Instantkaffee hat keinen guten Ruf. Wie auch: Wenn wir richtigen Kaffee kochen, müssen wir die Bohnen mahlen, das Pulver in Kaffeemaschinen aufbrühen und das Kaffeemehl entsorgen.
Instantkaffee hat keinen guten Ruf. Wie auch: Wenn wir richtigen Kaffee kochen, müssen wir die Bohnen mahlen, das Pulver in Kaffeemaschinen aufbrühen und das Kaffeemehl entsorgen.
Löslichen Kaffee löffeln wir einfach in eine Tasse, kippen Wasser drüber und erhalten völlig ohne Maschine eine krümelfreie Brühe. Das kann doch nicht ohne Zusatzstoffe, Chemie und Gesundheitsgefahren ablaufen!
Wie sich herausstellt, kann es das doch. Oder zumindest bleibt es in dem Rahmen, in dem sich auch die Frage bewegt, ob Kaffee gesund ist. Denn was löslichen Kaffee gesund oder ungesund macht, ist nicht der Instant-Teil…
Herstellung von Instantkaffee: Purer Kaffeeextrakt, null Zusatzstoffe
Ich glaube, dass die meisten Menschen (mich eingeschlossen) eine falsche Vorstellung von Instant-Kaffee haben. Der granulierte Krümelkaffee sieht danach aus, als würde Kaffeepulver mit Klebstoff und Chemie zu einem Zombie-Produkt verarbeitet werden.
Das stimmt allerdings nur bedingt. Instantkaffee ist in meinen Augen immer noch Zombie. Aber die Zutatenliste und Herstellung ist kurz, streng geregelt und vollkommen natürlich:
Kaffeebohnen werden normal geröstet und gemahlen
Der Kaffee wird direkt mit Wasser zum „Kaffeeextrakt“ aufgebrüht
Der entstandene Kaffeeextrakt wird getrocknet (per Heißluft oder Gefriertrocknung)
Das fertige dehydrierte Kaffeegranulat wird abgepackt
Eigentlich ist löslicher Kaffee damit bereits zubereiteter, normaler Kaffee, dem nur das Wasser entzogen wurde. Sobald Zutaten wie Zucker, Molkepulver usw. ins Spiel kommen, reden wir laut Kaffeeverordnung nicht mehr von Kaffee oder Instant-Kaffee, sondern von einem „Getränkepulver mit löslichem Bohnenkaffee“ – oder eben von Cappuccino-Pulver und Co.
Analog dazu wird „Instantkaffee“ aus Getreidesorten ebenfalls besonders benannt – etwa Caro als Landkaffee, Lupinenkaffee usw. Sie dürfen sich aber nicht mit löslichem Kaffee vergleichen.
Wie gesund ist löslicher Kaffee?
Während wir noch akzeptieren müssen, dass löslicher Kaffee nur Kaffee-Extrakt ohne Wasser ist, scheint die Wissenschaft schon um Längen weiter. Sucht ihr nämlich online nach dezidierten Studien zu löslichem Kaffeepulver, findet ihr genau ein aktuelles Paper. Es trägt den unfassbar schlimm-sperrigen Titel
„Instant Coffee Is Negatively Associated with Telomere Length: Finding from Observational and Mendelian Randomization Analyses of UK Biobank“1
Telomere sind DNA-Bestandteile, die als Marker für den Alterungsprozess der Zellen dienen. Instant-Kaffee scheint laut dieser Studie einen Einfluss darauf zu haben. Allerdings gilt dieser Befund im Vergleich auch für andere typische Kaffeesorten bzw. Kaffeespezialitäten.
Genau deshalb gibt es wohl auch keine weiteren aktuellen Studien, die Instantkaffee in Sachen Gesundheit unabhängig von Filterkaffee oder jeder anderen Zubereitung betrachten. Das ergibt aufgrund der Physiologie und Zusammensetzung einfach keinen Sinn.
Es existieren höchstens noch Paper zur Bestimmung von Koffein in löslichem Kaffee2, das sich im fertigen Produkt nur schwer nachweisen lässt. Außerdem gibt es ein paar ältere Papers zur allgemeinen Herstellung und den Inhaltsstoffen.3
Löslicher Kaffee und das Krebsrisiko: Woher kommt der Vorwurf?
Ob entkoffeinierter Kaffee, Kaffeebohnen in Espressoröstung oder eben Instantkaffee: Irgendwann gibt es immer Krebserregung – insbesondere in den Medien.
Bei löslichem Kaffee ist das Level an Fehl- und Falschinformationen besonders hoch. Das zeigt sich an den drei meistbesuchten Seiten zur Krebsfrage bei Instantkaffee:
Ganz oben in der Liste steht ein aktueller Beitrag von Pro Sieben (jepp), indem der Krebsverdacht besonders laut ausgesprochen wird: „Untersuchungen haben gezeigt, dass Instant-Kaffee fast doppelt so viel Acrylamid enthält wie aufgebrühter Kaffee“.
Acrylamid als Zerfallsprodukt bei jedem Röstprozess steht schon lange im Verdacht, Krebs zu aktivieren. Allerdings bezieht sich Pro Sieben nicht auf Untersuchungen (Plural), sondern auf eine einzige Untersuchung von 2004, die allein schon durch ihr Alter und die Singularität wissenschaftlich wertlos ist.
An zweiter Stelle ist sich der Merkur in einem Beitrag von 2020 sicher, dass löslicher Kaffee aus Acrylamid-Sicht kein Gesundheitsrisiko darstellt. Dabei bezieht sich das Outlet auf eine Studie von 2013.
Hier werden allerdings die Argumente verdreht: Die Studie diagnostiziert einen hohen Acrylamid-Gehalt, der bei löslichem Kaffee zum Studienzeitpunkt (vor zehn Jahren) deutlich über anderen Kaffeearten lag. Die Wissenschaftler empfehlen nur, den Gehalt zu senken.
Der Merkur sieht darin allerdings keine Probleme, weil „für eine Tasse Instantkaffee deutlich weniger Pulver notwendig ist.“ Und das „relativiert […] diese Aussage“. Tut es das?!
Als drittes Beispiel hätten wir noch einen Beitrag der Apotheken Umschau von 2021, in dem ein Interview mit einem Dr. Lachenmaier zu einer Studie von 2019 geführt wird. Diese Studie wird jedoch weder benannt noch verlinkt.
Dabei ging es (angeblich) um den Zusammenhang von Brustkrebs und Instant-Kaffee. Laut Doktor war die Studie zu klein, er sehe daher kein Risiko.
Er ist sich sogar sicher, dass „Große Untersuchungen mit Tausenden von Teilnehmern […] keinerlei Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Krebsgefahr [zeigten]. Menschen, die regelmäßig Kaffee trinken, erkranken sogar seltener an Leberkrebs.“
Dass ein Mediziner solche endgültigen wissenschaftlichen Aussagen ohne jegliche Verweise oder Belege bringt, sollte skeptisch machen. Dass wir nicht wissen, ob Dr. Lachenmaier Frauenarzt oder Doktor der Philosophie ist, ebenfalls.
Löslicher Kaffee vs Filterkaffee: Was ist gesünder?
Sobald wir akzeptieren, dass löslicher Kaffee natürlicher Kaffee in einem unnatürlichen Aggregatszustand ist, können wir uns sämtliche Gesundheitsvergleiche mit „richtigem“ Kaffee sparen.
Meine wachsende Bibliothek an wissenschaftlichen Ratgebern zu verschiedenen Kaffee-Aspekten gilt daher für Kaffee in jeder Zubereitung und wird nur von eurem Körper, dem tatsächlichen Koffeingehalt und euer Reaktion auf Koffein und Co bestimmt:
Instant-Kaffee: Kein Problem für den Körper, aber fürs Aroma?
Auch wenn ich selbst überrascht bin, dass Instant-Kaffee einfach nur Kaffee ist, ändert sich meine grundsätzliche Meinung zum Granulat nicht: Sowas kommt mir nicht in die Tassen!
Abgesehen davon, dass die Specialty Coffee-Szene löslichen Kaffee entdeckt, müssen wir davon ausgehen, dass hier garantiert nicht die besten Kaffeebohnen zu Kaffeeextrakt verarbeitet werden. Das sehen, riechen und schmecken wir im fertigen Granulat-Getränk.
Macht ihr euch aber gesundheitliche Sorgen um euren Pulver-Konsum, kann ich euch (nicht) beruhigen: Die gefriergetrocknete Zubereitungsform ist genauso gesund oder schädlich wie jeder andere Kaffee mit mehr oder weniger Koffein.
Seid ihr über löslichen Kaffee auch so überrascht oder wollt ihr noch mehr über spezielle Gesundheitsthemen wissen? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
FAQ zu löslicher Kaffee
Geht es um die Aromen, den Geschmack und die Qualität der Kaffeebohnen, ist guter Filterkaffee um Längen besser als Instant-Kaffeepulver. Geht es um die Effekte des jeweiligen Kaffees auf den Körper, gibt es nach aktuellem Stand der Wissenschaft keine Unterschiede.
Löslicher Kaffee besteht zu 100 Prozent aus reinem Kaffee und ist daher genauso gesund oder ungesund wie ein übliches Getränk aus gemahlenem Kaffeepulver.
Die Mengenempfehlungen zu zubereitetem Instantkaffee entsprechen exakt den Vorgaben des typischen Kaffeekonsums. Gesunde Erwachsene können laut Lehrmeinung bis zu 400 Milligramm Koffein pro Tag zu sich nehmen.
Quellen:
- Wei et al (2023) Nutrients: Instant Coffee Is Negatively Associated with Telomere Length: Finding from Observational and Mendelian Randomization Analyses of UK Biobank ↩︎
- Nóbrega et al (2023) Microchemical Journal: Classification of instant coffees based on caffeine content and roasting degree using NIR spectrometry and multivariate analysis ↩︎
- Zur Übersicht: Encyclopedia of Food Sciences and Nutrition (2003) ScienceDirect Overview Instant Coffee ↩︎