Coffeeness testet Kaffee aus dem Supermarkt: Eine Schweigeminute für die Qualität

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

Wie wir testen | Unser Team

Vor keinem anderen Test habe ich mich solange gedrückt wie vor diesem. Auf keinen anderen Test hatte ich so wenig Lust. Und bei keinem anderen Test war ich mir schon im Vorfeld dermaßen sicher, wie die Ergebnisse ausfallen werden.

Vor keinem anderen Test habe ich mich solange gedrückt wie vor diesem. Auf keinen anderen Test hatte ich so wenig Lust. Und bei keinem anderen Test war ich mir schon im Vorfeld dermaßen sicher, wie die Ergebnisse ausfallen werden.

Aber viele von euch haben sich schon ewig einen Supermarkt-Kaffee-Test von mir gewünscht. Ich glaube nicht, dass ihr darauf so scharf seid, weil ihr glaubt, dass ich euch einen Testsieger empfehlen werde. Ich glaube vielmehr, dass ihr ein paar handfeste Argumente dafür sucht, warum ich Supermarkt-Kaffee immer so verteufle.

Sechs dieser Argumente in Form stereotypischer Marken und Röstungen findet ihr in diesem Text. Und ich sage euch, es wird ein Massaker, an deren Ende wir eine Schweigeminute für die Qualität einlegen sollten.

Wer jetzt sagt, dass meine Einschätzung vorhersagbar ist, bekommt von mir ausführliche Beweise dafür geliefert, warum Kaffeemarken aus dem Supermarkt eine Zumutung sind. Und ich meine dabei nicht nur den viel zu niedrigen Preis und die undurchsichtigen Beschaffungsstrukturen.

Wirklich jede Röstung in diesem Test ist eine Ansammlung von Röstfehlern und schlechten Rohstoffen. Selbst, wenn die Packung etwas anderes behauptet.

Denn was euch Marken wie Melitta, Lavazza und Dallmayr Prodomo als hochwertige Kaffeebohnen andrehen wollen, ist eine bodenlose Frechheit. Und sie geben sich noch nicht einmal Mühe, diese Frechheit zu verstecken. Das Qualitätsspektrum reicht von „unterdurchschnittlich“ bis „untrinkbar“.

Mit Mövenpick habe ich außerdem eine der scheinbar hochwertigeren Marken unter die Lupe genommen und mit dem Happy-Belly-Kaffee etwas ausnehmend Abenteuerliches in den Ring geworfen: Amazon hat jetzt tatsächlich eine Eigenmarke für Kaffee.

Sollte euch dieser Artikel gefallen, beiße ich gerne in die saure Kaffeebohne und schaue mir noch weitere Röstungen an. Ein Update zum Thema Illy steht bereits auf meiner To-do-Liste, die Krönung könnte ich bei Bedarf auch noch genauer untersuchen. Und natürlich nehme ich eure Hinweise und Anregungen sehr gerne entgegen.

Bis dahin könnt ihr auch noch einmal mein Video „Supermarkt-Kaffee? Nein, danke!“ anschauen.

Wie testet man Supermarkt-Kaffee auf die faire Tour?

Allein die Tatsache, dass ich alle Testkandidaten als ganze Kaffeebohne bestellt habe, ist schon außergewöhnlich. Natürlich liegen ganze Kaffeebohnen voll im Trend, schließlich will jeder Hersteller am Hype um den Kaffeevollautomaten mitverdienen.

Doch ganz ehrlich: Supermarktkaffee ist die Domäne des vorgemahlenen Kaffeepäckchens, das seit Monaten im Regal vor sich hin schlummert. Aber weil ich fair bleiben wollte, habe ich sogar Dallmayr Prodomo als ganze Bohne frisch gemahlen und so versucht, vielleicht einen besonderen Charakter herauszukitzeln, den Kaffeemehl aus der Tüte einfach nicht haben kann.

Außerdem habe ich nicht einfach die billigste Kaffeemaschine aus Plastik auf den Tisch gestellt, sondern mir die Mühe mit Handfilter und Handkaffeemühle gemacht. Auch das hatte wiederum den Grund, dass ich mit Sorgfalt und den gleichen professionellen Maßstäben wie sonst ans Werk gehen wollte.

Darum habe ich auch darauf geachtet, bei allen Kaffee-Tests die exakt gleichen Maßstäbe anzulegen: 12 Gramm Kaffee auf 200 Milliliter Wasser bei einer Temperatur von 96 Grad Celsius – und alles hübsch langsam aufgießen.

Die sechs Röstungen sind allesamt „für Vollautomaten geeignet“ bzw. „optimiert“, aber für fast alle Zubereitungsmethoden empfohlen. Das ergibt auch Sinn, schließlich gibt es keine idealtypische KVA-Röstung – aber wer das Buzzword Vollautomat nicht auf die Packung schreibt, verkauft auch keine Bohnen.

Lavazza Tierra Bio Organic – Greenwashing mit Industrieweichspüler

Ihr könnt mir gerne vorwerfen, dass ich Lavazza auf dem Kieker habe. Die Italiener machen es einem aber auch leicht. Die Qualität der Kaffeebohnen ist immer unterirdisch. Und egal, welche Röstung auf der viel zu billigen Packung steht – der Kaffee schmeckt immer sauer. Nicht fruchtig, nicht zitrisch, einfach nur sauer.

Bei der World of Coffee 2019 habe ich mich wieder davon überzeugen dürfen. Hier wurden zwei (exklusiv für die Gastronomie geröstete) Kaffeeversionen aus der Tierra-Reihe vorgestellt. Mit reichlich Marketing-Heile-Welt-Nachhaltigkeit-ist-Trumpf-Bullshit und wenig echten Informationen.

Die Version für die Plebejer (also den Endkunden) nennt sich Lavazza Tierra Bio Organic und kostet im Durchschnitt 16 Euro das Kilo. Allein schon beim Namen musste ich grinsen: „Bio Organic“ ist kein Wort und schon gar keine Aussage. Organic ist einfach das englische Wort für Bio, aber im Doppelpack klingt das Ganze natürlich noch grüner.

Überhaupt ist Grün und Öko hier das ganz große Thema: in der Farbe, im inflationären Gebrauch und Layout der Worte „Bio“ und „Organic“ und im Hinweis auf die UTZ-Zertifizierung der Kaffeefarmen.

Während die Gastro-Versionen wenigstens noch eine ungefähre Himmelsrichtung bei der Herkunft ihrer Bohnen anzeigen, könnt ihr das hier natürlich wieder vergessen. Es handelt sich um „Organic Coffee Beans“ aus 100 Prozent Arabica, die im „Italian Roast“ nach „Traditional Italian Roasting Techniques“ hergestellt wurden. Röstdatum gibt’s auch nicht, das MHD liegt annähernd zwei Jahre in der Zukunft.

Nur auf der Website wird die Bohnenherkunft mit „Südamerika, Afrika, Asien“ angegeben. Auf Deutsch: Was gerade da ist.

Geruch und Bohnenbild

Die Packung (und Website) des Lavazza Tierra Bio Organic verspricht euch „floral notes“ und einen „vollen Körper“. Es wurde allerdings vergessen, auf die Duftnote „leicht nach Ammoniak“ hinzuweisen.

Direkt beim Aufschneiden der Packung stieg mir diese stechende Note in die Nase und setzte sich während der gesamten Nutzungsdauer als leicht stechendes Gefühl im Rachen fest.

Ich habe den Lavazza in einer größeren Menge gemahlen, weil ich ihn weitergeben wollte. Ich musste die Packung schnellstmöglich aus meiner Wohnung entfernen, weil dieses stechende Element die ganze Zeit in der Luft hing. Und es hat alle anderen eventuellen Nuancen für mich komplett gekillt.

Das Bohnenbild habe ich – wie bei allen Kaffees aus dem Supermarkt Test – nach einer simplen Stichprobe bewertet. Ich habe eine Handvoll Kaffee auf den Teller gelegt und dann damit begonnen, fehlerhafte Bohnen auszusortieren.

Beim Lavazza Tierra musste ich irgendwann damit aufhören, weil sonst kaum noch Bohnen auf dem Teller gelegen hätten. Bruch und hohle Bohnen, unterschiedliche Farben, Löcher, offensichtliche Röstfehler – die Stichprobe war ein buntes Potpourri an Mist.

Geschmack, Mundgefühl, Abgang

Boah, ging mir dieser Kaffee auch beim Trinken auf den Keks! Er schmeckte sauer und bitter – was wohl die richtigen Synonyme für „floral notes“ und „full-bodied“ gewesen wären.

Der Kaffee besaß keinerlei Finesse oder Nuancierung, konnte sich dafür aber mit einer ekelhaften Adstringenz ins Gedächtnis brennen. Meine Mundschleimhaut kam aus dem Zusammenziehen gar nicht mehr heraus.

Allerdings muss man zugeben, dass es ihm nicht an Präsenz mangelt. Der Kaffee legte sich vorlaut an die Zungenseiten und blieb dort auch für eine ganze Weile. Doof nur, dass ich ihn schnell loswerden wollte.

Für mich ist der Lavazza Tierra Bio Organic ein Paradebeispiel in Sachen Greenwashing, bei dem Schöne-Heile-Welt-Worte darüber hinwegtäuschen sollen, dass es sich um die faulste Industrieröstung handelt, die ihr euch nur vorstellen könnt. Weg damit!

Lavazza Qualità Rossa – besser, aber besser nicht

Da ich gerade so schön in Lavazza-Fahrt war, habe ich direkt nach dem Organic-Mist den Klassiker Lavazza Qualità Rossa getestet. Der ist zwar als „Arabica und Robusta“-Mischung laut Hersteller für einen KVA-Espresso prädestiniert, soll aber laut Packung auch mit fast allen anderen Zubereitungsmethoden harmonieren.

Im Nachhinein glaube ich, dass es hier die beste Idee ist, ihn nicht als Espresso zu trinken, sondern ihn auf jeden Fall zu filtern. Denn dadurch wurden die typischen Lavazza-Probleme in den Hintergrund gedrängt und der Kaffee wesentlich erträglicher. Das heißt aber nicht, dass er meilenweit besser als die grüne Verarsche war.

Auch hier lag das MHD im Jahr 2021, auch hier gab es keine Angaben zur Bohnenherkunft auf der Packung. Auf der Website hieß es „Hauptsächlich Brasilien, Afrika“, also wieder so richtig schön nichtssagend. Das Kilogramm kostet rund 16 Euro – und damit genauso viel wie die Bio-Version. Ich frage nicht nur die Ökonomen unter euch: Kann diese Rechnung aufgehen?

Geruch und Bohnenbild

Nach der Ammoniak-Attacke aus dem grünen Lavazza war ich auch hier auf das Schlimmste vorbereitet, hatte aber insgesamt einen weichen, stereotypischen Industriekaffee-Geruch in der Nase: Getreide, leichte Schokonoten, alles ein bisschen kräftiger.

Beim Bohnenbild blieb sich Lavazza allerdings treu und zauberte eine Röstung in die Packung, die alle Farben des kaffeebraunen Regenbogens beinhaltete. Natürlich durften auch Bruch, Löcher und Co nicht fehlen und auch hier habe ich wieder vorzeitig aufgehört, damit noch Bohnen auf dem Teller blieben.

Geschmack, Mundgefühl, Abgang

Im Vergleich zum Tierra ist der Qualita Rossa wesentlich entspannter und gefälliger. Zwar gab es auch hier wieder Lavazza-Säure, die war aber nicht ganz so fies. Nur konnte ich in dieser Säure immer noch keinen Charakter entdecken, der über „Essig“ hinausginge.

Die Bitterschokoladen-Stilistik war dafür sehr eindeutig, klar ausgeprägt und überraschend sauber. Und außerdem gab es einen eindeutigen Unterschied im Mundgefühl: Dieser Kaffee legte sich im Vergleich zum Bio-Bruder nicht an die Zungenseiten, sondern auf die Oberflächen.

Bis dahin war ich also nicht ganz so anti, wurde aber spätestens im Nachhall dann doch noch schräg von der Seite angegriffen. Im Abgang bringt der rote Lavazza plötzlich Tabak ins Spiel.

Nicht nur Nichtraucher haben auf sowas keinen Bock, auch jeder andere, der guten Kaffee sucht, wird damit sicher nicht zufrieden sein. „Tabak“ als Aromatik ist selbst im härtesten Whiskey eine sehr ambivalente Sache, die gut austariert sein muss. Im Kaffee ist sie geradezu gemeingefährlich für den guten Geschmack.

Ich kann aber zumindest nachvollziehen, warum so viele Gastronomen auf diesen Lavazza setzen: Er erfüllt die Klischees eines kräftigen Italieners und kann problemlos nach der fettigen Pizza gereicht werden. Sieht ja keiner, was für schlechte Bohnen dafür verwendet werden.

Melitta Bella Crema Speciale – Was reimt sich auf Genuss?

In diesem Fall „Verdruss“. Ehrlich gesagt hatte ich von Melitta irgendwie erwartet, dass sie mich nicht ganz so enttäuschen wie der Rest der Bande. Denn bei den Kaffeevollautomaten und anderen Maschinen sind die OWLer in Sachen Qualität und Expertentum ganz vorne mit dabei.

Auch auf der Packung des Melitta Bella Crema Speciale gehen sie mit Expertenwissen hausieren und werfen mit dem Begriff „Second Crack“ um sich. Der Aufdruck liest sich folgendermaßen: „2nd Crack / Profi-Röstung / Mehr als 800 Aromen“.

Das ist in dieser Form himmelschreiender Unsinn. Die mehr als 800 Aromen sind in jeder Arabica-Kaffeebohne vorhanden. Da wir hier keinen Bezugsrahmen haben, wissen wir also nicht, was uns der Aufdruck sagen soll. Der Hinweis auf der Rückseite, dass es sich beim Second Crack um den „perfekten Röstpunkt für über 800 Aromen“ handelt, ist aber genauso Quatsch.

Das Problem dabei ist zunächst, dass der Second Crack keinen perfekten Röstpunkt anzeigt, sondern vielmehr einen Zeitpunkt markiert, ab dem die Bohne von einer (Milli-)Sekunde auf die nächste verbrennen kann.

Bohnen, die um den Second Crack geröstet werden, sind ultradunkel und nach süditalienischer Manier stark, kräftig und mit richtig Wumms versehen. Und in vielen Fällen eben eigentlich schon längt verbrannt. Der Second Crack ist ein sehr schmaler Grat, den man als Röster wirklich perfekt balancieren können muss.

Und das klappt einerseits mit einem guten Gehör (für das „Crack“-Geräusch) und andererseits nur, wenn man langsam und überlegt röstet und so den Zeitrahmen für den perfekten Röstpunkt abpassen kann.

Der Second Crack ist also kein Ideal, sondern ein Faktor für eine bestimmte Röststufe, die Kaffees bestimmter Machart hervorbringt. Mehr nicht.

Außerdem soll es sich beim Melitta Bella Crema Speciale um einen Kaffee der Intensitätsstufe 2 von 5 und einen Allrounder handeln, der in jeder Zubereitungsart zu überzeugen weiß. Und eben nicht um einen knallharten Espresso à la Neapel.

Wenn wir es genau nehmen wollten, wäre der First Crack, der den Übergang vom „Rohkaffee“ zum „Röstkaffee mit Profil“ ankündigt, die Benchmark, mit der man hausieren gehen sollte. Noch besser wäre es, diese Feinheiten des Röstens komplett außen vorzulassen, wenn man nicht einen ellenlangen Lexikoneintrag auf die Packung drucken will.

Melitta schwindelt mit seinen Aussagen zwar nicht, reduziert aber den Inhalt auf Buzzwords, die weder erklärt noch wirklich nachvollziehbar umgesetzt werden. Und damit schwindeln sie dann meiner Ansicht nach doch wieder.

Davon abgesehen kann der Melitta Bella Crema Speciale wenigstens eine Sache für sich verbuchen: Er ist mir nicht auf die Nerven gegangen.

Geruch und Bohnenbild

Man muss dem Bella Crema Speciale zugutehalten, dass er in seinem Geruch endlich mal ein wenig Profil zeigt: Ich konnte neben den typischen Kaffeenoten auch einen Hauch von Karamell erschnüffeln. Allerdings würde ich nicht von einem echten Charakterduft sprechen.

Auch hier konnte ich aus einer Handvoll Bohnen wieder reichlich Ausschuss aussortieren. Allerdings war die Farbgebung dann doch etwas sauberer als bei Lavazza. Aber glaubt bloß nicht, dass ihr hier ohne Bruch, Fehler oder Löcher auskämt. Insgesamt war die Fehlerquote aber nicht ganz so hoch. Dennoch: Profi-Röstung am A …

Geschmack, Mundgefühl, Abgang

Auf meinem Testzettel zum Melitta steht unter Geschmack vor allem „Kaffee“ – also die typische Mischung aus bitter, schokoladig, getreidig. Erfreulich waren die leichten Säureanklänge, die etwas Frische ins Spiel gebracht haben. Aber auch sie waren ohne jeden Charakter.

Ich konnte beim besten Willen auch kein echtes Mundgefühl oder eine Notiz für den Abgang festhalten. Der Kaffee war kurz da, da war er auch schon wieder weg. Wie schon gesagt: Wenigstens hat er nicht genervt.

Der Melitta Bella Crema Speciale für rund 15 Euro das Kilo hätte mich also nicht ganz so abgestoßen, wenn er auf der Packung nicht so viel Unsinn gelabert hätte. Ihr wisst ja: Ich bin allergisch auf Marketing-Murks.

Mövenpick El Autentico – Durchwurschteln reicht manchmal schon

Unter den Blinden ist der Einäuge König. An diesem dummen Spruch musste ich beim Mövenpick El Autentico denken. Denn der „nachhaltige“ Röstkaffee in Zertifizierung der Rainforest Alliance hinterließ im Test kaum einen bleibenden Eindruck und gehörte gerade deswegen zu den besseren Kandidaten.

Auf der Suche nach Informationen zu dem Kaffee auf der Website (weil die Packung mal wieder nichts aussagte), stieß ich unter diesem Link auf ein GIF, das ich euch nicht vorenthalten wollte: Findet ihr den merkwürdig dran gepappten Arm am Hipster-Barista auch so widerlich, oder ist das nur mein optisches Empfinden?

Wie dem auch sei, zum El Autentico gab es natürlich wiederum keine Aussage zur wirklichen Herkunft oder zur Röstung. Immerhin stammt der Arabica-Anteil in der Espressomischung laut Packung aus „Süd- und Zentralamerika“. Wir haben also wenigstens eine Himmelsrichtung.

Hier habe ich wirklich nicht ganz aufgepasst und einen Kaffee, der ausschließlich für den Kaffeevollautomaten empfohlen wird, mit dem Handfilter zubereitet. Da sich das aber schon beim Lavazza in Rot als gute Wahl herausstellte, habe ich hier den „Fehler“ einfach mal zugelassen.

Und so dumm war die Idee gar nicht: Ziehen wir nämlich den ganzen Zertifizierungs-Blödsinn ab, war der Mövenpick El Autentico wie der manierliche, aber farblose Zwilling des roten Lavazza.

Das wie auch immer zertifizierte Gemisch kostet mal eben nur rund 9 (!) Euro pro Kilo und stammt aus dem Hause Darboven – also einer Bude, die in Sachen Supermarktkaffee mit Bio-Attitüde ein Vorreiter gewesen ist. Mehr dazu im Artikel zu den Kaffeemarken im Supermarkt.

Die Zertifizierung „Rainforest Alliance“ ist allerdings nicht unbedingt die Tinte wert, mit der sie auf der Packung verewigt wurde. Denn sie wird berechtigterweise als industrienahe Werbeplakette kritisiert. Mehr dazu findet ihr beispielsweise in diesem Artikel auf Zeit Online.

Hier zahlt ihr also mal wieder für einen Kaffee, der euch ein gutes Gewissen bescheren soll, dabei aber nur heiße Marketing-Luft erzeugt.

Geruch und Bohnenbild

Schon beim Schnüffeln kam mir die Ähnlichkeit zwischen dem Mövenpick und dem roten Lavazza in den Sinn. Es gab Bitterschokolade, Getreide und sonst nichts zu riechen.

Natürlich konnte ich auch hier reichlich am Bohnenbild meckern und hatte viel Freude beim Sortieren. Einzig der einheitlich sehr schöne Oberflächenglanz der ansonsten völlig unterschiedlichen Bohnen war ein netter Anblick, den ich mir extra notieren musste. Das sollte zwar selbstverständlich sein, aber ist es in der Industrie nun einmal nicht.

Geschmack, Mundgefühl, Abgang

Es mag an meiner „falschen“ Zubereitung liegen, dass der Kaffee im Geschmack so leicht war. Aber ich konnte immerhin erkennen, dass er eine ordentlich austarierte Säure ins Spiel brachte, die ein wenig frischer wirkte als bei Lavazza.

Zudem schaffte er die Balance zwischen wenig aufdringlich und gut kräftig ziemlich zielstrebig, auch wenn ich kaum von einem Körper sprechen würde. Leider musste ich im Abgang auch hier eine komische Note bemerken. Dieses Mal war es nicht Tabak, sondern Leder. Auch wieder eine Nuance, die nur im Whiskey funktioniert.

Am Mövenpick El Autentico ist der Preis die größte Frechheit, die euch vor allem zeigen sollte, dass die Zertifizierung hier nur ein Werbeversprechen ist. Zwar konnte der Kaffee mit seiner zurückhaltenden Eigenart ein paar Punkte für sich verbuchen. Aber es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, ihn zu kaufen. Nur, weil er weniger schlecht als andere Supermarktbohnen ist, ist er noch lange nicht gut!

Happy Belly Caffè Dolce: Erstmals Totalverweigerung

Die Adleraugen unter euch werden sich vielleicht direkt wundern, warum das Trinkglas auf dem Foto zum Caffè Dolce von Happy Belly leer geblieben ist. Das hat einen einfachen Grund: Ich habe mich geweigert, ihn zuzubereiten und zu trinken! Und ich werde es definitiv nicht tun!

Ich werde mich auch weigern, ihn länger als nötig zu besprechen. Zunächst war ich von der Idee, dass Amazon jetzt auch eine eigene Lebensmittelmarke hat, irgendwie fasziniert. Beim Blick auf die Preise des Happy Belly Caffé Dolce wurde mir aber schon das erste Mal schlecht. Denn hier kostet das Kilo unter neun Euro, obwohl der Kaffee angeblich von UTZ-zertifizierten Bauern bezogen wird.

Geröstet wird das Ganze in Italien. Eine Google-Suche nach der angegebenen Herstellungsadresse auf der Packung ergab die Rösterei Caffè Vergnano 1882 im Piemont. Diese Rösterei kenne ich nicht, kann also nichts zur sonstigen Qualität sagen.

In Bezug auf den Happy Belly Caffè Dolce ist meine Aussage aber eindeutig: Ich trinke nichts, was schon beim Öffnen der Packung nach Plastik, Gummi und einer kokelnden Autowerkstatt stinkt!

Es ist mir vollkommen egal, ob das ein einmaliger olfaktorischer Ausrutscher oder eine Grundtendenz ist – bei solchen Eindrücken bin ich sofort raus.

Natürlich habe ich noch kurz aufs Bohnenbild geschaut – ratet mal, was ich gefunden habe? Meine Puzzelei seht ihr auf dem Foto.

Dallmayr Prodomo – Vollendet, veredelte Gleichgültigkeit

Könnt ihr euch ungefähr vorstellen, wie meine Laune im Laufe des Supermarkt-Kaffee-Tests gesunken ist? Da half es auch nichts, dass der Dallmayr Prodomo als eine der langlebigsten Kaffeemarken im Test am Ende dann doch noch ein wenig klare Linie ins Spiel brachte.

Ich wüsste nicht, dass der Prodomo jemals von sich behauptet hätte, etwas anderes als „einfach nur Kaffee“ zu sein. Und die langweilige, aber allseits bekannte Packung ohne wirkliche Informationen trägt dieser Selbstdarstellung Rechnung.

Lediglich die Bohnenskala mit dem Geschmacksprofil ist ein Zugeständnis an die „aufgeklärtere“ Riege an Käufern, die Kaffeebohnen frisch mahlen wollen.

Das Kilo kostet rund 17 Euro und wird aus unterschiedlichen Arabica-Bohnen aus aller Herren Länder zusammengehauen. Am Ende kommt dabei wirklich das raus, was man sich von einem Prodomo verspricht: Ein Kaffee, der so schmeckt wie bei Oma. Auch mal schön. Nicht.

Geruch und Bohnenbild

Von allen Kaffees im Supermarkt-Test hatte der Prodomo das regelmäßigste Bohnenbild. Natürlich gab es auch hier Röstfehler, aber insgesamt wirkte die Stichprobe nicht einmal halb so unsauber wie bei den anderen Kandidaten.

Der Geruch war ebenfalls sauber und zeigte Kaffeenoten mit Ausrufezeichen sowie eine minimale Ahnung von Schokotoffee. Ich habe an diesem Produkt wesentlich lieber geschnüffelt als an allen anderen Versionen dieses Tests.

Geschmack, Mundgefühl, Abgang

Meine Notiz sagt „bitter plus nix“ – und dem kann man wirklich kaum etwas hinzufügen. Wenn ihr euch daran erinnert, welche Art von Kaffee es früher immer bei Oma gab, dann wisst ihr, wie der Prodomo heute immer noch schmeckt – „wie Kaffee halt“.

Ich behaupte sogar, dass sich an diesem Geschmack seit der ersten verkauften Packung Prodomo nichts geändert hat. Das ist zwar eine schlechte Nachricht für Freunde von Qualität, aber irgendwie auch beruhigend, oder?

Nichtsdestotrotz ändert dies nichts daran, dass auch der Dallmayr Prodomo, selbst als frisch gemahlene Kaffeebohne, Gleichgültigkeit in Reinkultur ist: Hauptsache, die Packung sieht ein bisschen nach was aus und fällt neben der Krönung im Supermarktregal auf. Der Geschmack soll ja nicht herausfordern oder Tante Erna verärgern. Über Qualität denkt in der Prodomo-Gemeinde sowieso keiner nach.

Supermarktkaffee – Sechs Gründe für mehr Abscheu

Normalerweise setze ich mich nach einer Testrunde immer noch an andere Aufgaben ran. Der Tag muss schließlich genutzt werden. Nachdem ich diese sechs Kandidaten aus dem Supermarkt untersucht hatte, hatte ich keinen Bock mehr.

Die Kaffees und ihre Preise haben mir schlechte Laune bereitet, ich wollte ihren Geschmack den ganzen Tag über loswerden und habe es erst nach und nach geschafft. Es macht mich einfach fassungslos, dass solche Produkte noch existieren und verkauft werden.

Ich kann nur wieder meinen eindringlichen Appell an euch richten: Kauft euren Kaffee direkt vom Röster – und zwar von einem, der seine Kaffeebauern persönlich kennt, sie fair bezahlt und eine Röstmaschine nicht nur im Einführungskurs Kaffeemarketing aus der Nähe gesehen hat. Die Qualitätsunterschiede werdet ihr sofort bemerken.

Dazu noch eine kleine Anekdote: Ein Bekannter von mir war ganz heiß darauf, die Kaffeebohnen aus diesem Test abzugreifen – ich hätte sie sonst sofort im Biomüll entsorgt.

Auf meine Frage, warum er sich das antut, sagte er: „Ich habe Schiss, dass ich den Scheiß-Kaffee nicht mehr trinken kann, wenn ich anfange, mich nach deinen Empfehlungen für guten Kaffee zu richten. Und dann könnte ich im Büro nicht mehr überleben.“

Das klingt absurd, aber diese Argumentation habe ich schon zigfach gehört.

Darum rufe ich zur stillen Revolte auf: Tauscht die Bohnen aus dem Supermarkt im Büro mal klammheimlich gegen gute Röstungen aus. Oder wählt speziellen Kaffee für Vollautomaten. Seht, was passiert. Erzieht eure Kollegen (und euch) zu besserem Geschmack. Und tut damit was für die gesamte Kaffee-Wertschöpfungskette. Davon haben alle was. Versprochen.

Dein Kaffee-Experte
Team Image
Arne Preuss

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

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