Unser Wissen über Kalorien ist ganz schön kalorienarm. Trotzdem rechnen wir an unserer Nahrung herum, als müssten wir die Mathe-Olympiade gewinnen. Was ist da schiefgelaufen? Und warum wittern wir in jedem Stäubchen Kakaopulver eine Kalorienfalle?
Unser Wissen über Kalorien ist ganz schön kalorienarm. Trotzdem rechnen wir an unserer Nahrung herum, als müssten wir die Mathe-Olympiade gewinnen. Was ist da schiefgelaufen? Und warum wittern wir in jedem Stäubchen Kakaopulver eine Kalorienfalle?
Warum reden wir im Zusammenhang mit einer Tasse Milchkaffee oder einem Latte Macchiato von einer Kilokalorien-Katastrophe, während schwarzer Kaffee als Mutterschiff der Fettverbrennung gefeiert wird?
Jedem ist klar, dass Kaffee-Rezepte mit Zucker, Toppings, Sahne und Zeugs eine „Kalorienbombe“ sind. Doch was das heißt – oder eben nicht – weiß kaum jemand.
Ich habe mich ein wenig in Rage geschrieben und meinen Ratgeber zu Kaffee-Kalorien überarbeitet. Achtung, es wird sarkastisch, mit einem leichten Aroma von schlechter Laune.
Inhaltsverzeichnis
- Kalorien?Referenzmenge & BMI
- Hat Kaffee Kalorien?Schwarzer KaffeeKalorien in 100 ml KaffeeTasse KaffeeVerbrennt Kaffee Kalorien?
- Kaffee mit MilchHafermilch & MandelmilchKondensmilchFettarme MilchMilchalternativenMilch oder Ersatzprodukte?
- Kaffee mit Zucker
- Latte Macchiato & Cappuccino
- Starbucks Getränke
- Fazit
Kalorien? I don’t know her…
Kalorien haben etwas mit Energie zu tun. So weit, so bekannt. So mancher kann auch rezitieren, dass eine Kalorie der Menge an Energie entspricht, mit der ein Gramm Wasser um ein Grad Celsius erhitzt wird.
Den Weg von Kalorien zu Kilokalorien zu Joule spare ich uns. Es reicht zu wissen, dass Denker irgendwann festgestellt haben, dass eine Kalorie als Konzept oder Konstrukt nicht funktioniert.
Um herauszufinden, wie viel Kalorien ein Lebensmittel enthält, muss es buchstäblich verbrannt werden. Die freigesetzte Energie wird als physikalischer Referenzwert auf die Packung gedruckt. Wenn wir allerdings von Kalorien als Energielieferant für unseren Körper reden, meinen wir einen physiologischen Wert:
Während eine Verbrennung ein direkter Weg vom Ausgangsmaterial zur Verbrennungsenergie ist, ist eine Verstoffwechselung im Körper komplexer. Dabei spielen sowohl individuelle Faktoren (Stoffwechselzustand, Aktivitätslevel etc.) als auch die Nahrungsmittelzusammensetzung eine Rolle.
Von vielleicht 100 Kalorien, die auf einer Packung für ein Produkt angegeben werden, kann der Körper nicht zwingend alle 100 Kalorien verarbeiten.
Manche gehen direkt durch, andere liefern dem Körper keine Energie, sondern sind an sekundären Prozessen beteiligt, wieder andere haben aufgrund eurer Voraussetzungen vielleicht einen doppelten Effekt.
Oder auf den Punkt gebracht: Kalorien bedeuten im Grunde nichts. Denn ihr habt keine Ahnung, was euer Körper damit macht. Eine sehr schöne Übersicht über das Thema liefert für den Anfang der ZEIT-Artikel „Goodbye Kalorien“.
Referenzmenge & BMI: Die Wurzel des Kalorien-Übels
Kalorien allein sind nur eine Tatsache. Um Nährwerttabellen und den Hype um Süßungsmittel oder kalorienarmes Kochen und Trinken zu verstehen, brauchen wir einen Bezugsrahmen. Also etwas, das uns sagt, wann unsere Kalorienzufuhr zu hoch oder zu gering ist.
Ich frag mal so: Wisst ihr, wie viele Kalorien ihr pro Tag benötigt, um existieren zu können? Und wenn wir schon bei toxischen Fragen sind: Findet ihr, ihr seid zu dick, zu dünn, zu was auch immer?
Reflexartige Antworten beziehen sich stets auf den Body Mass Index (BMI) und die Referenzmenge von 2.000 Kilokalorien pro Tag. Das Dumme daran: Beide Konstrukte haben keinerlei Wert.
Der BMI soll laut Apotheken Umschau dabei helfen, „das eigene Gewicht richtig einzuschätzen“. Die Formel setzt das Gewicht ins Verhältnis zur Körpergröße und wird heute von Krankenkassen, Versicherern und Behörden auf der ganzen Welt als Maß für einen (nicht) gesunden Menschen genommen.
Das Problem liegt auf der Hand: Allein aus Größe und Gewicht lässt sich absolut nichts herauslesen. Zwei gleich große Menschen können gleich schwer sein – der eine hat Muskeln, der andere nicht. Aber beide fallen unter denselben BMI?
Den direkten Zusammenhang zwischen Kalorien und BMI stellte die amerikanische Food & Drug Administration (FDA) in den Neunzigern her. Sie wollte einen Ausweg aus der „obesity epidemic“, der Übergewichtsepidemie, finden.
Sie suchte nach einem Wert, an dem Erwachsene festmachen können, wie ein bestimmtes Lebensmittel den täglichen Kalorienbedarf abdeckt.
Also befragte (!) die FDA Frauen und Männer nach ihrem täglichen Kalorienkonsum. Aus dieser völlig subjektiven Datenlage ergab sich ein Durchschnittswert von 2.350 Kilokalorien, der laut Experten für Frauen zu hoch war und Leute zum Überkonsum ermutigte. Also einigte man sich buchstäblich auf den hübschen, geraden Wert von 2.000 kcal.
Zwar gibt es auch differenziertere Referenzlisten, wie etwa von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, aber auch die enthalten nichts weiter als Zahlen, die für den Einzelmenschen kaum Bezugspunkte haben.
Der Podcast ist exzellent recherchiert und mit Primär- sowie Sekundärquellen belegt. Falls ihr nicht hören, sondern lesen wollt, führt euch die Transcripts der Folgen „The Trouble With Calories“,„Calorie Menu Labeling“ und „The Body Mass Index“ zu Gemüte.
Hat Kaffee Kalorien?
Kaffee hat Kalorien. Auch, wenn wir in jeder Mahlzeit nach Kalorien suchen, lassen wir uns davon überzeugen, dass ein bestimmtes Lebens- oder Genussmittel keine Kalorien hat. Gerade Kaffee bzw. Schwarzer Kaffee wird hier oft genannt.
Gebt ihr „Kaffee Kalorien“ bei Google ein, prangt dort eine dicke, schwarze Null. Das ist rein physikalisch und aufgrund der Zutaten jedoch unmöglich. Aber spielt das eine Rolle?
Warum hat schwarzer Kaffee keine Kalorien? (Sagt Google)
Falls ihr euch schon immer gefragt habt: Kaffeebohnen bringen 211 Kilokalorien auf 100 Gramm mit – und haben außerdem viel Kalzium, Kalium, Magnesium, Phosphor, Eisen und andere Mineralstoffe an Bord.
Eine fertige Tasse Kaffee (ohne Milch und Zucker) besteht zu etwa 98 Prozent aus Wasser. Zwei Prozent entfallen aber trotzdem auf Feststoffe und Makronährstoffe wie Polysaccharide (Kohlenhydrate).
Kalorien in 100 ml Kaffee oder Kaffee Crema
Rein rechnerisch haben also 100 Milliliter schwarzer Kaffee irgendwas um die 4 Kilokalorien. Doch wenn ihr euch mal im Netz umschaut, steht dort jede Zahl zwischen Null und irgendwas.
In dieser Hinsicht ist allerdings nur der Nullwert falsch: Je nachdem, ob ihr eure Kaffeebohnen als Espresso oder Filterkaffee zubereitet, sind mehr oder weniger Stoffe in der fertigen Lösung enthalten. 100 Milliliter Espresso sind demnach dichter und kalorisch gewichtiger als ein Filterkaffee.
Auch wird Kaffee bzw. Café Crema, dessen dichtere Kaffeeschaum-Schicht auf mehr gelöste Stoffe in einem eigentlich gestreckten Kaffee hinweist, gern extra betrachtet. Überraschung: Die Kalorien sind dieselben – oder eben nicht.
Alternativen wie türkischer Kaffee oder löslicher Kaffee kommen am Ende im Vergleich ähnlich weg. Auch das ist keine Überraschung.
Eine Tasse Kaffee (250 ml)
Rechnen wir das Ganze hoch, hat eine gut gefüllte Tasse Morgenkaffee in etwa fünf oder zehn Kalorien. Und ja, das sind wenig Kalorien und ist kaum mit einer Mahlzeit zu vergleichen. Doch selbst wenn euch das neu ist, ahntet ihr schon immer, dass es bei Kaffee-Kalorien ganz sicher nicht um Kaffee geht, oder?
Verbrennt Kaffee Kalorien?
Bei Tipps zum „Abnehmen“ mit Kaffee, Koffein und Kaffeebohnen werde ich richtig wütend. Denn die Faktenlage ist nicht nur dünn, die Wissenschaft hat bisher nur herausgefunden, dass sie eigentlich keine Ahnung hat.
Sehr viel mehr dazu erfahrt ihr in meinen Texten zur Frage, ob Kaffee gesund ist, oder zu Koffein und Sport. Außerdem gibt es mehr Infos im Text über Chlorogensäure und natürlich in unserer großen Koffeinstudie.
Kaffee mit Milch: Nur ein Schuss…
Milch ist noch vor Zucker (und manchmal Kaffee) die häufigste Zutat in der Kaffeetasse. Hier gibt es teils eklatante Kalorien-Unterschiede, die sich aus der Zusammensetzung der Milch oder Milchalternative ergeben. Die Nährwerte werden jeweils im Wesentlichen vom (natürlichen) Zuckeranteil sowie dem Fettgehalt bestimmt.
Hafermilch & Mandelmilch
Im typischen Diät-Sprech ist Hafermilch eigentlich eine „Kalorienbombe“. Denn das Getreide hat einen hohen Nährstoffgehalt, Hafermilch-Produkte bestehen zudem aus Stabilisatoren, Ölen und Wurzelfasern. So haben praktisch alle zuckerfreien Hafermilchvarianten einen Durchschnittsgehalt von 40 Kilokalorien auf 100 Milliliter.
Mandelmilch wiederum ist kalorienarm, obwohl die Kerne durch ihren hohen Fett- und Nährstoffgehalt ein absolutes Kalorienpaket sind. Die dazugehörige Milch ist mit durchschnittlich 13 bis 28 Kilokalorien auf 100 Milliliter schon fast so „kalorienfrei“ wie Kaffee.
Das Geheimnis: Mandel macht nur rund vier bis fünf Prozent im fertigen Drink aus. Der Rest ist Wasser plus Stabilisator und etwas Salz.
Kondensmilch
Kondensmilch ist ein Überbleibsel aus Zeiten, als Lebensmittel ohne Kühlung haltbar sein mussten. Sie ist der Ristretto unter den Kaffeezusätzen, enthält also weniger Wasser als normale Vollmilch.
Dadurch steigen Fettanteil und Kalorien. Eine 7,5-Prozent-Version bringt 132 Kilokalorien auf die Kalorien-Waage, bei zehn Prozent Fett sind es schon 177 Kilokalorien. Übrigens: Steigt der Fettanteil über zehn Prozent, redet man von Kaffeesahne.
Wenn ich so darüber nachdenke, ist Kaffee mit kondensierter Milch also sowas wie die Boomer-Version von Bulletproof Coffee.
Fettarme Milch: Mit 1,5% Fett, 3,5% Fett & mehr (Barista-Editionen)
In fettarmer Milch als „schlankere“ Alternative zu Vollmilch (seufz) haben wir in etwa so viele Kalorien wie in Haferdrinks am Start, kommen aber ohne Stabilisatoren aus.
Vollmilch (3,5 Prozent Fett) oder Vollfett- bzw. Weidemilch (3,8 Prozent) werden gern als Barista-Milch beworben. Sie sollen angeblich den besten, cremigsten und stabilsten Milchschaum liefern.
Doch stabiler Milchschaum hat nichts mit dem Fettgehalt, aber alles mit dem Eiweißgehalt zu tun. Dieser unterscheidet sich zwischen fettarmer und vollfetter nur unwesentlich. Fettmoleküle sind für das Mundgefühl und den vollen Geschmack verantwortlich. So oder so: Mit 64 bis 68 Kilokalorien auf 100 Milliliter sind beide Versionen kaloriendicht.
Milchalternativen: Kaffeeweißer & Milchpulver
Ich habe Kaffeeweißer noch nie kapiert. Weder in seiner Zusammensetzung noch in seinem Daseinszweck.
Er ist noch haltbarer als haltbar und besteht aus Glukosesirup (Zucker), rund 20 Prozent Fett und Milchzucker. Alles wird dehydriert und in Pulverform gebracht. Was wie ein Rezept für billige Schokolade klingt, hat tatsächlich ähnlich viele Kalorien, rund 550 Kilokalorien auf 100 Gramm.
Milchpulver sehe ich eher als Zutat für andere Dinge denn als Endprodukt, das wir direkt in Kaffee kippen. Hierbei handelt es sich schlicht um vollständig dehydrierte Milch. Die enthaltenen 496 Kilokalorien pro 100 Gramm müssen wir uns also eher anteilig denken.
Milch oder Ersatzprodukte: Was ist gesünder?
Nix is! Ihr wisst, dass ich keine Gesundheits-Statements abgebe. Kuhmilch ist zwar natürlich, aber eigentlich nicht für Menschen gemacht. Ersatzprodukte wie Pflanzendrinks, Eiweiß-Pulver oder Weißer enthalten industriell hergestellte Stoffe, die in der Natur nicht vorkommen. Macht mit dieser Info, was ihr wollt.
Kaffee mit Zucker: Kaffee mit Milch und Zucker
Granulierter Zucker – ob zum Rieseln oder als Würfel – besteht zu praktisch 100 Prozent aus Kohlenhydraten und bringt 387 Kilokalorien mit.
Im Unterschied zu „kalorienfreien“ Süßungsmitteln wie Aspartam sind diese Kalorien quasi vogelfrei und werden vom Körper in jedem Fall verwertet – ob für die Energiegewinnung oder die Energie-Einlagerung.
Wenn ihr euch einen Teelöffel Zucker in jeden Kaffee haut, sind das rechnerisch rund sieben Gramm oder 28 Kilokalorien – das entspricht auch den klassischen „2 Stück Zucker“. Wenn es euch in den Fingern juckt, könnt ihr eure individuelle Zusammenstellung aus Milch und Zucker im Kaffee ausrechnen.
Latte Macchiato & Cappuccino: Mehr Geschmack, weniger Kaffee-Kalorien?
Milchschaum ist Milch plus Luft. Und Luft hat tatsächlich keine Kalorien. Darum trinkt ihr zum Beispiel mit einem Latte Macchiato zwar oft mehr als 300 Milliliter Milchschaum, aber nur rund 200 Milliliter Milch.
Bei einem Cappuccino sind es sogar nur rund 100 Milliliter Milch, die ihr im klassischen Rezept auf etwa 125 Milliliter aufplustert. Bei Milchkaffee wird die Milch nur angewärmt, sodass eine Tasse mit Milch (und Zucker) dem Äquivalent der Zutaten entspricht.
Starbucks Getränke-Kalorien: Sirup, Sahne & Saucen
Starbucks ist ein Meister darin, selbst den besten Kaffee unter einer ganzen Batterie Zusätze zu ertränken und trotzdem noch so zu tun, als würdet ihr Kaffee trinken.
Ich habe mir bereits in meiner ersten Auflage dieses Ratgebers den Spaß gemacht und die Kalorien einiger beliebter Starbucks-Drinks aus der ellenlangen Nährwerttabelle aufgeführt. Da schlackern euch die Ohren!
Kalorien – Starbucks | „Tall“ | „Grande“ | „Venti“ |
---|---|---|---|
Caramel Macchiato | 190 | 250 | 310 |
Caffè Mocha | 290 | 360 | 450 |
White Chocolate Mocha | 370 | 470 | 580 |
Coffee Frappuccino | 180 | 240 | 350 |
Kaffee-Kalorien: Stop the madness!
Es dürfte deutlich geworden sein, was ich vom Eiertanz um Kaffeekalorien halte. Trinkt euren Latte Macchiato nach eurem Lieblings-Kaffee-Rezept, süßt euren Espresso mit Milch und Zucker, haut euch Sirup, Süßstoffe, Haselnussmilch oder Ahornsirup in den Cappuccino:
Wenn euer Stoffwechsel damit klarkommt, ihr keine Laktoseintoleranz habt und ihr einfach keinen puren Espresso trinken könnt, dann ist euer Genuss das Einzige, was zählt. Mit einem Teelöffel Süßungsmittel richtet ihr im Grunde genauso viel Schaden oder Nicht-Schaden an wie mit einem Ahornsirup-lastigen Latte Macchiato.
Ihr seht das komplett anders oder komplett genauso? Hinterlasst mir gern einen Kommentar!