Food Pairing mit Kaffee: Bereit für die Geschmacksexplosion?

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

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Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, warum Kaffee und Kuchen so gut zusammenpassen? Das typische 15 Uhr-Gedeck aus einer Tasse Filterkaffee und dem Stück Sahnetorte setzt seit Generationen das um, was wir heute auf Sexy-Deutsch „Food Pairing“ nennen:

Kaffee in Kombination mit Käse

Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, warum Kaffee und Kuchen so gut zusammenpassen? Das typische 15 Uhr-Gedeck aus einer Tasse Filterkaffee und dem Stück Sahnetorte setzt seit Generationen das um, was wir heute auf Sexy-Deutsch „Food Pairing“ nennen:

Unterschiedliche, oft gegensätzliche Aromen werden so kombiniert, dass am Ende etwas völlig Neues und Fantastisches herauskommt. Im Idealfall unterstreichen die Aromen der einen Komponente die Geschmacksstärken der anderen Komponente – und andersherum.

Dazwischen entsteht ein Geschmack, den beide Komponenten allein nie hätten. Wenn euch das zu verschwurbelt ist, schaut euch den Animationsfilm „Ratatouille“ an. Dort wird Food Pairing ziemlich klug visualisiert.

Die Gourmet-Ratte Rémy isst erst ein Stück Käse und dann ein Stück Erdbeere. Beides schmeckt jeweils super. Aber dann isst sie Beides gleichzeitig. Und um sie herum explodiert eine Welt aus Farben und Wirbeln. Käse und Erdbeeren sollten „eigentlich“ nicht zusammenpassen. Tun sie aber, wenn man die richtigen Sorten auswählt.

Zurück zu Kaffee und Kuchen. Hier treffen die recht bitteren Noten der Kaffeebohne auf die süßen Zuckerelemente der Torte. Dadurch wird die Torte weniger süß, während der Kaffee weniger bitter wird.

Außerdem kommt die Sahnigkeit der Torte mit der eindeutigen Strenge des simplen Filterkaffees ins Gespräch. Und obendrauf schafft es eine gut ausbalancierte Torte mit Früchten oder frischen Elementen auch noch, die oftmals versteckten Fruchtnoten eines Kaffees hervor zu kitzeln.

Aber all das ist ein alter Hut. Und Food Pairing-Spezialisten interessieren sich beim Thema Kaffee gerade nicht für das Offensichtliche. Vielmehr geht es darum, die Insta-Gourmets und Foodies der Welt zu neuen Kombinationen zu verführen, die den Kaffeegenuss noch breiter und abenteuerlicher machen.

Die besten Kombinationen, auch bekannt als Perfect Pairing, will ich euch hier genauer vorstellen. Natürlich freue ich mich auf alle Ergänzungen, die ihr selbst schon ausprobiert habt!

Dieser Artikel ist ein Rewrite eines Blogposts aus dem Jahre 2009. Manche Kaffee-Speisen-Kombis, die ich damals beschrieben habe, tauchen hier wieder auf. Nicht alle Sorten bzw. Röstungen sind in der Form heute noch verfügbar. Aber an den grundsätzlichen Kombinationen aus unterschiedlichen Kaffee-Provenienzen und Food-Elementen hat sich nichts geändert.

Food Pairing bei Kaffee: ein kleiner Überblick

Eigentlich sollte Food Pairing mit Kaffee eine genauso große Hausnummer sein wie das schon seit Ewigkeiten bei Wein der Fall ist. Aber während große Bordeaux-Jahrgänge oder spritzige Riesling-Cuvées vollkommen selbstverständlich zu bestimmten Fleischgerichten oder Gemüsen empfohlen werden, gab es zum Kaffee bisher immer nur Kuchen oder Keks.

Das lag nicht zuletzt daran, dass die typischen Kaffees eher mit Bitter- und Röststoffen auftraten, die durch süße, milde Elemente ausgeglichen werden wollten. Doch spätestens seit der Third Wave und dem neuen Qualitätsverständnis in der Kaffeewelt wurde immer deutlicher, dass diese Kombination noch nicht einmal die Spitze des Eisberges ist.

Denn in einer einzigen Kaffeebohne stecken mehr als 800 bekannte Aromen. Und damit haben wir eine reiche Auswahl zur Verfügung, wie wir diese Aromen auch mit ungewöhnlichen Speisen kombinieren können.

Food Pairing klingt dabei zwar erst einmal nach Experimenten oder Erfahrungswerten, ist aber eine wissenschaftliche Methode. Denn selbst die abwegigsten Kombinationen beruhen auf molekularen Untersuchungen und Vergleichen.

Oberstes Ziel des Food Pairings ist die Harmonie zwischen molekular ähnlichen Aromen, die einander perfekt ergänzen, unterstreichen und gemeinsam eine Geschmacksexplosion schaffen. Und das ist beim Kaffee einfacher und vielseitiger möglich, als viele bisher geglaubt haben.

Ziemlich naheliegend sind Partner wie Nüsse, Kerne, Milch, Zimt oder Vanille. Also alles, was wir bereits seit Ewigkeiten als typische Kaffee-Ergänzung kennen. Siehe Mokka oder all die Sirup-Kreationen, die wir in der Kaffeekette bekommen.

Auch Cognac, Whiskey, Rum und andere Spirituosen sind keine Überraschung. Irish Coffee oder der Kaffee Pharisäer existieren ja auch nicht erst seit gestern.

Aber wusstet ihr, dass zum Beispiel Huhn, Fenchel oder Avocado ebenfalls perfekt mit Kaffee harmonieren? Und was ist mit Käse, der geradezu prädestiniert für den Kaffeegenuss ist?

Diese Kombinationen scheinen nur auf den ersten Blick abwegig zu sein. Denn alle diese Lebensmittel teilen mit dem Kaffee eine ähnliche Molekülstruktur. Und diese Struktur ist nun einmal eine der Grundvoraussetzungen für gelungenes Food Pairing.

Dabei hat Kaffee den Vorteil, dass er je nach Zubereitungsmethode einen anderen Aromencharakter mit einer anderen Hauptkomponente entfalten kann. Und dann ist die Kombination Kaffee-Fenchel längst nicht mehr so merkwürdig.

Außerdem solltet ihr euch beim Perfect Pairing von der Vorstellung von Kaffee als Getränk verabschieden. Denn das Gebräu kann auch als Sauce funktionieren, als Rub für Grillgut verwendet werden oder sich zum Beispiel als Gewürz präsentieren.

Wenn ihr es schafft, die richtigen Nuancen zu entdecken, gibt Kaffee zum Beispiel einem Chili con oder sin Carne den richtigen Kick. Und Kaffee schmeckt dann auch zu Fisch einfach fantastisch – bzw. der Fisch wird durch den Kaffee geschmacklich noch lebendiger.

Ich persönlich mag es natürlich am liebsten, wenn der Kaffee gleichberechtigt als Getränk eine Hauptrolle neben dem richtigen Food-Partner spielt. Und das ist insbesondere bei Käse der Fall.

Kaffee und Käse kann man nie genug haben!

Für mich sind Kaffee und Käse das geheime Liebespaar. In meinem ausführlichen Artikel dazu habe ich viele gängige Käsesorten mit den unterschiedlichsten Kaffeeröstungen ausprobiert. Auch in der ersten Version des hier vorliegenden Artikels konnte ich von dem Zusammenspiel dieser ungewöhnlichen Freunde nicht genug bekommen.

Ganz wichtig ist, dass ihr euch durch die unterschiedlichsten Sortenverbindungen testet, auch wenn es ein paar „unverrückbare“ Grundbedingungen gibt:

  • Helle, säurebetonte und blumige Kaffeebohnen sind traditionell die besten Käse-Begleiter

  • Kaffee aus dem Handfilter oder der Chemex bringt die richtigen Aromen für den Käse-Einsatz hervor

  • Je gereifter und kräftiger der Käse, desto kräftig-klarer sollte auch der Kaffee sein

Wie das funktioniert, zeigt ein Sumatra-Kaffee mit reifem Gouda oder fettem Weichkäse. Selbst nach Jahren der Testerei ist mir selten ein Kaffee in die Küche gekommen, der besser zu Käse passte. Sumatra-Kaffee wie der Gayo-Mandheling ist als Solo-Künstler eine recht herausfordernde Angelegenheit mit vergleichsweise wenig Säure und einem bestechend holzig-erdigen Geschmack.

Aber das macht ihn zum perfekten Spielpartner von würzigem Gouda oder einem schön fetten, cremigen Weichkäse. Würzige Aromen werden gegenseitig katalysiert und treten klar zum Vorschein. Die Cremigkeit eines Weichkäses nimmt dagegen etwas von der „Härte“ des Sumatra Kaffee.

Kaffee und Obst – Food Pairing für Einsteiger

Auf faktisch jeder guten Rösterpackung steht in den Geschmacksnotizen wenigstens eine Obstsorte. Deswegen liegt es auch besonders nahe, Kaffee und Obst zu kombinieren. Auch das war früher weniger der Fall, weil sich sehr dunkle, bitterstofflastige Röstungen mit der teilweise kräftigen Fruchtsäure gebissen hätten.

Zum Testen dieser unheiligen Allianz müsst ihr euch nur mal einen sehr dunklen Espresso in der Siebträgermaschine oder im Kaffeevollautomaten brauen und direkt nach dem Schluck in eine Ananas beißen. Brrrrr. Vor ewigen Zeiten habe ich auch mal Mangonektar in einen sehr dunkel gerösteten Espresso gekippt. Das war auch ein echter Fehlschlag.

Mit einer blumig-spritzigen Röstung seid ihr also auch hier wieder an der richtigen Adresse. Und besonders geeignet – auch für Einsteiger – ist dabei ein Yirgacheffe. Der Äthiopier ist ausnehmend komplex, kann sich sehr würzig, genauso aber auch ausnehmend fruchtig präsentieren.

Die Säure ist stilbildend und wird im Idealfall mit einem sehr weichen, vollen Mundgefühl abgerundet. Als Röster kann man einen Yirgacheffe unter all diesen (schwierigen) Voraussetzungen schnell verhunzen und dann ist er einfach nur anstrengend.

Beim Perfect Pairing spielt ein Yirgacheffe besonders hervorragend mit einem Obst, das angesichts der eben gemachten Beschreibungen vielleicht nicht so nahe liegt – Litschi passt dazu wesentlich besser als die Beeren-Familie.

Litschis mit ihrem sehr weich-spritzigen Geschmack und dem stilistisch ebenfalls sehr eigenen Aroma haben genug Vokabular, um sich mit dem Yirgacheffe perfekt zu unterhalten. Das etwas gekünstelte Litschi-Aroma wird durch den Äthiopier ein wenig gezügelt und die Frucht schmeckt plötzlich wesentlich „natürlicher“ und frischer.

Selbstverständlich gilt auch hier wieder: diese besondere Kombination ist nur eine Möglichkeit von vielen. Nascht euch beim nächsten Kaffee doch einmal durch euren Obstkorb und findet heraus, was gut funktioniert. Gerade beim Food Pairing von Obst und Kaffee lohnt es sich!

Denn die jeweiligen Aromen sind sehr klar, trainieren also eure Geschmacksknospen und damit auch eure Fähigkeit, die einzelnen Nuancen von unterschiedlichen Lebensmitteln besser zu erfassen. Fehlschläge solltet ihr aber immer einkalkulieren.

Für den Einstieg (und vielleicht auch etwas für Fans kräftigerer Noten) lohnt sich ein Blick auf Kaffee aus Kenia mit allen Arten von Beeren oder Steinfrüchte in Begleitung von Kaffee aus Tansania.

Kaffee und Schokolade: So einfach is(s)t das gar nicht!

Das Food Pairing von Kaffee und Schokolade scheint erst einmal selbstverständlich. Aber genauso, wie es Schokolade in unterschiedlichen Konzentrationen und Darreichungsformen gibt, ist die Vielfalt an passenden Kaffees ebenso riesig.

Wenn ihr Schokolade beispielsweise am liebsten in reichhaltiger Kuchenform zu euch nehmt, sind die cremig-vielseitigen Guatemala-Kaffees die richtige Wahl. Auch die ebenso körperreichen Brasilianer, die aber dennoch ein wenig Leichtigkeit ins Spiel bringen, sind dazu perfekt.

In meinen aktuellen Tests finde ich deshalb, dass etwa die Martermühle Kaffees ein wunderbarer Schokokuchen-Begleiter sind.

Je größer der Milchanteil und je geringer die Kakao-Komponente in eurer Lieblingsschokolade wird, desto stärker würde ich in Richtung spritzigere, afrikanische Kaffees tendieren. Weiße Schokolade, die eigentlich keine Schokolade ist, verträgt sich jedoch wieder mehr mit Kaffee aus Costa Rica.

Kaffee und Frühstück – Jetzt wird’s spannend!

Widmen wir uns dem Food Pairing, das eigentlich selbstverständlich sein sollte: Wie passt Kaffee zu einem richtig ausgedehnten Frühstück? Wer Käsebrötchen mag, findet weiter oben meine Empfehlungen. Wer nur ein Croissant oder ein Marmeladenbrot pappelt, kann sich fast bei allen Röstungen bedienen.

Aber was mit einer Instagram-würdigen Frühstückstafel mit Eiern, Oatmeal oder einem Toast? Solltet ihr Fans von Rührei oder Omelett zum Frühstück sein, braucht ihr einen Kaffee mit Durchsetzungsvermögen. Das führt uns erneut nach Sumatra, aber auch nach Indonesien und Java.

Diese drei Provenienzen gehören zu den ältesten Herkunftsorten, haben es mit ihrer Eigenheit aber momentan schwer, sich durchzusetzen. Das ändert sich langsam wieder und mit dem Begleiter Eierspeisen könnten sie sich zu euren neuen Lieblingssorten aufschwingen.

Für eure Overnight Oats ist Kaffee mit einer leichteren Stilistik besser. Hier sind hellere Kaffees aus Nicaragua eine echte Empfehlung.

Und was ist nun mit dem Avocado Toast? Ohne den geht es weder auf der Coffeeshop-Menütafel noch auf Instagram. Avocado hat keinen starken Eigengeschmack, legt sich aber sehr weich und „fettig“ auf den Gaumen und kann deswegen sehr spritzige Kaffees auf das richtige Maß abmildern.

Außerdem machen sich die typischen Gewürze auf Avocado Toast hervorragend, um der Säure den richtigen Dreh zu geben. Grundsätzlich gelten folgende „Bedingungen“ für das Perfect Pairing von Kaffee und Avocado:

  • Der Kaffee muss (!) schwarz getrunken werden, damit das Food Pairing wirklich funktioniert

  • Hier sind weniger Provenienzen, als Aufbereitungen entscheidend: „(Fully) Washed Coffees“ sind die perfekte Wahl

Gewaschene Kaffees, wie sie zum Beispiel in Mexiko zur Tradition gehören, sind sehr rein, sehr fruchtig und haben deutliche Zitrusnoten. Das ist genau die richtige Komplementärfarbe zur cremigen Avocado.

Wenn euch richtig crazy zumute ist, könnt ihr euch auch gleich einen Es Alpukat Kopi machen. Dieser in Indonesien berühmte Mix beruht auf einer Cold Brew-Basis, die mit Kondensmilch, Vanille und einer zermatschten Avocado zusammengeführt wird.

Ansonsten haltet euch zum Beispiel an die hervorragenden Ostafrikaner von Wood Grouse Coffee Roasters.

Was kommt zuerst: Food or Coffee?

Wenn ihr Food Pairing mit Kaffee ernsthaft betreiben wollt, reicht es nicht, sich nur auf meine hier gemachten Empfehlungen zu verlassen. Ihr müsst es tatsächlich üben. Dabei ist es fast egal, in welcher Reihenfolge ihr vorgeht.

Sucht ihr ein bestimmtes Lebensmittel, das zu eurem neuen Lieblingskaffee passt, beginnt ihr immer mit einem konzentrierten Schluck aus der Tasse. Versucht, die verschiedenen Aromen genau zu benennen – oder zumindest in eine Grundrichtung einzuordnen.

Habt ihr die Hauptkomponenten identifiziert, folgt ruhig erst einmal eurem Bauchgefühl. Wenn ihr das Gefühl habt, dass zum Beispiel ein Bananenkuchen oder ein schönes Rührei zu diesem Kaffee genau das Richtige wäre, dann liegt ihr damit vermutlich richtig.

Habt ihr in den Grundzügen beim Food Pairing Sicherheit gewonnen, könnt ihr euch an abenteuerlichere und weiter entfernte Komplementär-Gerichte machen. Sollte euch diese Kombination dann überhaupt nicht zusagen, heißt das nicht, dass ihr Food Pairing-Versager seid.

Denn trotz aller Wissenschaft ist Food Pairing immer noch eine sehr individuelle Sache, die vom subjektiven Geschmack abhängt. Und wenn man zum Beispiel einfach keine Shrimps mag, hilft auch die perfekte Kombination mit einem Kaffee nichts.

Jetzt bin ich gespannt: Welche außergewöhnlichen Kombinationen könnt ihr wärmstens empfehlen? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!

Dein Kaffee-Experte
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Arne Preuss

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