It’s American Press. Der Kaffeebereiter ohne Sauerei
It’s American Press. Der Kaffeebereiter ohne Sauerei
Ich bin kein großer Fan der French Press und auch kein allzu großer Anhänger der etwas jüngeren AeroPress. Ich besitze beide dieser Brühmethoden und probiere diese auch ab und zu, besonders, wenn ich neue Kaffeebohnen daheim habe. Der Kaffee gebrüht mit der AeroPress als auch mit der French Press – ich weiß komplett andere Geschichte – schmeckt mir persönlich aber einfach zu stark bzw. hat mir zu viel Körper. Bei der French Press kommen noch die etwas unangenehmen Schwebstoffe dazu.
Ich liebe dagegen die diversen Spielarten des Pour Over! Chemex, V60 und Co!
Kürzlich ist mir ein neues Brühutensil unter die Hände gekommen, die American Press. Klingt erstmal relativ nichtssagend. Für mich als Pour Over-Fan war es zudem eine kleine Überwindung, diesem neuen Spielzeug in meiner Sammlung eine echte Chance zu geben. Aber, hey, die Neugier hat schließlich gesiegt!
Dieser Artikel nimmt daher die American Press einmal ganz genau unter die Lupe. Was kann sie? Wie brüht man Kaffee damit? Wie wird sie gereinigt?
Ich nehme mal die Anekdote vorweg. Trotz des Versprechens ‚It’s the press without the mess’ seitens ‚It’s American Press’, gab’s die ‚mess’ trotzdem! Warum? Weil Mel versucht hat, es der French Press gleich zu tun und den gemahlenen Kaffee direkt in den Kunststoffbehälter gegeben hat. Fotos gibt’s davon zum Glück keine… Wer die englische Bedienungsanleitung – im Vorhinein – lesen kann, ist hier ganz klar im Vorteil! Der Kaffee war natürlich ungenießbar!
Neuer Tag, neuer Versuch. Diesmal habe ich mir die Bedienungsanleitung zur Brust genommen und lese, dass es eine eigens für das gemahlene Kaffeepulver vorgesehene Kaffeekammer gibt. Übrigens, kleine Entschuldigung meinerseits, die Kurzanleitung auf der Verpackung verschweigt diesen wichtigsten Schritt überhaupt, nämlich den gemahlenen Kaffee in die Kaffeekammer zu füllen…
Was ist eigentlich die American Press?
Die American Press ist im Grunde genommen eine French Press, die super easy zu reinigen ist. Der Erfinder hinter der ‚press without the mess’, Alex Albanese, hat tatsächlich den eher lästigen Reinigungsvorgang mit einer French Press zum Anlass genommen, um seine American Press zu designen. Ihm war es ein Anliegen, einen Kaffeebereiter zu erfinden, der ohne große Reinigung trotzdem leckeren Kaffee macht.
Das Beste daran, die Stempelkanne sollte einen Filterbehälter, die Kaffeekammer, haben, der die Kaffeepartikel schön sauber vom Kaffee getrennt bis zum Entsorgen des Kaffeesatz’ aufbewahrt. Einige Jahre, viele Prototypen und eine Crowdfunding-Kampagne später, ist die American Press nun seit einiger Zeit erhältlich. In Deutschland allerdings bisher nur bei ganz wenigen Anbietern.
Die American Press im Detail
Die American Press besteht aus einem doppelwandigen Kunststoffbehälter aus Tritan® mit einem Fassungsvermögen von maximal 400 Milliliter. Einer Kaffeekammer aus Kunststoff, die auf beiden Seiten einen Edelstahl-Filter und auf der Unterseite eine Silikondichtung ähnlich dem des AeroPress-Kolbens besitzt. Hinzu kommt ein Pressstempel, der wiederum dem der French Press ähnelt, inklusive einer Ausgießvorrichtung, die verspricht, nicht zu tropfen. Es heißt sogar, dass man aus dieser Vorrichtung auch direkt trinken könnte, das habe ich dann aber lieber gelassen und den Kaffee in eine Tasse gegossen. Tatsächlich ohne zu tropfen!
Bedienungsanleitung der American Press
Wer jetzt denkt, naja, so spannend kann’s ja nicht werden, wenn die American Press der French Press Anleitung so sehr ähnelt… der irrt gewaltig. Denn das Brühen mit der American Press ist der eigentliche Spaßfaktor, weshalb der Vergleich zur AeroPress so nahe liegt.
Die American Press bietet sich ideal dafür an, verschiedene Brührezepturen auszuprobieren. Wer da Bock drauf hat, unbedingt testen!
Was heißt das genau? Angefangen bei einer Pre-Infusion, über das Variieren beim Pressen, bis hin zur Gesamtziehzeit ist alles möglich! Los geht’s!
1. Was braucht ihr zum Brühen?
Zum Brühen braucht ihr eine Waage, eine Mühle – bei mir war’s die Comandante –, und Kaffeebohnen. Ich bin mal der Empfehlung auf der Verpackung gefolgt und habe 20 Gramm Kaffee abgewogen und gemahlen (mittlerer Mahlgrad, also nicht ganz so grob wie bei der French Press). Achtung, je feiner ihr den Kaffee mahlt, desto eher bleiben die Partikel in dem feinen Metallfilter hängen.
In der Bedienungsanleitung steht, man kann auch die komplette Kaffeekammer mit dem Kaffeemehl füllen, das dürften dann um die 22 bis 24 Gramm sein. Ich bin aber bei der schön runden Menge 20 Gramm geblieben.
2. Das Brühen mit der American Press
Die folgenden Schritte sind dann auch schnell erledigt, Wasser aufkochen – wer mag kann hier auch mit verschiedenen Wassertemperaturen experimentieren. Ich koche mein Wasser mit dem Hario-Kocher auf dem Herd und lasse es vor dem Aufbrühen noch einen Moment wieder abkühlen.
Für das Brühen mit der American Press füllt ihr den doppelwandigen Zylinder bis zur Markierung (355 Milliliter) – auch hier könnt ihr variieren, d.h. mit der Ratio Wasser zu verwendeter Menge Kaffee spielen. Meine Ratio, 20 Gramm Kaffeemehl auf 355 Milliliter Wasser.
Jetzt kommt der eigentliche Spaß: Pre-Infusion und Pressen. Was heißt Pre-Infusion? Das Kaffeemehl steht vor dem eigentlichen Brühvorgang für eine gewisse Zeit im heißen Wasser und soll sicherstellen, dass das Kaffeemehl schön durchfeuchtet wird.
Die Bedienungsanleitung empfiehlt eine Pre-Infusion von 30 Sekunden, d.h., ihr presst den Presskolben solange, bis sämtliches Kaffeemehl in der Kaffeekammer mit Wasser benetzt wurde und das Wasser aus der Kammer oben wieder austritt. Dann 30 Sekunden warten. Wer eine stärkere Tasse Kaffee bevorzugt, kann die Pre-Infusion auf bis zu zwei Minuten ausdehnen. Ich persönlich habe das aber nicht probiert, da ich lieber eine cleane und leichtere Tasse bevorzuge.
Nach den 30 Sekunden (bis zu zwei Minuten) Pre-Infusion kommt das Pressen ähnlich der French Press. Auch hier könnt ihr mit der Press-Zeit variieren. Ich nutze für das Stoppen der Zeit immer die Anzeige auf meiner Hario-Waage, die mir bereits bei der Pre-Infusion gute Dienste geleistet hat. Die Anzeige lasse ich während des Pressvorgangs einfach weiter laufen. Zwischen einer Minute und anderthalb Minuten war mein Optimum für meinen persönlichen Geschmack. Auch hier wieder: Ihr könnt das Pressen auf bis zu zwei Minuten ausdehnen, wer eine stärkere Tasse mit mehr Bums, sprich mehr Körper, bevorzugt.
Die vollständige Ziehzeit beträgt je nach Pre-Infusion und Presszeit von zweieinhalb bis drei Minuten bis zu vier / fünf Minuten. Habt ihr den Presskolben vollständig heruntergedrückt, gießt ihr den fertigen Kaffee durch die wirklich sehr praktische Ausgießvorrichtung in eure Tasse. Theoretisch könnt ihr auch direkt daraus trinken. Das habe ich mir aber lieber erspart, da ich mich gefragt habe, ob man den Presskolben erst auseinander nehmen und die Kaffeekammer entfernen muss, bevor man den Zylinder inklusive Ausgießvorrichtung als Trinkbecher benutzt. Wer das ausprobiert, bitte mal Bescheid geben, ob’s geklappt hat.
Wie schmeckt mir der Kaffee?
Entgegen meiner Vorliebe für allerlei Spielarten des Pour Over, gefällt mir der Kaffee aus der American Press echt ganz gut! Im Vergleich zu French Press und AeroPress ist meine Tasse cleaner und, ja, auch klarer, weil die Schwebstoffe in der Karaffe verbleiben und nicht im gebrühten Kaffee.
Aufgrund der Möglichkeit, verschiedene Brührezepturen auszuprobieren, bekommt man mit der American Press eine Tasse Kaffee hin, die sogar leicht schmeckt und nicht so kräftig wie mit den anderen beiden Brühmethoden. Und, ich gebe es zu, der Brühvorgang ist super easy: Gemahlenen Kaffee in die Kammer, Wasser in den Zylinder, Pressen und fertig.
Wie reinigt man die American Press?
Auch der Reinigungsvorgang geht super einfach. Kaffeesatz in den Biomüll oder Kompost und ausspülen. Das war’s! Alle Einzelteile lassen sich zudem auch problemlos zerlegen – ja, auch Kaffeekammer, Deckel und Pressvorrichtung lassen sich auseinander schrauben –, so dass die Reinigung von Kaffeekammer, Metallfilter, Zylinder und Presskolben ein Kinderspiel ist. Kaffeereste bleiben praktisch nirgends hängen.
Worin bestehen die konkreten Unterschiede zu French Press und AeroPress?
Arne hat für euch bereits beide dieser Brühmethoden ausgiebigst getestet. Hier findet ihr den Test mit der AeroPress und hier den Test des Kaffeebereiters bzw. der French Press.
American Press vs. French Press
French Press: Einfache Handhabung: Kaffeemehl rein und Kolben runter drücken. Ergebnis: Kräftige Tasse, starker Körper, aber Schwebstoffe im Kaffee. Bei der American Press könnt ihr dank verschiedener Rezepturen am Ergebnis in eurer Tasse ‚feilen’. Die French Press ist teilweise schwierig zu reinigen, Kaffeepartikel bleiben meist irgendwo hängen. Die Reinigung der American Press ist easy und unschöne Schwebstoffe verbleiben in der Karaffe.
American Press vs. AeroPress
Auch mit der AeroPress ist dank verschiedener Brührezepte einiger Spielraum für das Ergebnis in eurer Tasse möglich. Ich persönlich mag auch die ‚inverted method’ sehr gern! Die Reinigung der AeroPress steht der American Press in nichts nach: Einfach den Kolben der AeroPress solange durchdrücken bis der Kaffeesatz samt Papierfilter herausfällt und ab damit in den Biomüll. Apropos Papierfilter, ich habe leider keinen Metallfilter daheim. Es wäre spannend mal auszuprobieren, welches Ergebnis in der Tasse mit einem Metallfilter gebrüht herauskommt. Wer das mal probieren mag: Gleiche Kaffeemehl zu Wasser Ratio von AeroPress und American Press nutzen und bei der AeroPress mal den Metallfilter reinlegen und aufbrühen. Schreibt mir Eure Eindrücke gern in die Kommentare!
Was gefällt mir persönlich nicht an der American Press?
Nach dem Brühen verbleibt ein Teil des gebrühten Kaffees in der Karaffe, der erst zum Vorschein kommt, wenn ihr den Presskolben inklusive Kaffeekammer aus dem Zylinder entfernt. Bei den ersten Brühversuchen habe ich mich gefragt, was es damit auf sich hat – ist es ein Fehler im System? – und habe dann die ersten paar Male schließlich diesen Rest noch in meine Tasse gegossen. Später allerdings, und das stellte sich als die bessere Variante heraus, habe ich diese vielleicht 30 bis 40 Milliliter entsorgt, da sie ziemlich viele der Schwebstoffe enthalten, die beispielsweise beim Brühen mit der French Press in eurer Tasse landen.
Zweites Manko, die Metallteile werden extrem heiß! Wenn ihr es also eilig habt und/oder die American Press für eine zweite oder dritte Tasse benötigt, müsst ihr leider ein paar Minuten warten, bis sich das Metall wieder etwas abgekühlt hat.
Dritter Nachteil für die Nicht-Native-English-Speakers: Bisher gibt es die Bedienungsanleitung nur auf Englisch. Da die Kaffee-Fachsprache aber größtenteils dennoch verständlich ist, braucht ihr zum Brühen definitiv kein Wörterbuch!
Zu guter Letzt, der ganze Spaß hat seinen Preis! Die American Press kostet knapp 65 Euro. Wer aber wie ich kaffee-nerdig unterwegs ist und liebend gerne neue Spielarten des Kaffeebrühens ausprobiert, der investiert das Geld gern, wenn auch mit einigem Zähneknirschen.
Wo könnt ihr die American Press kaufen?
Die American Press könnt ihr bei der Rösterei Elephant Beans aus Freiburg kaufen. Außerdem ist sie bei der Hannoversche Kaffeemanufaktur erhältlich. Beide Händler haben auch einen Online-Shop und bei beiden solltet ihr Kaffeebohnen mit bestellen!
Mir ist nicht ganz klar, wieso andere Online-Händler bisher nicht auf den American-Press-Train aufgesprungen sind, denn, wenn es keiner anbietet, weiß auch keiner davon. Zumindest sehe ich das so.
Fazit:
Die American Press, mal ganz abgesehen von meinem kleinen Unfall zu Anfang, ist eine super Ergänzung in meinem Filterkaffee-Sammelsurium und machte eine wirkliche solide Tasse Kaffee, die einfach zuzubereiten ist. Die ‚press without the mess’ wird mich vermutlich nicht überzeugen, weniger Chemex, V60 und Co zu nutzen, aber für meine Kaffeebohnen-Tests und eine schnell gebrühte Tasse am Morgen finde ich sie grandios! Übrigens, wer losen Tee daheim hat, mit der American Press könnt ihr auch Tee aufbrühen.