Geschrieben von Arne Preuss (Kaffee-Experte) & Editiert von Katrin Kadelbach (Redakteurin)
Zuletzt aktualisiert: 6. Januar 2021 Wir haben einen Fact-Check in unseren Redaktionsprozess integriert, um sicherzustellen, dass wir euch stets mit den aktuellsten und verlässlichsten Informationen versorgen. Da sich Preise oder Verfügbarkeiten kurzfristig ändern können, überprüft unser Team regelmäßig alle relevanten Fakten und aktualisiert jeden Artikel entsprechend. So seid ihr immer Up to date! Wenn euch dennoch etwas auffällt, freuen wir uns über einen Kommentar. Vielen Dank für euren Support. Fakten-Check von Simona Ivanovski
Von Menschen für Menschen geschrieben
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Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.
Wie wir testen | Unser Team
Analog zum Leitartikel für den Kaffeebohnen Test benötigte auch dieser Ratgeber zum besten Espresso 2024 unbedingt mal ein Update. Denn mir ist etwas aufgefallen: Obwohl ich ein ausgemachter Fan heller Röstungen aus dem Handfilter bin, teste ich tendenziell mehr Espresso- als Kaffeebohnen. Ausreichend Verkostungs-Material ist also vorhanden.
Warum ist das so? Ich habe folgende Vermutungen:
Der Siegeszug der Kaffeevollautomaten hat Espressobohnen eine neue Bedeutung gegeben
Ihr liebt es stark, schwarz und konzentriert
Guter Espresso ist schwerer zu finden als guter Kaffee
Die Grenze zwischen Kaffee und Espresso ist fließend
Der Siebträger verdrängt zunehmend den Vollautomaten – auch in Einsteigerküchen
Ob das stimmt, möchte ich in diesem Ratgeber untersuchen. Wie versprochen, erfahrt ihr auch alles zu den besten Espressobohnen und findet heraus, wie ihr sie erkennt. Außerdem gehe ich kurz auf den Unterschied zwischen Kaffeevollautomaten und Siebträgermaschinen ein und erläutere, mit welcher Methode ihr wirklich das Beste aus euren Bohnen holt.
Viele Angaben, die ich hier mache, decken sich mit meinen Erkenntnissen aus dem Kaffeebohnen Test. Das ergibt Sinn, schließlich ist Espresso letztendlich nichts anderes als eine länger geröstete Form von Kaffee.
Oder genauer gesagt: Eine Bohne, die zuerst ein idealer Filterkaffee war, wird mit etwas mehr Röstzeit zu einem ebenso idealen Espresso. Doch gerade diese Grenze verschwimmt immer mehr.
Was ihr hier nicht finden werdet, sind Empfehlungen für Supermarkt-Kaffee oder einen definitiven Testsieger. Denn auch wenn ich meine ewigen Lieblinge habe, kommen immer wieder neue Knallerbohnen in meine Küche. Ein paar davon stelle ich euch hier vor.
Noch vor wenigen Jahren haben es reine Industrieröstungen wie der Lavazza Caffè Crema Dolce in meinen Test geschafft und wurden in eigenen Berichten von mir zerlegt. Das würde ich inzwischen nicht mehr tun.
Wenn überhaupt, dürfen solche Bohnen nur noch in Rant-Texten wie zum Supermarkt-Kaffee oder in Aufsätzen wie zum Thema klassisch-italienische Röstungen auftreten.
Eine audiovisuelle Ausführung dazu findet ihr auch im Video Espresso Test im Vollautomat: Supermarkt oder Rösterei?
Ich habe keine Lust, mehr Zeit und Aufwand in solche Angebote zu investieren, als nötig ist – nur, um euch letztlich davon abzuraten. Das hat nicht ausschließlich etwas mit offensichtlichen Qualitätsmerkmalen zu tun, die ich weiter unten noch ausführe.
Es hat vor allem damit zu tun, dass Kaffee ein einzigartiges Produkt ist, dessen Wert sich in der gesamten Wertschöpfungskette und schlussendlich auch im Preis niederschlagen muss.
Ein Beispiel: Der schon erwähnte Lavazza kostet im Supermarkt meist um die 14 Euro für das Kilo Espressobohnen. Der Superiore aus der fantastischen Tegernseer Kaffeerösterei kostet in der gleichen Packungsgröße 40 Euro.
Nun ist das Tegernseer Exemplar wirklich ein High End-Produkt. Doch es hat einen guten Grund, warum etwa auch der bescheidenere Bio-Espresso Grano Gayo von Coffee Circle erst ab 29,90 Euro pro Kilo zu haben ist:
Die besten Espressobohnen kommen von Herstellern, die sich in Sachen Beschaffungskette ihres Rohprodukts nackig machen und offenlegen, wer wie viel an einer Packung verdient. Sie zahlen den Kaffeebauern (!) bessere Preise, als es momentaner Weltmarkt-Preisstandard ist.
Sie schalten unnötige Zwischenhändler aus und achten darauf, dass ihr Kaffee soziale, ökologische und formale Maßstäbe erfüllt. All das kostet wesentlich mehr Geld, als aus einer Packung für 14 Euro gerecht verteilt werden kann.
Und gerecht meint, dass die eigentlichen Produzenten des Kaffees angemessen für ihre Arbeit entlohnt werden. Keine Überraschung: Bei Industriemischungen verdient hauptsächlich der Markeninhaber.
Woher ich das weiß? Daher, dass ich über die Bohnen in der Supermarkt-Kaffeetüte nichts weiß!
Wenn ihr mal sehen wollt, wie heftig Fans bestimmter Super-Marken auf genau solche Erkenntnisse reagieren und mit welchen Argumenten dann gegengehalten wird, schaut euch die Kommentare zum Cream Diamonds Espresso Test an:
Da wird die Magenfreundlichkeit des Kaffees und ein Geschmack gelobt, der alle Trinker zufrieden stellt – außer mich. Der niedrige Preis ist auch immer wieder ein positives Argument. Genauso wie die Tatsache, dass soooo viele Amazon-Rezensionen was anderes sagen als ich.
Mein Fotobeweis vom Bohnenbild wird als „Montagsprodukt“ abgetan, während meine Objektivität angezweifelt und mir Schleichwerbung für gute Röstereien unterstellt wird.
Ich will‘s mal so sagen, wie es ist: Das ist keine Schleichwerbung. Das ist ein offenes Bekenntnis zu diesen Röstereien. Mit Megafon und Fanfare.
Denn nur wenigen Kommentatoren fällt auf, dass all die reflexartig abgefeuerten „Gegenbeweise“ etwas Fundamentales ignorieren:
Der „tolle“ CD gibt keinerlei Informationen zu seiner Herkunft und Entstehungsgeschichte und liegt mit 16 Euro pro Kilo weit unter einem verträglichen Standard. Aber Hauptsache, das Bäuchlein ist glücklich und die Verlobte mag ihn auch.
Auch wenn man es Arroganz nennen mag, bleibe ich bei meinem unverrückbaren Grundbekenntnis: Gegen eine solche Einstellung arbeite ich mit jeder Faser meines Seins und mit dem Projekt Coffeeness seit über zehn Jahren an!
Checklisten – Wichtige Infos über eine Bohne
Mal ganz abgesehen vom Geschmack und der Qualität – eine Bohne, die auch nur ansatzweise ernst genommen werden möchte, sollte folgende Faktoren erfüllen:
Klare Angabe des Rösters: Wo und von wem wurde der Kaffee tatsächlich hergestellt?
Klare Angabe der Herkunft: Das Land ist der Mindeststandard, noch besser sind Region, Stadt, Kooperative und Farm
Klare Angabe der Kaffeefamilie: Handelt es sich um einen Mix aus Robusta und Arabica? Wenn ja, in welchem Verhältnis?
Klare Angabe der Varietät: Welche Version der Arabica-Pflanze (oder Canephora) wurde überhaupt verarbeitet?
Klare Angabe des Handelswegs: Großhändler, Importeur, Fair Trade (das Prinzip, nicht das Siegel!) oder Direkthandel?
Klare Angabe der Aufbereitung: Wie wurden die Kaffeebohnen nach der Ernte in verkaufsfähigen Rohkaffee verwandelt?
Röstdatum und -profil: Wann und wie wurde der Kaffee überhaupt geröstet?
Diese allgemeinen Anforderungen – und die dahinter stehenden Erklärungen – decken sich mit den Aussagen im Leitartikel zum Kaffeebohnen Test. Sie gelten schließlich für jede Art von Kaffee. Darum will ich hier auch nicht ausführlich darauf eingehen, nur ein paar Worte dazu verlieren, was ihr daraus ableiten könnt:
Über die Herstellerangabe wird deutlich, ob es sich um ein Produkt mit vielen Vätern, langen Wegen und merkwürdigen Konzernstrukturen handelt. Eine gute Espressoröstung wurde direkt vom Anbieter am Unternehmenssitz verarbeitet. Oder anders gesagt: Röstort = Firmensitz = Verkaufsort = besserer Espresso. Die Angabe eines Rösternamens ist ein dickes Plus.
Mit der Herkunftsangabe erhaltet ihr einen grundsätzlichen Fingerzeig zum Geschmack. Da sich zum Beispiel Espresso aus Brasilien von Region zu Region unterscheidet, sind kleinteilige geografische Angaben umso wichtiger. Sammelbegriffe wie „Lateinamerika“ haben nullkommanix Aussagewert.
Kaffeefamilie und Varietät geben Aufschluss über den Geschmack und den Stil der Espressobohnen. Je größer der Canephora-Anteil, desto kräftiger wird die Angelegenheit (siehe unten).
Zum Handelsweg habe ich eine klare Meinung: Siegel jeglicher Art sind mir vollkommen wurscht – da ihr sie eh nicht nachvollziehen könnt. Ein transparenter Direkthandel unter Beachtung ökologischer Maßgaben ist das Ideal.
Über die Aufbereitung erfahrt ihr ebenso etwas zum tendenziellen Geschmack wie über die Varietät und das Land. Die trockene Aufbereitung liefert sehr süße Anklänge, die nasse Aufbereitung bildet eine Region hervorragend ab.
Das Röstdatum ist eure Maßgabe für eine zentrale Forderung: Espressobohnen müssen frisch sein, damit sie überhaupt Sinn ergeben.
Je enger das angegebene und tatsächliche Röstprofil beieinander liegen, desto klarer ist das handwerkliche Können des Rösters. Starke Abweichungen sollten euch stutzig machen. Genauso die Tatsache, dass es fehlt.
Speziell für Espresso gibt es unterdessen ein paar Eigenheiten in den formalen Anforderungen, die ich an dieser Stelle genauer ausführen möchte. Mal abgesehen vom richtigen Glas – siehe nächste Bild.
Robusta und Arabica im Espresso
Die Robusta-Bohne als direkte Schwester der Arabica ist eine ausgemachte Espresso-Eigenheit. Das kann sogar so weit gehen, dass wir es wie bei der Huber Robu Espresso Kollektion mit Bohnen aus 100 Prozent Robusta zu tun bekommen. Auch die Robusta-Variante von Happy Coffee ist eine echte Wucht.
Diese Wucht aus Schokolade, klaren Bitternoten und hohem Koffeingehalt kann eine absolute Sensation sein. Oder wie im Falle Zombie Kaffee komplett nach hinten losgehen.
Denn wie ich in meinem ausführlichen Text Arabica und Robusta Kaffee: Gemeinsamkeiten, Unterschiede und der Tanz um den Qualitätsbegriff festgehalten habe, trägt die Robusta-Bohne ihren Namen nicht umsonst. Korrekterweise müsste sie sowieso immer botanisch als Canephora bezeichnet werden.
Sie ist wesentlich erdiger und eckiger im Geschmack und in vielen Espressomischungen hauptsächlich dafür da, noch mehr Stärke und eine ordentliche Crema ins Spiel zu bringen.
Dieses „hauptsächlich dafür da“ verführt dazu, der Canephora weniger Aufmerksamkeit als dem Hauptakteur Arabica zu schenken. Und zum Beispiel davon auszugehen, dass ein exzellenter Espresso von einem etwas minderwertigeren Anteil Robusta schon nicht schlechter wird.
Die 100%-Mischungen beweisen aber, dass dieser scheinbare Qualitätsunterschied kompletter Quark ist. Und deswegen sollte eine Rösterei, die ihren Espresso mit Canephora pimpt, dabei genau die gleichen Maßstäbe an Qualität und Transparenz anlegen.
Hier finde ich es sogar noch wichtiger, dass neben dem Herkunftsland auch die Region und Farm genannt werden. Das gilt insbesondere für Canephora aus Vietnam: Das Land ist der zweitgrößte Kaffeeproduzent der Erde und gleichzeitig größter Lieferant für Robustabohnen.
Auf extrem kleiner Fläche werden hier von ungemein vielen kleinen Kaffeebauernfamilien meist sehr minderwertige Bohnen angebaut, die tatsächlich nichts anderes können, als den Espresso aufzufüllen. Wirklich gute Erzeugnisse muss man mit der Lupe suchen. Das machen euch transparente Angaben leichter.
In der Robu-Kollektion von Huber Kaffee steckt zum Beispiel indischer Robusta von der Sirgoor Plantage. Die rumpeligere Bohne macht in Indien etwa 60 Prozent der Anbaufläche aus, hat aber wegen der Arabica-Expertise des Landes oft eine bessere Qualität. Witzig dabei: Reiner Arabica-Kaffee aus Indien ist ziemlich häufig eine große Enttäuschung. Das alles wisst ihr aber nur, wenn ihr wisst, woher die Canephora im Espresso wirklich stammt.
Im Bohnen-Vergleichstext habe ich auch einen Punkt festgehalten, der uns nach meiner Ansicht in den nächsten Jahren immer mehr beschäftigen wird: Robusta ist wesentlich besser gegen den Klimawandel gefeit als Arabica.
Darum wird Robusta im Espresso auch in der Specialty Coffee Szene demnächst wohl eher die Regel als die Ausnahme.
Bis jetzt ist es eher Usus, sein Können als Röster mit Espresso unter Beweis zu stellen, der völlig ohne Robusta auskommt. Das hat nicht nur etwas mit dem besseren Ruf der Arabica zu tun, sondern auch mit dem Röstprofil.
Das Röstprofil – Dunkel war einmal
Wenn auf einer Bohnenpackung heutzutage unter Röstprofil „Espresso“ vermerkt ist, kann sich praktisch jede Schattierung dahinter verbergen. Denn die Zeiten, in denen ihr Espressobohnen ausschließlich an der bummsdunklen Farbe und der öligen Oberfläche erkennen konntet, sind (Gott sei Dank) vorbei.
Bei bummsdunkel und ölig lautet mein Urteil nämlich ziemlich häufig „Tod durch Röstung“. Richtig gut erkennt ihr das unter anderem im XO EFA Kaffee Test. Der soll übrigens eine mittlere Röstung darstellen. Muahaha.
Eine sehr dunkle Röstung ist einerseits die perfekte Methode, um eine schlechte Bohnenqualität oder eine falsche Röstkurve zu kaschieren. Andererseits soll so Espresso im süditalienischen Stil entstehen, der hauptsächlich kräftig und bitter ist.
Der Trend geht – wenn es schon italienisch sein muss – jedoch ganz klar in Richtung Norden und damit zu einer helleren Röstung, die euch nicht so heftig anschreit und gleichzeitig mehr Facetten zeigt. Ein schönes Beispiel für diesen Stil ist der Black Ape Espresso von Quijote Kaffee.
Meine Favoriten orientieren sich sogar noch stärker am Handfilter-Trend und liefern ausnehmend fruchtige, säurebetonte Espressi. Und ja, das geht. Ich sagte ja schon, dass Kaffee und Espresso bei der Röstzeit meist nur Sekunden voneinander entfernt liegen – und auch ein wenig Einstellungssache sind.
Wie solch eine gelungene Unentschiedenheit aussieht, seht ihr zum Beispiel am sehr frischen Angelique’s Finest Espresso.
Die Zubereitungsempfehlung – Sieb ist Trumpf
Meine Augenbrauen wandern stets reflexartig in die Höhe, wenn auf einer Packung Espressobohnen als Zubereitungsempfehlung ausschließlich der Kaffeevollautomat steht.
Ich sage es immer wieder:
Einen Espresso erhaltet ihr ausschließlich aus der Siebträgermaschine!
Aus dem Kaffeevollautomaten erhaltet ihr einen KVA-Espresso. Der wird zwar ähnlich zubereitet, aber nicht genauso. Um trotzdem ein optimales Ergebnis zu erhalten, das täuschend echt an das Original herankommt, haben wir extra einen Kaffee für den Vollautomaten entwickelt.
Ich habe viel ausprobiert und verkostet. Die perfekten Einstellungen für euer KVA-Modell habe ich euch in meinen Einzeltests aufgeschrieben.
Kaffee entwickelt für den Vollautomaten
Mein Kaffee eignet sich bestens für alle Getränke aus dem Vollautomat.
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Wir haben auf eine dunkle Röstung gesetzt (weshalb man die Bohnen prinzipiell auch Espressobohnen nennen kann) und im gesamten Herstellungsprozess auf eine gerechte wie hochqualitative Wertschöpfungskette geachtet:
Fair gehandelte Bohnen direkt vom Farmer in Brasilien
Schonend und professionell geröstet
Geschmack: Schokoladig
Geeignet für alle Getränke aus dem Vollautomaten
Doch was macht die Siebträgermaschine jetzt anders? Der wesentliche Unterschied beruht auf dem Druck, der beim Brühen entsteht. Ein Vollautomat ist nicht in der Lage, Kaffee so fein zu mahlen, so gut zu verdichten und so viel Wasserdruck aufzubauen wie eine Espressomaschine nebst externer Kaffeemühle.
Das merkt ihr schon daran, dass ihr beim Siebträger Dinge wie das Mahlen und Verdichten (Tampen) von Hand nach ganz bestimmten Vorgaben erledigen müsst. Diese Vorgaben lauten: das Kaffeemehl muss staubfein sein; der Anpressdruck muss sehr hoch, gleichmäßig und mit einem perfekt austarierten Tamper erzeugt werden.
Der Vollautomat als Kompromissgerät kann weder die feinstmögliche Mahlgradeinstellung abliefern, da das feine Kaffeemehl die Leitungen verstopfen würde. Noch ist er in der Lage, auch aus diesem Grund, eine entsprechende Verdichtung des Kaffeepucks zu erzeugen.
Dass sich Espresso und KVA-Espresso optisch dennoch fast nicht unterscheiden, liegt daran, dass der Automat den Siebträger mit einem Trick nachahmt:
Die Crema, die oft ein Gradmesser für die Espressoqualität ist, wird beim Vollautomaten nach der eigentlichen Extraktion durch Quirle und Düsen erzeugt.
Beim Siebträger entsteht sie rein durch das Zusammenspiel von Kaffeemehl, Wasser, Druck und Temperatur – also während der Extraktion.
Was euch bei bestimmten Espressobohnen als Qualitätsmerkmal „optimiert für den Vollautomaten“ verkauft wird, ist meist eine verschwurbelte Angabe für einen Canephora-Anteil. Denn Robusta sorgt für eine stabilere Crema bzw. dafür, dass dieser Kaffeeschaum auch mit Quirlen und Co. leichter entsteht.
Davon abgesehen schließen sich Espressobohnen und Vollautomaten niemals aus. Die Bohnen können außerdem auch in ganz anderen Helfern zubereitet werden. Dazu komme ich weiter unten noch einmal genauer.
Den Füchsen unter euch fällt jetzt sicher auf, dass ich etwa beim Happy Coffee Test oder zum Rabenschwarz Espresso sage, dass sich die Auswahl gut im Vollautomaten macht. Ist das ein Widerspruch zum eben Gesagten? Nein. Eher eine Besonderheit bestimmter Espressomischungen:
Funktioniert eine Espressoröstung im Vollautomaten, dann in vielen Fällen besonders gut als Americano. Also als Espresso, der anschließend mit heißem Wasser aufgegossen wird.
In der reinen, konzentrierten Form merkt ihr im Direktvergleich Siebträger vs. Vollautomat viel schneller, dass es sich beim Kaffeeautomaten um ein Kompromissgerät handelt. Es „rasiert“ viel an den Rändern des Aromenprofils ab und nimmt dem Mini-Schluck Kaffee damit sein überzeugendes Profil.
Wenn ihr dieses rasierte Profil allerdings mit Wasser verlängert, renkt sich der Geschmackseindruck auf anderer Ebene wieder ein. Das lässt sich schwer beweisen und ist eher ein Erfahrungswert, den ich in vielen Tests gesammelt habe.
Außerdem profitieren solch passende Espressoröstungen für den Vollautomaten meist erheblich von Milch und Milchschaum. Klar, das ist auch beim Siebträger nicht anders.
Aber das Zusammenspiel von Kaffee und Milch funktioniert im Vollautomaten häufig besser, während ein und dieselbe Bohne im Siebträger zu einem Solokünstler heranwächst.
Auch das ist absolute Einstellungssache und jedem von euch überlassen. Doch das meine Einschätzung ganz gut ist, zeigt sich daran, dass sehr vorwitzig-spritzige Röstungen im Vollautomaten meist nicht funktionieren. Sie werden durch das „Rasieren“ schnell sehr sauer. Da hilft auch die Milch nix mehr.
Wie ich Espressobohnen Tests durchführe – Und was ihr davon habt
Früher war ich ein echter Snob und habe alle Espressobohnen Tests auf meiner La Pavoni Professional Handhebelmaschine durchgeführt. Auf der ollen Diva zeigt sich nämlich jeder Espresso in seiner reinsten Form.
Das mache ich schon längst nicht mehr. Vielmehr bin ich dazu übergegangen, mich durch die gesamte Automaten- und Gerätewelt in der Espressoabteilung zu wühlen. Selbst die Herdkanne hole ich manchmal raus, wenn mir keiner etwas anderes vorschreibt.
Auch die recht neue Welt der Hybridmaschinen als Mix aus Siebträger und Vollautomat durfte schon für Espressobohnen Tests herhalten. So habe ich etwa den Schwarzwild Café Crème auf der DeLonghi La Specialista untersucht. Wie schon erwähnt, schmeiße ich auch gern den Kaffeevollautomaten an.
Am liebsten bleibe ich jedoch bei Espressomaschinen, wobei ich hier in jüngster Zeit reichlich Abwechslung hatte. Der Rabenschwarz hatte seinen Auftritt im Bezzera Matrix Top DE, der mehrwert Kaffee Test wurde unter anderem von der Solis Barista Gran Gusto begleitet.
Hier bin ich tatsächlich spielfreudiger als im Kaffeebohnen Test, wo es am Ende des Tages dann doch immer der Handfilter wird.
Ich bin nämlich zur Überzeugung gelangt, dass es euch überhaupt nichts bringt, wenn ich Espressobohnen nur auf der Profimaschine teste. Sie sollen schließlich im Alltag funktionieren. Nicht jeder will außergewöhnliches Equipment, sondern einfach guten Kaffee.
Außerdem bin ich so viel unterwegs, dass ich meine Tests bei den verschiedensten Bekannten mit der unterschiedlichsten Ausstattung durchführe. Und das zeigt auch, wie vielseitig Espresso sein kann. Von wegen immer nur bitter, schwarz und stark!
Ganz gleich, ob es sich um Vollautomaten oder um die Standard-Siebträgerausstattung handelt, gelten doch immer einige grundsätzliche Faktoren:
Der Mahlgrad muss (!) möglichst fein sein
Ich kalkuliere mit rund 7 bis 8 Gramm Kaffeemehl für einen Single Shot
Ich stelle eine Portion Espresso (wenn möglich) auf 25 bis 30 ml ein
Die Durchlaufzeit beträgt möglichst 25 Sekunden
Beim Vollautomaten müssen wir uns danach richten, was das Gerät hergibt. Bei der Siebträgermaschine können wir eingreifen wie es uns beliebt – und Rücksicht auf jedes kleinste Detail der eben genannten Faktoren nehmen.
Entfernen wir uns von den maschinellen Bedingungen, setze ich analog zum Kaffee Test stets die gleichen sensorischen Merkmale für die Untersuchung der Espressobohnen an. Hier gibt es jedoch naturgemäß Abweichungen zu den Standards, die Filterröstungen erfüllen müssen. Welche das sind, erfahrt ihr jetzt.
Ginge es nur nach den optischen Eindrücken zum Bohnenbild, wäre beispielsweise der exzellente fair Langen Espresso von Langen Kaffee einem Vergleichskandidaten wie dem Coffee Circle Grano Gayo unterlegen.
Die Langen-Bohnen sind etwas unregelmäßiger gefärbt und wirken im Gesamteindruck erheblich runzeliger als die Coffee Circle-Mischung. Dennoch erhalten beide in etwa gleich hohe Wertungen.
Kann das sein? Es kann. Bei Espressobohnen gelten zwar die gleichen Anforderungen an die Regelmäßigkeit und Frische der Bohnen.
Doch hier darf es schon deswegen zu Abweichungen kommen, weil etwa der Langen-Espresso einen Anteil Canephora mitbringt. Und Robusta-Bohnen sind kleiner und oft unregelmäßiger als Arabica-Bohnen, was in der Mischung ein unruhiges Bild ergibt.
Zudem ist eine satte, dunkle Farbe, wie wir sie sonst für Espressobohnen angesetzt haben, eben nicht mehr das Maß aller Dinge.
Vielmehr gehen Röster immer öfter dazu über, ihre Mischung aus unterschiedlichen Bohnenherkünften zusammenzustellen, die sie je nach Charakter einzeln rösten und erst danach zusammenbringen. Dann entsteht farblich schnell ein Flickenteppich, den wir dekodieren müssen.
Auf den Bildern zum Coffee Circle Grano Gayo seht ihr außerdem etwas, das für Espressobohnen typisch sein kann – aber nicht sollte. Eine stärkere Röstung sorgt dafür, dass sich die Kaffeeöle wesentlich leichter aus den Bohnen lösen als bei Filterkaffee.
Dieses Herauslösen bzw. „Schwitzen“ ist mitunter auch ein Anzeichen für
- eine zu lange Röstung,
- eine zu lange Lagerung oder
- eine falsche Lagerung.
Im Coffee Circle-Fall trage ich Schuld an der Schwitzerei, weil ich den langen Sommer unterschätzt und den falschen Lagerplatz gewählt habe.
Im Beitrag zu klassisch italienischen Röstungen seht ihr allerdings ein Beispiel für eine schwitzende, ölige Mischung, deren speckiger Glanz schlicht auf die Verarbeitung zurückzuführen ist. Die Barbera-Bohnen hat auf jeden Fall der Tod durch Röstung ereilt.
Ein wenig Glanz auf Espressobohnen ist sicher kein Problem – und gilt vielmehr als typisches Qualitätsmerkmal. Doch stimmt es eben nicht, dass sie sich wie ein Stück ungekochter Schweinespeck anfühlen sollten.
Meine Aufgabe als Tester ist es, dem Glanz auf den Grund zu gehen und sehr genau zu überprüfen, ob das vernünftige Maß eingehalten wurde oder ob der Fehler andere Ursachen als den Röster hat.
Der Wandel im Espresso-Verständnis zeigt sich nicht nur an den helleren Röstungen, sondern für mich vorrangig im Duft. Habe ich früher in meinen Tasting-Notizen fast standardmäßig „Kakao“ oder „Zartbitterschokolade“ festgehalten, muss ich heute mein ganzes Vokabular bemühen und oft sehr lange schnüffeln.
Das finde ich ziemlich großartig, zeigt es doch, dass ein Espresso viel mehr ist als eine dunkle Wumms-Angelegenheit.
Mir bereitet es besonders Freude, wenn ein einziger Röster die ganze Bandbreite dieser Düfte in seinem Angebot abbildet. Das ist bei Quijote Kaffee der Fall, aber auch eine Spezialität der Flying Roasters. Oder, oder, oder.
Allerdings habe ich absolut nichts dagegen, wenn ein Espresso ausnehmend klassisch duftet und keinen Hehl aus seiner Tradition macht. Mir ist es dann nur wichtig, dass dem typischen Grundgerüst ein paar spannende Spitzen mitgegeben werden. Das funktioniert beispielsweise im Toffee-Stil mit etwas Orangen beim mehrwert Kaffee Furaha.
Ein Beispiel für einen langweilig-klassischen Geruch liefere ich euch beim KFE Bio Bonga Espresso Test.
Viele Röster betonen bei ihren Espressomischungen, dass sie säurearm sind. Ich glaube jedoch, dass diese Röstrichtung bzw. die Betonung auf einem Missverständnis beruht. Viele Kaffeetrinker sind überzeugt, dass sie Espresso aufgrund des geringeren Gehalts an Chlorogensäure besser vertragen.
Ob das stimmt oder nicht, ist erstens Einstellungssache und zweitens eine Frage für den Text Ist Kaffee gesund?
Außerdem schwingt in der Betonung der Säurearmut auch das bummsdunkle Röst-Erbe mit. Ein sehr kräftiger Espresso, der bereits mit Schokonoten und klaren Bitterstoffen auf sich aufmerksam macht, käme bei einer ebenso kräftigen Säure sofort aus dem Gleichgewicht. Es wird einfach too much – in jeder Hinsicht.
Wenn wir allerdings Säure als Frische interpretieren und uns vom klassischen Geschmack auch nur einen Hauch lösen, wird Espresso in meinen Augen erst richtig spannend. Ein dezent säurebetonter Espresso schmeckt nämlich wesentlich leichter und schafft es mit der Frische, euch immer wieder zu einem neuen Schluck zu animieren.
Das ist aber tatsächlich Traininigs- und Einstellungssache. Ich habe jedoch gemerkt, dass selbst überzeugte Dunkel-Jünger nach und nach immer mehr Gefallen am frischen Espressostil finden, solange der Einstieg sehr sanft verläuft. Gleichzeitig muss ich zugeben:
Ich stecke so sehr im Frische-Stil, dass ich mir nicht ganz sicher bin, welche Säurebetonung man Neueinsteigern „zumuten“ kann. Für mich zum Beispiel ist der Angelique’s Finest mit seiner mineralischen Frische eine optimale Alltagsentscheidung, die jedoch nicht unbedingt jeder teilt.
Darum bin ich auf euch angewiesen: In welchem Espresso hat euch sanfte Säure erfreut?
Ihr bleibt dabei, dass es eher klassisch und süß sein sollte? Dann liefert zum Beispiel der Mellow Hello von Mare Kaffee perfekt ab!
Bin ich bei Filterkaffeebohnen ein großer Freund unterschiedlichster Körper und Gefühlsakzente im Mund, bleibe ich bei Espressobohnen sehr klassisch. Schon die konzentrierte Extraktion in einem Mini-Schluck gebietet es, dass der Kaffee ein eindrucksvolles Mundgefühl mitbringt. „Dezenter Espresso“ ist für mich ein Widerspruch.
Ein guter Espresso findet im Idealfall im gesamten Mund gleichzeitig statt und legt sich mit samtiger Weichheit und vordergründiger Präsenz auf alle Rezeptoren. Besonders gut gelingt dies, wenn ich in den Tasting-Notizen von einem „runden Ball“ sprechen kann.
Dieser Vergleich macht deutlich, dass die Öle und Bitterstoffe wunderbar zusammengebunden sind und es keine Ausreißer gibt. Ein Espresso, der seinen Namen verdient, rollt in diesem Fall dann tatsächlich durch den Mund, ohne irgendwo unangenehm aufzufallen. Doch auffallen muss er.
Auch wenn dieses Korsett recht eng ist, zeigt sich jedoch bei guten Bohnen wie von der Tegernseer Kaffeerösterei viel Spielfreude.
Das merkt ihr, wenn ihr auf dem Getränk wortwörtlich herumkaut, ohne dass es euch jemand gesagt hätte. Dann werdet ihr nämlich dazu animiert, immer wieder neue Facetten zu entdecken. Andersherum schaffen es spritzige Varianten, insbesondere an der Zungenspitze und den Seiten, noch einen leichten Kick abzuliefern, der den Ball nicht wegprallen, aber ein wenig herumspringen lässt.
Ich weiß, das klingt jetzt besonders lyrisch. Doch genau diese Lyrik ist das Einzigartige im Bereich Espresso. Ich finde sogar fast, dass Körper und Mundgefühl die zentralen Elemente im Espresso sein sollten. Wie seht ihr das?
Im gleichen Maße wie ein Espresso ein präsentes Mundgefühl haben muss, finde ich, dass Abgang und Nachhall ebenfalls länger sein sollten. Zumindest länger als bei einem vergleichbaren Kaffee aus dem Handfilter. Denn der Espresso hat wegen seiner geringen Füllmenge nur eine kurze Chance, euch positiv im Gedächtnis zu bleiben.
Verabschiedet er sich dann ohne jeden Nachklang, ist diese Chance komplett vertan. Und das geht irgendwie am Selbstverständnis der Getränkekategorie vorbei. Der geschmackliche Fuß in der Tür, den jeder Espresso abliefern sollte, kann allerdings eine große oder kleine Schuhgröße haben.
So schließt sich der Kreis zum Kaffeebohnen Test: Abgang und Nachhall müssen perfekt zum restlichen Eindruck des Kaffees passen, damit der Espresso als runde, gelungene Sache von euch wahrgenommen wird.
Hier muss ich abermals auf die hervorragenden „Gemälde“ verweisen, die zum Beispiel Quijote Kaffee oder auch mehrwert Kaffee kreieren – von Anfang bis Ende durchdacht.
Espresso ohne Siebträger – Geht das?
Dieses Kapitel kommt euch vielleicht merkwürdig vor, weil ich ja weiter oben gesagt habe, dass ein Espresso nur aus dem Siebträger existieren kann. Das stimmt auch.
Allerdings heißt das nicht, dass die Espressobohnen ebenfalls nur im Siebträger – oder mit Abstrichen im Vollautomaten – funktionieren. Es gibt zwei Gerätschaften, die ich in diesem Zusammenhang genauer erwähnen muss.
Die Herdkanne
Einerseits ist die Herdkanne aus keiner italienischen Küche wegzudenken. Der Espressokocher nimmt sich die Siebträgermaschine zum Vorbild, löst die Aufgabe jedoch anders. Hier wird das Wasser in den Boden gefüllt, erhitzt und dank Physik durch einen leicht verdichteten Kaffeepuck über ein Ventil in den oberen Kannenbereich gedrückt.
Der dadurch entstehende Kaffee ist fast so konzentriert wie der echte Espresso, hat durch das Blubbern sogar eine minimale Crema und bringt typische Facetten klassischer Espressobohnen ziemlich gut zum Tragen. Sonst würden die Italiener die Bialetti nicht so hingebungsvoll benutzen.
Das Schöne an der Herdkanne ist für mich, dass ihr dafür absolut nichts können oder wissen müsst:
Wasser bis zur Markierung rein,
Kaffeepulver (möglichst fein gemahlen) bis zur Markierung in den Einsatz,
leveln und minimal andrücken,
auf den Herd,
fertig.
Damit entsteht zwar kein echter Espresso und viele Feinheiten können verloren gehen. Aber die Kanne schafft es irgendwie, auch gröbere Ungenauigkeiten auszugleichen und einer Espressobohne zumindest die Intention zu entringen, mit der sie geröstet wurde.
Klar, für den eigentlichen Test ist das meist zu ungenau. Doch ich habe mir fest vorgenommen, die Kanne mal wieder öfter einzusetzen – eben weil viele von euch Bock auf Kaffee à la Espresso haben, sich jedoch kein teures Equipment leisten wollen.
Die French Press
Die zweite Geräte-Idee klingt etwas abenteuerlicher. Denn es ist meine klare Empfehlung, Espressobohnen in der French Press zuzubereiten.
Das widerspricht zunächst allen Zubereitungsparametern für Espresso. Wo der Mahlgrad für den Siebträger extrafein sein sollte, wird es in der Stempelkanne ziemlich grob. Wo ein Espresso nur rund 25 ml hat, liefert eine French Press gern einen ganzen Liter auf einmal. Bei einem Espresso müsst ihr vorher Tampen, in der Kanne schiebt ihr das Kaffeemehl erst nach der Ziehzeit zusammen.
Kann das gut gehen? Na klar! Der Witz an Espressobohnen aus der French Press ist, dass ihr mit den gröberen Zubereitungsparametern dafür sorgt, dass das sehr konzentrierte Aromenbild der Röstung in die Breite gewalzt und damit etwas abgeschwächt wird.
Das ähnelt ein wenig dem Ausrollen von Teig: Es geht viel Volumen in der jeweiligen Portion verloren, doch je nach „Gebäck“ ist eine knackigere, dünnere Oberfläche genau die richtige Wahl.
Als „Teig“ für Espresso aus der Stempelkanne eignen sich Röstungen, die sich am klassischen, mittelitalienischen Stil orientieren. Sie werden zu einem sehr kräftigen Kaffee, der sein Espresso-Zitat mit Freude im Knopfloch trägt. Dazu passt zum Beispiel der Coffee Circle Grano Gayo.
Alle „modernen“ Espressi mit klarer Frucht- oder Säurenote sind hier allerdings ein Wagnis, das schnell nach hinten losgehen kann. Solche Bohnen verlieren in der groben Kanne ihre Balance und schmecken ruckzuck sauer.
Dennoch: Wenn ihr das nächste Mal Espressobohnen kauft, solltet ihr die French Press nicht allzu weit wegstellen. Das kann nämlich sehr spannend werden.
Espressobohnen lagern – Mehr Zeit, gleicher Anspruch
Wir alle wissen, dass ein Röstdatum auf der Kaffeepackung nicht nur dazu da ist, um seriöser zu wirken und mehr Geld für die Bohnen verlangen zu können. Denn der Kunde muss wissen, wann sein Produkt entstanden ist.
Mit jedem Tag, den Kaffee nach dem Zeitpunkt der Reife in der Gegend rumlungert, verliert er an Qualität, Aroma und Geschmack. Da nehmen sich Kaffee- und Espressobohnen nichts.
Genauso wichtig ist der Lagerort. Er muss trocken, kühl und dunkel sein. Sonst geht es euren Bohnen wie denen, die ich jüngst falsch gelagert habe. Siehe zum Beispiel der mehrwert Kaffee Majaliwa. Sie schwitzen Kaffeeöle aus, die eigentlich in der Bohne bleiben und erst beim Extrahieren in der Tasse landen sollten. Doch wie gesagt: Das war meine Schuld.
Einen großen Unterschied zwischen Kaffee- und Espressobohnen gibt es beim Lagern dann doch noch – auch wenn beide gut verpackt in der Kaffeedose am besten aufgehoben sind.
Während Kaffeebohnen schon kurz nach dem Rösten ihren perfekten Reifezeitpunkt erreichen und dann schnellstmöglich getrunken werden sollten, kann man beim Espresso etwas geduldiger sein.
Je dunkler die Röstung, desto länger solltet ihr Espressobohnen nach dem Rösten noch liegen lassen. Ich veranschlage meist ungefähr einen Monat nach Röstdatum. So haben die Bohnen genug Zeit zum Ausgasen und können ihren optimalen Geschmack entfalten.
Dies ist jedoch nur ein Richtwert, den ihr individuell anpassen solltet. Wenn ihr dazu noch kein sicheres Händchen habt, empfehle ich einmal mehr die Mail an den Röster.
An den Antworten seht ihr schnell, ob der Anbieter über sein Produkt wirklich Bescheid weiß und Bock auf Kundschaft hat. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Siehe dazu unseren Kaffeemarktplatz Test.
Espresso und Chlorogensäure – Weniger ist mehr
Auf den ersten Blick scheint es wie ein Widerspruch, dass der stark konzentrierte Kaffeeschluck als gesünder gilt als die übliche Tasse schwarzer Kaffee. Doch tatsächlich empfinden viele einen Espresso als bekömmlicher als einen Filterkaffee.
Man könnte meinen, dass die hohe Dosis Koffein des Espresso, wie wir sie beim Koffein Test im Labor haben diagnostizieren lassen, tendenziell herausfordernder für den Körper ist. Allerdings wird bisher ein anderer Stoff als „Problem“ verantwortlich gemacht.
Rohe Kaffeebohnen enthalten je nach Sorte recht viel Chlorogensäure, die einige Menschen nur schwer vertragen. Mit zunehmender Röstdauer sinkt der Anteil jedoch immer weiter ab. Darum klären viele Käufer die Frage Ist Kaffee gesund? auch zugunsten des Espresso.
Ich halte mich hier aber mit einer definitiven Antwort zurück. Denn Kaffee ist per se weder gesund noch ungesund. Es kommt immer darauf an, wie euer Körper drauf ist, worauf er empfindlich reagiert und welche anderen Probleme er hat, die von den Bestandteilen der Kaffeebohne beeinflusst werden könnten.
Alles, was zum Thema Gesundheit und Kaffee heute gesagt wird, ist immer eine Momentaufnahme des wissenschaftlichen Stands, die außerdem erheblich von Mythen, Vorurteilen und so manchem Unsinn beeinflusst ist.
Wenn ihr Espresso als bekömmlicher empfindet als Kaffee, dann ist das mitunter richtig. Schließlich müsst ihr euch wohlfühlen. Ein allgemeingültiger (und vor allem endgültiger) Beweis steht bisher jedoch aus.
Ist Espresso wirklich teurer als Kaffee?
Nein, Espresso ist nicht teurer als Kaffee. Auch wenn sich das „Gerücht“ hartnäckig hält. Warum das so ist, beleuchte ich jetzt kurz für euch. Denn in der Frage stecken viele Aspekte, die eine Hauptrolle spielen, die ich zum Thema Transparenz, Wertschöpfungskette und Nachhaltigkeit immer wieder ausführe.
Rein theoretisch müsste es also stimmen, dass Espresso mehr kostet. Tut es aber nicht. Schuld daran sind, wie so oft, die unaufgeklärten Kunden. Und ein Missverständnis bei der Qualität.
Insbesondere, als Kaffeevollautomaten zum Trend wurden und die ganze Welt plötzlich Bock auf ganze Bohnen bekam, schien der Preisunterschied zwischen Filterkaffee und Espressobohnen größer zu werden.
Das mag auch kurzfristig so gewesen sein. Schließlich wollte jeder Hersteller – vor allem von Supermarkt-Kaffee – am Hype verdienen.
Wie es für den freien Markt typisch ist, regierte irgendwann wieder die Preissensibilität des Käufers, der auf günstige Marken schielte. Außerdem konnte man ihm nur schwer vermitteln, dass eine Espressobohne beim Rösten an Gewicht verliert und dementsprechend teurer sein müsste.
Darum kosten die Espressobohnen bei Anbietern wie Illy heute exakt genauso viel wie die Filtervarianten.
Das allerdings sollte euch zu denken geben. Denn je länger eine Kaffeebohne röstet, desto mehr verliert sie an Gewicht in Form von Wasser. Weniger Gewicht führt dazu, dass die Hersteller mehr Bohnen in ihre Tüte füllen müssen, um sich nicht der Verbrauchertäuschung schuldig zu machen.
Oder aber, sie setzen auf einen allgemein akzeptierten Trick: Zum Kühlen der Bohnen setzen sie statt auf kalte Luft auf kalten Wasserdampf. Die Feuchtigkeit zieht also zurück in die Bohnen, ihr Gewicht steigt wieder – und damit die Gewinnmarge trotz des gleichbleibend kundenfreundlichen Verkaufspreises.
Dieser Wassertrick gilt auch für industrielle Kaffeebohnen, wo der Wasserverlust jedoch geringer ist. Solange der finale Wassergehalt die gesetzlich vorgeschriebene Maximalkonzentration von 5 Prozent nicht übersteigt, ist rechtlich alles paletti.
Die Wassertrickserei sorgt also genauso für den durch die Bank weg stabilen Preis wie die Verwendung von besonders billig beschafften Bohnen ohne genaue Herkunft.
Bei echten Röstereien schwankt der Preis nicht nur bei unterschiedlichen Espressobohnen, sondern auch zwischen Espresso- und Filterröstungen. Hier gibt es keine Einheitlichkeit und auch keine klare Grenze zwischen den Röststilen.
Fakt ist nur, dass die Preise für Espresso oder Filterkaffee nie auf dem Supermarktniveau liegen. Und das ist richtig so. Initiativen wie The Pledge werden in diesem Zusammenhang immer wichtiger.
Schaut euch dazu auch unbedingt mein Interview mit Pingo und Katze von Quijote Kaffee bei YouTube an:
Was euch unterdessen genauso viel zu denken geben sollte, ist die Tatsache, dass gemahlene Bohnen im Supermarkt billiger sind als ganze Bohnen. Und ich meine nicht günstiger, sondern wortwörtlich billiger.
Zwar spielt auch hier der Hype um die Automaten wieder eine Rolle. Aber wie kann es sein, dass ein Produkt, das stärker verarbeitet ist als das andere, weniger Geld kostet? Im Falle der Kaffee- und Espressobohnen ist die Lösung ganz einfach:
Dem gemahlenen Kaffee sieht keine Sau mehr an, was da eigentlich verarbeitet wurde. Bruchbohnen, Schädlingsfraß, unregelmäßige Röstung, alte Reste? Kann alles rein!
Bei einer Tüte ganzer Espressobohnen, die nur aus Bruch und Fehlern bestünde, würde selbst der unaufgeklärteste Käufer Sturm laufen. Also müssen hier „hochwertigere“ Rohstoffe an den Start, die natürlich auch mehr kosten. Und dieser Preisunterschied wird direkt an die Kunden weitergereicht.
Das heißt jedoch nicht, dass man dem unaufgeklärten Käufer nicht doch noch so manchen Produktfehler unterschieben kann – er weiß es ja nicht besser.
Werft dazu nur mal einen Blick auf den Unterschied im Bohnenbild zwischen einem guten Happy Coffee Espresso und dem so beliebten Gorilla Kaffee.
Beim „toten Affen“ habe ich aus einer Kilopackung Bohnen ganze 87,6 Gramm Bruch rausgesammelt. Das klingt erst einmal übersichtlich. Doch diese rund 9 Prozent an offensichtlich minderwertigen Rohstoffen machen bei einer Beispielrechnung von 16 Euro pro Kilogramm mal eben 1,40 Euro aus.
Und diese 1,40 Euro pro Packung jubelt euch der Hersteller unter. Für ihn rechnet sich das hervorragend. Ihr schiebt damit nur den weiteren Verfall des Werts von Kaffee an. Klingt hart, ist aber leider wahr.
Was sind Crema-Bohnen?
Crema-Bohnen sind nichts weiter als eine nicht ganz so dunkle Espressoröstung. Der Begriff Crema-Bohnen oder Café Crema-Bohnen fällt deshalb immer wieder im Zusammenhang mit Espressobohnen. Unter dieser Kategorie firmiert auch der eben schon genannte Gorilla Kaffee. Der Schwarzwild Café Crème trägt die Bezeichnung sogar im Namen.
Damit werden ebenfalls wieder Vollautomaten-Besitzer angefixt. Irgendeine Variante von „Creme-Kaffee“ ist dort stets fester Bestandteil des Getränkeangebots. Grundsätzlich sollen diese Crema-Kaffees den klassischen Filterkaffee ersetzen, den ein Vollautomat naturgemäß nicht zubereiten kann, der aber vom Kunden gewünscht wird.
Es braucht also Bohnen, die in einem Vollautomaten als Espresso-Imitierer funktionieren, aber gleichzeitig in einer größeren Füllmenge eure Geschmacksnerven nicht erschlagen. Auftritt für die Crema-Bohnen!
Die etwas hellere Espressoröstung bringt nämlich oft einen (schon erwähnten) minimalen Anteil an Robusta mit.
Erinnern wir uns: Robusta sorgt für eine stabile Crema (aaah!), ist aber ansonsten recht schwierig zuzubereiten. Darum kommt auch nur eine geringe Menge in die Mischung.
Viele Crema-Bohnen bestehen jedoch auch zu 100 Prozent aus Arabica. Im Kern geht es darum, dass die Crema-Mischung ausnehmend wenig Säure mitbringt. Denn diese wäre in einem länger extrahierten KVA-Espresso (und nichts anderes ist der Café Crema) viel zu mächtig.
Auf der anderen Seite der Geschmacksskala dominieren klassische Schokoladennoten, die zwar sehr schwer sind, jedoch ohne übermächtige Bitterstoffe auskommen.
Wiederum gilt also: Bei Crema-Bohnen handelt es sich um einen Marketingbegriff, der euch eher klassisch-geradlinige Espressobohnen verkaufen will, die im Vollautomaten besonders gut funktionieren.
Genauer untersucht habe ich dieses Thema im Beitrag Kaffee für Kaffeevollautomaten? Schümli oder Cafe Creme?
Während „Café Cremè“ ein reiner Marketingbegriff ist, können Bohnen für unterschiedliche Zubereitungsmethoden geröstet werden. So auch unser Kaffee für Vollautomaten, welcher direkt vom Farmer in Brasilien kommt.
Espressobohnen – Neuer alter Hype?
Zum Abschluss möchte ich kurz laut darüber nachdenken, warum Espressobohnen ihren Marktanteil demnächst noch stark erhöhen und auch in Sachen Trendprodukt dem Filterkaffee wieder den Rang ablaufen könnten.
Denn Espressomaschinen kommen langsam von ihrem hohen Ross runter und nehmen auch den unbedarften Einsteiger ins Visier.
Das seht ihr an einer großen Zahl an Espressomaschinen im Einstiegssegment, die vergleichsweise günstig, sauleicht zu bedienen und dabei auch noch ziemlich kompakt sind. Günstig, einfach und kompakt waren gute Espressomaschinen bisher nie.
Im gleichen Maße, wie der Hype um Vollautomaten langsam abkühlt und eine Marktermüdung einsetzt, geht es bei Siebträgern gerade richtig ab. Mich freut das sehr, weil ich für euch nicht nur viele neue Maschinen testen kann, die Sinn ergeben. Siehe zum Beispiel die Sage the Bambino Plus oder auch die ultraschnuckelige Solis Barista Gran Gusto.
Es bedeutet auch, dass sich bei den Espressobohnen viel bewegen wird. Die maßlose Spielfreude, die sich schon seit einigen Jahren beim Filterkaffee zeigt, dürfte sich demnächst auch in die Espressokategorie fortpflanzen.
Dann kann es natürlich passieren, dass die Röster hier ebenfalls erst einmal durchdrehen und dem dunklen Stil den Kampf ansagen. Aber „tee-artiger Espresso“ dürfte sich nur schwer durchsetzen. Darum skippen sie vermutlich diese Third Wave-Hysterie und liefern gleich eine breite Stilistik, wie wir sie aktuell bei den Kaffeebohnen sehen.
Ich freu mich drauf. Ihr auch? Was sind eure Espresso-Entdeckungen des Jahres und die ewigen Klassiker? Die Kommentarspalte wartet auf euch!