Der AeroPress Coffee Maker sieht zwar aus wie eine Penispumpe, macht aber richtig guten Kaffee. Hier erfahrt ihr, was das Besondere an dieser Zubereitungsmethode und warum die AeroPress so trendy ist. Die „Bastelanleitung“ für perfekten Kaffee gibt es obendrauf.
Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.
Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das erste Mal eine AeroPress in der Hand hatte. Ich weiß nur, dass mich diese merkwürdige Apparatur mit vielen Einzelteilen sofort fasziniert hat. Es hat allerdings gedauert, bis ich die Besonderheiten dieser Zubereitungsmethode wirklich zu schätzen gelernt habe:
Diese Art der Kaffeezubereitung ist nicht einfach eine unnötig komplizierte Variation anderer (einfacherer) Optionen, sie zaubert einen vollkommen eigenständigen Kaffee, der als Mischung aus einem Espresso light und einem Filterkaffee unter Druck besondere Aromen hervorbringt.
Ich habe die alte AeroPress Anleitung aufgemöbelt, klarer gemacht und den Ratgeber um ein paar Updates ergänzt. Denn nach Jahren der Aeropresserei bin ich zu einem wichtigen Ergebnis gekommen:
Auch wenn die Apparatur kompliziert aussieht, ist sie einfacher als so mancher Verwandter – und erlaubt einen ganzen Haufen Experimente und Rezepte. In meiner AeroPress Anleitung auf YouTube stelle ich euch ein paar davon vor.
Eine AeroPress ist eine manuelle Kaffeezubereitungsart. Die (der oder das) AeroPress besteht aus drei grundsätzlichen Bauteilen:
Brühzylinder,
Presskolben,
Filterhalter nebst Filter.
Damit wird auch klar, wohin hier die Reise geht. Der Brühzylinder steht für die Full-Immersion-Methode, jeder Kaffeekrümel ist während der gesamten Brühzeit mit Wasser in Kontakt. Insofern ähnelt die AeroPress der French Press.
Der Presskolben könnte ebenfalls dem Aufbau der Stempelkanne ähneln, sorgt durch den engen Brühzylinder jedoch für etwas mehr Druck, wenn der fertige Kaffee durch den Filterhalter hindurch muss. Damit sind wir bei einem Espresso ultralight.
Das Filterpapier hält nicht nur Krümel zurück, sondern auch Öle und Bitterstoffe – also wie ein herkömmlicher Handfilter.
Diese drei Anklänge liefern eine Aromatik bzw. einen Kaffeestil, den die drei „zitierten“ Zubereitungsmethoden nicht haben.
Den Beweis dafür liefert auch meine große Koffeinstudie bei der ich der Frage nachgegangen bin „Wie viel Koffein ist wirklich in Deinem Kaffee?“. In Sachen absoluter Koffeinkonzentration liegt die AeroPress an fünfter Stelle direkt hinter allen Varianten von Espresso sowie der Herdkanne.
Beim Koffeingehalt pro typischer Portionsgröße reicht es ebenfalls für Platz fünf, hier nur noch von Cold Brew- und Cold Drip-Varianten sowie von der Presskanne überholt.
Die AeroPress gibt es seit 2006. Ihr Entwickler Alan Adler ist ein echter Erfinder im Stile Daniel Düsentriebs und hält mehr als 40 Patente auf alle möglichen aerodynamischen und elektronischen Innovationen.
Ich glaube, deswegen sieht die AeroPress auch so aus, wie sie aussieht und funktioniert, wie sie funktioniert. Sie ist komplizierter als eine French Press, aber weniger aufwendig als eine Siebträgermaschine. Und sie lädt euch zum Ausprobieren ein.
Wie schmeckt AeroPress-Kaffee?
AeroPress-Kaffee schmeckt grundsätzlich wie Kaffee aus der French Press. Doch im Gegensatz zu dieser Full-Immersion-Methode kommen dank Filter keine Krümel in die Tasse. Da das Kaffeemehl feiner gemahlen und mit dem Kolben in einem schmalen Schacht von Wasser durchflossen wird, nähern wir uns der Espresso-Stilistik.
AeroPress-Kaffee hat somit zwar weniger Körper und gleichzeitig klare Filterkaffee-Anklänge ohne Crema. Dennoch ist AeroPress-Kaffee vollmundiger als die Handfiltration und geht geschmacklich feinere Wege als die Stempelkanne.
Aber aufgepasst: Wer falsch presst oder es bei der Kaffeemenge pro Tasse übertreibt, erzeugt in diesem Coffee Brewer deutlich mehr Bitterstoffe!
Welchen Kaffee für AeroPress?
Bei den Kaffeebohnen habt ihr die freie Wahl, da die Presse sich in der Stilistik bei drei vollkommen verschiedenen Zubereitungsmethoden bedient. Wie immer bin ich ein Fan hellerer, fruchtigerer Varianten.
Weil wir aber vorsichtig am Espresso-Stil kratzen, könnt ihr sogar mal zu einer Mischung mit Robusta-Anteil greifen oder euch grundsätzlich in den dunkleren Röstgefilden umsehen. Wie gesagt: Experimente sind hier gewünscht, das gilt natürlich auch für die Bohnen, die Menge und jedes Rezept!
AeroPress-Zubereitung: Brühparameter, Dosierung und Vorbereitung
Mit insgesamt sieben Einzelteilen (inklusive speziellem AeroPress-Filter) macht die Apparatur klar, dass ihr bei der Zubereitung aufpassen solltet.
Bevor wir an die Betriebsanleitung(en) gehen, kümmern wir uns erst einmal um die wichtigsten Brühparameter wie:
Mengenangabe
Mahlgrad und
Brühtemperatur.
Bei kaum einer anderen Zubereitungsmethode gibt es jedoch so viele unterschiedliche Standards, Empfehlungen und Varianten der ursprünglichen Methode. Ich nutze die Kaffeepresse mit Luftpumpenästhetik meist mit folgenden Brühparametern:
15 bis 22 g Kaffee auf 150 ml Wasser
Mahlgrad fein(er) (etwa 3,5 von 10)
Wassertemperatur 90 °C (gern auch 80 °C oder mehr; Hauptsache nicht zu heiß kochen)
Ziehzeit je nach Methode (meist nicht länger als 1:30 min)
Bei der Mahlung solltet ihr eure Kaffeebohnen beachten. Sehr helle Röstungen mit spritziger Säure brauchen einen etwas gröberen Mahlgrad als nussige Varianten.
Denkt daran, bei einem gröberen Mahlgrad die Dosierung etwas hoch zu schrauben, damit die Fläche für die Extraktion gleich bleibt.
Allerdings ist das wieder nur meine Empfehlung, denn ihr könnt vor dem Pressen auch hervorragend mit der Körnung und damit dem Pressdruck experimentieren. Dazu ist das Gerät schließlich da.
Welche Filter für AeroPress?
In euren Kommentaren sagt ihr mir immer wieder, dass ihr jedes Filterpapier wiederverwendet, bis es auseinanderfällt. Wenn das für euch geschmacklich keine Einbußen bedeutet, sehe ich darin erstmal kein Problem.
Allerdings haben einmal aufgequollene Papierfasern leider nicht mehr die gleiche Aufnahmefähigkeit bzw. Durchlässigkeit. Die Poren werden recht schnell durch Kaffeeöle verstopft. Ich kann jedoch verstehen, wenn ihr keine Lust auf den ständigen Neukauf habt.
Die Originalfilter von AeroPress kosten im Preisvergleich allerdings nur rund 6,40 Euro für 350 Stück. Und 350 Durchgänge sind schon eine Hausnummer. Wenn ihr keinen Müll produzieren wollt, könnt ihr auch Metallfilter von Drittanbietern kaufen.
Hauptsache ist nur, dass der Filterdurchmesser perfekt zum Filterhalter passt und kein Kaffee an den Seiten ungefiltert vorbeifließt. So gesehen könntet ihr auch einen stino Melitta- oder Hario Filter zuschneiden. Macht nur keiner.
AeroPress-Anleitung: Die klassische Methode
Die klassische Methode, wie sie auch in der Bedienungsanleitung zum originalen AeroPress Coffee Maker steht, beinhaltet zehn Schritte, die ihr zunächst einhalten solltet, um eine optimale Extraktion zu erreichen:
Filter in den Filterhalter einlegen.
Filterapparatur mit heißem Wasser benetzen und in den Brühzylinder schrauben.
Brühzylinder auf bereitgestellte Tasse setzen.
Kaffeepulver in den Brühzylinder geben.
Bis zur mittleren Markierung mit heißem Wasser aufgießen.
10 Sekunden kräftig umrühren (mit beigelegtem Spatel, Kaffeelöffel oder Messlöffel).
AeroPress bis zur oberen Markierung mit Wasser aufgießen.
Presskolben aufsetzen und leicht anziehen, um ein Vakuum zu erzeugen.
Ungefähr 30 bis 55 Sekunden warten.
Langsam herunterdrücken bis die Gummidichtung fast das Kaffeepulver erreicht.
Wenn ihr wollt, könnt ihr den fertigen Kaffee in der Tasse auch noch zum AeroAmericano verlängern, sollte er zu stark sein. Oder ihr wartet das nächste Mal kürzer bei Schritt 9.
Zur Reinigung könnt ihr das verbliebene Kaffeepulver und den Filter nach dem Abschrauben des Filterhalters einfach herausschießen – schön mit Schwung!
Noch ein Tipp: Wenn ihr den Presskolben etwas anfeuchtet, erleichtert es das Runterdrücken und sorgt für einen gleichmäßigere Bewegung.
AeroPress-Rezepte: Die Inverted-Methode
Neben Ideen wie der Bypass-Variante oder anderen Spielereien rund um die AeroPress ist die sogenannte „Inverted Method“, also umgedrehte Methode, mein persönlicher Favorit und die einzige Art, wie ich das Gerät nutze.
Die Anleitung geht so:
Steckt den Brühzylinder und Presskolben ein kurzes Stück ineinander.
Stellt den Apparat auf den Kopf.
Kaffeepulver einfüllen.
Filter in den Filterhalter einlegen.
Filterapparatur mit heißem Wasser benetzen.
Brühkolben bis zur obersten Markierung (umgedrehte 1) mit heißem Wasser auffüllen.
10 s kräftig umrühren (mit beigelegtem Spatel als Zubehör).
30 bis 55 s ziehen lassen.
Filterapparatur auf die AeroPress setzen (von oben).
Die Tasse umgedreht über den Gesamtaufbau stülpen.
Gut festhalten und das Ganze umdrehen.
Presskolben langsam herunterdrücken bis die Gummidichtung fast das Kaffeepulver erreicht.
Durch den Trick mit dem Kopfstand wird der Kaffee insgesamt vollmundiger. Außerdem ist die Handhabung leichter – auch wenn es nicht so klingt. Zum Reinigen geht ihr auch hier mit Schwung und *Plopp* vor.
Cold Brew aus der AeroPress: Eiskalte Variante
Während ich das Update schreibe, wird’s draußen wieder empfindlich wärmer. Es ist also mal wieder Zeit für Cold Brew.
Den könnt ihr selbstverständlich auch in der AeroPress machen. Dazu habe ich eine eigenständige Anleitung „Cold Brew Coffee aus der AeroPress“ geschrieben. Die wichtigsten Zutaten und Kaltbrühparameter lauten:
Ein wenig Frischhaltefolie
20 g Kaffee pro Tasse, grob gemahlen
220 ml kaltes Wasser
10 bis 24 h Zeit
Die grobe Mahlung passt die Extraktion an den langen „Brühzeitraum“ an, ihr solltet euch in etwa an der Körnung für eine Karlsbader Kanne orientieren. Ansonsten geht ihr fast wie bei der heißen Inverted Methode vor:
Kaffee in die AeroPress
Zur Hälfte mit Wasser aufgießen
Umrühren
Mit restlichem Wasser auffüllen
Statt jedoch am Ende den Filterhalter mit Filter aufzusetzen, legt ihr erst Frischhaltefolie über den Kolben und schraubt dann den Filterhalter auf.
Diese „luftdichte“ Variante soll wortwörtlich dafür sorgen, dass der Cold Brew während der langen Ziehzeit nicht rumoxidiert. Das tut nicht nur nicht Not, es ist auch hygienisch keine schöne Sache. Im Cold Brew Jar nehmt ihr sonst einen Deckel.
Nach der Ziehzeit könnt ihr den Filterhalter abnehmen, die Folie auch und einen normalen Filter einsetzen. Danach wird umgedreht und in ein kaltes Glas, am besten gleich mit Eiswürfeln, gepresst.
Dieser Cold Brew ist auf jeden Fall stärker als die sonstigen Varianten, weshalb es sich lohnt, ihn zum Cold Brew Tonic oder anderen Signature Drinks zu verlängern. Ihr könnt auch kalte Mandelmilch oder einfach Wasser benutzen.
Vorteile und Nachteile der AeroPress: Passt die zu mir?
Abgesehen vom Experimentierfaktor und der Laboratoriums-Ästhetik bietet euch die AeroPress folgende schlagende Argumente:
Dank (hässlichem) Kunststoff kann sie überall mit hingenommen werden.
Die Einzelteile passen in ein Säckchen.
AeroPressen geht auch im Wald oder im Großraumabteil!
Die Reinigung ist extrem einfach und deshalb ausnehmend hygienisch.
Der fertige Kaffee hat keinerlei Partikelrückstände.
Der kurze, aber allumfassende Kontakt des Kaffeemehls mit Wasser sorgt für maximale Extraktion der Aromen.
Das Originalset kostet bei Amazon nie mehr als rund 32 Euro.
Perfekt für Test neuer Röstungen.
Im Vergleich zu anderen Zubereitungsmethoden hat die AeroPress jedoch auch einige klare Nachteile:
Pro Durchgang entsteht nur wenig Kaffee. Für eine ganze Kompanie ist AeroPress-Kaffee zu aufwendig. Da hilft nur die Kaffeemaschine.
100% Kunststoff war noch nie eine optimale Materialentscheidung.
Es gibt Verbrauchsmaterial mit Zusatzkosten in Form der speziellen Filter.
Es dauert eine Weile, bis ihr eure perfekte Methode und Brew Ratio findet.
Anders gesagt: AeroPress auspacken, loslegen und sich aus dem Stand über den Kaffee freuen, ist meist nicht drin. Aber wer „besonderen“ Kaffee will, ohne gleich das teure Equipment anschaffen zu müssen, findet hier einen spannenden Partner.
Brauche ich AeroPress-Zubehör?
Natürlich hat der Erfolg der AeroPress auch Nachahmer auf den Plan gerufen und Dritthersteller dazu animiert, Zubehör zu entwickeln.
So gibt es inzwischen zum Beispiel einen „Organizer“ speziell für die AeroPress. Das sieht ganz ok aus, ist aber vollkommen überflüssig und macht das Teil unnötig größer und sperriger.
Außerdem gibt es noch die AeroPress Go, bei der die Tasse als Becher „eingebaut“ ist. Damit seid ihr theoretisch noch besser unterwegs. Diese Idee ist für Camper und Globetrotter eine interessante Alternative. Die AeroPress Go kostet minimal mehr als das Original, ich habe sie jedoch noch nicht getestet.
Anders ist das beim Fellow AeroPress Prismo, den ihr anstelle des mitgelieferten Filterapparats auf die AeroPress setzt. Dieses Druckventil inklusive Metall-Dauerfilter macht aus dem ursprünglichen Gerät eine „manuelle Espressomaschine“ im Stil der beliebten Nanopresso von Wacaco (natürlich das Modell ohne Kapselkaffee).
Denn wie ihr wisst: „Wer Kapselkaffee trinkt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“ – dies gilt auch für manuell betriebene Reisekaffeemaschinen.
Im Video „Espresso aus der Aeropress? Adapter Prismo von Fellow im Test“ habe ich das Ventil für euch live ausprobiert, das Fazit lautet: Der Geschmack wird noch voller und überzeugt, von einem Espresso sind wir jedoch immer noch weit entfernt. Nichts dafür, nichts dagegen.
Wollt ihr eure AeroPress zum zuverlässigen Reisebegleiter machen, solltet ihr euch mein Video „Kaffee auf Reisen: Was Backpacker im Urlaub für den perfekten Kaffee brauchen“ nicht entgehen lassen und euer Säckchen gleich noch mit der passenden Kaffeemühle bestücken. Ich persönlich nehme wie immer meine Comandante mit, als günstige (und extrem robuste) Alternative kann ich die Porlex Tall empfehlen.
Ob ihr auch noch eine Kaffeewaage mitschleppen müsst, wie es oft zu lesen ist, weiß ich nicht so recht. Da wir mit einer recht großen Dosier-Range arbeiten und ihr anhand der Markierungen sehr schnell lernt, welche Menge in eurer AeroPress typischerweise wo landet, reicht hier auch das Augenmaß.
Handfilter oder AeroPress: Ist das überhaupt ein Duell?
Ich erhalte immer wieder die Frage, wie nah oder fern sich Kaffee aus dem Handfilter und Kaffee aus der AeroPress sind. Vermutlich auch, weil ihr mich als absoluten Handfilterjünger kennt. Anstatt lange drumherum zu reden, habe ich die wichtigsten Unterschiede in einer Tabelle zusammengefasst.
Allein schon durch die Oberkategorie gehen Handfilter und AeroPress absolut getrennte Wege und sind dementsprechend kaum miteinander vergleichbar. Ich glaube aber, dass Leute, denen ihr Filterkaffee immer zu schwach oder langweilig vorkommt, mit einer Tasse AeroPress am Ende glücklicher werden.
Lasst euch gerne weitere Fragen und Kommentare einfallen, auch sie finden auf jeden Fall beizeiten den Weg ins nächste Update!
Dein Kaffee-Experte
Arne Preuss
Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.
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