen Liter Wasser inklusive Zeug. Wenn ihr das Wasser halbiert, verändert sich aber der Zeuganteil nicht. Damit müsstet ihr bei der Kaffeemengenberechnung auch den Zeuganteil einkalkulieren. Ob ihr ihn abziehen oder draufrechnen müsstet, weiß ich nicht. Mir raucht nämlich jetzt schon der Kopf. Sparen wir uns also den Quatsch.
Viele Bodum-Interessenten haben übrigens im Zuge dieser krassen Rechnerei angemerkt, dass der Freiraum unter dem Stempel (für Zeug) bei den kleineren Bodum-Versionen genauso groß ist wie bei den größeren – und dass sich daraus Nachteile bei der Extraktion ergeben könnten.Da gehe ich halbwegs mit. Denn mit der Verdichtung kann der Stempel die Extraktion zwar nicht abbrechen, aber wesentlich verlangsamen. Darf das Kaffeemehl am Boden frei rumschwimmen, dann wird das mit dem Unterbrechen nichts. Die Folge ist schnell mal bitterer Sauerkaffee.
Wie stark sich das in der Praxis auswirkt, kann ich jedoch nicht sagen. Zumal ihr den Kaffee direkt trinken oder umschütten solltet. Ich weiß nur, dass ihr dieses Problem bei den 1-Liter-Versionen nicht habt. Andererseits ist der gleichgroße Freiraum aber ein Problem, weil ihr so natürlich keine vernünftigen Rückschlüsse auf die tatsächliche Trinkmenge tätigen könnt. Hier hilft wohl nur: Bodum fragen!
Welcher Kaffee für die French Press?
Eines meiner Lieblingssynonyme für French Press ist Kaffeedrücker – ein Wort, das man sofort knuddeln will. Diese Aussage hat zwar nichts mit den besten Kaffeebohnen für die Stempelkanne zu tun, sollte aber dennoch erwähnt werden.
Im Kaffeedrücker jedenfalls (gnihiii) gilt das Motto „What you see is what you get“. Ungeschminkter als in der French Press zeigen sich eure Kaffeebohnen nur selten. Das führt zu einem Problem:
Kaffeebohnen mit klaren Frucht- und Frischeakzenten wirken in der Stempelkanne schnell sauer. Durchsetzungsstarke Versionen mit Kakao- und Schokoelementen schmecken schnell bitter.
Die optimale Kaffeelösung für die French Press heißt deshalb Omniroast. Diese Universalröstungen mit mittlerer Schattierung haben sich bei allen Zubereitungsarten bewährt. Das heißt aber nicht, dass sie charakterlos wären! Aktuelle Beispiele sind etwa der Coffee Circle Cerrado oder die Omniroasts der Flying Roasters.
Mit meinen Zubereitungsstandards könnt ihr in der French Press jedoch auch Espressobohnen zum Klingen bringen. Nehmt nicht allzu dunkle Varianten und orientiert euch beim Geschmacksbild an Nuancen in Richtung Milch- statt Zartbitterschokolade.
Kommentatorin Mia geht noch einen Schritt weiter und hat einen Trick entwickelt, wie ihr in der French Press sogar Espresso-ähnlichen Kaffee hinbekommt. Auch mit dunklen Röstungen:
Sie schwört auf fein gemahlenes (!) Espressomehl, das ihr mit 8 Gramm pro Tasse und 40 Milliliter Wasser pro Tasse bei rund 95 Grad für zehn Sekunden ziehen lasst. Drückt den Stempel auf dem letzten Stück mit Schwung herunter und verteilt den Stempel-Espresso sofort.
Mich würde mächtig interessieren, ob andere damit auch so gute Erfahrungen haben!
Bei einer Sache bleibe ich jedoch auf immer und ewig bei meiner Meinung, selbst wenn ihr mich in den Kommentaren dafür köpft: Dallmayr und Co sind Mist! Nicht unbedingt, weil sie nicht schmecken. Sondern weil dieser Kaffee ein Billigprodukt ist, das auf dem Rücken der Produzenten teuer verkauft wird!
Welche Kaffeemühle für die French Press?
Klarer Fall: Wenn uns nur frische, gute Kaffeebohnen in die Kanne kommen, müssen wir sie auch frisch mahlen. Egal bei welcher Zubereitungsmethode.
Die gute Nachricht bei einer Stempelkanne ist, dass ihr für die passende Kaffeemühle wesentlich weniger Geld als etwa bei einem Siebträger-Begleiter ausgeben müsst.
Bei Mühlen ist es so: Sie beherrschen entweder grobe oder feine Mahlgrade besonders gut, selten beides. In meinen Tests hat sich herauskristallisiert, dass der Großteil der Mühlen eher fürs Grobe gedacht ist. Und das hat nichts mit dem Preis zu tun.
Grundsätzlich empfehle ich für Kaffee aus der French Press alle Mühlen, die sich in meinem Test beim Mahlgrad für Filterkaffee hervortun. Wie wir wissen, ist Filterkaffee in der Körnung nicht allzu weit von der French Press entfernt.
Ich bin ein großer Fan der Baratza Encore, habe aber auch nichts gegen die aktuelle Solis Scala Plus. Wenn ihr Handmühlen benutzen wollt, solltet ihr nur bedenken, dass ihr euch bei der üblichen Kaffeemenge für einen Liter Stempelkaffee schnell einen Wolf dreht.
Das ändert aber nichts daran, dass ich zum Beispiel die Porlex Tall Handkaffeemühle ohne Probleme empfehlen kann.
Wie reinige ich eine French Press?
Bei komplizierten Maschinen wie Vollautomaten ist die Reinigungsanleitung meist ellenlang. Bei der French Press geht sie so:
Baut das Ding komplett auseinander und reinigt alle Bestandteile entweder in der Spülmaschine oder per Hand. Trocknen lassen, zusammenbauen, fertig.
Das einzige Problem ist, die Siebeinheit wieder in der richtigen Reihenfolge zusammenzusetzen. Ich habe mir angewöhnt, bei jedem neuen Modell ein Foto von der Einheit zu machen, um die Siebe korrekt zusammenzubauen.
Diese Abfolge solltet ihr einhalten, sonst siebt die French Press den Kaffee nicht mehr anständig aus. Üblicherweise lautet die Reihenfolge (von oben nach unten):
- Metallsieb mit runden Löchern
- Feinmaschiges Sieb
- Rahmen in Speichenform
Eine Frage treibt euch jedoch um: Wohin mit all dem Kaffeesatz? Und wie soll ich ihn aus dem Behälter kriegen?
Es ist keine gute Idee, einfach den Wasserhahn aufzudrehen und den Kaffeesatz in den Ausguss zu spülen. Das ist Wasserverschwendung und verstopft schnell mal den Abfluss.
Eine perfekte Lösung habe ich noch nicht gefunden. Ich behelfe mir mit einem eigens reservierten Holzlöffel, mit dem ich den Satz in den Bioeimer pule. Das ist zwar auch nicht so richtig toll, funktioniert aber. Welche Ideen habt ihr?
Kann ich die French Press für Tee verwenden?
Könnt ihr. Ob der Stempel Kaffeekrümel oder Teekrümel zusammenpresst, ist ihm relativ wurscht. Allerdings haben Tee und Kaffee niemals etwas im gleichen Gefäß zu suchen. Denn beide hinterlassen unverwischbare Spuren. Selbst dann, wenn ihr das Gefäß rigoros schrubbt.
Darum lautet die Ansage: Wenn ihr eine Stempelkanne zum Teebereiter umfunktionieren wollt, ist sie für Kaffee für immer tabu. Andersherum gilt dasselbe.
Kann ich in der French Press Cold Brew zubereiten?
Nur zu! Cold Brew ist Kaffee, der kalt extrahiert wird. Warum sollte er dazu nicht in der French Press liegen? Euer typischer Pressen-Mahlgrad ist bereits ideal für Cold Brew, ihr müsst nur mehr Kaffeemehl verwenden. Bei einer Literkanne würde ich mit rund 80 Gramm starten.
Cold Brew aus der French Press hat außerdem den Vorteil, dass ihr euch am Ende der Kaltextraktion keine großen Gedanken über das Entfernen der Kaffeereste machen müsst. Stempel aufsetzen, runterdrücken, abgießen und zum Beispiel als Cold Brew Tonic genießen.
Die French Press ist nachhaltige Kaffee-Demokratie!
Auch wenn die Welt zum Zeitpunkt dieses Updates ganz andere Sorgen hat, sollten wir das Thema Nachhaltigkeit nicht aus den Augen verlieren. Und da macht der French Press unter den Zubereitungsmethoden für guten Kaffee keiner etwas vor.
Für die Stempelkanne benötigt ihr keinerlei Verbrauchsmaterial wie Filter. Behandelt ihr sie gut, hält auch eine Bodum locker mehrere Jahre ohne Ersatzteile durch. Der Kaffee ist außerdem direkt, voll und kräftig – selbst wenn ihr etwas weniger Kaffeepulver benutzt. Ihr werdet also für den Kauf guter Bohnen zu fairen Preis mit einem rundum gelungenen Charakter belohnt.
Zudem sind die gesamten Anschaffungskosten bei der Stempelkanne abenteuerlich niedrig. Ihr braucht zwar eine Kaffeemühle, aber die muss nicht teuer sein. Einsteigerprodukte erledigen den Job ebenfalls. Ihr benötigt zudem keine teure Zubereitungsmaschine, sondern nur einen funktionierenden Wasserkocher oder Wasserkessel.
Und je nachdem, für welche French Press euer Herz schlägt, müsst ihr manchmal nicht mehr als sechs Euro für das eigentliche Gerät zahlen. Darum ist die French Press auch für den kleinen Geldbeutel geeignet, versorgt wahlweise große oder kleine Haushalte und verlangt euch bei der Zubereitung nur ein paar Kniffe ab.
Ist es da noch ein Wunder, dass ich die Stempelkanne für eines der „demokratischsten“ Geräte in meiner Zunft halte? Wie seht ihr das? Ich freue mich über viele weitere Kommentare!