Ich hab’s ja schon immer gesagt: Während sich Berlin konstant überschlägt, um den nächsten Hype zu kreieren, hocken die Hamburger an der Waterkant und zeigen 50 Shades of Lässig. Das gilt nicht nur für Mode und Musik, sondern auch für Kaffee.
Ich hab’s ja schon immer gesagt: Während sich Berlin konstant überschlägt, um den nächsten Hype zu kreieren, hocken die Hamburger an der Waterkant und zeigen 50 Shades of Lässig. Das gilt nicht nur für Mode und Musik, sondern auch für Kaffee.
Ein perfektes Beispiel für diese Art von Understatement sind für mich die elbgold Mischgold Kaffeebohnen aus dem Schanzenviertel.
Elbgold hat sich in meinem großen Kaffeemarktplatz Test den ersten Platz als schnellster Versender und saufreundlicher Kundensupporter gesichert. Obwohl die Rösterei nur die „Kontrollgruppe“ zum Kandidaten Roastmarket gebildet hat.
Davon mal ganz abgesehen sind mir auch die Kaffeebohnen in guter Erinnerung geblieben. Nicht, weil sie besonders herausragend oder einzigartig sind, sondern weil sie euch nur versprechen, was sie auch wirklich halten.
Elbgold Mischgold Kaffeebohnen im Überblick
Eintrag | Wert |
---|---|
Röster | elbgold |
Name | Mischgold |
Röstprofil | Filter |
Bohne | 100 % Arabica, Blend |
Herkunftsland | Guatemala, Costa Rica, Nicaragua |
Herkunftsort | Huehuetenango, Tarrazu, Matagalpa |
Handelsweg | Direct Trade |
Varietät | Caturra, Catuai |
Aufbereitung | k.A. |
Zubereitungsempfehlung | Filter, French Press |
Röstdatum | Nein |
Füllmenge | 250 g |
Preis pro kg (im Verhältnis zur Füllmenge) | 27,60 EUR |
Dafür habe ich meist den Handfilter, manchmal die Chemex und einmal auch eine Bodum Pour Over benutzt, mir abseits des Tests aber kaum Gedanken um die Brew Ratio gemacht. Beim Filterkaffee gehe ich stets etwas großzügiger ans Werk und liege zwischen 7 und 8 Gramm Kaffeepulver auf 100 Milliliter Wasser. Lassen wir das fehlende Röst- und schlecht lesbare Mindesthaltbarkeitsdatum mal außer Acht, stimmen beim elbgold Mischgold Kaffee alle Formalia sinnvoller Bohnen. Ich habe sie – wie viele andere Varianten in der aktuellen Testauswahl – nicht nur für diesen Test genutzt, sondern sie auch nebenbei getrunken.
Wie es so meine Art ist, habe ich mir weder die Geschmacksangaben auf der Packung noch die Beschreibung im Onlineshop vorher durchgelesen. Umso erfreuter war ich, als ich hinterher Folgendes las:
Dieser Blend […] ist sehr zugänglich und schmeckt wie ein typischer Kaffee. […] Da wir für diese Mischung saisonale Kaffees verwenden, wird der Geschmack immer erweitert. Aber es bleibt ein Kaffee für jeden Tag.
Zeigt mir eine andere „hippe“ Rösterei, die zugibt, dass ihr Kaffee einfach nur nach Kaffee schmeckt! Die „Alltagsmischung“ nicht als Schimpfwort, sondern Verkaufsargument begreift. Viel wichtiger an dieser Selbstzuschreibung ist jedoch: sie stimmt.
Wer sich ein bisschen mit Kaffee-Provenienzen auskennt, ist sich sofort bewusst, dass bei einer Mischung aus drei Lateinamerikanern nur ein recht kräftiges Grundgerüst mit viel Schokolade herauskommen kann, das je nach „Tagesform“ durch ein paar fruchtige Essenzen erweitert wird.
Ich finde jedoch auch, dass es dem elbgold in manchen Aspekten der Selbsteinschätzung guttun würde, nicht ganz so tief zu stapeln. Denn ein ganz soooo alltäglicher Kaffee ist er dann doch nicht.
Bohnenbild
Es gibt sicherlich wesentlich uniformere und sauberere Bohnen, doch im Großen und Ganzen liefert der elbgold Mischgold ein ordentliches Panorama ab. Die stark unterschiedlichen Größen könnten euch etwas irritieren, sind aber bei einem ausgemachten Blend (zumindest für mich) Teil des Charmes.
Mit Cattura und Catuai hat sich elbgold übrigens für zwei Varietäten entschieden, die für ihre entschiedene Durchschnittlichkeit in Sachen Bohnengröße, Gewinnmarge und Kaffeequalität bekannt sind. Das nenne ich mal durchdachtes Markendesign bis ins kleinste Detail!
Geruch
Bei einem Alltagskaffee müssen wir eigentlich keine Worte über den Geruch verlieren, oder? Ich finde schon. Denn sein Duft ist der sensorische Eindruck, der den elbgold Mischgold aus der Masse der „typischen Kaffees“ heraushebt.
Er riecht, als hättet ihr die gesamte Dessertkarte hoch und runter bestellt. Mal erhascht ihr Noten von Eiskaffee, in der nächsten Sekunde geht’s in Richtung Obstkuchen mit Vanillepudding-Füllung, danach bleibt ihr bei frisch gebackener Eiswaffel hängen.
Doch genau diese Nuancen erlebt ihr nur, wenn ihr dem Kaffee mehr Aufmerksamkeit schenkt, als dies im Alltag der Fall ist. Das ging mir nicht anders. Beim Kaffeebohnen Test habe ich länger mit der Nase in der Tüte gehangen als den Kaffee getrunken.
Geschmack und Säure
Spätestens in diesem Punkt muss ich der Selbstzuschreibung in großen Teilen widersprechen. Denn ein typischer Kaffee hätte weitaus weniger selbstbewusste Säure als der elbgold Mischgold. Diese Säure ist jedoch gleichzeitig so zurückhaltend-neutral, dass sie tatsächlich niemanden beim Trinken aus der Reserve lockt.
Andersherum sind die kräftigen Noten der Zartbitterschokolade hier das Hauptthema und schmecken so klassisch, wie es nur geht. Die Säure stellt dazu das zwingend notwendige Gegengewicht und bewahrt den Geschmack vor der totalen Gleichgültigkeit.
Sie sorgt außerdem dafür, dass ihr einen insgesamt sehr leichtfüßigen Eindruck habt, der wiederum perfekt zum Alltag passt.
Körper und Mundgefühl
Ein vollmundiger Kaffee findet im ganzen Mund statt – der elbgold Mischgold geht da lieber eigene Wege. Denn er scheint die Zunge fast zu ignorieren und konzentriert sich lieber am oberen Gaumen.
Dabei rollt er aber exzellent Richtung Rachen, ohne irgendwo mit Haken und Ösen an den Geschmacks- und Gefühlssensoren hängenzubleiben.
Wollten wir das weniger nett formulieren, müssten wir sagen, dass es dem elbgold Mischgold sowohl an Breite als auch an Tiefe fehlt – ein Manko, dass mich beim Trinken immer wieder dazu verführt hat, von „Langeweile in der Tasse“ zu reden. Ich erinnere nochmal daran: Auf diese Art von Langeweile ist die Rösterei offensichtlich aus.
Abgang und Nachhall
Wenn’s wie geschmiert durch Mund und Rachen läuft, ist der Abgang eine ebenso smoothe Angelegenheit. Ich bin zwar kein Fan davon, dass sich guter Kaffee sang- und klanglos verabschiedet, kenne aber auch zahllose Leute, die genau nach solchen Mischungen suchen.
Für wen ist der elbgold Mischgold geeignet?
Wer „Tja nun…“ als korrekte Antwort auf die Zombie-Apokalypse, Lottogewinne und die Geburt des ersten Kindes betrachtet und auch ansonsten eher lässig unterwegs ist, findet sich bei den elbgold Mischgold Kaffeebohnen ganz sicher wieder.
Der sauber komponierte Alltagskaffee ist weder besonders vorlaut noch so platt, dass sich der Kauf nicht lohnen würde. Aus Erfahrung weiß ich, dass ihr diese Bohnen auch ohne genauen Blick auf Mahlgrad und Brew Ratio geschmackvoll zubereiten könnt.
Das zurückhaltende Design und die noch zurückhaltendere Selbstdarstellung sind ebenfalls gute Gründe, warum dieser Kaffee eine so hohe Punktzahl erhält.
Der Punktabzug ist rein subjektiver Natur: Auch wenn ein Kaffee das Konzept „gekonnte Langeweile mit Vorsatz“ perfekt umsetzt, bleibt es für mich doch Langeweile.
Ein Kaffee kann alltagstauglich sein und sich dennoch herausragende Eigenschaften leisten. Mein neuestes Lieblingsbeispiel dafür ist der mehrwert Kaffee Kushukuru.
Wie steht ihr zu Kaffees ohne Ecken und Kanten? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!