Kaffee aufbrühen klingt wie die Snob-Version von Kaffee kochen – also nach Handarbeit, Aufwand und viel Getue. Tatsächlich ist es aber nur ein etwas veralteter Oberbegriff für alle Methoden zur Kaffeezubereitung, bei denen ihr selbst ans Werk geht.
Kaffee aufbrühen klingt wie die Snob-Version von Kaffee kochen – also nach Handarbeit, Aufwand und viel Getue. Tatsächlich ist es aber nur ein etwas veralteter Oberbegriff für alle Methoden zur Kaffeezubereitung, bei denen ihr selbst ans Werk geht.
Wir reden also von Kaffee aus der French Press, Filterkaffee aus dem Handfilter, der Karlsbader Kanne, der Chemex usw.
In diesem Ratgeber schauen wir uns an, was diese Brühmethoden gemeinsam haben, welche Tricks es gibt, um maximalen Einfluss auf das Ergebnis zu nehmen. Und wie ihr mit möglichst wenig Aufwand zum möglichst besten Kaffee kommt.
Von Hand Kaffee aufbrühen: Methoden im Vergleich
Handfilter /Chemex | French Press | Karlsbader Kanne | Cold Brew | Türkisch | |
---|---|---|---|---|---|
Filter | Fein – Papier/Stoff | Nein | Grob – Porzellan | Nein | Nein |
Kaffeebohnen (Empfehlung) | Filter (alle) | Filter (mittel) | Omniroast | Filter (heller) | Espresso/Filter (dunkler) |
Mahlgrad (Referenz 1 bis 10) | 4 bis 5 | 6 bis 7 | 10 | 10 | 1 |
Kaffeemenge (Ausgangswert) | 6 g / 100 m | 5,5 g / 100 ml | 6 g / 100 ml | 10 g /100 ml | 1 Löffel pro Tasse |
Brühtemperatur | 96°C | 96°C | 96°C | < 18°C | < 100°C |
Zubereitungszeit | Bis 4:00 min (bei 500 ml) | Bis 4:00 min | 3 min (bei 350 ml) | 8h – 24h | Bis Kaffeepulver gesetzt |
Kaffee aufbrühen mit Filter: Handfilter, Chemex & Karlsbader Kanne
Sobald ein Kaffeefilter im Spiel ist, arbeiten wir auf Kaffee mit feineren Noten und vielschichtigem Ergebnis in der Tasse hin. Der Filtertyp bestimmt dabei das grundsätzliche Aroma:
Filter aus Stoff oder Papier (Handfilter, Chemex): Wenig Öle & Fette
Filter aus Porzellan (Karlsbader Kanne): Mehr Öl & Fett
Ein Handfilter und die Chemex sind im Prinzip dasselbe, da sie beide auf einen Papierfilter setzen. Allerdings ist Handfilter nicht gleich Handfilter:
Nehmt ihr eine Filterform, wie sie in den meisten Filterkaffeemaschinen verbaut ist, funktioniert die Extraktion insgesamt schlechter als mit einem Trichter, wie wir ihn vom Hario V60 kennen.
Grundsätzlich geht es darum, den gemahlenen Kaffee möglichst gleichmäßig mit heißem Wasser zu überbrühen und den Kaffee möglichst schnell und gleichmäßig durchs Filterpapier ins Gefäß zu bringen. Das haben Hario und Chemex besser gelöst als etwa Melitta.
Je mehr Wert ihr auf Aroma, Qualität, den perfekten Duft usw. legt, desto wichtiger ist es, sich an mindestens sechs Parameter zu halten:
Die ideale Kaffeesorte ist etwas heller als für klassische Kaffeemaschinen.
Pulvermenge und Wasser sollten per Waage abgemessen werden.
Der Mahlgrad sollte weder zu grob noch zu fein sein.
Eine gleichmäßige, plane Oberfläche und eine Blooming-Phase sind beim Zubereiten essenziell.
Kreisende Bewegungen beim Aufgießen sorgen für eine gleichmäßigere Benetzung
Die Durchlaufzeit richtet sich zwar nach der Menge an Kaffeepulver bzw. Wasser, die Zubereitung sollte insgesamt dennoch nicht länger als 4 Minuten dauern.
Handfilter und Chemex sind sicherlich die aufwändigsten Methoden zur manuellen Kaffeezubereitung, bringen aber auch die meisten Aromen hervor. Wie das genau funktioniert, erfahrt ihr nicht nur in meiner Handfilter-Anleitung, sondern auch im Video:
Die Karlsbader Kanne (Seihkanne, Bayreuther Kanne) setzt zwar technisch gesehen auch auf einen Filter, der ist aber extragrob, nicht saugfähig und eigentlich nur dazu da, dass kein Kaffeepulver ins Gefäß krümelt.
Dieser eigenwillige Mix verhindert aber erstens einen unangenehmen Papiergeschmack und sorgt zweitens für spannende Kaffeearomen, die wir woanders nicht unbedingt erhalten.
Die Seihkanne setzt auf extrem grob gemahlenen Kaffee, der im Filterhalter beim Kochen nur vergleichsweise kurz mit Wasser in Kontakt kommt.
Kaffee aufbrühen ohne Filter: French Press & türkischer Kaffee
Mit der French Press habe ich mich in letzter Zeit intensiv auseinandergesetzt. Nicht nur, weil ich meine eigene Coffeeness French Press entwickelt habe. Sondern auch, weil diese Brühmethode mit wenig Equipment, wenig Aufwand und viel Geschmack um die Ecke kommt:
Direkter Kontakt von Kaffeepulver und Wasser während der gesamten Brühzeit arbeitet starke Geschmacksträger aus den Bohnen.
Bei Mahlung, Wassertemperatur, Ziehzeit, Aufgießen und Brühvorgang müsst ihr nicht superkorrekt arbeiten (aber ihr könnt).
Es gibt keinen Abfall (außer dem Kaffeesatz).
Die wichtigste Stellschraube für den gepressten Kaffeegenuss ist die Bohnenauswahl. Der Stempel sorgt nur dafür, dass kaum Krümel im Kaffee sind. Er ist kein Filter und kann daher auch keine unerwünschten Stoffe aus dem Kaffeewasser zurückhalten.
Das sollte beim Rösten berücksichtigt werden. Sorten mit einer guten Balance zwischen Stärke, Süße und Leichtigkeit passen hervorragend, die Rösterei sollte euch bei der Wahl behilflich sein.
Was müsst ihr beim French Press kochen beachten, wie viel Grad sollte das Wasser haben, was macht ihr, wenn euer frisch aufgebrühter Kaffee komisch schmeckt? Antworten darauf geben meine vielen Ratgeber zur French Press:
Direkt in der Tasse brühen: Kaffee wie früher
Bevor uns Melitta den Kaffeefilter schenkte, haben wir uns mit der sogenannten Mazeration beholfen: Kaffeepulver direkt in die Tasse, mit heißem Wasser übergießen, warten, bis der Kaffeesatz auf den Tassenboden sinkt, go!
In unseren Landen nennen wir das „türkischer Kaffee“, auch wenn damit eigentlich Mokka aus der Ibrik gemeint ist. Trotz fragwürdiger geografischer Zuschreibung.
Das Oldschool-Aufkochen schert sich nicht um Geschmacksnoten, Blooming oder die richtigen Bewegungen. Genau das mögen viele immer noch daran. Von Qualität können und wollen wir hier nicht sprechen.
Damit ihr von dieser Alternative aber doch ein wenig mehr habt, solltet ihr einen Blick auf den Kaffeesatz werfen: Bei einem gröberen Mahlgrad könnt ihr den Sud langsam und ohne Druck trinken. Je feiner das Pulver ist, desto schneller und stärker werden Aromastoffe extrahiert. Ansonsten macht einfach, was ihr wollt!
Kaffee kalt „aufbrühen“: Cold Brew mit & ohne Maschine
Spätestens, wenn’s draußen heiß wird, redet wieder alle Welt vom „Trend“ Cold Brew – der inzwischen so Mainstream ist, dass er sogar aus Kaffeevollautomaten wie dem DeLonghi Eletta Explore oder dem Jura Z10 kommt.
Hier „brühen“ wir mit Kälte statt Hitze und geben dem gemahlenen Kaffee daher deutlich mehr Zeit für die Extraktion. Im Grunde ist er French Press Kaffee mit angezogener Handbremse:
Sehr grob gemahlenes Kaffeepulver wird mit kaltem Wasser im Verhältnis 1 zu 10 (z.B. 100 Gramm auf 1 Liter) übergossen und für mindestens 8 Stunden in den Kühlschrank gestellt. Je länger die Ziehzeit (bis zu 24h), desto mehr Koffein und Geschmack stecken im fertigen Getränk.
Dieser Geschmack ist im besten Fall frisch, von feinen Fruchtsäuren geprägt und stammt aus eher hellen Bohnen. Ihr braucht kein spezielles Gefäß, ein Kaffeebereiter mit Abdeckung reicht völlig aus.
Faktoren & Tipps zum Aufbrühen: Fehler passieren selbst Profis
Viele Anfänger in der manuellen Zubereitung trauen sich nicht, „dumme“ Fragen zu stellen. Schließlich wissen wir, wie gemein die Kommentare aus der Kaffee-Community ausfallen können. Für mich gibt es keine dummen Fragen – und ich liefere euch auch die Antworten.
Eine Kaffeemaschine ist im Grunde ein automatisierter Handfilter, der das Wasser kocht und die eigentliche Zubereitung für euch übernimmt. Setzt ihr auf eine Kaffeemaschinen mit Mahlwerk, müsst ihr nicht mal die Bohnen mahlen.
Die Gerätewelt wird zwar immer besser und nähert sich den Faktoren zur Zubereitung im Handfilter an. Allerdings könnt ihr hier nicht genau pro Tasse brühen, habt keinen Einfluss auf die optimale Wärme und für den wirklich besten Mahlgrad müsst ihr weiterhin externe Kaffeemühlen bemühen.
Die Wassertemperatur ist der Katalysator für die Extraktion: Je heißer sie ist, desto schneller und heftiger lösen sich Stoffe. Da wir in allen manuellen Zubereitungsmethoden auf eine längere Kontaktzeit setzen, müssen wir die Temperatur also bremsen.
Bei einem Espresso aus der Siebträgermaschine ist das wiederum andersherum: kurzer Kontakt, heißeres Wasser.
Solange ihr keinen superteuren Geisha Kaffee oder ähnliches aufgießen wollt, müsst ihr es mit der Temperatur nicht supergenau nehmen. Hauptsache, ihr bleibt deutlich über 90, deutlich unter 100 Grad.
Wenn ihr weder Thermometer noch Kaffeewaage im Haus habt, ist das für die Alltagszubereitung kein Problem. Zur Dosierung könnt ihr entweder einen Kaffeelöffel (Lot) oder einen Esslöffel verwenden. Das Kaffeelot fasst gestrichen 7 Gramm Kaffeepulver, der Esslöffel fasst gehäuft 7 Gramm.
Um ungefähr bei der richtigen Aufgusstemperatur rauszukommen, lasst den Wasserkocher nach dem Abschalten mit offenem Deckel stehen. Das Wasser verliert circa 2 Grad Celsius pro Minute.
Sobald Kaffee nur tröpfelt, ist der Mahlgrad zu fein und die Extraktionszeit zu lang. Stellt den Kaffeemühlen-Mahlgrad in Einzelschritten gröber und schaut, was passiert.
Sobald ihr Wasser frisch aufgießt, sollte ein ruhiger, gleichmäßiger und dünner Strahl aus dem Filterloch ins Gefäß gelangen.
Die erste Pfütze am Tassen- oder Kannenboden ist bernsteinfarben und durchscheinend. Mit zunehmendem Wasserspiegel wird sie je nach Kaffeebohnen und Röstung satter und undurchsichtiger, aber nicht zwangsläufig dunkler.
Im Duell Schwarzer Tee oder Kaffee hat Tee den unbestreitbaren Vorteil, dass er je nach Sorte erst beim zweiten Aufguss so richtig durchstartet. Einmal extrahierter Kaffeesatz ist aber ein Fall für die Bio-Tonne oder den Dünger-Vorrat.
Selbst bei Mokka aus der Ibrik wird der Kaffee zwar mehrmals aufgekocht, allerdings ist nicht jeder Kochvorgang eine vollständige Extraktion.
Vielmehr sorgt ihr dafür, dass das Wasser mit verschiedenen Stoffen bei verschiedenen Temperaturen reagiert und so die ureigenen Aromen dieser Zubereitung herauskommen.
Ich habe festgestellt, dass insbesondere billige Drittmarken für klassische Melitta-Papierfilter oft komisch riechen. Ich bilde mir ein, dass dieser Geschmack auch im Kaffee landen kann. Hochreine Papierfasern von Hario oder Chemex spielen auf jeden Fall in der nächsten Liga.
Ein zweiter Grund kann die Wasserhärte sein – also der Gehalt an Kalk im Leitungswasser. Kalk hat einen kreidigen Eigengeschmack, der außerdem die Säuren im Kaffee unangenehm nach vorne spielt. Hier ist der Brita Wasserfilter der beste Tipp.
Hilft all das nix, schaut, ob die Kaffeemühle dreckig ist, das Kaffeemehl selbst komisch riecht oder die Tüte oder der Beutel zur Aufbewahrung verschmutzt sind.
Fazit: Gebrühter Kaffee schmeckt frisch selbst gemacht (fast) am besten
Selbst mit all meinem Equipment – den Kaffeemaschinen, den Vollautomaten, den immer neuen Gadgets – ist die Kaffeezubereitung von Hand durch nichts zu ersetzen. Wie grob oder fein ihr dabei vorgeht, macht letztendlich kaum einen Unterschied:
Näher kommen ihr und Kaffee euch kaum. Außerdem gibt es beim Kaffee kochen nur mit Wasser und eventuell einem Papierfilter so viel Raum für Experimente, dass euch sicher nicht langweilig wird.
Lasst mal hören: Welche Handbrühmethode ist euer Favorit? Habt ihr Fragen oder möchtet eine Methode kennenlernen, die ich noch nicht abgefeiert habe? Hinterlasst mir einen Kommentar!