Ich bin jetzt mal ehrlich: Wenn mir in einem Espresso Test ein „Coffee for Peace“ vor die Nase gestellt wird, rolle ich etwas heftiger mit den Augen. Gegen Liebe und Frieden und so habe ich natürlich nichts. Aber was haben Kaffeebohnen bitte damit zu tun?
Ich bin jetzt mal ehrlich: Wenn mir in einem Espresso Test ein „Coffee for Peace“ vor die Nase gestellt wird, rolle ich etwas heftiger mit den Augen. Gegen Liebe und Frieden und so habe ich natürlich nichts. Aber was haben Kaffeebohnen bitte damit zu tun?
Bei Boot Koffie aus Amersfoort in den Niederlanden eine ganze Menge. Das Unternehmen unterhält nicht nur eine eigene Rösterei, sondern auch einen Boot Coffee Campus in San Rafael, der zahllose Workshops zu Roasting, Sensory-Skills und diversen Barista-Skills abhält.
Hinter all dem steht Willem Boot, der nach den Vorgaben der Specialty Coffee Association (SCA) trainiert, zertifiziert und auch röstet. Gleichzeitig will Boot die Wertschöpfungskette für Kaffee nachhaltig verbessern. Und verfolgt dabei einen minimal anderen Ansatz als die beiden anderen Impact-Niederländer aus meinem jüngsten Test:
Während Moyee Coffee auf die radikal faire Produktionskette fokussiert und Bocca Coffee einen transparenten Specialty Coffee mit hipper Röststilistik produziert, will Boot Produzenten in Kolumbien durch Workshops und Training so weit schulen, dass sie von Haus aus besseren Kaffee produzieren, den sie teurer als Green Coffee und Röstkaffee auf dem Weltmarkt anbieten können.
Dieser „Teach a man to fish“–Ansatz trägt den Projekttitel „Coffee for Peace“, aus dessen Sortiment ich willkürlich zwei Espresso-Varianten ausgewählt habe, die mir Boot zugeschickt hat. Übrigens: Gute Siebträger findet ihr in meinem Espressomaschinen-Test 2024.
Boot Coffee im Überblick
Es ist ein bisschen unglücklich, dass mir Boot Coffee zwei Limited Editions zugeschickt hat. Die mögen zwar supertoll sein, sind aber nicht immer verfügbar.
Nehmen wir jedoch die „Coffee for Peace“-Sache in den Fokus, sind die beiden Kolumbianer so etwas wie Gesellenstücke, die die Fortschritte dokumentieren sollen.
Boot Coffee for Peace Colombia El Transformador | Boot Coffee for Peace Colombia Las Torres | |
---|---|---|
Röstprofil | Espresso | Espresso |
Bohne | 100% Arabica | 100% Arabica |
Herkunftsland | Kolumbien | Kolumbien |
Herkunftsort | El Transformador, Antiquia | Las Torres, Cauca |
Handelsweg | Direct Trade | Direct Trade |
Varietät | Caturra und Colombia | Colombia |
Aufbereitung | Gewaschen | Gewaschen |
Zubereitungsempfehlung | Siebträger und Herdkanne, mit Milch | Siebträger und Herdkanne, mit Milch |
Röstdatum | Nein | Nein |
Füllmenge in g | 250 | 250 |
Preis pro kg in Euro (im Verhältnis zur Füllmenge) | 38,40 | 38,40 |
Es gibt weder ein Röstdatum noch wirkt die Packung ansatzweise nachhaltig. Das sind Dinge, die in einem „Friedenskaffee“ vielleicht nicht die erste Geige spielen, für mich aber ein Ausdruck der „Skills“ sind, die sich Boot mit der Aktion auf die Fahnen geschrieben hat.
Davon abgesehen bieten der Boot Coffee for Peace Colombia El Transformadorv und der Boot Coffee for Peace Colombia Las Torres eine ziemlich spannende Vergleichsmöglichkeit: Können sich zwei Espresso-Sorten, die so ähnlich sind, wirklich voneinander unterscheiden? Können sie.
Ich habe die empfohlene Milch im Kühlschrank gelassen und stattdessen einen Espresso mit 40 Milliliter, 19 Gramm Kaffeepulver und einer Durchlaufzeit von rund 30 Sekunden bezogen.
Bohnenbild
Beide Varianten setzen auf ein dunkles bzw. sehr dunkles Röstprofil, was zumindest optisch der niedrigen Intensität (3 von 5 Bohnen) zu widersprechen scheint. Aber dieses Profil ist sehr sauber und gleichmäßig, die Bohnen sind ganz und fehlerfrei.
Ein Grundsatz für die Kaffeequalität, auf die Coffee for Peace-Linie abzielt, ist damit schonmal erfüllt. Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass sich gerade im auffällig bumsdunklen El Transformador ein paar schlechtere Bohnen verstecken könnten.
Geruch
Kaffeesorten aus Kolumbien gelten als sehr wandelbar und facettenreich. Süße, Nüsse und frische Akzente werden am häufigsten genannt. Diese Vielfalt bilden beide Espressovarianten tasächlich ab, wenn auch nicht gleich erfolgreich.
Der El Transformador überzeugt mit runder, voller Schokokraft und klar dominanter Süße, die euch schon beim ersten Schnüffeln in die Nase steigt. Von den versprochenen Blaubeernoten merke ich zwar nichts, die angeblichen Aprikosenessenzen kann ich mir aber durchaus einbilden. Zumindest in der Nase ist von Citrus ebenfalls noch nichts zu spüren.
Der (hellere) Las Torres soll tropische Früchte, einen Rosenduft, Süßkartoffel und Haselnuss bieten. Was wie das schlechteste Salatrezept ever klingt, ist auch in der Nase irgendwie komisch.
Die Sache mit der Süßkartoffel stimmt auf jeden Fall. Zumindest gibt es einen recht gemüsigen Duft, der an stärkehaltige Zutaten erinnert. Das muss man mögen, auch wenn nichts daran wirklich schlecht ist.
Geschmack & Säure
Ich habe extra nochmal nachgeschaut, ob ich die Notizen zu meinen Kaffees verwechselt habe. Denn es wäre zu erwarten, dass der dunklere El Transformador kräftiger ist als der Las Torres. Aber es verhält sich andersherum.
Der El Transformador schmeckt (erwartbar) süß, schokoladig und kräftig. Die Empfehlung mit der Milch könnte ich auf jeden Fall unterschreiben. Auch der Hauch von Frische setzt sich beim Trinken durch, was das ansonsten klassische Geschmacksprofil angenehm ausbalanciert.
Der Las Torres unterstreicht unterdessen seine noch klareren Bitternoten und setzt auf starke Röstaromen. Er schmeckt wie ein sehr klassischer Espresso. Das meine ich erst einmal ohne Wertung, finde es am Ende des Tages dann aber doch zu langweilig. Vielleicht hätte eine Prise Süßkartoffel hier gutgetan?
Körper & Mundgefühl
Beide Kaffeesorten sind weit von auffälliger Samtigkeit oder Cremigkeit entfernt. Aber man merkt ihnen an, dass sie das gar nicht wollen. Sie möchten dominant im Mund liegen, euch ein bisschen mit ihrer fast rüpeligen Stärke einschüchtern und mit Schwung in den Tag schicken.
Wer klassisch-kompakten Espresso liebt, wird das auf jeden Fall zu schätzen wissen. Übrigens nehmen sich beide Kaffees da erstaunlich wenig.
Abgang & Nachhall
Wie zu erwarten, habt ihr von beiden Kaffees länger etwas. Den Schoko-Nachhalll des El Transformador finde ich auf jeden Fall besser als den etwas sehr eckigen Abgang des Las Torres. Aber den langen Abschiedsgruß der Bitternoten muss man ebenfalls wiederum mögen – meine Sache wird das vermutlich nie.
Für wen ist Boot Coffee geeignet?
Boot Koffie hat eine riesige Auswahl unterschiedlichster Kaffeesorten im Programm und ist mit Single Origins, Blends und Microlots sehr breit aufgestellt.
Auch wenn mich persönlich die beiden Kolumbianer nicht vom Hocker gehauen haben (weil sie etwas zu klassisch für mich sind), macht ihre generelle Qualität doch deutlich, dass Willem Boot und sein Team wissen, was sie tun.
Wenn ich mir meinen Niederländer-Mini-Test angucke, begeistert mich Boot zwar nicht ansatzweise so sehr wie Bocca Coffee, qualitativ stehen sie jedoch auf einer Stufe. Wiederum muss sich Moyee Coffee in dieser Hinsicht noch weiter entwickeln und kann nur auf einem dritten Platz rangieren.
Aber alle drei zeigen – und das ist der Knackpunkt in meinem Espresso Test 2024 – wie sich das Thema „Nachhaltigkeit und Empowerment“ in der Kaffeeindustrie aus vielen Richtungen umsetzen lässt. Das wiederum macht umso deutlicher, dass billige Bohnen aus unklarer Beschaffung wirklich der Vergangenheit angehören sollten.
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