In den vergangenen Wochen rauschte es mächtig im Blätterwald. Das Handelsblatt fragte nach dem „Luxusgut Kaffee“. Der Stern fragte: „Wird der Kaffee bald zum Luxus?“ Und Regionalblätter wie die Augsburger Allgemeine brachen in Panik aus: „Wird Kaffee bald unbezahlbar?“.
In den vergangenen Wochen rauschte es mächtig im Blätterwald. Das Handelsblatt fragte nach dem „Luxusgut Kaffee“. Der Stern fragte: „Wird der Kaffee bald zum Luxus?“ Und Regionalblätter wie die Augsburger Allgemeine brachen in Panik aus: „Wird Kaffee bald unbezahlbar?“.
Solche Überschriften zeigen zunächst nur eins: Wir haben es immer noch nicht verstanden. Kaffee war schon immer ein Luxusgut. Weil er nicht überall wächst. Weil er aufwendig gepflegt, geerntet, verarbeitet und geröstet werden muss.
„Warum ist Kaffee so teuer? war schon immer die falsche Frage, weil er noch nie „teuer genug“ war.
Dass wir Supermarkt-Kaffee oder Discounter-Kaffee zu abenteuerlich niedrigen Preisen kaufen können, liegt nicht am Produkt oder den eigentlichen Produzenten. Sondern an der Marktmacht der Händler und Spekulanten. Sie haben uns dazu erzogen, Kaffee als Grundnahrungsmittel zu verstehen.
Damit dürfte es jetzt jedoch tatsächlich vorbei sein. Der Rohkaffeepreis ist innerhalb eines Jahres um mehr als 70 Prozent in die Höhe geschossen, zum Jahreswechsel 2024/ 2025 war der Aufwärtstrend noch nicht vorbei.
Was heißt das für die Kaffeepreise für Endverbraucher? Was bedeutet das für unsere Kaffeebohnen? Und was sind die Gründe für die Preisexplosion?
Ich habe mit Niklas von unserem Bohnenpartner Ocafi aus Brasilien gesprochen und analysiere für euch die Hintergründe. Ohne Überschriften-Panikmache.
Inhaltsverzeichnis
Wie funktioniert der Kaffeehandel?
Wenn wir an den Handel mit Produkten denken, läuft die Kette so: Jemand produziert etwas, verkauft es an einen Händler, der es wiederum an uns verkauft. Bei Nahrungsmitteln wie Kaffee (oder Kakao, Weizen etc.) läuft die Sache andersherum:
Produzenten und Abnehmer machen ihre Deals vor der Ernte eines jeweiligen Jahres. Als verderbliches Naturprodukt muss die Ware direkt nach der Ernte weiterverarbeitet und an den Mann gebracht werden. Sonst ist sie futsch.
In der Kaffeeherstellung und Kaffeeaufbereitung ist das nochmal so wichtig, weil die Bohnen eben nicht vor der Haustür wachsen und auch nicht direkt als Kirsche verwendet werden können.
Kaffee muss aus Ländern wie Brasilien, Guatemala, Äthiopien oder Vietnam in die ganze Welt verschifft werden und vorher einen langen „Veredelungsprozess“ durchlaufen.
Die Deals zwischen Produzenten und Abnehmern werden unterdessen bisher nur zu einem kleinen Teil direkt gemacht – Stichwort „Direct Trade“. Der meiste Kaffee wird in Futures — also Termingeschäften – an den Börsen gehandelt. Das wiederum ruft Spekulanten auf den Plan.
Das Erntejahr 2024: Der Klimawandel an der Arbeit
Auf dem Papier scheint die Ernte 2024 noch ganz gut gelaufen zu sein. Niklas, Luis und ihre gesamte Crew von Ocafi haben 54,8 Millionen Säcke Kaffee eingefahren. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einem leichten Rückgang von 0,4 Prozent.
Doch schon dieser Rückgang ist ein Problem. Ocafi arbeitet intensiv daran, den Ertrag pro Pflanze durch moderne Anbautechniken zu erhöhen. Und hat damit in den vergangenen Jahren super Erfolge erzielt. Eigentlich hätten es laut Ocafi-Prognosen deshalb etwa zehn Millionen Säcke mehr sein müssen.
Doch der Klimawandel in Brasilien (und der ganzen Welt) macht ihnen zunehmend einen Strich durch die Rechnung. Zum einen wäre da der Regen:
Im brasilianischen Frühling von September bis November braucht es viel Regen, um die Kaffeebäume zum Blühen und damit zum Ausbilden von Kaffeekirschen zu bringen. Im brasilianischen Sommer brauchen die Kirschen viel Regen zum Wachsen und Ausbilden ihrer Aromen.
Brasilien hat 2024 den heißesten Frühling und Sommer seit 1949 erlebt. Die Durchschnittstemperatur lag bei 26,7 Grad Celsius – 1,2 Grad mehr als sonst üblich.
Außerdem fiel so wenig Regen wie nie zuvor: Der August war so trocken wie seit 36 Jahren nicht mehr, der Juli sogar so trocken wie zuletzt vor 73 Jahren. Schon im November 2023 wurden 70-Jahres-Marken geknackt (alle Zahlen von Länderdaten). Im Oktober gab es dann noch mehrere heftige Regenfälle mit Überflutungen.
Das hat nicht nur die Menge an Kaffee insgesamt reduziert, sondern auch die Qualität. Nur noch etwa 20 Prozent der Ernte auf den Ocafi-Farmen entsprach den Ansprüchen an Specialty Coffee – normalerweise sind es dort bis zu 40 Prozent.
Diese Entwicklung ist nicht nur in Brasilien zu beobachten. Vietnam, der größte Exporteur von Robusta-Kaffee wurde mit ähnlichem Wetter konfrontiert.
Doch warum sind die Kaffeepreise 2024 für Arabica gleich um 70 Prozent gestiegen, während sogar die vermeintlich „minderwertige“ Robusta-Bohne um mehr als 60 Prozent zugelegt hat? Ganz einfach:
Spielt der Kaffeemarkt verrückt?
Jeder weiß, dass Preise von Angebot und Nachfrage bestimmt werden. Während das Angebot an Kaffee sinkt, wollen immer mehr Leute Kaffee kochen und trinken. Die Nachfrage ist allein in Deutschland im Jahr 2024 erneut um rund 0,6 Prozent gewachsen. Weltweit wird allein der häusliche Absatz wohl um die 0,2 Prozent steigen.
Außerdem mussten sich speziell unsere brasilianischen Farmer 2024 mit Lieferketten- und Regulierungs-Problemen rumschlagen.
Laut Niklas stecken etwa zwei Millionen Säcke in brasilianischen Häfen fest, da es zu Verzögerungen bei der Verschiffung gekommen ist. Obendrauf kostet die sogenannte EU-Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung (EUDR) die Farmer mehr Geld.
Nach dieser Verordnung müssen Importeure nach Europa beweisen, dass ihre Produkte nicht mittels Abholzung entstanden sind. Das treibt die sogenannten Compliance-Kosten nach oben.
Zwar wurde die Umsetzung der Verordnung um ein Jahr verschoben, die betroffenen Unternehmen haben trotzdem bereits gehandelt – weil niemand wusste, dass die Verschiebung kommt.
Und weil das noch nicht reicht, ist Kaffee auch einfach ein Spekulationsobjekt. Die Kaffeepreise sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, weshalb Börsenspekulanten mehr Kaffee-Futures gekauft haben und so die Preise zusätzlich anheizen.
Zwar verkauft Ocafi seine Kaffeebohnen im Specialty-Segment nicht über die Börse. Doch sind eben nicht 100 Prozent einer Ernte für den Direkthandel mit Röstereien gemacht. Zum Überleben kommen Farmer und Exporteure bisher nicht um das Börsengeschäft herum.
Ocafi macht sich viele Gedanken um die (nahe) Zukunft. Darum haben sie einen sehr informativen Blogpost (auf Englisch) zur aktuellen Preissituation verfasst. Wenn ihr auch die börslichen Hintergründe verstehen wollt, empfehle ich einen Blick in Brazilian Coffee Market and Its Influence on Prices.
Die Kaffeepreise 2025: Und nun?!
Es hilft alles nichts: Auch die Preise unserer Kaffeebohnen werden steigen. Mit weniger Angebot, steigenden Kosten in der gesamten Lieferkette und der hohen Nachfrage auf Verbraucherseite bleibt keine andere Wahl.
Allerdings könnt ihr davon ausgehen, dass diese Preissteigerungen im vernünftigen Rahmen bleiben. Denn ihr profitiert von unserer direkten Partnerschaft mit Ocafi.
Da wir ohne jegliche Zwischenhändler auskommen und Ocafi auch bei der Vertragsgestaltung mehr Flexibilität anbietet als gesichtslose Riesen-Importfirmen, können wir zumindest einige Preis-Brandherde direkt löschen.
Was die Ernte 2025 bringt, wissen wir trotzdem nicht. Ob und wie globalpolitische Entwicklungen die Lieferketten weiter beeinflussen, wissen wir auch nicht. Wir wissen nur, dass wir in Sachen Kaffee-Qualität genauso wenig Abstriche machen werden wie in der Transparenz unserer Angebote.
Wir werden euch auf dem Laufenden halten und jegliche Änderungen in unserer Preisbildung ausführlich erklären. Habt ihr bereits jetzt Fragen? Hinterlasst uns einen Kommentar!