Als Kaffeetrinker hat man es nicht leicht: Achte auf den Blutdruck! Obacht bei der Stärke! Vergiss nicht, dazu Wasser zu trinken! Teetrinker hören meist nur eins: Gönn dir.
Als Kaffeetrinker hat man es nicht leicht: Achte auf den Blutdruck! Obacht bei der Stärke! Vergiss nicht, dazu Wasser zu trinken! Teetrinker hören meist nur eins: Gönn dir.
Tee gilt als ultimatives Getränk für den gesunden Menschen. Es quillt vor guten Pflanzenstoffen über und spült mit jedem Schluck Schadstoffe aus dem Körper. Kaffee muss sich jedoch ständig die Frage gefallen lassen, wie gesund er überhaupt sein kann.
Das hat mich dazu animiert, beide Heißgetränke direkt gegenüberzustellen. Beim Duell Kaffee oder Tee habe ich mehr gelernt, als ich dachte, war überraschter, als ich glaubte und am Ende doch genauso klug wie vorher.
Denn wenn wir nicht Health-Gurus, sondern Wissenschaftler fragen, merken wir schnell, dass Tee genauso falsch bewertet wird wie Kaffee. Und das nicht nur in Sachen Koffein-Kick.
Kaffee vs Schwarztee im Überblick
- Der grundlegende chemische Aufbau von Kaffee & Schwarztee ist fast identisch
- Beide „wirken“ aufgrund von Koffein & Polyphenolen (sekundären Pflanzenstoffen)
- Schwarztee hat mehr Koffein, aber durch die Zubereitung weniger in der Tasse
- Die gesundheitlichen Vorteile oder Risiken bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, dem Krebsrisiko, bei hohem Blucktdruck, der Wirkung auf den Darm etc. werden in der Forschungsliteratur fast identisch beschrieben
- Der Effekt ist vom täglichen Konsum, der jeweils aufgenommenen Menge an Koffein, biologischen Faktoren & der individuellen Zusammensetzung von Kaffee oder Tee abhängig.
Tee und Kaffee im Vergleich: Von wegen Gegensatz
Wer grüne Teeblätter neben grüne Kaffeebohnen legt, käme kaum auf die Idee, wie ähnlich sich diese beiden Pflanzenbestandteile sind. Das beginnt beim Inhaltsstoff-Mix und ihrer Wirkung. Es endet bei Mythen und Gesundheitsversprechen, die aus simplen Getränken einen Wirkstoff bzw. ein Medikament machen.
Wie entsteht schwarzer Tee?
Bei meiner Themensetzung habe ich mich instinktiv für diejenige Tee-Variante entschieden, die biologisch, chemisch und physiologisch am nächsten an (geröstetem) Kaffee ist. Am einfachsten erklärt, ist schwarzer Tee getrockneter, verarbeiteter grüner Tee.
Junge Blätter der Pflanzengattung Camellia sinensis werden gepflückt, müssen methodisch welken (Withering), werden anschließend gerollt und der Fermentation bzw. Oxidation überlassen.
In diesem Prozess passieren ähnliche chemische Umbaumaßnahmen wie bei der Aufbereitung und dem Rösten von Kaffee. Ein zentraler Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Umwandlung sogenannter Polyphenole (sekundäre Pflanzenstoffe).
Grüner Tee enthält eine hohe Menge an Catechinen und verwandten Stoffen wie Epigallocatechingallat (EGCG). Diese Stoffe gelten als absolute Antioxidantien-Könige und sind der Grund, warum Grüntee als ultimatives Gesundheitsgetränk gehandelt wird. Mehrere Studien legen zumindest nahe, dass dieser Ruf gerechtfertigt ist.1
Bei der Fermentation und Oxidation zu Schwarzem Tee werden diese Verbindungen zu Theaflavin, Thearubiginen und anderen Stoffen umgebaut.2 Sie sorgen einerseits für die typische Farbe und den herberen Geschmack, sollen aber auch bei Stoffwechselerkrankungen und in der sportlichen Regeneration helfen.3
Außerdem wird der Anteil an L-Theanin verringert – ein umstrittener Stoff, auf den wir später kommen.
Wie entsteht Kaffee?
Fermentation im eigentlichen Sinne passiert bei Kaffee schon während der Aufbereitung. Die stärksten Umbaumaßnahmen geschehen beim Rösten. Dabei laufen viele chemische Prozesse gleichzeitig ab – Karamellisierung, die Maillard-Reaktion, Pyrolyse (Aufspaltung unter Hitze).
Auch (grüne) Kaffeebohnen enthalten eine Menge Polyphenole, die bei der Verarbeitung um- oder abgebaut werden. Einer der wichtigsten Inhaltsstoffe ist hier Chlorogensäure, die mit zunehmendem Röstgrad verschwindet.4
Zudem wird das sogenannte Trigonellin zur für Menschen wichtigen Nicotinsäure (Niacin; Vitamin B3) umgebaut.5 Die beste Balance „grüner“ und „gerösteter“ Inhaltsstoffe scheint dabei in mittleren Röstungen zu stecken.6
Kaffee entwickelt für den Vollautomaten
Mein Kaffee eignet sich bestens für alle Getränke aus dem Vollautomat.
Täglich frisch geröstet
Schokoladiges Aroma
Fair gehandelt
Für Espresso, Kaffee & Milchgetränke
Koffein & Geschmack: Geschwister in der Tasse
Die für mich spannendste Erkenntnis zum Vergleich von Kaffee und Tee liegt darin, dass eine Kaffeebohne mit ihren mehr als 800 Aromen gar nicht so außergewöhnlich ist: Schwarzer Tee ist mit bisher rund 700 identifizierten Geschmacksgebern kein bisschen weniger facettenreich.7
Die meisten Menschen dürfte jedoch vorrangig der Koffeingehalt interessieren. Und dieser dürfte manche überraschen:
Während eine Untersuchung von 1987 einen bis heute zitierten Koffeingehalt von 3 bis 4 Prozent in schwarzem Tee8 ermittelt hat, sind es in einer Kaffeebohne etwa 2 Prozent.9
Allerdings müssen wir diese Zahlen mit Vorsicht genießen. Eine Tasse Schwarztee ist eine andere Lösung als schwarzer Kaffee oder Espresso.
Untersuchungen zeigen, dass die übliche Tee-Brühmethode für einen geringeren Koffeingehalt in den Tassen sorgt.10 Wacher macht er trotzdem.
Wer übrigens glaubt, grüner Tee hätte weniger Koffein, irrt gewaltig. Grüne Teelösungen kommen je nach Zubereitung, Ziehzeit, Typ und Verarbeitung auf denselben Koffeingehalt wie Schwarztee.11
Wirkung von Kaffee & Schwarztee: Der Koffein-Teein-Unterschied
Lange Zeit hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass Teein aus Tee und Koffein aus Kaffee zwei Paar Schuhe seien. Lösen wir das endgültig auf:
Koffein hat die Summenformel C8H10N4O2
Teein hat die Summenformel C8H10N4O2
Es gibt absolut keinen Unterschied. Aber warum haben wir dann das Gefühl, nach einer Tasse Kaffee direkt unter der Decke zu hängen, während uns ein Teeaufguss sanfter in den Tag zu schicken scheint? Ab hier wird es kompliziert.
L-Theanin & Gerbstoffe: Wirkt Tee anders?
Der prozentuale Koffeingehalt in einer Teepflanze ändert sich je nach Verarbeitungsschritt deutlich. Während des Welkens nimmt der Anteil zu, um mit zunehmender Fermentation wieder abzufallen.12
Dies macht einen Hinweis auf die tatsächliche Koffeinkonzentration ungleich schwerer – bei jedem Brühen erhaltet ihr theoretisch einen völlig anderen Inhalt.
Nehmen wir das Alkaloid Koffein an sich, setzt die Wirkung etwa 30 Minuten nach Aufnahme ein, etwa eine Stunde nach Einnahme ist die höchste Konzentration im Blut nachweisbar.13 Während sich Kaffee in dieser Hinsicht direkt und eindeutig zeigt, fehlen speziell für Tee ähnliche Angaben. Und das hat einen Grund:
Verschiedene Studien untersuchen den Zusammenhang zwischen der Koffeinwirkung und der Anwesenheit von L-Theanin in Tee.
Diese Aminosäure und ihr direkter Konsum werden kontrovers diskutiert. Einige Health-Jünger glauben an die beruhigende Wirkung dieses Stoffes, die sich über die Darmschleimhaut entfaltet. Demnach soll es auch die Koffeinwirkung dämpfen – also den Blutdruck stabil halten, Adrenalin bremsen usw.
Allerdings hat etwa das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) Theanin-Präparate schon vor 20 Jahren abgelehnt und seine Meinung bisher nicht geändert. Ein entsprechende Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg bestätigte diese Ablehnung 2020.
Dabei ging es vor allem darum, dass Theanin erstens nicht gut genug untersucht ist und zweitens wohl nicht isoliert betrachtet werden kann: Einige Untersuchungen legen nahe, dass Theanin nur dann wie gewünscht funktioniert, wenn es zusammen mit Koffein wirkt.14 Aber dazu ist die Faktenlage sehr dünn.
Zudem dürfen wir nicht vergessen, dass Theanin bei schwarzem Tee in geringerem Maße vorhanden ist. So richtig sauber ist die Erklärung also nicht.
Noch dünner wird die Faktenlage, wenn wir uns dem zweiten gern genannten Health-Wirkstoff zuwenden, der angeblich für die „sanftere“ Wirkung von Tee verantwortlich sein soll:
Gerbstoffe bzw. Tannine sind eine Gruppe von Polyphenolen, die nach wissenschaftlicher Lehrmeinung viele positive Eigenschaften von antioxidativ bis entzündungshemmend besitzen.15 Andererseits bremsen sie unter anderem die Fähigkeit zur Eisenbindung im Körper.16
Was Gerbstoffe in Tee mit der Verstoffwechselung von Koffein zu tun haben sollen, hat meines Wissens bisher keine aktuelle Studie genauer umrissen. Woher die Annahme kommt? Ich tippe auf untersuchte Wirkungen von Tanninen in Wein.
Gegen den Tannin-Koffein-Zusammenhang spricht auch reine Logik: Kaffeebohnen enthalten laut Untersuchungen ebenfalls Tannine, die mit zunehmender Röstung deutlich zulegen.17 Der Koffein-Effekt auf den Körper ändert sich dadurch aber nicht.
Doch nur ein Gefühl?
Ich bin selbst davon überzeugt, dass Tee-Koffein „anders“ wirkt als Kaffee-Koffein. Das merke ich vor allem dann, wenn ich meine Tasse Kaffee mal gegen einen Matcha Latte tausche. Matcha ist allerdings grüner Tee. Und ich glaube, hier liegt ein wenig der Hase im Pfeffer:
Einerseits wissen wir nicht, welcher Stoff in Tee für die andersartige Wirkung verantwortlich ist. Andererseits verdichten sich die Indizien, dass wir diese Wirkung nur für grünen Tee annehmen können. Schwarztee ist eh ganz nah am Kaffee. Gleichzeitig hat er anteilig weniger Koffein in der Tasse, was den Wirkeindruck nochmal verändert.
Wie viele Tassen oder Milligramm Koffein pro Tag?
Wenn fertig gebrühter Tee weniger Koffein enthält als fertig gebrühter Kaffee, könnt ihr theoretisch mehr davon trinken, ohne koffeinbezogene Probleme zu bekommen? Keine Ahnung.
Analog zu meiner Betrachtung über die Frage „Wie viele Tassen Kaffee am Tag sind gesund“ gilt auch für Tee:
Tassen sind keine ansatzweise sinnvolle Maßeinheit und sollten niemals als Dosis-Empfehlung gegeben oder verstanden werden. Ob Kaffee oder Tee drin ist, ist völlig egal. Weniger egal ist dabei die Teesorte – Pfefferminztee hat zumindest kein Koffein.
Die Tassen richten sich nach dem Inhalt, der Inhalt nach der Verarbeitung und am Ende kommen so und so viele Milligramm Koffein an.
Kaffee oder Tee: Wer ist gesünder?
Ich habe mich bis hierhin bewusst davor gedrückt, über Herzkrankheiten, Diabetes, den Blutdruck, Rheuma, Krebs oder sonstige Dinge im Leben zu reden. Denn ich glaube, ihr kommt selbst auf die Schlussfolgerung:
Wenn Kaffee und Tee so ähnlich sind, sollten die Studien zu den Auswirkungen auf die Gesundheit und den Körper zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Korrekt? Korrekt.
Tatsächlich findet ihr dieselben generellen Schlussfolgerungen zu Untersuchungen wie
oder Kaffee bei Bluthochdruck auch für Tee – nur eben unter anderen Überschriften. Sogar die Empfehlungen für entkoffeinierten Kaffee oder Kaffee-Alternativen decken sich.
Selbst wenn wir auf den Magen kommen, gibt es kaum Unterschiede. Was beim Kaffee die Säuren sind, sind bei Tee die möglichen Gerbstoffe. Beides kann für Bauchkneifen sorgen. Oder auch nicht. Die Zähne verfärben ebenfalls beide.
Kaffee und Tee: Es gibt keinen Gewinner!
Während mir einige andere Betrachtungen zu Gesundheitsfragen vor allem Herzrasen verpassen, finde ich die Gegenüberstellung von Kaffee und Tee besonders lehrreich.
Denn auch ich habe bisher mehr Unterschiede zwischen den beiden Heißgetränken vermutet und Vorteile oder Nachteile angenommen, die einfach falsch oder nicht bewiesen sind.
Nüchtern betrachtet, macht es kaum einen Unterschied für den Körper, ob ihr gerade Kaffee oder schwarzen Tee trinkt. Daraus sollten wir vor allem lernen, was ich immer wieder betone:
Diese Getränke sind Genussmittel, keine Medikamente oder Grundnahrungsmittel. Egal, was ihr glaubt: Ein Teetrinker tut seinem Körper am Ende des Tages dasselbe an wie ein Kaffeetrinker. Oder eben auch nicht.
Welcher koffeinhaltigen Gesundheitsfrage soll ich als Nächstes auf den Grund gehen? Hinterlasst mir gern einen Kommentar!
FAQ
Die Wissenschaft hat klargestellt, dass Kaffee und Schwarzer Tee extrem ähnliche Getränke sind. Darum ist auch keines besser oder schlechter.
Im Trockenprodukt hat Schwarztee mehr Koffein, nach der Zubereitung bringt Kaffee den größeren Kick – in allen Zubereitungsvarianten.
Quellen
- Vgl. etwa Tian et al. (2021) Aging: Green tea catechins EGCG and ECG enhance the fitness and lifespan of Caenorhabditis elegans by complex I inhibition ↩︎
- Kwok et al. (2001) The Journal of Nutrition: Theaflavins in Black Tea and Catechins in Green Tea Are Equally Effective Antioxidants ↩︎
- Vgl. etwa Arent et al. (2010): Journal of the International Society of Sports Nutrition: The effects of theaflavin-enriched black tea extract on muscle soreness, oxidative stress, inflammation, and endocrine responses to acute anaerobic interval training: a randomized, double-blind, crossover study ↩︎
- Tarigan et al. (2022) IOP Conference Series Earth and Environmental: The changes in chemical properties of coffee during roasting: A review ↩︎
- Vgl. Adrian & Frangne (1991) Nutritional and Toxicological Consequences of Food Processing: Synthesis and Availability of Niacin in Roasted Coffee ↩︎
- Wu et al. (2022) Food Science & Nutrition: Impact of roasting on the phenolic and volatile compounds in coffee beans ↩︎
- Vgl. etwa Yang et al. (2022) LWT: Characterization of the key aroma compounds in black teas with different aroma types by using gas chromatography electronic nose, gas chromatography-ion mobility spectrometry, and odor activity value analysis ↩︎
- Bezug nehmend auf Millin, D.J. (1987) Factors affecting the quality of tea ↩︎
- Vgl. etwa Saud & Salamatullah (2021) Molecules: Relationship between the Chemical Composition and the Biological Functions of Coffee ↩︎
- Vgl. Chin et al. (2008) Journal of Analytical Toxicology: Caffeine Content of Brewed Teas ↩︎
- Vgl. ebd. ↩︎
- Vgl. Kalidass et al. (2019) International Journal of Development Research: Biochemical changes during fermentation process of black tea manufacture ↩︎
- Vgl. Whit Jr. et al. (2016) Clinical Toxicology: Pharmacokinetic analysis and comparison of caffeine administered rapidly or slowly in coffee chilled or hot versus chilled energy drink in healthy young adults ↩︎
- Vgl. Dodd et al. (2015) Psychopharmacology: A double-blind, placebo-controlled study evaluating the effects of caffeine and L-theanine both alone and in combination on cerebral blood flow, cognition and mood ↩︎
- Vgl. Basher et al. (2021) Environmental Medicine: A comparison between the tannin content in tea samples found in the market (imported) and tea samples grown in Libya (local). ↩︎
- Delimont et al. (2017) Current Developments in Nutrition: The Impact of Tannin Consumption on Iron Bioavailability and Status: A Narrative Review ↩︎
- Wu et al. (2022) Food Science & Nutrition: Impact of roasting on the phenolic and volatile compounds in coffee beans ↩︎