Kaffee-Ersatz ist nichts Neues. Caro Kaffee aus Getreide gibt’s seit 1954, Muckefuck kennt jeder, der auch weiß, was „Plaste“ ist. Warum Lupinenkaffee aus gerösteten Süßlupinen unter diesen Ideen dermaßen als Trend heraussticht, weiß ich nicht.
Kaffee-Ersatz ist nichts Neues. Caro Kaffee aus Getreide gibt’s seit 1954, Muckefuck kennt jeder, der auch weiß, was „Plaste“ ist. Warum Lupinenkaffee aus gerösteten Süßlupinen unter diesen Ideen dermaßen als Trend heraussticht, weiß ich nicht.
Ich weiß nur, dass Lupinen und ich in diesem Leben keine Freunde mehr werden. Als ich in meinem Milchersatz Test die Lupinen-Variante probiert habe, ist mir das Gesicht aus dem Gesicht gefallen. Das Aroma und der Look waren mehr als fragwürdig.
Auch an Lupinus-Kaffee habe ich ein paar Fragen. Während die Health Community sich kaum vor Feierworten einkriegt, gucken Allergologen und die Wissenschaft etwas skeptischer hin. Denn ein Getränk, das angeblich so gesund ist, sollte keine Kreuzreaktion hervorrufen – oder?
Lupinenkaffee: Das Wichtigste in Kürze
Getreidekaffee aus den Samen/ Kernen der Süßlupine
Lange Tradition in Südtirol & im Mittelmeerraum
Lupine enthalten in rohem Zustand Lektine & Alkaloide
Sie sind reich an Eiweiß & Fetten sowie Spurenelementen
Lupinenkaffee ist koffeinfrei & glutenfrei (wenn 100 % Lupinen)
Als Instant-Kaffee (löslich) oder für die Zubereitung per Hand empfohlen
Nicht für Kaffeemaschine, Siebträger oder Kaffeevollautomat
Keine wissenschaftlichen Nachweise über die positive Wirkung der Inhaltsstoffe auf den Körper, das Immunsystem usw.
Nicht für Allergiker empfohlen – Lupine sind ein deklarationspflichtiges Allergen. Auf Bio-Qualität & schonende Verarbeitung achten
Was ist Lupinenkaffee?
Lupinenkaffee ist geröstetes und gemahlenes Getreidepulver, das ihr ähnlich wie normalen Kaffee auf verschiedene Arten aufgießen und zubereiten könnt. Einige Hersteller benutzen ausschließlich Süßlupinen, andere mischen die Hülsenfrüchte mit Roggen oder Zichorie.
Im Vergleich zu Roggen oder Zichorie haben Lupinen einen enorm hohen Eiweißgehalt (bis zu 40 Prozent), enthalten viele Ballaststoffe und einen hohen Anteil pflanzlicher Fettsäuren. Das wirkt sich sowohl auf den Geschmack als auch auf den angeblichen Gesundheitsfaktor aus.
Wie funktioniert die Herstellung?
Für den Kaffee-Ersatz werden Lupinensamen aus der Blüte entnommen, gereinigt, eingeweicht, getrocknet, geröstet und anschließend gemahlen. Dabei folgt der Ersatz allen Vorgaben der Langzeitröstung von Bohnenkaffee:
Je länger der Röstvorgang dauert und je niedriger die Temperaturen sind, desto mehr Geschmack und Qualität kommen in der Tasse an. Im Durchschnitt werden die Samen rund 20 Minuten bei maximal 200 Grad geröstet.
Dieses Langzeitröstverfahren dient aber auch dazu, zwei problematische Stoffe auszuschalten. Im rohen Zustand enthalten Lupine sowohl Lektine als auch Alkaloide.
Lektine beeinflussen bzw. stören den Prozess der Blutbildung. Sie sind in den meisten rohen Hülsenfrüchten enthalten. Alkaloide, zu denen auch Koffein gehört, sollen Fressfeinde abschrecken. Platt gesagt, sind sie Gift.
Weniger platt gesagt, können sie zwar in bestimmten Zusammensetzungen Müdigkeit vertreiben, der Alkaloid-Gehalt in Lupinen hat jedoch nur negative Folgen und muss deshalb durch das Rösten gesenkt werden.
Welche Zubereitung passt?
Lupinenkaffee gibt es sowohl als Instant-Kaffee zum direkten Aufgießen und Trinken oder als „feine“ Version für den Einsatz in der French Press, im Handfilter oder dem Espressokocher.
Kaffeemaschine, Siebträger oder gar Kaffeevollautomat würde ich ganz weit weg stellen. Die Körnung und Zusammensetzung von Lupinenkaffee kann die Geräte beschädigen. Außerdem holt ihr so sowieso nicht mehr Nuancen aus dem Rösttrunk.
Wie schmeckt Kaffee aus Lupinen?
Anders als bei Bohnenkaffee entsteht durch das Schonrösten kein vielfältiges Aroma, das ganze Bohnen in vielen Facetten zeigt. Wir reden klar von einem robusten Geschmack, der zwischen Röstbrot und typischem Getreidekaffee liegt.
Da können Hersteller noch so viel von einem sehr nahen Kaffee-Aroma oder viel Nuss erzählen – Lupinenkaffee schmeckt nach Ackerbau und Röstprozess, nach „Natur“ im Korngesund-Werbe-Format und Heuboden.
Andererseits muss ich anerkennen, dass Kaffee aus Lupinensamen durch den hohen Eiweiß- und Fettgehalt vollmundiger ist als manche ähnliche Kaffee-Alternative. Er bekommt sogar eine Art Crema hin.
Darüber hinaus macht sich eine gute Röstung aus hochwertigen Bio-Lupini wirklich bemerkbar: Das Getränk bietet dann gut ausbalancierte Bitterstoffe, die auch mit Milch ziemlich gut funktionieren.
Was steht hinter dem Lupinen-Hype?
Meine Lupinenallergie richtet sich nicht gegen die eigentliche Pflanze und ihre generellen Fähigkeiten. Denn die Hülsenfrüchte haben auf mehreren Ebenen einiges drauf.
Während Kaffeebohnen erst aus Äthiopien oder Brasilien eingeschifft werden müssen, kommen die Lupinen aus unserer eigenen Landwirtschaft. Das ist ein Grund, warum so hart versucht wird, sie in Deutschland zu etablieren:
Obendrein sorgen Lupinen für mehr Fruchtbarkeit auf dem Acker. Sie binden Stickstoff und stellen ihn als Dünger für andere Pflanzen zur Verfügung. Gleichzeitig lockern sie die Ackerböden auf.
Anbau, Ernte und Herstellung von Lupinen-Produkten aus dieser Nutzpflanze sind vergleichsweise einfach. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat die Blaue Süßlupine sogar in den Mittelpunkt ihrer sogenannten Eiweißpflanzenstrategie gestellt. Das Fraunhofer Institut hat die Proteine der Lupine untersucht und dabei festgestellt, dass die Eiweiße sogar besser funktionieren als Sojaproteine.
Allerdings solltet ihr nicht losgehen und irgendwelche Lupinen pflücken – auch wenn sie an fast jedem Ackerrand oder im Garten wachsen. Die meisten heimischen Lupinenarten wie Bitterlupinen sind giftig, für den Kaffee-Ersatz kommen ausschließlich Süßlupinen infrage.
Produkte aus Lupinen könnten langfristig zum heimischen Tofu werden und einige Probleme der Welternährung lösen. Das sollten wir jedoch nicht ohne Vorbehalte tun.
Basisch, Koffeinfrei, sonst noch was: Welche Wirkung hat Lupinenkaffee?
Halten wir bis hierhin fest: Lupinen sind durchaus eine Art Superfood. Allerdings werden viele Eigenschaften einfach blindlings auf Lupinenkaffee übertragen. Und dabei wird es meiner Ansicht nach schnell blöd.
Zunächst einmal enthält Lupinenkaffee weder Koffein noch Gluten. Das macht ihn für alle attraktiv, die sich von diesen beiden Stoffen fernhalten wollen oder müssen. Auch gibt es hier keine Säuren, die manchem Magen das Leben schwer machen.
Auch wenn wir Lupine als Gebräu nicht essen, sondern trinken, lohnt ein Blick auf die Nährwerte: Kaum ein Körnchen könnte mehr Eiweiß, gute Fette und langkettige Kohlenhydrate ohne starken Insulin-Einfluss enthalten. Davon abgesehen wirken Lupine wie ein einziges, großes Spurenelement:
Laut Untersuchungen enthalten sie mehr Kalium, Kalzium und Magnesium als Sojabohnen und in etwa ähnlich viel Zink und Eisen (vgl. Catherene 2012). Auch besitzen sie eine unglaublich dichte Menge an sekundären Pflanzenstoffen (etwa Khan et al. 2015).
Allerdings beziehen sich die vorsichtig euphorischen Erkenntnisse der Wissenschaftler zur ernährungsphysiologischen Fähigkeit von Lupinen immer darauf, dass wir sie im Ganzen zu uns nehmen – zum Beispiel als Mehl.
Lupinenkaffee wird gemahlen, gefiltert oder zu Instantkrümeln weiterverarbeitet. Das ändert zwar nichts an der grundlegenden chemischen Zusammensetzung, aber dampft die Konzentration und damit die positiven Wirkungen der enthaltenen Stoffe empfindlich zusammen.
Außerdem zieht kein Wissenschaftler – soweit ich ermitteln konnte – irgendwelche direkten Schlussfolgerungen für Lupinenkaffee. Viele Medien oder halbseidene Health-Webseiten kriegen sich jedoch kaum ein. Demnach soll der Sud nicht nur magenfreundlich, sondern auch basisch sein, gegen Bluthochdruck helfen oder bei Diabetes zur Stelle sein.
Kommt uns das bekannt vor? Während sich Bohnenkaffee immer wieder mit Zweifeln auseinandersetzen muss, ob er nun gesund ist oder nicht, was er mit dem Blutdruck oder der Herzgesundheit zu tun hat, gilt für Lupinenkaffee komischerweise das Gegenteil:
Hier ist man aufgrund der guten Inhaltsstoffe des Rohstoffes davon überzeugt, dass das Getränk Wunder vollbringen kann. Aber genauso wenig, wie anständiger Bohnenkaffee die Gesundheit pauschal gefährdet, macht Lupinenkaffee pauschal irgendwas besser. Beide liefern Energie und Mineralstoffe, enthalten Aminosäuren und Kalorien. Mehr nicht.
Ist Lupinenkaffee doch gesundheitsschädlich?
Solche Widersprüche machen mich besonders fuchsig, weil sie völlig ignorieren, dass Heißgetränke wie Kaffee keine Grundnahrungs-, sondern Genussmittel sind. Wer täglich mehr Lupinenkaffee als Wasser trinkt, sollte dringend über seine Nahrungsaufnahme nachdenken.
Darüber hinaus lassen viele Lupinen-Jünger einen wichtigen Aspekt gern unter den Tisch fallen. Die Kerne können noch so bio und noch so schonend geröstet worden sein: Lupinen sind deklarationspflichtige Allergene. Die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 führt sie unter Punkt 13 auf.
Was ist mit Lupinenkaffee in Schwangerschaft & Stillzeit?
Während Mediziner erst jüngst ihre Empfehlungen für Koffein bzw. Kaffee in der Schwangerschaft nach unten korrigiert haben, müsst ihr euch diese Gedanken bei Kaffee aus Lupinenbohnen nicht machen:
Wo kein Koffein drin ist, kann nichts den Energiehaushalt beeinflussen. Ähnliches gilt für die Stillzeit, in der es bei Koffein noch an abschließenden Studien-Erkenntnissen fehlt. Geht es um andere Enzymreaktionen, die Produktion von Muttermilch oder den Einfluss auf Haut, Knochen und Baby, enthalte ich mich jeglicher Angaben und Empfehlungen. Fragt immer einen Arzt.
Entkoffeiniert vs Lupinen: Was ist der bessere Natur-Kaffee?
Seitdem ich meine entkoffeinierten Kaffeebohnen für den Vollautomaten entwickelt habe, bin ich im Decaf-Fieber. Ich turne durch Supermärkte und Röstereien und probiere praktisch jedes entkoffeinierte Angebot – ob gemahlen oder als ganze Bohnen.
Dabei ist mir vor allem eins klar geworden: Körnerkaffees mögen zwar absolut kein Koffein enthalten, aber geschmacklich müsst ihr immer Abstriche machen.
Seitdem die Specialty Coffee-Szene mit Decaf experimentiert, gehen die Röstungen qualitativ durch die Decke. Ihr müsst schon genau hinschmecken, um einen Unterschied zu klassischem Espresso oder Filterkaffee zu bemerken.
Warum erzähle ich euch das?
Weil niemand Lupinenkaffee trinkt, weil er ohne ihn nicht leben könnte. Körnerröstungen sind Kaffee-Ersatz, ein Kompromiss-Heißgetränk. Das gilt etwa auch für Cascara Tee. Diesen Kompromiss müsst ihr mit den neuen, tollen Decaf-Angeboten aber nicht mehr eingehen.
Selbst die Wissenschaft ist inzwischen ein Fan von entkoffeiniertem Kaffee. Und es gibt ein paar erstaunliche Erkenntnisse, die ich im wissenschaftlichen Ratgeber zu Decaf und Gesundheit detailliert behandle.
Eine Einschränkung gibt es: Auch entkoffeinierter Kaffee kommt nicht ohne Kaffeesäure aus. Bei einer Magenschleimhautentzündung (Gastritis) oder ähnlichen Problemen solltet ihr auf Chlorogensäure und Co verzichten und lieber auf Blüten, Blätter und von mir aus Körner umsteigen.
Lupinenkaffee zubereiten: Drei Wege zum Heißgetränk
Ich habe schon den ein oder anderen Lupinenkaffee gesehen, der mit ganzen Lupinensamen angeboten wird. Da wir hier keine flüchtenden Aromen befürchten müssen, könnt ihr ihn der Einfachheit halber gleich gemahlen kaufen und auf drei Arten schnell zubereiten.
Handfilter
Spült den Filterhalter und das Filterpapier mit heißem Wasser aus.
Setzt auf eine Dosierung von etwa 5 g Lupinenpulver pro 100 ml Wasser.
Gießt Wasser in kreisenden Bewegungen auf, bis Tasse oder Kanne voll sind.
French Press
Gebt Lupine mit einer Dosierung von rund 6 g auf 100 ml Wasser in die Kanne.
Gießt heißes Wasser auf.
Wartet etwa 5 Minuten.
Drückt den Stempel & serviert.
Herdkanne
Gebt Lupinenpulver bis zur Markierung in den Siebeinsatz.
Füllt Wasser bis kurz unter dem Ventil in den unteren Kannenteil.
Setzt die Kanne zusammengeschraubt auf den Herd.
Wartet, bis das Blubbern endet.
NICHT im Vollautomaten oder Siebträger
Falls ihr es vorhin überlesen habt: Kaffeevollautomat und Espressomaschine sind nicht für Lupinenkaffee oder andere Ersatzprodukte geeignet. Während ihr beim Siebträger eventuell nur ein schlechtes Ergebnis bzw. keine Vorteile erzielt, macht ihr euren Kaffeevollautomaten auf diese Weise kaputt.
Fazit: Lupinenkaffee wird nicht zu meinem Tipp…
Wenn ihr Lupinenkaffee selber machen und aufbrühen wollt, halte ich euch garantiert nicht davon ab. Mir geht es nur schrecklich auf die Nerven, wie über Süßlupinen als Basis für ein Getränk gesprochen wird.
Ich wende mich je nach Tageszeit lieber an (entkoffeinierte) Kaffeebohnen und höre auf, mir dabei über Nährstoffe, Vitamine, Kalorien oder Gesundheitsversprechen Gedanken zu machen. Und ihr?
Habt ihr Erfahrungen mit Lupinenkaffee, seiner Zubereitung oder Alternativen? Welche Getränketrends soll ich noch untersuchen? Hinterlasst mir gern einen Kommentar!