Kleine Espressomaschinen auf absolutem Einsteigerniveau haben es mir momentan angetan. Nach Jahren des Entwicklungsstillstands gibt es neuerdings zahlreiche frische Modelle, die mehr sind als eine hübsche Küchendeko mit wenig Leistung.
Kleine Espressomaschinen auf absolutem Einsteigerniveau haben es mir momentan angetan. Nach Jahren des Entwicklungsstillstands gibt es neuerdings zahlreiche frische Modelle, die mehr sind als eine hübsche Küchendeko mit wenig Leistung.
Das Schweizer Unternehmen Solis ist neben DeLonghi in dieser Kategorie richtig dick am Start. Nachdem ich von der Solis Barista Gran Gusto jüngst völlig begeistert war, wurde ich bei der Solis Barista Perfetta Plus, um die es hier geht, stutzig:
Überraschender Könner
Solis Barista Perfetta Plus
Profi im Einsteiger-Look
Kompakt & hochwertig
Viele Einstellungen
Ordentlicher Dampfdruck
Sinnvolles Zubehör
Preis & Auftreten ein Widerspruch
Diese Einsteiger-Espressomaschine kostet derzeit mehr als die vergleichsweise große Solis Barista Gran Gusto, sieht aber exakt so fipsig aus wie zum Beispiel die saugünstige DeLonghi EC 685.
Daraus entsteht ein Widerspruch, dem ich in diesem Testbericht besonders auf den Grund gehen muss. Für alle Lesemuffel habe ich das Video gedreht.
Meine neue Liebe zu Einsteiger-Siebträgermaschinen könnt ihr auch im Video „Kleine Espressomaschinen im Test | Welcher ist der beste kleine Siebträger?“ bewundern.
Inhaltsverzeichnis
Die Solis Barista Perfetta Plus im Überblick
Bei Siebträgermaschinen predige ich immer wieder: Erst ab rund 400 Euro ergibt die Investition wirklich Sinn, weil ihr nur dann auch eine ausreichende Leistungsfähigkeit für einen perfekten Espresso erwarten könnt.
Solis Barista Perfetta Plus | |
Testmodell | Solis Barista Perfetta Plus |
---|---|
Gehäusematerial | Edelstahl |
Verfügbare Farben/Design | |
Typ | Einkreiser |
Bedienung | Tasten |
Display | Nein |
Manometer | |
Durchmesser Siebe | 54 mm |
Siebe einwandig | |
Siebe doppelwandig | |
Tamper | Manuell (Fortgeschritten) |
Wassertank | 1,7 l |
Wasserfilter | |
Mahlwerk | |
Mahlgrade | Kein Mahlwerk |
Bohnenfach | |
Temperatur einstellbar | |
Rezepte speichern | |
Vorbrühfunktion | |
Dampflanze | Manuell (Fortgeschritten) |
Heißwasserfunktion | |
Gewicht | 5,7 kg |
Maße | 18,7 x 37,2 x 32,1 cm |
Sonstiges | |
Aktueller Preis | 386,70 € |
Alle Spezifikationen |
Dieser Merksatz ist mir beim ersten Blick auf die Solis Barista Perfetta Plus im Hals stecken geblieben. Denn ich wüsste zunächst nicht so recht, was ihren Preis rechtfertigt. Zugegeben:
Sie ist alles andere als eine billige Plastikbude.
Sie hat einen sehr benutzerfreundlichen und geräumigen Lieferumfang.
Sie achtet darauf, dass ihr den Weg zum perfekten Espresso mit hoher Genauigkeit geht.
Der Mini-Siebträger steht bombenfest auf dem Untergrund und das Gehäuse besteht aus einem sehr hochwertigen Metall. Damit steht die Solis-Version meilenweit über Einsteigermodellen wie der DeLonghi EC 685. Ich würde behaupten, zumindest in diesem Punkt ähneln sich die Solis und die Sage SES500 the Bambino Plus am stärksten.
Im Lieferumfang fallen die unterschiedlichen Siebarten und wieder recht hochwertigen Tamper positiv auf. Bei den Sieben habt ihr die Wahl zwischen den einwandigen „Profimodellen“ und den doppelwandigen „Einsteigermodellen“ – jeweils für ein oder zwei Tassen.
Doppelwandige Siebe helfen euch, eine mehr als akzeptable Extraktion zu erreichen, auch wenn ihr beim Mahlen oder der Dosierung Mist gebaut habt. Sie sind sozusagen Schummelwerkzeug für Einsteiger.
Mit einem Durchmesser von 54 Millimeter befinden sich die Siebe und der Siebträgerhalter in jedem Fall sichtbar auf Einsteigerniveau. Profiversionen arbeiten meist mit 58 Millimeter.
Das ist zwar nur ein kleines Detail, zeigt aber deutlich, in welche Kategorie ihr die Perfetta Plus einordnen müsst. Der geringere Durchmesser in Verbindung mit einem tieferen Siebträger sorgt ebenfalls für eine „leichtere“ (aber auch ungenauere) Extraktion. Bei der Gran Gusto ist ausschließlich Profi-Equipment am Start, das ihr aber auch erst einmal beherrschen müsst.
Das Manometer als dominantes Element auf der schmalen Front ist für mich bei der Perfetta so eine Sache. Über diesen Druckanzeiger checken Profis (an Profi-Maschinen) ob die benötigten 9 bar am Siebträger für einen perfekten Espresso erreicht werden. Passiert das nicht, justieren sie in der gesamten Extraktionskette und an der Maschine noch einmal nach.
Bei offensichtlichen Einsteiger-Espressomaschinen ist ein Manometer für mich eher ein Gimmick, das nach „echtem Siebträger“ aussehen soll.
Zwar heißt das nicht, dass die Druckanzeige unpräzise ist oder nicht helfen könnte, bei den Extraktionsfaktoren nachzuarbeiten. Aber ganz ehrlich: Bei dieser Maschinenkategorie macht das keiner – meist, weil er nicht versteht, warum er das tun sollte.
Viel wichtiger ist, dass die Bedienknöpfe auf Anhieb verständlich sind und mit ihrer Solis-typischen Lichtshow zeigen, was gerade getan werden soll oder kann. Das funktioniert auch ganz gut.
In Sachen Verarbeitung und Lieferumfang rechtfertigt die Solis Barista Perfetta Plus ihren Preis für sich genommen auf jeden Fall.
Aber schon die offensichtliche Orientierung am blutigen Einsteigersegment würde mich an dieser Stelle dazu verführen, das Geld lieber in Alternativen wie die hauseigene Barista Gran Gusto oder ähnlich „eindrucksvollere“ Maschinen mit Profi-Attitüde zu investieren.
Die kleine Siebträgermaschine (nach Anleitung) einstellen: Mehr als gedacht
Man muss Solis zugutehalten, dass sie euch stets sinnvolle Einstellmöglichkeiten bieten. Bei der Perfetta Plus habt ihr nicht nur Einfluss auf die jeweilige Bezugsmenge (bzw. Durchlaufzeit), sondern könnt auch die Temperatur verändern!
Das bieten Einsteiger-Siebträger eher selten. Auch die Gran Gusto hat dieses Feature nicht an Bord.
Dazu müsst ihr mithilfe der Betriebsanleitung ein wenig auf der Programmtaste rumdrücken. Die Bezugsmenge für eine oder zwei Tassen regelt ihr mit langem Drücken und rechtzeitigem Loslassen auf den dafür vorgesehenen Tasten.
Wie ich schon sagte: Wüsstet ihr exakt, was ihr tut, könntet ihr beim Manometer-Kieken direkt sehen, ob ihr zu viel oder zu wenig, zu grobes oder zu feines Kaffeemehl verwendet. Eure Messlatte liegt um die 9 bar.
Wie ich ebenfalls schon erwähnte: Das ist ein feines Hilfsmittel für den Profi, macht aber den Einsteiger verrückt. Der muss sich erst einmal mit Kaffeemühle, Espressobohnen und Siebträgermaschine vertraut machen. Da sollte er sich nicht auch noch mit den möglichen Fehlern beim „Druckaufbau“ überlasten.
Geht’s ums Einstellen, finde ich die kleine Siebträgermaschine dennoch fast besser als die große Gran Gusto – auch wenn es eine Sache der Gewöhnung ist. In beiden Fällen kommt ihr um langes Herumspielen und Ausprobieren sowieso nicht herum.
Grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass die Perfetta ein wenig langmütiger ist als die Gran Gusto. Diese reagiert im Vergleich sehr empfindlich auf Dosierungs- und Einstellungsfehler, während ihr beim Einsteigermodell auch dann oft ein ähnliches Ergebnis erreicht, wenn die Parameter nicht ganz auf einer Linie liegen.
Ich persönlich mag die Zickigkeit, weil ich dadurch bestimmte Nuancen eines Kaffees noch individueller herausarbeiten kann. Doch damit wollen sich Einsteiger sicher wieder nicht herumschlagen.
Übrigens: Beide Maschinen sind ein Einkreiser mit Thermoblock und damit absolut fix auf Betriebstemperatur. Da können klassische Einkreiser nicht mithalten und machen die Solis-Reihe zu einer modernen Entscheidung für den gehetzten Großstädter.
Espresso mit der Solis Barista Perfetta Plus
Im Testvideo zur Solis Barista Perfetta Plus könnt ihr einen bezaubernden Espresso mit sehr überzeugender Crema sehen. Dieses Ergebnis hebt diese Ultramini-Einsteigermaschine meilenweit von den anderen Kategorieteilnehmern ab.
Durch die Einstellbarkeit und die Hochwertigkeit der Komponenten gelingt euch ein Espresso, wie er sein soll. Auch, wenn ihr nicht genau wisst, was ihr da tut.
Als „Profimerkmal“ bringt die Perfetta zusätzlich eine automatische Pre-Infusion mit, feuchtet also das Kaffeemehl vor dem eigentlichen Brühen an.
Damit werden die Kaffeekrümel perfekt dazu animiert, ihr Aroma auch abzugeben. Den Unterschied seht und schmeckt ihr. An der Temperatur musste ich gar nicht erst rütteln, um einen hervorragenden Espresso zu erhalten. Top!
Milchschaum mit der Solis Barista Perfetta Plus
Wie es sich für einen Siebträger gehört, verfügt die Solis Barista Perfetta Plus „nur“ über eine manuelle Dampflanze, mit der ihr Milchschaum zubereiten könnt. Dazu müsst ihr die Maschine extra auf Temperatur bringen, was euch noch einmal ein paar Sekunden Wartezeit kostet – ist halt nur ein Einkreiser.
Bis das Aufschäumen so gelingt, dass ihr mit dem Ergebnis zufrieden seid, müsst ihr ausufernd üben. An der Power der Maschine scheitert es jedenfalls nicht. Der Dampfdruck ist sogar noch einen Hauch besser als beim nächstgrößeren Solis-Modell. Soviel Power müsst ihr jedoch beherrschen lernen. Siehe mein schlechtes Ergebnis im Video.
Die Reinigung: Kleine Tipps für den großen Unterschied
Beim Reinigen eines Siebträgers gibt es im Allgemeinen nicht viel zu beachten. Spült den Siebträger, die Siebe und auch den Auslass nach jedem Bezug und kümmert euch mit dem beiliegenden Reinigungswerkzeug um Kaffeereste am Auslass. Das war es im Alltag auch schon. Regelmäßiges Entkalken ist trotzdem sinnvoll.
Wichtig finde ich, dass ihr beim Wassertank ein wenig pingeliger werdet. Der ist mit 1,7 Litern mal wieder sehr großzügig bemessen (im Vergleich zur Maschine und zum typischen Verbrauch). Das verführt dazu, ihn vollzuknallen und das Wasser stehenzulassen.
Für einen 2-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Tagesbedarf von vier Doppelbezügen reicht es vollkommen aus, wenn ihr das Ding zur Hälfte füllt, nach dem Gebrauch der Maschine ordentlich ausspült und vor dem nächsten Tageseinsatz gut trocknen lasst.
Ansonsten erweist ihr auf Dauer der Algenbildung einen freundlichen Dienst und jagt dieses Wasser dann durch die feinen Schläuche eurer Espressomaschine. Nö, das will keiner!
Fazit Solis Barista Perfetta Plus: Einsteigermodell im Profi-Gewand oder andersrum?
Die Solis Barista Perfetta Plus hat auch nach dem Test nichts von ihrer Widersprüchlichkeit verloren. Ihr Problem bleibt, dass sie wie eine Siebträgermaschine der Ultramini-Einsteigerklasse aussieht, aber soviel kostet wie eine ambitionierte Einsteigermaschine.
Überraschender Könner
Solis Barista Perfetta Plus
Profi im Einsteiger-Look
Kompakt & hochwertig
Viele Einstellungen
Ordentlicher Dampfdruck
Sinnvolles Zubehör
Preis & Auftreten ein Widerspruch
Dies lässt sich dem interessierten Kunden jedoch nur schwer vermitteln.
Es liegt nahe, das Solis-Modell mit Konkurrenten wie der DeLonghi EC 685, der KitchenAid Artisan oder der Sage SES500 the Bambino Plus zu vergleichen. Doch dieser Vergleich ist nach meiner Ansicht vollkommen falsch. Die Perfetta orientiert sich viel stärker in Richtung ambitionierte Maschinen, auch wenn sie den Anfänger dabei nicht vergisst.
Ich glaube tatsächlich, dass sich Solis mit diesem Gerät und der Solis Barista Perfetta Plus V2 ein wenig ins Bein geschossen hat. Denn weder Newbies noch Fortgeschrittene fühlen sich auf Anhieb für die Kaffeezubereitung von dieser Maschine angesprochen. Anfänger schreckt der Preis ab, Fortgeschrittene der Stil.
Irgendwie müsste es Solis hinbekommen, die großartige Funktionalität und die hervorragenden Ergebnisse bei Espresso und Milchschaum stärker zu betonen. Denn diese Faktoren sorgen dafür, dass sich der Kauf auf jeden Fall lohnt.
Ich hatte großen Spaß beim Benutzen und Ausprobieren dieses Modells und spreche auch eine klare Empfehlung aus. Wenn es ein „richtiger“ Siebträger aus dem Hause Solis sein soll, bleibe ich dennoch bei der Solis Barista Gran Gusto. Sie liefert zu ihrem Preis eine klare Profi-Orientierung, die man sehen, fühlen und einstellen kann.
Ich weiß, dass euch diese Maschine sehr interessiert. Darum bin ich besonders auf eure Kommentare gespannt. Wir sehen uns in der Kommentarspalte!