Ihr wisst es vielleicht noch nicht, aber mein neues (inoffizielles) Motto für Coffeeness lautet „Ich kann nur Kaffee und mir Feinde machen“.
Ihr wisst es vielleicht noch nicht, aber mein neues (inoffizielles) Motto für Coffeeness lautet „Ich kann nur Kaffee und mir Feinde machen“.
Denn unsere Recherche zur Kommentar-Praxis beim Online-Kaffeemarktplatz Roastmarket hat genau das erreicht: Es gibt jetzt ein Unternehmen weniger, das uns leiden kann.
Allerdings wollten wir Roastmarket nicht einfach auf die Füße treten, sondern uns ursprünglich Online-Marktplätze als solche genauer ansehen. Denn viele von euch bestellen ihre Kaffeebohnen gerne über diese Internet-Plattformen.
Das ergibt Sinn, schließlich spart ihr euch den (Online-) Weg zum Supermarkt oder Röster und könnt aus einem ziemlich großen Sortiment wählen. Doch die Frage lautet: Woran erkennt man einen guten Kaffeemarktplatz? Und welche Online-Plattform hat die beste Kombination aus Produktangebot und Service?
Es ist erst einmal geschenkt, dass die großen Marktplätze allesamt auf Marken und Produkte setzen, die ich unter dem Stichwort „Supermarktkaffee“ immer wieder mit Schwung in die Tonne haue.
Es ist auch erst einmal unwichtig, dass ein Kaffeemarktplatz – selbst, wenn es sich nicht um Amazon handelt – die „Amazonisierung“ der Kaffee-Wertschöpfungskette vorantreibt. Denn wer als Hersteller oder Röster seine Produkte dort anbieten will, muss sich dem Diktat von Gebühren-, Liefer- und Preisstrukturen beugen.
Online-Kaffeemarktplätze sind beliebt und deswegen wollte ich einmal gründlich untersuchen, wie sie funktionieren, welche Unterschiede es gibt und ob ihr als Kunden dort verarscht werdet oder nicht.
Aus dieser Idee entwickelte sich ein ziemlich großes Projekt, in dem drei Teams vier unterschiedliche Kaffeemarktplätze genau untersucht haben.
Ein Ergebnis dieses Kaffeemarktplatz-Tests waren die Roastmarket-Erkenntnisse. Insgesamt kam aber heraus, dass
Man von Kundenseite nicht alle Marktplätze über einen Kamm scheren sollte
Mancher Onlineshop sich mit seinen Kunden wirklich Mühe gibt
Die pauschale Annahme „Kaffee direkt vom Röster ist frischer als vom Marktplatz“ so nicht stimmt – zumindest in Teilen
Die Unterschiede zwischen den Shops teilweise dennoch erheblich sind
Nach den Reaktionen auf den Roastmarket-Artikel bin ich trotz aller positiven Eindrücke, die unser „Testsieger“ Kaffeezentrale hinterlassen hat, weiterhin einer festen Überzeugung: Wenn ihr euch die „Mühe“ macht, und guten Kaffee direkt beim Röster bestellt, haben am Ende alle mehr davon.
Denn die Röster sind auf den Marktplätzen nur vertreten, um eine größere Reichweite zu erzielen. Dafür müssen sie viel Geld als Provision abdrücken und dürfen die Preise für ihre Produkte dennoch nicht erhöhen – sonst sind sie nicht mehr wettbewerbsfähig.
Das treibt das Preisdumping bei Kaffee nur noch weiter voran und setzt die Röster, die sich um Transparenz und Aufklärung bemühen, zusätzlich unter Druck. Denn trotz anderslautender Eindrücke scheren sich die Kaffeemarktplätze nicht um das Produkt. Sonst hätten sie Supermarktkaffee gar nicht im Angebot.
Kaffeemarktplätze sind zwar bequem, man merkt jedoch, dass sie keinen echten Bezug zu ihrem Produkt haben.
Das ist meine persönliche Einstellung und ändert nichts an der Tatsache, dass ich vier unterschiedliche Online-Kaffeemarktplätze nach objektiven Faktoren in einem recht ausladenden Test-Design für euch untersucht habe.
Die Schlussfolgerungen daraus müsst ihr selbst ziehen – und vielleicht dementsprechend handeln.
Was haben wir getestet – und warum?
Intern lief der Kaffeemarktplatz-Test unter der Formel „3x4x2“:
3 Tester an drei unterschiedlichen Standorten haben bei
4 Kaffeemarktplätzen (Amazon, Roastmarket, Kaffee24, Kaffeezentrale) jeweils
2 unterschiedliche Kaffees bestellt
Bei den Kaffees handelte es sich jeweils um eine Industrieröstung, die ich im Supermarktkaffee-Test verbraten habe. Zweitens habe ich jeweils einen Kaffee herausgesucht, der aus einer „echten“ Rösterei stammt, die gleichzeitig einen eigenen Onlineshop unterhält
Denn alle Rösterei-Kaffees haben wir auch noch einmal direkt beim Hersteller geordert, um die beiden Handels- bzw. Vertriebswege zu vergleichen. Außerdem wollte ich mit diesem Vorgehen eine meiner grundsätzlichen Fragen zu Kaffeemarktplätzen klären:
Wer liefert den frischeren Kaffee?
Um euch alle Beweise zu liefern und die Ergebnisse (auch gerne für die untersuchten Unternehmen) nachvollziehbar zu machen, haben wir den gesamten Bestell- und Liefervorgang dokumentiert. Zusätzlich haben alle drei Teams jeweils eine Supportanfrage gestellt und die Kaffees bewertet.
Wir ihr nun bereits wisst, hat Roastmarket dabei mit seiner offenbaren Löschaktion von negativen Kommentaren den Vogel abgeschossen. Das ist für sie ziemlich dumm gelaufen, denn bei der Supportanfrage war das Unternehmen eines der besten.
Bei all dem war mir immer bewusst, dass es bei diesem Test nicht um das eigentliche Produkt – also die Kaffeebohnen – geht. Dennoch habe ich auch die Kaffees aus den Röstereien getestet und veröffentliche die Ergebnisse als eigenen Bericht.
Außerdem ist klar: Weder Roastmarket noch die anderen Kandidaten Amazon, Kaffee24 und Kaffeezentrale sind dafür verantwortlich, dass der Kaffee gut ist.
Wohl aber sind sie dafür verantwortlich, dass der Kunde die bestmögliche Qualität zum vernünftigen Preis in einem angemessenen Liefersystem unter Verfügbarkeit aller notwendigen Produktinformationen erhält. Noch einmal: Das ist die reine Kundenperspektive, die die Rolle des Rösters bewusst ignoriert.
Aus diesem Grundsatz haben sich folgende Testfaktoren und Leitfragen ergeben:
Wie gut und kundenfreundlich ist der Bestellvorgang?
Wie umfangreich informiert der Marktplatz über einen Kaffee?
Wie steht es um die Kosten?
Wie schnell und sinnvoll werden Supportanfragen beantwortet?
Wie frisch ist der Kaffee wirklich?
Ausschlaggebend für die letzten Fragen waren die Angaben zum Röstdatum bzw. Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) und die Aussagen, die vom Kundensupport des Marktplatzes zur „Frischeformel“ des jeweiligen Kaffees kamen.
Indes war es gar nicht so einfach, eine vergleichbare Stichprobenauswahl zusammenzustellen. Bei den Standardröstungen ähneln sich die Händler, bei den „Spezialitäten“ wird es schwierig. Darum habe ich mehr oder weniger willkürlich folgende Auswahl getroffen:
Amazon: Happy Belly „Caffè Dolce“ & Äthiopien Waldkaffee Bench Maji Berliner Kaffeerösterei Giest & Compagnon
Kaffeezentrale: Illycaffè S ‘Intenso’ & Solino Harar Kaffee Espresso
Kaffee24: Dallymayr Prodomo & KFE Bio Bonga Espresso
Roastmarket: Lavazza Tierra Bio-Organic & Elbgold Mischgold
Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen und fair zu bleiben, haben wir folgende Grundbedingungen umgesetzt:
Alle Bestellungen (Kaffeemarktplatz & Rösterei) müssen pro Testteam am selben Tag erfolgen. Unterschiede zwischen den Testteams sind gewollt. Das vergrößert die Stichprobenzeit.
Die Bestellung sollte sonntags/montags in einer Woche ohne Feiertage erfolgen.
Jeder Schritt der Bestellung muss fotografisch/im Screenshot nachgewiesen werden.
Wir geben nur Bewertungen ab, die wir auch wirklich so meinen. Trollen ist nicht.
Wir stellen keine dumme Frage an den Support, sondern wollen eine echte Antwort.
Wir testen nicht die Lieferzeit, sondern die Versandzeit.
Beim letzten Punkt ging es mir um die Umgehung der DHL-Falle: Wir haben geschaut, wie schnell die Bestellung den Anbieter verlässt, wie das Paket gepackt ist usw. Für lahme Lieferungen auf der letzten Meile können die Versender nichts. Aber hier muss man differenzieren. Dazu später mehr.
Anders als bei meinen Checks von Kaffeevollautomaten ging es mir nicht darum, einen „Testsieger“ zu küren. Allerdings haben wir drei positive Entdeckungen gemacht:
Kaffeezentrale liefert als Online-Marktplatz in vielen Punkten sehr gute Ergebnisse.
Bestellt ihr bei Amazon einen Spezialitätenkaffee, kommt dieser direkt aus der Rösterei. Die Frage ist nun: Ist das gut oder schlecht?
In Sachen Kundenanfragen sind die Mitarbeiter zum größten Teil hervorragend informiert und hilfsbereit.
Die Versandgeschwindigkeit – Fast alle fix, Roastmarket bummelt
Normalerweise würde der Test eines Onlineshops immer darauf hinauslaufen, wie schnell die Ware beim Besteller ankommt. Die meisten Tests begehen dabei nach meiner Ansicht einen Denkfehler:
Wenn das Produkt nicht durch einen eigenen Boten ausgeliefert wird, dann wissen wir alle, dass die letzten Meter oft die abenteuerlichsten sind. So könnte ein Online-Kaffeemarktplatz also die Bestellung superschnell losschicken – und der Kaffee dann sonst wo im Paket versauern.
Mit der Versandgeschwindigkeit als Zeitraum zwischen der Aufgabe der Bestellung und der Versandbestätigung durch den Anbieter wollten wir diesen Fehler umgehen. Die Unterschiede waren schon in dieser Hinsicht deutlich:
Am schnellsten reagierte in allen drei Fällen die Rösterei elbgold. Sie lieferte postwendend aus und kam auch dementsprechend schnell bei uns an.
Auch bei den Kaffeemarktplätzen ging es im Allgemeinen sehr fix, hier zeigten sich jedoch Unterschiede je nach Bestelldatum. Grundsätzlich gaben aber fast alle anderen Versender ihre Pakete schon am nächsten Werktag an die Auslieferunternehmen weiter.
Es fiel jedoch deutlich auf, dass sich Roastmarket bei allen drei Teams wesentlich mehr Zeit ließ – nicht nur bei der Versandbestätigung, sondern auch folgerichtig bei der ultimativen Auslieferung.
Hier könnte man spekulieren, dass wegen der massiven Werbekampagne bei Facebook und anderswo mehr Leute angezogen werden, als das Versandzentrum (im Vergleich zu den anderen Marktplätzen und Röstern) schnell bewältigen kann.
Die Versandzeit wird jedoch auf der Website sowieso mit bis zu zwei Tagen angegeben, sodass Versprechen und Realität nicht zwingend abweichen. Man könnte jetzt nur noch über die Bedeutung des Wortes „Lieferzeit“ spekulieren.
Aber es ist bei Kaffee kein Beinbruch, wenn es einen Tag länger dauert. Im direkten Vergleich von acht verschiedenen Versendern war es jedoch auffällig.
Zumindest in Berlin hat sich außerdem gezeigt, dass man bei einem tollen DHL-Boten durchaus auch die Liefergeschwindigkeit hätte testen können. An dieser Stelle mal ein Shoutout für die Arbeit, die die Boten leisten!
Denn alle Pakete waren einen bzw. anderthalb Tage nach Versandbestätigung bei uns. Umso mehr fiel es deshalb auf, dass Roastmarket mit deutlichem Abstand als letzter Versender eintrudelte. Das konnten sie aber ganz gut verschleiern, weil sie ständig mit „Updates“ zur Bestellung das Mailfach vollspammten.
So hatten wir beständig das Gefühl, dass es voranging. Ohne, dass es voranging. Das ist ein alter Marketing-Kniff, der immer wieder gut funktioniert, aber dennoch alle, die ihr Postfach sowieso schon intensiv nutzen, unfassbar nervt.
Die Einzelangaben zu den vier Kaffeemarktplätzen findet ihr in im Anhang am Ende des Artikels.
Verpackung und Lieferzustand – Amazon sündigt, der Rest denkt weitestgehend nach
Jedes der bestellten Pakete kam in einwandfreiem Zustand an. Und es war schön zu sehen, dass sich praktisch alle Versender – ob nun Marktplatz oder Röster – Mühe gegeben haben, mit möglichst wenig Verpackung und genau abgestimmten Kartongrößen zu arbeiten.
Amazon ist mit seiner eingeschweißten Doppelpackung Kaffee in der Plastik-Versandtüte negativ aufgefallen. Auch die KFE Rösterei hat mit Plastik-Luftpolstern und ein bisschen zu viel Werbekrams einen gemischten Eindruck hinterlassen.
Aber in Sachen sinnlose Zusatzwerbung im Paket gab es nur wenig zu beanstanden. Die Berliner Kaffeerösterei hat netterweise noch eine Teeprobe dazu gelegt – aber nur bei der Direktbestellung. Das zeigt schon einmal, dass auch die Röstereien den Direktbesteller anders einschätzen als den Marktplatz-Käufer.
Von der Kaffeezentrale gab’s eine Packung Süßigkeiten dazu, was natürlich immer ein wenig zur Kundenbindung beiträgt. Ansonsten wurden wir weitestgehend mit Flyern und Rabatt-Gutscheinen verschont.
Kaffeefrische – Wie lautet die richtige Formel?
Kommen wir zu dem Punkt, auf den es uns bei Coffeeness immer ankommt: Nur frische Kaffeebohnen sorgen für einen guten Kaffee.
Frische heißt, dass ihr Kaffeebohnen bekommt, die möglichst kurz vor dem Kauf geröstet wurden. Ihr solltet sie dann noch ein wenig liegen lassen, damit sie ausgasen und reifen können – aber dieser Zeitraum ist sehr begrenzt.
Mehr dazu erfahrt ihr im Artikel: „Kaffeedose oder Tüte? Warum wir unsere Bohnen verstecken sollten. Und worin.“
Mein Problem mit Kaffeemarktplätzen liegt darin, dass die Bohnen in vielen Fällen mehrfach durch die Gegend transportiert werden müssen, bevor sie bei euch ankommen. Und in genauso vielen Fällen kann es sein, dass die Tüte eine Weile in irgendwelchen Lagern versauert, bevor sie bestellt wird.
Genau dies wollte ich aktiv überprüfen und habe deswegen auch typische Industriekaffees gegen kleine Röstereien antreten lassen.
Meine These: Die Industriekaffees sind meist älter als die Bohnen aus der Rösterei. Und wenn diese wiederum aus dem Lager des Marktplatzes kommen, dann liegt das Röstdatum ebenfalls weiter zurück.
Diese Vermutung hat sich auch in mehrfacher Hinsicht bestätigt. Doch unser Test hat vor allem gezeigt, dass die Hersteller in Sachen MHD jeweils einer ganz eigenen Formel folgen.
In der Kaffeewelt gilt allgemein: MHD – 12 Monate = Röstdatum. Und gerade die kleinen Röstereien halten sich mehrheitlich daran.
Bei Solino Coffee ist man aber wohl der Meinung, dass das übertrieben ist. Hier hat man sich – wie wir nach der Supportanfrage (siehe nächster Punkt) bei der Kaffeezentrale erfuhren, auf einen Zyklus von 24 Monaten festgelegt.
Das bedeutet, dass der Kaffee in allen drei Testfällen bereits im Januar 2019 geröstet wurde – was zum Testzeitpunkt Juni/Juli 2019 viel zu lange zurückliegt. Da es sich um eine „Limited Edition“ handelt, wurde der Harar vermutlich einmal geröstet, sie sind ihn nicht losgeworden und hauen ihn jetzt so lange raus, bis die Vorräte erschöpft sind.
Bei der Amazon-Marke Happy Belly weiß man mit dem krummen Datum schon gar nichts mehr anzufangen. Diese Frage treibt auch die Community um, die bei Amazon meist für die Beantwortung von Fragen zuständig ist und oft sehr gute Erkenntnisse liefert. Antworten gab es indes nicht.
Allerdings lässt das aufgedruckte MHD bei der Bestellung von Team 3 auf eine 24 Monatsformel schließen. Damit hatte dieses Team Glück und durfte frische Bohnen kaufen. Die anderen beiden Teams mussten sich mit den alten Bohnen von vor einem Jahr begnügen. Geil! Und vollkommen inakzeptabel.
Der Illycaffè S ‘Intenso’ aus der Kaffeezentrale ist mit seinem Herstellungsdatum im Januar, wie aus der detaillierten Chargenangabe hervorgeht, ebenfalls in keiner Weise frisch zu nennen.
Die Berliner Kaffeerösterei Giest & Compagnon machte sich als einziger (!) Anbieter im Test relativ transparent und druckte das Verpackungsdatum auf die Portion. Nachdem wir direkt beim Röster nachgefragt hatten, wurde uns gesagt, dass das Verpackungsdatum rund ein bis zwei Tage nach dem Rösten liegt. Die MHD-Angaben scheinen dies auf jeden Fall zu bestätigen.
Die Packung KFE Bio Bonga Espresso, die wir in der ersten Berliner Runde bei Kaffee 24 bestellt haben, war zwar nicht hornalt, fiel aber mit ihrem einen Monat rückläufigen MHD etwas aus dem Rahmen. Zumal die Direktbestellung bei der Rösterei uns eine frischere Packung beschert hat.
Dies wiederholte sich auch bei den beiden anderen Teams, wo wir vom Kaffeemarktplatz die gleiche Charge erhalten haben, während uns die Rösterei jeweils eine Fuhre aus dem aktuellen Monat lieferte.
Von Roastmarket erhielten wir zweimal eine deutlich ältere Packung Elbgold Mischgold, während bei unserer letzten Bestellung das Verhältnis stimmte bzw. sogar umgekehrt war.
Über die Altersangaben bei den typischen Industrieröstungen von Lavazza, Dallmayr oder Illy müssen wir weder groß reden noch spekulieren. Hier wird eine Charge solange unters Volk gebracht, bis sie alle oder das MHD so nahe gerückt ist, dass es selbst dem unbedarftesten Verkäufer auffällt. Das kreide ich nicht den Marktplätzen an, sondern sehe es als typisches Industriegebaren.
Die Einzelangaben der Kaffeefrische zu den vier Kaffeemarktplätzen findet ihr im Anhang am Ende des Artikels.
Support vom Kundendienst – schnell, informativ, umfassend. Meistens.
Die von uns untersuchten Marktplätze stellen sich – bis auf Amazon – als Kaffee-Experten dar, die sich um ihr Produkt und ihre Kunden kümmern. Auch das wollten wir genauer wissen.
Am Anfang hatten wir die Idee, den Support nur mit der „dummen“ Frage zu löchern, welche Zubereitungsmethode für den jeweils gekauften Kaffee die richtige ist. Wir wollten sehen, ob uns die Kundenbetreuer auf die Angaben auf der jeweiligen Produktseite verweisen, oder ob sie sich die Zeit nehmen und etwas Kaffeewissen mit uns teilen.
In der Testvorbereitung bzw. während der Vorarbeiten haben wir dann gemerkt, dass wir zuerst eine ganz andere Frage stellen müssen: Wann wurde der Kaffee geröstet? Mit welcher Formel arbeitet der Hersteller beim MHD? – siehe die Verwirrung oben.
Wir hatten also ein wirkliches Anliegen und wollten dementsprechend klare Antworten haben. Dabei ist es natürlich interessant zu sehen, ob dieses Anliegen prompt, umfassend und mit klaren Ansagen erfüllt wird.
Nun ist es sicherlich nicht nett, die hart arbeitenden Leute jedes (!) Kundensupports mit doofen Fragen zu löchern, die man auch selbst recherchieren könnte. Aber seien wir mal ehrlich: Wer sich als Kaffee-Experte positioniert, muss auch Expertenwissen teilen und nicht vor „Nerd-Anfragen“ zurückschrecken.
Bei Roastmarket war man besonders fix und hat eine sehr klare Antwort geliefert – rund 20 Minuten nach Absenden der Anfrage:
Elbgold gewährt ab dem Datum der Röstung eine Haltbarkeit von einem Jahr. Der erhaltene Kaffee wurde also im Mai dieses Jahres geröstet.
Kurz darauf folgte die Kaffeezentrale und hatte ebenfalls eine klare Aussage mit noch mehr Details im Gepäck:
Der Röster gibt als MHD ab Röstdatum 24 Monate an. Diese Charge des Solino Harrar ist also im Januar geröstet. Eine Faustregel im eigentlichen Sinne gibt es aber nicht, da die Angaben von Röster zu Röster unterschiedlich sind, unter anderem auch abhängig von der Verpackung.
Was das jetzt mit der Verpackung zu tun hat, weiß ich zwar nicht, aber zumindest wissen wir nun, dass der Solino Harrar sowohl vom Marktplatz als auch vom Röster nach unseren Maßstäben wirklich schon hornalt ist.
Kaffee 24 hatte keine Lust auf Eigenrecherche und schrieb folgende Mail zum KFE Bio Bonga Espresso:
Wann die Bohnen geröstet werden, kann ich Ihnen nicht sagen. Gerne können Sie sich direkt an den Hersteller/Röster wenden.
Danke für nichts, liebe „Fachwerkstatt“ und „Fachberatung“.
Bei Amazon liegt die Sache etwas anders, da der Marktplatzmulti keine Kaffee-Expertise annonciert. Hier haben wir die Datumsfrage auf der Produktseite des Äthiopien Waldkaffee Bench Maji gepostet, allerdings im gesamten Testraum keine Antwort erhalten.
Allerdings lässt uns Amazon nicht im Regen stehen und teilt in einer separaten Mail mit, wenn es keine Antworten gibt. So hat man trotzdem das Gefühl, dass das Anliegen irgendwie als „wichtig“ wahrgenommen wird.
Weil uns der verwirrende Begriff des „Verpackungsdatums“ umgetrieben hat, stellten wir die Röst-Frage ausnahmsweise auch direkt an die Berliner Rösterei. Die Antwort kam nach rund drei Tagen und war sehr transparent:
Der 24.06. ist das reine Verpackungsdatum, der Kaffee wurde am 21.06.2019 geröstet.
Weil wir jedoch nicht dreimal die gleiche Frage in den Teams stellen wollten, haben wir uns am Ende doch noch einmal auf die Zubereitungsidee verlegt. In Sachen Antwortgeschwindigkeit gab es auch hier absolut nichts zu meckern – weder bei Röstereien noch den Kaffeemarktplätzen.
Besonders ausführlich widmete sich die Elbgold-Rösterei der Frage, wie man den Mischgold am besten zubereiten könnte. Und zwar mit einer wunderbaren Individualisierung durch die Kundenbetreuerin Franziska:
Ich persönlich trinke den Mischgold gern ganz klassisch aus der Filterkaffeemaschine (bei uns nennt man das auch BUNN) oder der Moccamaster.
Obendrauf gab es noch einen Link zum individuellen Brew Guide des Hauses. So funktioniert Kundenbindung!
Im direkten Vergleich dazu fiel die Antwort von Roastmarket auf die gleiche Frage zum gleichen Kaffee zwar etwas standardisierter, aber nicht weniger informativ aus.
Bei Kaffee24 hatte man wohl wieder keinen Bock auf uns:
Wir nutzen den Kaffee für die Zubereitung im Siebträger, sowie die meisten Kunden auch. Ob der Kaffee für andere Zubereitungsmethoden funktioniert, können wir Ihnen nicht beantworten.
Bin ich der Einzige, der aus dem „sowie die meisten Kunden auch“ ein passiv-aggressives „Du Depp“ heraushört?
Ein dickes Bienchen außerhalb der Wertung darf sich die KFE Rösterei anheften, die in ihrer Antwort zum Bio Bonga Espresso nicht nur ausnehmend ausführlich wurde, sondern uns auch angeboten hat, zu dieser Frage zu telefonieren. Da kann sich der direkte Vergleichskandidat Kaffee24 noch ein riesiges Stück von abschneiden.
Bewertungen – Wer hat da Angst vor seinen Kunden?!
Viele von euch haben sich vielleicht nach der Roastmarket-Recherche gefragt, warum das jetzt so wichtig sein soll. Ausführlich habe ich die Problematik, dass ein großer Kaffeemarktplatz offenbar die Sterne-Bewertungen durch Kunden manipuliert, dort bereits abgehandelt.
Wichtig ist im Zusammenhang mit dem Kaffeemarktplatz Test vor allem, dass Kundenbewertungen auf Produktseiten eine harte Währung sind, die den Erfolg oder Misserfolg eines Angebots stark beeinflussen können. Darum war es uns auch so wichtig nachzuprüfen, wie die Kaffeemarktplätze mit weniger erfreulichen Einstufungen umgehen.
So erklärt sich auch etwas unsere Testauswahl. Bei den Standard-Industriemischungen haben wir nur Marken bzw. Produkte gekauft, von denen wir sowieso nicht überzeugt sind – und bei denen wir schon ahnen konnten, was uns in der Kaffeetüte erwartet. *Hüstel* Lavazza *hüstel*
Dementsprechend waren auch alle Negativbewertungen unsere absolut ehrliche Meinung. Und wir haben sie erst abgegeben, nachdem wir die Produkte erhalten und noch einmal gegengecheckt hatten.
Auch unter den Rösterei-Produkten war nicht alles perfekt. Der Solino Harar zum Beispiel erhielt von uns zurecht und aus mehreren Gründen eine negative Bewertung.
Das krasseste Ergebnis in diesem Testbereich lieferte auf jeden Fall Roastmarket ab. Dort haben wir den Lavazza Tierra Bio Organic schlecht bewertet und der Online-Marktplatz ging folgendermaßen vor:
Wir haben den Kommentar formuliert und E-Mail-Adressen angegeben. Roastmarket lässt sich die Abgabe der Bewertung in einer separaten Mail bestätigen.
Direkt nach der Bestätigung wird die Bewertung auf der Produktseite angezeigt. Es gibt keine Ansage, dass diese Bewertung noch einmal geprüft wird.
Roastmarket schreibt deutlich hin „Vielen Dank für das Posten einer Bewertung!“
Der normale User verlässt die Seite. Er hat gesehen, dass sein Post veröffentlicht ist.
Beim direkten Neuladen der Seite ist der Post sofort verschwunden und taucht nie wieder auf.
Einzig unsere zuletzt abgegebene Bewertung mit zwei Sternen schaffte es rund einen Monat nach unserem Roastmarket-Bericht in die öffentliche Produktseite zum Lavazza-Kaffee.
Die Stellungnahme von Roastmarket zu diesem dreimal verifizierten Testergebnis haben wir ebenfalls veröffentlicht bzw. kommentiert – sie liest sich in Teilen durchaus etwas fadenscheinig.
In der Stellungnahme wird besonders betont, dass man die Sterne-Bewertungen von 1 bis 3 manuell moderieren müsse. Davon wird euch aber erstens nichts gesagt und zweitens wundert es mich immer noch, warum man diese angebliche Auswahl überhaupt trifft.
Denn unser Test hat bewiesen, dass alle anderen Anbieter die Bewertungen vor der Veröffentlichung sowieso nochmal checken. Das ergibt nicht nur Sinn, sie teilen euch dies auch sehr transparent mit.
Sowohl die Kaffeezentrale als auch Amazon haben nach einer Prüfzeit von rund drei Tagen unsere schlechten Bewertungen anstandslos veröffentlicht und normal auf der Produktseite integriert.
Bei Kaffee24 geht man mal wieder den Weg des geringsten Widerstands und erlaubt erst gar keine Kundenbewertungen zu den Kaffees. Ihr könnt hier lediglich „Trusted Shop“-Bewertungen abgeben, die also mit dem Bestellvorgang und der Abwicklung zu tun haben und über den Zertifizierer, nicht den Marktplatz laufen.
Nun könntet ihr argumentieren, dass wir gesagt haben, dass es bei einem Kaffeemarktplatz nicht um das eigentliche Produkt geht. Das lasse ich gelten.
Ich lasse es jedoch nicht gelten, wenn man wie bei Roastmarket mit der harten Kundenwährung „Sterne-Einstufung“ Schindluder treibt oder sich um die Beratung und/oder Kundeninteraktion einen Dreck schert. Das ist beim „Experten“ Kaffee24 auch noch in anderer Hinsicht der Fall.
Die Produktberatung – Kaffee-Expertise entzaubert
Wenn sich ein Onlineshop das Thema Kaffee in Großbuchstaben auf die Fahnen schreibt, dann solltet ihr verlangen können, dass euch die Produktseiten umfassend über das jeweilige Angebot aufklären.
Während bei Fernsehern oder Computern knallharte Fakten wie Bildpunkte und RAM-Leistung recht gut vergleichbar sind, ist das beim Naturprodukt Kaffee und der wichtigsten Komponente – dem Geschmack – ungleich schwieriger.
In der Kaffeewelt haben sich deshalb „Standardangaben“ etabliert, die meist über eine Bohnenskala ausgewiesen werden. Dazu gehören:
Röstprofil (von hell bis dunkel)
Intensität (von fein und nuanciert bis kräftig)
Säure
Koffeingehalt
Manche Kaffees warten dazu noch mit einer Angabe zur „Cremabildung“ auf, die für viele Besitzer einer Siebträgermaschine oder eines Kaffeevollautomaten interessant ist – wenn sie auch meist eher eine verschwurbelte Angabe ist, ob Robusta in der Mischung steckt oder nicht.
All diese Angaben sagen schon viel über den Charakter des Kaffees aus, werden aber nicht immer sofort verstanden. Spätestens bei der jeweiligen Zubereitungsempfehlung wird auch dem Laien klar, ob der Kaffee für ihn geeignet ist oder nicht. Darum finde ich diese Angabe unerlässlich.
Geschmacksprofile mit den üblichen Aroma-Beschreibungen von „Schoko“ bis „blumig“ sind eine gute Ergänzung. Denn mit der Zeit lernt ihr, diese Angabe zu dekodieren und wisst zum Beispiel schnell, ob ihr es mit einem Third-Wave-Kaffee oder einer klassischen, dunklen Geschmackswelt zu tun bekommt.
Von den vier getesteten Marktplätzen hat sich Kaffee24 in dieser Hinsicht auf den letzten Platz verbannt – noch hinter Amazon. Denn hier gibt es aber auch nicht eine einzige der oben genannten Kriterien auf der Produktseite. Und das wiederum bei einem Shop, der dick und fett mit „Fachberatung und Fachwerkstatt“ wirbt.
Vielleicht wollen die Jungs und Mädels, dass ihr sie aktiv fragt, wenn ihr was wissen wollt. Nur fragt bitte nicht zu spezifisch (siehe Support). Aber die Gebote des E-Commerce sagen nun einmal ganz klar: Du sollst alle Informationen zu einem Produkt, dass der Kunde nur online begutachten kann, schnell erfassbar zur Verfügung stellen.
Kaffee 24 hat darüber hinaus noch ein paar andere Probleme: Abgesehen vom Uralt-Look der Website gibt es eine völlig verwirrende Kostenstruktur für den Versand und die Seite ist mobil nicht gerade responsiv.
Roastmarket zeigt, wie man es (fast) richtig macht. Hier wird sogar ein „Preis pro Tasse“ ausgegeben. Allerdings konnte ich nicht herausbekommen, wie der berechnet ist. Als Hilfsmittel im Vergleich ist es trotzdem ein Anfang.
Die Kaffeezentrale darf sich ein dickes fettes Bienchen anheften, denn hier wird auf der Produktseite, sofern vom Röster geliefert, das Röstdatum angegeben. Und es stimmt mit der Lieferung überein. Das MHD könnt ihr immer ablesen. Weil auch Geschmacksprofile, Koffeingehalt, Eignung und alle anderen wichtigen Elemente dargestellt werden, ist die Kaffeezentrale hier der Sieger.
Amazon ist als neutraler Multi hier etwas außen vor, weil für die jeweilige Kaffeebeschreibung der Anbieter zuständig ist. Aber bei der Eigenmarke Happy Belly haben sie trotzdem eine sehr informative und übersichtliche Seite zusammengestellt – auch wenn dieser Kaffee so schlecht ist, dass man ihn nicht trinken sollte. Siehe Supermarkt Kaffee Test!
Alle Informationen zur Shopstruktur findet ihr im Anhang unter Kaffeemarktplatz – Shops im Vergleich.
Marktplatz oder Röster – Was uns dieser Test lehrt
Die Rösterei-Kaffees haben wir nicht nur als Kontrollgruppe für die Kaffeefrische bestellt, sondern auch, um zu schauen, ob der Direktversand für den Kunden die bessere Idee ist.
Doch wir haben festgestellt, dass sich Marktplätze und Direktshops in vielen Fällen sehr ähnlich sind. Am auffälligsten ist dies bei Amazon – wenn ihr dort Kaffee aus bestimmten Röstereien bestellt.
Die Rösterei übernimmt (in unserem Fall) die gesamte Logistik in Eigenregie, also ist es fast wurscht, welchen Versandweg ihr als Kunde nutzt. Am selben Tag bestellt, erhaltet ihr auch die gleiche Kaffee-Charge.
Solltet ihr das Pech haben und einen Kaffee wie den Solino Harar mit seiner großzügigen MHD-Spanne bestellen, macht es kaum einen Unterschied, ob der Kaffee nun direkt von der Rösterei oder vom Marktplatz kommt. Da wird die Charge dann verkauft, bis sie alle ist – ohne Röstdatum wird man nicht so schnell stutzig.
Auch bei den Versandkosten und anderen Begleitumständen des Onlineshoppings sind die Abweichungen nicht groß genug, um sie als echtes Ergebnis zu präsentieren. Höchstens Bummelant Roastmarket fällt mit seiner späten Lieferung und dem penetranten E-Mail-Bombardement aus dem Rahmen und verkauft euch obendrein einen älteren Kaffee als der Röster.
Zwischen Kaffee24 und dem Direktröster KFE gibt es die einzigen sichtbaren Abweichungen – sowohl beim Kilopreis als auch beim Versand. Das ist aber nur ein schlaglichtartiger Befund, den wir nicht verallgemeinern können.
Wie das alles in Zahlen und Fakten aussieht, findet ihr im Anhang unter Vergleich Marktplatz / Direktshop
Im Laufe des Testes haben sich also die Röstereien, die anfangs nur Frische-Kontrollgruppe sein sollten, in mehrfacher Hinsicht nach vorne gespielt. Das seht ihr besonders gut, wenn wir die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Kaffeemarktplatz Test noch einmal tabellarisch anschauen:
Testfaktor | Gesamtsieger | Sieger Marktplatz | Verlierer Marktplatz | Verlierer Gesamt | Anmerkungen |
---|---|---|---|---|---|
Versand-geschwindigkeit | Elbgold Rösterei | Kaffeezentrale und Kaffee24 | Roastmarket | Roastmarket | Schnellste Marktplätze alle fast gleich auf |
Verpackung und Lieferzustand | fast alle | Kaffeezentrale | Amazon | KFE | Bei fast allen gab es nichts zu beanstanden |
Kaffeefrische | Berliner Kaffeerösterei | keiner | Amazon und Kaffeezentrale | Solino | Alle Kaffees über die Marktplätze waren sichtbar weniger frisch als über die Röstereien |
Kundensupport | Elbgold + KFE | Kaffeezentrale | Kaffee24 | Kaffee24 | |
Kundenbewertungen | Kaffeezentrale Amazon | Kaffeezentrale und Amazon | Roastmarket | Roastmarket | |
Produktberatung Website | Kaffeezentrale | Kaffeezentrale | Kaffee24 | Kaffee24 |
Hätten wir nicht nur die Marktplätze, sondern auch die Röstereien direkt bewertet, wäre die Elbgold Rösterei aus Hamburg neben der Kaffeezentrale als klarer Sieger vom Feld gegangen. Die auffälligsten Fehler hat Kaffee24 begangenen, wurde aber von Roastmarket aus bekannten Gründen in anderer Hinsicht überholt.
Der Witz dabei ist, dass sich Roastmarket ohne den Bewertungsquatsch ziemlich gut hätte positionieren können – von der langsameren Reaktionsgeschwindigkeit mal abgesehen. Dennoch sind die Frankfurter momentan sowas wie der Inbegriff für einen modernen Kaffeemarktplatz im Internet.
All diese Erkenntnisse haben mich am Ende aber dennoch stutzig gemacht. Denn wenn die Kilopreise im Shop und auf den Marktplätzen gleich sind und die Versandkosten ebenfalls kaum voneinander abweichen, fragt man sich doch, warum die Röster sich den eigenen Shop nicht gleich sparen und nur noch über den Online-Marktplatz verkaufen. Die haben schließlich die entsprechenden Strukturen.
Eine mögliche Antwort hat uns ein Kommentator namens „Christian“ auf unsere Roastmarket-Recherche geliefert.
Er berichtete davon, dass Roastmarket ihm für die Möglichkeit, seinen Kaffee dort anzubieten, eine Marge von „30 plus“ angeboten hätte. Er müsste also wenigstens 30 Prozent des Umsatzes mit seinem Kaffee als „Maklergebühr“ an Roastmarket abtreten.
Zum Vergleich: Bei Amazon müssten Anbieter laut Christian rund 15 Prozent des Verkaufspreises an den Multi abtreten.
Was er bei Amazon als üblichen Marketingausgaben-Wert betitelt hat, ist bei Roastmarket natürlich enorm. Da die Preise aber wettbewerbsfähig bleiben müssen und nicht teurer sein sollten als auf der eigenen Shop-Seite (Kunden können das schließlich schnell recherchieren), wird die Marge bei höheren Abgaben also immer schmaler.
Das Problem dabei ist, dass ihr bei jeder Packung Kaffee nicht nur das Produkt, sondern den gesamten Produktionsprozess bezahlen müsst. Und der ist, wie wir wissen, sehr langwierig, kompliziert und global.
Und wir wissen, dass davon das Wenigste bei den eigentlichen Produzenten, also den Kaffeebauern, ankommt. Doch mit einer immer schmaleren Gewinnmarge besteht zusätzlich auch die Gefahr, dass sich der Röster seinen Job irgendwann nicht mehr leisten kann und die gesamte individuelle Kette den Bach runtergeht.
Die gerade erst erwachende Szene für „aufgeklärten“ Kaffee ist damit postwendend wieder in Gefahr. Und wie in so vielen Fällen seid ihr als Käufer und Kunden hier wieder am Drücker. Ihr stimmt nicht mit den Füßen ab, sondern mit eurem Klick auf „jetzt bestellen“.
Ich verstehe, dass es komplizierter und teurer wäre, Testpakete mit unterschiedlichen Kaffees von verschiedenen guten Röstereien jeweils einzeln zu bestellen. Schön, wenn euch die Multis da Angebote zum Einheitspreis anbieten.
Was ist die Alternative?
Ich würde sagen: Bestellt nicht blind, sondern bestellt gezielt. Informiert euch über die Angebote und die Röster, findet heraus, welche Trigger-Wörter für den einen oder den anderen Kaffee sprechen und bestellt Kaffee direkt beim Erzeuger, wenn er alle Vorgaben für Transparenz und Qualität erfüllt.
Damit wird Kaffee online kaufen zwar wieder etwas komplizierter – aber auch spannender und lehrreicher.
Und wenn es schon unbedingt Kaffee vom Online-Marktplatz sein muss, dann haltet euch an Anbieter wie die Kaffeezentrale und kauft dort vor allem KEINEN Supermarktkaffee. Denn ansonsten verlagert ihr das Wertschöpfungsproblem nur ins Virtuelle und sorgt indirekt noch stärker dafür, dass gute Röster um ihre Sichtbarkeit und Akzeptanz kämpfen müssen.
Ich freue mich darauf, von euch zu hören und mit euch über eure Ansichten und Erfahrungen zu und mit Kaffeemarktplätzen zu diskutieren. Ich kann mir vorstellen, dass es wieder hoch hergehen wird. Wir sehen uns in der Kommentarspalte!
Anhang
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