Filterkaffee: Der neue (alte) Purismus

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

Wie wir testen | Unser Team

Wenn nicht gerade Kaffeevollautomaten für euch teste oder an einer Espressomaschine rumfummele, um das Gerät für euch auf Herz und Nieren zu prüfen, kommt bei mir eigentlich immer Kaffee aus dem Handfilter auf den Tisch.

Und das habe ich schon gemacht, bevor es cool war! So!

Keine Frage, Filterkaffee hat eine beispiellose Auferstehung hinter sich. Wo früher eine Kaffeebar nach Anzahl der Siebträger an der sauteuren Espressomaschine bewertet wurde, zählt heute, wie viele Hario V60 Drip Stations nebeneinander aufgereiht sind.

Handfilter

Aber warum eigentlich der Hype und der Aufwand? Schließlich könnten sich Kaffeebutzen doch auch einfach zehn Melitta-Maschinen nebeneinanderstellen und das Ergebnis wäre gleich. Filterkaffee ist doch immer Filterkaffee. Oder doch nicht?

Natürlich nicht, sonst könnte ich mir die folgenden detaillierten Ausführungen sparen und einfach darauf beharren, dass man einem normalen Kaffee (also Nicht-Espresso) nichts Besseres angedeihen lassen kann, als die Zubereitung im Filter.

Hier kommt also die ultimative Anleitung durch die verschiedenen Zubereitungsmethoden für Filterkaffee. Ich erkläre euch, was ihr benötigt, wie die jeweilige Methode den Geschmack beeinflusst und welche Bohnensorten was können.

Filterkaffee Geschmack

Eines steht allerdings fest: Der Weg zum perfekten Filterkaffee verlangt in etwa genauso viel Geschick wie der Weg zum perfekten Espresso. Wenn nicht sogar noch mehr. Das ist sicher auch ein Grund, warum keine Kaffeebude auf Filtermaschinen setzt.

Filterkaffee ist immer (wieder) die Nummer 1

Der immer wieder von mir zitierte Kaffeereport 2017 stellt statistisch fest, was die meisten von uns sowieso schon wissen: Die Deutschen trinken ihren Kaffee mit Abstand am Liebsten als Filtervariante.

Ganze 65,7 Prozent der Kaffeetrinker wollen ihren Koffeinkick so und nicht anders. Zum Vergleich: Die durchaus ebenso elegante French Press-Lösung kommt nur auf magere 7,3 Prozent in Deutschland.

Kaffee French Press von Bodum

Der Report hält aber auch fest, dass der Durchschnittsdeutsche unter Filterkaffee nicht das versteht, was Kaffee-Hipster darunter verstehen. Denn der Handfilter wird nur bei rund 23,6 Prozent der Befragten häufig verwendet, die Filterkaffeemaschine hingegen bei 52,2 Prozent.

Das verwundert alles nicht, allerdings versteckt sich in diesen Zahlen auch ein Umdenken, was die Zubereitungsmethode Filter an sich betrifft. Denn noch im Report 2015 war der Handfilter gar nicht als eigenständige Variante aufgeführt, sondern wurde unter Filterkaffee zusammengefasst.

Ich haue euch diese Zahlen nur um die Ohren, um den Vorzeichenwechsel zu verdeutlichen, den uns die Third Wave gebracht hat: Statt auf To Go-Prinzip und bis zur Unkenntlichkeit verschnörkelten Lattes setzen Kaffeefreunde jetzt auf eine sorgfältige, langsame und puristische Methode, die der Bohne und dem Kaffee selbst mehr Aufmerksamkeit schenkt.

Dagegen hat doch keiner was, oder?

Und dafür ist Handarbeit und Wissen gefragt – und ja, ein bisschen Snobismus und mitunter übertriebener Retrocharme sind auch dabei. Schließlich ähneln Kaffeebars eher Laboren als Cafés und die Barista tun so, als hätten sie die Handfilterei erfunden.

Haben sie natürlich nicht, denn Tante Melitta ließ sich ihre Filteridee schon 1908 patentieren. Andere sind im Laufe der Jahre auf den Zug aufgesprungen und haben die Methode höchstens verfeinert.

Denn in erster Linie geht es bei der Filterei nur darum, Kaffeesatz zwischen den Zähnen zu vermeiden. In zweiter Linie wird es jedoch interessant.

Was filtert der Filter? Und was nicht?

Was filtert der Filter? Und was nicht?

Den allerersten Melitta-Filter bastelte Frau Bentz laut Legende aus dem Löschpapier der Schulhefte ihrer Kinder. Dieses Papier legte sie in eine Dose, in die sie vorher Löcher genagelt hatte. Und dieses Grundprinzip hat sich nie verändert, auch wenn die Papierqualität heute eine andere ist.

Kaffee im Test ohne Koffein

Denn Löschpapier ist ja vor allem dafür da, Flüssigkeiten aufzusaugen und besteht meist aus gebleichten Fasern, für die in der günstigen Variante Holz eingesetzt wird. Außerdem ist Löschpapier mechanisch wenig belastbar.

Für den ursprünglichen Zweck, die Kaffeekrümel aus der Tasse zu halten, waren diese Eigenschaften jedoch durchaus ausreichend. Nur fiel irgendwann vielleicht auch Tante Melitta auf, dass der Kaffee aus dem simplen Löschpapier-Filter einen komischen Beigeschmack hat – und das Papier schon nach wenigen Wasserfuhren komplett hinüber ist.

Darum wurde irgendwann echtes Filterpapier verwendet. Dieses ist laut Definition ein „holzfreies, ungeleimtes, aus Hadern hergestelltes Saugpapier, das durch besondere Reinheit gekennzeichnet ist und dessen Scheidefähigkeit und Filtriergeschwindigkeit definiert sind.“

Hadern sind eigentlich Papiere aus Stoffresten, allerdings werden in der Herstellung von Filterpapier eher Faserstoffe aus Nutzpflanzen verwenden. Hochwertig sind diese Papiere in jedem Fall.

Der Witz daran ist aber nicht nur ihre hohe Reinheit, die grundsätzlich keinen Fremdgeschmack in den Kaffee addieren soll.

Wichtiger ist, dass sich je nach Papierstruktur und Faserzusammensetzung sehr genau beeinflussen lässt, welche Stoffe voneinander geschieden werden sollen und mit welcher Schnelligkeit das passiert. Dieser Unterschied ist vor allem in Laboren essentiell.

Im Falle des Kaffeefilters wollen wir Festes von Flüssigem trennen und dabei dennoch genug Substanzen aus dem Feststoff lösen und anschließend in den Kaffee befördern. Dafür gibt es komplizierte Formeln und noch kompliziertere Messmethoden.

Für uns reicht es zu wissen, dass ein Filterkaffee, wenn alles gut läuft, am Ende etwa 22 Prozent der Inhaltsstoffe einer Bohne gelöst hat und der Anteil von Fest zu Flüssig im Filterkaffee ungefähr 1 bis 3 Prozent beträgt.

Das läuft zum Beispiel beim Koffein darauf hinaus, dass ungefähr 50 mg pro 100 ml im Filterkaffee rumschwimmen, während es bei einem Espresso rund 133 mg wären. Mehr dazu erfahrt ihr im Artikel Wie viel Koffein ist im Kaffee und anderen Getränken?

So gesehen ist Filterkaffee also eher eine ziemlich subtraktive Methode – und das gilt besonders für die Kaffeeöle. Die werden bis zu rund 80 Prozent durch das Filterpapier zurückgehalten.

Das kann uns zwar aus Schlankheitsaspekten völlig wurscht sein, beeinflusst aber in erheblichen Maße den typischen Geschmack eines Filterkaffees.

Wie schmeckt Filterkaffee?

Dass Fett ein Geschmacksträger ist, wissen wir alle. So eine richtig dicke Butterstulle ist eben was anderes als eine trockene Scheibe Brot. Allerdings hat Fett auch immer die Eigenart, sich in gewisser Hinsicht in den Vordergrund zu rempeln und dabei sehr feine Nuancen platt zu machen.

Darum kommt uns zum Beispiel ein Filterkaffee wesentlich plörriger vor, wenn wir zuvor einen dicken, viskosen und sehr runden Schluck Espresso getrunken haben. Der bringt rund 0,2 Gramm Fett pro 100 ml mit. Filterkaffee hat davon nur noch Spuren.

Rocko Mountain Coffee Circle Tasse

Allerdings treten bei einem „fettarmen“ Filterkaffee andere Akteure in den Vordergrund: die sogenannten Polysaccharide als Kohlenhydrate und die Chlorogensäuren als Ester, die besonders in der Kaffeebohne konzentriert sind.

Beide Stoffgruppen sind nicht solche Schulhofrüpel wie Fette oder auch die Bitterstoffe und ihr Kumpel Koffein. Und weil von beidem im Filterkaffee weniger vorhanden ist, kommen die zarteren Geschmacksnaturen darin auch gut zum Tragen.

In Zahlen hieße dies wiederum, dass ein Filterkaffee durchschnittlich rund 0,3 g Kohlenhydrate mitbringt, während Espresso hier nur hauchdünne Spuren bietet.

Das wiederum bedeutet abseits allen chemischen Blablas, dass die Filtermethode theoretisch super dafür geeignet ist, um hellen, blumigen Röstungen die Aufmerksamkeit zu widmen, die sie verdienen.

Auf der anderen Seite können hier aber auch dunklere Röstungen punkten, bei denen ihr vom Wumms einfach ein wenig subtrahiert und die sanfteren Aromen, die auf der Packung stehen und in der Bohne stecken, rauskitzelt. Auch das hat was für sich.

Nur die richtig dunklen Espressoröstungen vertragen sich mit der Filtermethode nicht gerade gut, weil ihr ihnen in vielen Fällen hier genau das wegnehmt, was sie ausmacht.

Warum gibt es so viele unterschiedliche Filterpapiere und Aufsätze?

Ist euch schon aufgefallen, dass ich immer nur von Filterpapier und nie von Filtertüten spreche? Das hat einen Grund. Melitta hat sich nämlich den Tüten-Begriff schützen lassen. Warum auch immer.

War der Melitta-Standard lange Zeit die einzige Variante, die es auf dem (deutschen) Markt zu kaufen gab, scheint heute jeder Hersteller ein eigenes Papier-Süppchen zu kochen. Und bis zu einem gewissen Punkt stimmt das auch.

Filter Melitta

Gerade sehr günstige Varianten, und davon kann sich auch das „Original“ von Melitta nicht ganz ausnehmen, bringen trotz des Reinheitsgebots einen gewissen Eigengeschmack und -geruch mit. Dies deutet auf eher billige Fasern und schlampige Verarbeitung hin, es kann auch sein, dass Holz o.ä. aromatische Fasern ins Spiel kommen.

Kaffee aus dem Handfilter - Entkoffeiniert

Denn die obige Definition für Filterpapier geht erstens vom Idealfall aus und beschreibt zweitens auch den Standard, den Laborpapiere erfüllen müssen.

Ich habe mir mal einen billigen No Name-Kaffeefilter nach Melitta-Bauweise unter die Nase gehalten und dabei einen leicht süßlichen Geruch festgestellt. Sogar mein Notizbuch-Papier riecht weniger. Leichte Süße ist für meine Nase immer ein Hinweis auf Holzreste.

Und der krasseste Unterschied bei diesem offensichtlichen Reinheitsproblem zeigt sich, wenn ihr an einem Spezialfilter aus Papier von Chemex schnüffelt. Der riecht absolut nach gar nichts. Und das sollte auch so sein.

Aber viel auffälliger sind die unterschiedlichen Formen und Farben der verschiedenen Papierfilter. Auch diese machen teilweise einen Unterschied bei der Filtration.

Schließlich sorgt ein steil zulaufender Filter dafür, dass das Wasser schneller durch das Kaffeemehl fließt, während im flach zulaufenden Filter die Mischung am Boden länger vor sich hinsuppt.

Experten sind sich aktuell einig, dass die spitz zulaufenden Varianten immer die besseren sind. Das hat auch damit zu tun, dass die Filterung dank der Schwerkraft gleichmäßiger verläuft, als wenn das Wasser die oberen Schichten nur streift und im unteren Filterbereich dann überextrahiert.

Das erklärt auch, warum etwa die Filter von Hario oder eben Chemex spitz zulaufen und in Kaffeebars eher zu finden sind als die trapezige Melittavariante. Diese ist nur deswegen immer noch so verbreitet, weil sich praktisch alle Filtermaschinen an ihr als Standard orientieren. Und wir sind und bleiben nun einmal Gewohnheitstiere.

Doch mit der japanischen Marke Kalita schickt sich aktuell wieder die trapezige Variante an, den Markt zu erobern. Beziehungsweise bringt Kalita auch noch den „becherförmigen“ Filter ins Spiel, den die Gastromenschen unter uns vom Bonamat-Riesenkocher kennen.

Hier wiederum lautet die Argumentation, dass der flachere Boden für eine gleichmäßigere Extraktion sorgt und Anwenderfehler vermieden werden. Was nun stimmt? Ist wohl Ansichtssache.

Diskutabel bzw. für Laien ebenso nicht ganz so einfach nachvollziehbar sind Angaben zu Papier- und Faserdicke oder Porengröße. Oder zu solchem Schnickschnack wie „Aromaporen“ oder „Aromazonen“, von denen Melitta redet.

Es stimmt natürlich, dass das Papier beziehungsweise die Qualität erheblichen Einfluss auf den Extraktions- und Filtrationsprozess haben. Allerdings sind für die meisten Kaffeetrinker in meinen Augen vor allem die Reinheit der Fasern wichtig.

Mit dem extradicken Papier von Chemex sollen noch mehr Öle und Bitterstoffe aus dem Kaffee ferngehalten werden. Melitta will aber, dass ihr durch die Aromaporen mehr Öle im Kaffee habt. Ja, was denn nun?

Hier wiederum finde ich, dass dieser Aspekt nicht pauschal betrachtet werden sollte, sondern von der Röstung bzw. dem Charakter der Kaffeebohnen an sich abhängt. Und eure Vorlieben sind dabei noch wichtiger.

Noch ein Wörtchen zur Farbe: Der Braunton der Melittapapiere und anderer Hersteller ist nichts weiter als Augenwischerei. Er soll Natürlichkeit und Recyclingfähigkeit suggerieren. Aber alle anständigen Kaffeefilterpapiere sind sowieso kompostierbar und müssen, wenn überhaupt, chlorfrei und natürlich gebleicht sein.

Klären wir außerdem noch das Geheimnis der 1×4 oder 1×2-Bezeichnung, die ebenfalls von Melitta erfunden wurde und ebenfalls Standard für den Filtermarkt ist. Dahinter verbirgt sich die Angabe, wie viele Tassen Kaffee ihr mit einem Aufguss hinkriegen könnt. Haben wir wieder was gelernt.

Was hat der Aufsatz mit Filterkaffee zu tun?

Bisher habe ich nur über die Filterpapiere geredet, nicht aber über die Filterhalter, ohne die sie ja nicht wirklich gut funktionieren würden. Tatsächlich gehen beide Elemente eine untrennbare Einheit ein. Das gilt insbesondere für die Form. Aber auch die Rillenstruktur in einem Handfilter oder dem Maschineneinsatz spielt eine Rolle.

Moccamaster Filterhalter

Denn je nachdem, wie diese ausgeformt sind, läuft das Wasser schneller, gleichmäßiger und direkter zum Auslass – oder eben nicht. Hier ist Melitta zwar wieder Maschinenstandard, aber der Hario V 60 Handfilter hat diese Einheit einfach besser drauf.

Hier laufen die Rillen nicht gerade nach unten, sondern in einer typischen Wasserablaufbewegung. Warum das so prima ist, sehen wir später noch einmal detailliert.

Bei den Materialien gibt es so viele Meinungen wie Angebote. Kunststoff ist besonders günstig, Porzellan gilt als hochwertig und besonders neutral, Glas hat auch was für sich und Metalle sehen einfach am besten auf Instagram aus.

Hier bin ich grundsätzlich leidenschaftslos, finde aber, dass Porzellan die beste Variante ist, da es geschmacksneutral ist, die Temperatur gut hält, ohne zu heiß zu werden und auch ziemlich gut aussieht.

Was ist eigentlich mit einem Dauerfilter?

Als umweltfreundliche Alternative zum Papierfilter sind Dauerfilter aus verschiedenen Materialien im Kommen. Die Versionen aus Metall bzw. Metall-Mesh oder Stoff haben dabei nur ein Problem: In Sachen Porenfeinheit reichen sie einfach niemals an die Papiervariante heran.

dauerfilter_chemex_v60_hario

Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein – wenn man denn damit umzugehen weiß. Denn zum Beispiel der Hario Drip Pot Woodneck mit seinem Stofffilter zaubert einen wirklich körperreichen Kaffee, bei dem der Extraktionsgrad stimmt.

Aber Stoff und Hadernpapier sind sich ja auch ähnlicher als ein festes Sieb aus Metall und das extrem feinmaschige Papier mit einer Porengröße von gerade einmal 5 μm.

Doch auch hier gilt wiederum: Kaffee und Filter müssen zusammenpassen und euer Geschmack entscheidet. Ich werde (vorerst) weiterhin auf Papier setzen.

Und das tun auch viele der gängigsten Filtermethoden, die ich euch jetzt im Einzelnen mit ihren Vor- und Nachteilen sowie Zubereitungstipps detailliert vorstellen werde.

Filterkaffee aus der Kaffeemaschine

Von einer Sache bin ich überzeugt: Was aus den meisten Filterkaffeemaschinen kommt, ist der größtmögliche Kompromiss, den man bei dieser Zubereitungsart machen kann. Die Plörre macht wach, hat durchaus etwas mit Kaffee zu tun und ihr müsst noch nicht einmal selbst viel machen.

Laesst das Wasser reintroepfeln

Das Problem der meisten Maschinen ist, dass sie ihren Job erledigen, aber eben nur so, dass am Ende Kaffee rauskommt. Die Feinheiten der Filterzubereitung werden dabei häufig ignoriert. Und die Verwender sind auch selbst nicht ganz unschuldig.

Dröseln wir die Nachteile einmal auf:

1. In die Maschine kommt irgendwelcher Industriekaffee. Und das auch noch vorgemahlen

Ich kenne niemanden, der sich die Mühe macht, und Kaffeebohnen frisch mahlt, um sie anschließend in die 20 Euro-Plastikbude zu befördern. Das liegt einfach nicht in der Natur dieser Maschinen und ihrer Anwender. Dass frisches Mahlen guter Kaffeebohnen der erste Schritt für guten Kaffee ist, wissen alle Coffeeness-Leser sowieso.

Dieses Problem sollen Kaffeemaschinen mit Mahlwerk umgehen. Aber hier zeigen meine Tests, dass es nur wenige gute Geräte gibt. Und die kosten.

2. Die Kaffeemenge wird Pi mal Daumen abgemessen

„X Löffel für X Tassen plus einer für die Maschine“ ist die Standardformel bei der Dosierung in der Filterkaffeemaschine. Das funktioniert meist recht gut, doch nutzen Kaffeeexperten nicht umsonst die Küchenwaage bei jeder Zubereitungsmethode.

3. Der Kaffeefilter kommt einfach so in den Filterhalter

Dieses Problem ließe sich leicht lösen, wenn wir den Filter vor dem Einsetzen ausspülen würdet. Macht auch kaum jemand, macht aber einen großen Unterschied. Warum, erkläre ich im Abschnitt zu Handfilter noch einmal.

4. Ihr habt keinen Einfluss auf die Brühtemperatur

Noch so eine Komponente, bei denen Experten mit dem Thermometer ans Werk gehen. Und das auch nicht ohne Grund. Die optimale Brühtemperatur liegt bei 94 Grad Celsius. Und bei welcher Temperatur kochen die Maschinen? Keine Ahnung.

Denn weder gibt es Thermometer, noch irgendeine Garantie dafür, dass das jeweilige Heizelement seinen Job richtig erledigt. Außerdem dürfte euch schon einmal aufgefallen sein, dass gerade billige Maschinen sofort mit dem Rumrödeln anfangen und sofort Kaffee durchläuft, sobald ihr den Knopf anstellt.

Ein billiges Heizelement, dass Wasser von Hahntemperatur auf optimale Temperatur in weniger als 30 Sekunden aufheizt? Träumt weiter. Darum mag ich zum Beispiel auch die Philips HD 5407/60 Café Gourmet so, die das Wasser tatsächlich erst vollständig auf rund 93 Grad aufheizt, bevor sie mit dem Brühen anfängt.

5. Das Wasser wird aufs Kaffeemehl „gespuckt“

Dies ist einer meiner größten Kritikpunkte an den meisten Kaffeemaschinen und wird ebenso nur von wenigen Geräten anständig umgesetzt.

Beim Filterkaffee geht es darum, die optimale Aufgussgeschwindigkeit mit der optimalen Gleichmäßigkeit des Wasserkontakts zu verbinden.

Das kann aber nicht funktionieren, wenn das Wasser schwallartig aus dem Auslass sprotzelt und so manche Bereiche im Filter ständig, andere praktisch gar nicht durchtränkt. Besonders gut seht ihr das an Ultrabilligmaschinen – gerne auch bei Melitta.

Auch hier sind die Philipskollegen keine schlechte Wahl, an die Moccamaster kommt aber keine andere Kaffeemaschine heran. Nur müsst ihr dafür eben auch mehr hinlegen.

6. Die Sache mit dem Kochen auf Vorrat

Praktisch alle Maschinen haben den gleichen Konstruktionsfehler: Wenn ihr zu wenig Kaffee auf einmal macht, ist er praktisch kalt, sobald er in der Kanne ankommt. Und dabei ist es völlig wurscht, ob diese aus Edelstahl oder Glas ist.

Daraus ergibt sich mitunter nicht nur eine unheimliche Verschwendung, es verführt auch dazu, den Kaffee auf der Wärmeplatte vorzuhalten. Die hält ihn ja so schön warm. Nein, tut sie nicht. Sie kocht ihn noch einmal nach. Und damit habt ihr schon nach wenigen Minuten eine verbrannte Brühe mit Erdöl-Qualität in der Kanne.

Versteht mich nicht falsch: Es gibt durchaus einige Maschinchen – siehe Moccamaster oder auch Philips HD 7697/90 Café Intense – die ihre Nachteile so gut auszugleichen wissen, dass das Endergebnis durchaus überzeugen kann.

Nur sind diese Ergebnisse eben auch ein Glücksspiel und meilenwert von dem entfernt, was Filterkaffee eigentlich kann. Und damit wären wir bei meinem Lieblingsthema …

Filterkaffee aus dem Handfilter

Eines muss ich natürlich ehrlich zugeben: Weil ihr beim Handfilter für alles, was die Maschinen sonst für euch übernehmen, selbst verantwortlich seid, steigt auch die Gefahr, dass ihr es versaut. Da nehmen sich Handfilter und Espresso herzlich wenig.

Auch wenn ich finde, dass ein halbwegs versauter Filterkaffee immer noch besser schmeckt als ein ein bisschen versauter Espresso.

Hier kommt uns einfach die subtraktive Natur der Methode zu hilfe – meistens unterextrahieren wir Filterkaffee einfach nur, statt ihn überzuextrahieren.

Aber das passiert euch sowieso nicht mehr, wenn ihr euch zunächst einmal folgendes Equipment zulegt:

  1. Ordentlicher Filteraufsatz (ich empfehle Porzellan)

  2. Ordentliche Filter (ohne Eigengeschmack)

  3. Ordentlicher Wasserkocher

  4. Ordentliche Kaffeemühle

  5. Küchenwaage und Thermometer (nicht unverzichtbar, aber gerade am Anfang wichtig)

  6. Anständige Schwanenhalskanne (zwar kein Muss, aber absolut sinnvoll)

  7. Brauchbare Kaffeekanne oder eine tolle Tasse für Einzelportionen (am besten aus Glas, damit ihr seht, was ihr tut)

Das klingt zunächst einmal ziemlich viel für eine angeblich puristische Zubereitungsmethode. Aber das Schöne ist, dass alle Produkte (bis auf die Filter) meist günstig zu haben sind, weil ja genug Firmen inzwischen auf den Handfilter-Zug aufspringen. Außerdem nutzt ihr Waage, Thermometer und Wasserkocher sicher auch anderweitig.

Ob ihr euer Leitungswasser als Vorschritt noch durch den Brita Wasserfilter jagt oder nicht, will ich an dieser Stelle nicht diskutieren. Ich mache es, die meisten Barista ebenso.

Nichts zu diskutieren gibt es jedoch an diesen Grundfaktoren für Filterkaffee aus dem Handfilter:

  • Mahlgrad 4 bis 5 (also „mittel“)

  • Brühtemperatur 94 Grad Celsius

  • Dosierung ca. 10 g Kaffee pro Tasse à 150 ml (ergibt rund 30 g im typischen Hario V60)

  • Brühdauer: 3 Minuten

Solltet ihr hier alles tiptop machen, besteht aber immer noch die Möglichkeit, dass ihr eurer Kaffeewahl nicht gerecht werdet. Das hat vor allem mit der Aufgusstechnik zu tun:

1. Spült den Papierfilter immer (!) aus, bevor ihr Kaffee reinschüttet

Denn die Filter sind erstens nicht komplett „fusselfrei“ und mit dem Spülen sorgt ihr dafür, dass überschüssige Partikel aus dem Filter verschwinden. Außerdem sorgt ihr zweitens dafür, dass die Fasern schon einmal vollgesaugt sind und daher nicht mehr so viele Kaffeebestandteile, die in der Tasse landen sollen, festhalten können.

Zusätzlich wärmt ihr die Glaskanne mit dem Wasser, das durch den Filter in seinem Filterhalter da hineinläuft, schon einmal vor. Ihr könntet auch alle Komponenten einzeln vorspülen, aber so geht’s schneller.

2. Sorgt für eine ebene Oberfläche des Kaffeepulvers

Wenn ihr das Kaffeemehl im Filter durch leichtes Klopfen „levelt“, schafft ihr die Möglichkeit, eine gleichmäßige Kontaktoberfläche zu erzeugen.

3. Wer nicht bloomt, hat schon verloren

Das gleichmäßige Benetzen des Kaffeemehls und anschließende 30-sekündige Abwarten, bis das Kaffeemehl quillt, ist einer der wichtigsten Minischritte für guten Filterkaffee.

4. Schöner Eingießen macht den Unterschied

Die restlichen 2.30 Minuten des Brühvorgangs solltet ihr der perfekten Aufgusstechnik widmen. Erst einmal vollständig in kreisenden Bewegungen aufgießen, abwarten, dann noch einmal mit sanftem Mittenstrahl für eine konstante Wasserhöhe sorgen, bis das vorher abgemessene Wasser alle ist.

Spätestens jetzt macht sich eine Schwanenhalskanne ziemlich gut. Aber wenn ihr in der Lage seid, mit eurem Wasserkocher genauso sanft und gleichmäßig zu dosieren, geht das auch vollkommen klar.

Mit der Gießerei (nach dem Bloomen!) habt ihr übrigens auch großen Einfluss auf den anschließenden Geschmack:

  • Die zärtliche Methode des schrittweisen Gießens mit kreisenden Bewegungen sorgt für einen milderen Kaffee.

  • Wenn ihr das gesamte Wasser jedes Mal in einem Schwung bis zum Rand aufgießt und dann das Ablaufen abwartet, wird der Kaffee vollmundiger.

  • Wer das Kaffeemehl beim Gießen konstant aufwirbelt, erhält einen kräftigen Kaffee.

An dieser Stelle kommen auch die speziellen Rillen in guten Handfilter-Aufsätzen ins Spiel. Sie lenken das Wasser ab, sodass im Filter eine bestimmte Fließbewegung entsteht, die vor allem wichtig für den gleichmäßigen Kontakt zwischen Kaffeemehl und Wasser ist.

Die ablaufförmigen Rillen bei Hario sind prima, weil so das Wasser einen Hauch länger auch in der Mitte des Kaffeemehls verweilt und eine gleichmäßige Extraktion begünstigt. Bei geraden Rillen geht es auf direktem Wege an den Boden, wo dann die eigentliche Extraktion stattfindet.

Sicherlich geht es auch hier wieder um Nuancen, die euch erst auffallen, wenn ihr euch intensiver mit Filterkaffee nach der manuellen Methode beschäftigt.

Mehr zu meiner allerliebsten Methode auf der ganzen Welt verrate ich euch noch einmal schrittweise im Text zum Handfilter.

Filterkaffee aus der Chemex

Die Chemex unterscheidet sich vom typischen Handfilter eigentlich hauptsächlich darin, dass sie hammermäßig aussieht und Kanne und Filterhalter in einem ist. Auf die speziellen Filter aus einem besonders dicken Papier bin ich schon eingegangen.

Preinfusion

Die Chemex gibt es zwar auch in der 1-3-Tassengröße, doch meistens lohnt sich der Kauf vor allem dann, wenn ihr die größeren Varianten wählt. Dementsprechend vergrößern sich auch die Kaffeemengen und ihr müsst das Aufgießen öfter wiederholen.

Ansonsten ließe sich diskutieren, ob Kaffee aus der Chemex wirklich so viel anders schmeckt als aus dem Handfilter. Denn etwa die Hario-Filterpapiere und die Chemex-Varianten nehmen sich nicht wirklich viel.

Filterkaffee Chemex

Höchstens die Tatsache, dass ihr hier keine „Zwischenschicht“ aus einem Filteraufsatz habt, sondern der Kaffee direkt aus dem Papier in die Kanne tropft, könnte man extra bewerten. Aber ich glaube, der Unterschied ist für die meisten Zungen zu minimal.

Zumal das Loch im Hario-Filter auch groß genug ist und die spitze Form nebst Rillenverlauf für einen optimalen Durchlauf sorgt.

Filterkaffee aus der AeroPress

Die AeroPress ist eigentlich eine ganz eigene Hausnummer. Weil aber auch hier ein spezielles Filterpapier zum Einsatz kommt, habe ich dieses Gerät mit in die Übersicht aufgenommen. Diese Variante verbindet Filterung und Druck, was für einen ureigenen Kaffeegeschmack sorgt.

Das Tolle: In Sachen Mahlgrad und Dosierung, selbst bei der Wassertemperatur ist die AeroPress darauf ausgelegt, dass ihr experimentiert. Ich habe schon von vielen Lesern gehört, dass sie entweder gar nicht damit zurechtkommen oder das Gadget absolut lieben.

In jedem Fall sollte das Wasser hier nicht zu heiß sein und der Mahlgrad einen Hauch gröber ausfallen.

Letztendlich hat sich die AeroPress aber dennoch nicht wirklich durchgesetzt, weil sie durchaus etwas Geschick verlangt, nur kleine Portionen zaubert und zur Genusswelt des Filterkaffees nur minimale Nuancen hinzufügt.

Filterkaffee Aeropress

Filterkaffee aus dem Dauerfilter

Wenn ich von Filterkaffee aus dem Dauerfilter rede, meine ich damit nicht nur die Papieralternativen, die ihr in x-beliebige Filterhalter einsetzt. Hierunter fällt auch die Karlsbader Kanne mit ihrem Dauerfilter aus Porzellan.

Bei allen Nicht-Papier-Versionen gilt: Der Mahlgrad sollte stets so grob sein, dass nichts durch die Löcher fällt. Bei der Karlsbader Kanne heißt dies sogar, dass ihr die gröbstmögliche Einstellung an der Kaffeemühle wählen müsst.

Das wiederum verändert natürlich die Extraktion erheblich, weshalb ich finde, dass jeder Dauerfilter, sei er nun aus Gold-Mesh oder eben Porzellan, eine ganz eigene Nummer in Sachen Geschmack von Filterkaffee ist.

Dieser ist aber, und das muss man der Variante lassen, immer sehr unverfälscht und frei von Papierrückständen oder anderem Schnickschnack.

Nur: Ein Dauerfilter verlangt eine sehr genaue Vorbereitung und ihr braucht ein Händchen für das gleichmäßige Aufgießen und die Bohnenwahl.

Denn das subtraktive Element, dass wir für die Filtrierung mit Papier festgehalten werden, wird hier immer kleiner. Das heißt dann auch, dass Sch…Kaffee aus dem Dauerfilter noch besch…. schmeckt – eben weil viel in der Kanne landet, was sonst im Papier hängenbliebe.

Und wenn ihr hier nicht ordentlich filtriert oder ungleichmäßiges Kaffeemehl nehmt, merkt ihr das in meinen Augen noch schneller.

Nomnomnom, Filterkaffee!

Der wichtigste Tipp, den ich euch als alter Filterkaffee-Fan geben kann, lautet: Nehmt euch wirklich Zeit, um die Technik zu erlernen – ob ihr dafür nun den Handfilter, einen Dauerfilter oder sogar die AeroPress verwendet.

Wenn ihr die Anleitung einmal verstanden habt, werden die Ergebnisse wirklich in jeder Hinsicht besser. Dann könnt ihr auch beginnen, mit Bohnen, Aufgusstechnik und Co. zu experimentieren.

Filterkaffee

Ich finde sowieso, dass das Aufgießen etwas Zen-mäßiges hat und darum auch ein Ritual ist, um Runterzukommen. Und im Kern geht es bei der Filterei sowieso darum: Zeit für Kaffee nehmen, die Bohnen und den Wert des Produkts schätzen, nur so viel brühen, wie man wirklich trinken will.

Solltet ihr dennoch nicht auf eine Filterkaffeemaschine verzichten wollen, gönnt euch wenigstens ein gutes Gerät, schnüffelt an den Filtern, nehmt die Geruchlosen und spült sie vorher aus. Außerdem kommt ihr nicht drum herum, anständige Bohnen frisch zu mahlen.

Dann kriegt ihr aus einigen Geräten auch ansprechenden Filterkaffee raus – und nicht nur die Plörre, die heiß ist und an Kaffee erinnert.

Wenn ich euch noch weitere Tipps zu meiner Lieblingsmethode geben kann oder ihr selber Ideen und Fragen loswerden wollt, meldet euch wie immer in der Kommentarspalte!

Dein Kaffee-Experte
Team Image
Arne Preuss

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

Mehr über Arne Preuss

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

Mehr über Arne Preuss

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

10 Kommentare
Neueste
Älteste
Inline Feedbacks
View all comments
Inhaltsverzeichnis