Kaffeemessen wie die Coffee Week Berlin sind zwar vorrangig eine Nabelschau der Branche. Aber man erhält hier eine Ahnung, welche Themen und Trends demnächst auf den breiten Kaffeemarkt schwappen könnten. Darum habe ich Team Coffeeness zum Coffee Festival 2025 im Rahmen der Coffee Week geschickt. Hier kommt sein Bericht:

Kaffeemessen wie die Coffee Week Berlin sind zwar vorrangig eine Nabelschau der Branche. Aber man erhält hier eine Ahnung, welche Themen und Trends demnächst auf den breiten Kaffeemarkt schwappen könnten. Darum habe ich Team Coffeeness zum Coffee Festival 2025 im Rahmen der Coffee Week geschickt. Hier kommt sein Bericht:
Wir haben schon häufig festgestellt, dass sich die Specialty Coffee Szene manchmal etwas zu ernst nimmt und manchmal ihre inneren Widersprüche übersieht. Beim Coffee Festival in Berlin Neukölln wurde das einmal mehr deutlich:
Auf der einen Seite gilt im Specialty Coffee die Maxime, dass er pur genossen werden sollte. Auf der anderen Seite wurde das Festival gleich von drei Marken für Milchalternativen gesponsert, die vor allem zuckrige Barista-Editionen beworben haben.
Auf der einen Seite meiden Insider Kaffeemaschinen oder Kaffeevollautomaten wie der Teufel das Weihwasser. Auf der anderen Seite wollen Start-ups immer wieder Prozesse der Kaffeezubereitung automatisieren, die das eigentlich nicht nötig haben.
Die schönste Seite an einem Kaffeefestival stand aber auch in Berlin im Mittelpunkt: Kaffee und Espresso von handwerklichen Röstereien, von denen sich im Roasters Hub eine ganze Menge tummelten.
Also haben wir uns erst in den roten Pulsbereich durchgekostet, bevor wir uns unserem Lieblingsthema zugewendet haben: Maschinen, Gadgets und die Frage, ob das Sinn ergibt.
Inhaltsverzeichnis
Pimp my Siebträger!
Dampft man die Funktionalität einer Espressomaschine aufs Wesentliche zusammen, handelt es sich eigentlich nur um einen Wasserkocher mit angeschlossener Pumpe. Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Vollautomat und Siebträger besteht schließlich darin, dass bei einer Espressomaschine kein Kaffee durch das Gerät fließt.
Theoretisch könntet ihr alles Mögliche in den Siebträger geben und mit der Maschine zubereiten. Wie das praktisch aussehen könnte, zeigten zwei Ideen auf dem Festival.
Ibrik, but make it sexy

Mortada Alkorani aus Berlin ist nicht nur ein kompletter Über-Sympath, sondern auch auf einer Mission: Er findet, dass Mokka ein neues Image verdient. Der traditionelle Kaffee aus der Ibrik wird hierzulande nämlich skeptisch beäugt.
Latenten Rassismus mal außen vor gelassen, nimmt Mokka einfach unglaublich viel Anlauf – das typische Profil aus selbstbewussten Säuren und Bitterstoffen ist mit westlichen Geschmacksvorlieben nur schwer vereinbar.
Darum hat Mortada mit Mokka Ur vor drei Jahren eine Rösterei gegründet, die den Mokka-Style feiert, aber die Zubereitung in der Espressomaschine ermöglicht.
Dafür mischt Mortada mehr Arabica mit weniger Robusta und gibt Mokka-Gewürze wie Kardamom oder Safran nach der Röstung hinzu. Wie das alles geht, hat er von seiner Familie gelernt, die bereits in Ur im heutigen Irak im Bohnengeschäft war.
Etwa sein Kardamom Mokka zeigt, dass Mortada weiß, was er tut. Die Siebträger-Version schmeckt weicher und milder als Ibrik-Kaffee. Die Säuren werden zu Fruchtnoten runterreguliert, die Bitterstoffe mit dem Kardamom-Lasso eingefangen.

Sollte der Erfolg mit diesen Röstungen ausbleiben, hat Mortada unserer Meinung nach einen absoluten Trumpf in der Hinterhand: Er hat verschiedene Mokkapasten entwickelt, die ihr einfach in Milch(alternativen) geben und an der Dampflanze (oder auf dem Herd) erwärmt.
Der großartige Pistazien Mokka ist eine echte Hausnummer, doch der Rosenwasser Mokka ist der Star im Sortiment. Die cremig-süße Mischung mit blumigem Hauch hat das Zeug dazu, Matcha, Pistachio Latte und Bubble Tea richtig Konkurrenz zu machen.
Kräutertee, but make it Espresso
Während Mokka Ur die Espressomaschine zumindest für Kaffee benutzt, nimmt Wilden Herbals aus Mailand die Wasserkocher-Pumpen-Thematik besonders ernst. Der italienische Spezialist für Kräutertees ist nämlich der Meinung, dass die Welt auf Tee aus dem Siebträger wartet.
Darum hat Wilden Herbals die Herbpress erfunden: einen Siebeinsatz mit eigenem Pressdeckel, in den ihr (spezielle) Teebeutel oder losen Tee geben könnt. Der Deckel soll den Tee nicht nur vor eventuellen Kaffeeresten schützen, sondern auch etwas Druck aufbauen.
Wilden 1
Was zunächst wie eine überflüssige Erfindung klingt, ist auf den zweiten Blick nicht allzu doof: Der Teepresso braucht keine Ziehzeit, der Geschmack soll intensiver sein. Das würden wir zwar nicht bestätigen, allerdings setzen sich die Wilden Herbals Tees mit ihrem deftig-kräutrigen Aromenbild so oder so wohltuend vom Meßmer-Einheitsbrei ab.
Die Herbpress kostet 30 Euro, dürfte aber eigentlich nur für Cafébesitzer interessant sein. Läuft die Espressomaschine sowieso den ganzen Tag, könnt ihr mit dem Tee-Siebträger Zwischenschritte sparen und neue Getränke und Angebote entwickeln. Alle anderen nehmen einfach den Wasserkocher.
Ist der Handfilter in Gefahr?
Es gehört eine Menge Selbstbewusstsein dazu, auf einer Messe für handgemachten Specialty Coffee mit einem Gerät wie der xBloom Studio aufzuschlagen. Denn dieses 700 Euro teure Gerät soll den Handfilter ersetzen.
Dafür bietet die xBloom ein eingebautes Mahlwerk, eine eingebaute Kaffeewaage und eine Onlinebibliothek für Röstungen und Varietäten, die sich per App direkt in die Maschine programmieren lassen. Der obligatorische kreisende Wasserstrahl darf natürlich nicht fehlen.
Unsere erste Frage lautete zwangsläufig, was dieses Gerät von einer Kaffeemaschine mit Mahlwerk unterscheidet – schließlich gibt es bereits unzählige (günstigere) Kandidaten am Markt. Die Antwort fiel eher schwammig aus, auch wenn der Zweck der xBloom klar scheint:
Sie bereitet ausschließlich Tassenportionen zu und soll zum Beispiel im Café den Ausschank von Pour Over-Kaffee erleichtern. Das ist zwar grundsätzlich legitim, spielt aber in dieselbe Problematik hinein, die wir jüngst im Zusammenhang mit LAP Coffee analysiert haben:
Warum sollte ich in einem Café für einen handgefilterten Kaffee zahlen, wenn der doch nur aus der Maschine kommt? Andersherum gefragt: Warum ist ein Vollautomat in der Specialty Coffee-Szene so ungern gesehen, während ein (wenn auch stylisher) Handfilterautomat klar gehen soll?
Auch Sage Espressomaschinen wirken auf einer Specialty Messe etwas fehl am Platz – aber nur, weil sie mit Touchscreen-Bedienung und totaler Usability nichts mit Snob-Geräten von La Marzocco und Co zu tun haben. Um eine Sage zu bedienen, müsst ihr gar nichts können.
Gerade erst haben wir mit der Sage Oracle Jet einen neuen Siebträger-Testsieger gekürt, da kommen die Australier mit der Sage Oracle Dual Boiler um die Ecke.
Für um die 3.000 Euro bietet sie zwei unabhängige Heizkreisläufe zur Kaffee- und Milchschaumzubereitung, ein riesiges Touchdisplay, absolute automatische Unterstützung bei der Einstellung aller Parameter oder die Möglichkeit, sämtliche Schritte manuell vorzunehmen.
Wenn wir die Fähigkeiten der Oracle Jet betrachten, ist die Oracle Dual Boiler ein Fall von zu viel des Guten. Wenn sie euch dennoch brennend interessiert, testen wir sie natürlich gern.
Betreutes Kaffeetrinken – nicht mehr nur für Hipster
Am großen Andrang beim Coffee Festival Berlin 2025 lässt sich vor allem eine Entwicklung festmachen: Das Interesse an gutem Kaffee nimmt stetig zu. Das ist nicht nur eine Chance für die Branche, sondern auch für die Wertschöpfungskette.
Zwar treibt dieses gesteigerte Interesse auch ein paar merkwürdige Blüten in Sachen Produktentwicklung. Aber das ist ja auch der Spaß an solchen Veranstaltungen. Und wer weiß: Vielleicht hat der Kaffeevollautomat irgendwann doch noch eine Chance.
Wart ihr auch auf der Veranstaltung oder habt irgendwo anders neue Gadgets entdeckt? Hinterlasst gern einen Kommentar!