Stiftung Warentest prüft Kaffeevollautomaten: Doch noch lernfähig?

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

Wie wir testen | Unser Team

Es gehört zu einer meiner liebsten Tradition, mich über die Stiftung Warentest aufzuregen. Pünktlich zu Weihnachten bringt das Prüfinstitut alle paar Jahre einen Kaffeevollautomaten Test heraus, an dem ich mich abarbeiten kann – Murks! Schiebung! Keine Ahnung von nix!

Es gehört zu einer meiner liebsten Tradition, mich über die Stiftung Warentest aufzuregen. Pünktlich zu Weihnachten bringt das Prüfinstitut alle paar Jahre einen Kaffeevollautomaten Test heraus, an dem ich mich abarbeiten kann – Murks! Schiebung! Keine Ahnung von nix!

Mit dieser Einstellung habe ich auch das Heft 12/2023 aufgeschlagen. Und konnte mich nicht mehr ganz so aufregen.

In den Vorjahren bewiesen die Tester stets absolute Ignoranz für die Maschinenwelt und Kaffee im Allgemeinen. 

In der aktuellen Auflage haben sie ihren Ton geändert, auf abenteuerliche Argumentationen (größtenteils) verzichtet und nachvollziehbare Testsieger gekürt, die auch in meinem Kaffeevollautomaten Test 2024 super abschneiden.

Vielleicht hat die Stiftung auf meine Rants reagiert. Vielleicht haben die Prüfer endlich mal einen Kaffeevollautomaten in freier Wildbahn bedient.

Auch wenn ich mich über diesen Hinweis auf Lernfähigkeit freue, kann die Stiftung doch nicht ganz aus ihrer Haut. Denn bei näherer Betrachtung beweist auch der aktuelle Vollautomaten Test, dass es mit dem Motto „Unabhängig. Objektiv. Unbestechlich“ nicht ganz so weit her ist, wie die Stiftung behauptet.

Stiftung Warentest Kaffeevollautomaten 12/2023: Unbestrittene Testsieger & streitbare Schlussfolgerungen

Meine größte Kritik am Kaffeevollautomaten-Test der Stiftung von Dezember 2020 lautete, dass der Text um den eigentlichen Test herum scheinbar von Tchibo gesponsert wurde.

Anstatt den damaligen Testsieger in den Mittelpunkt zu stellen, wurde erst einmal säulenweise Text für den Tchibo Esperto Caffè verwendet – einen Kaffeevollautomaten ohne Milchaufschäumer, der in dieser Maschinenwelt getrost als Nischenprodukt gelten kann.

Im Kaffeevollautomaten Test 12/2023 taucht Tchibo zwar immer noch auf, steht aber mit dem Esperto Pro (Note 2,8) am hinteren Ende – und hält im Text die Klappe. 

Tchibo Esperto Pro Uebersicht klassik

Dafür haben jetzt DeLonghi Kaffeevollautomaten ihren großen Auftritt. Und auch das ist nicht ganz koscher.

Wer ist der beste Kaffeevollautomat laut Stiftung Warentest? Offenbar jeder DeLonghi…

Natürlich kann man mit Storytelling argumentieren. Doch die Stiftung muss mir trotzdem erklären, warum sie ihren Text zum Kaffeevollautomaten Test erst einmal mit einer Abhandlung über den DeLonghi Magnifica Evo beginnt, obwohl der eigentliche Testsieger DeLonghi Eletta Explore lautet.

Dreimal darf der Evo seine „Milch cremig“ schäumen und „einen dunkelbraunen Strahl Espresso ins Glas rinnen“ lassen, bevor der Eletta Explore irgendwas darf. Zuvor wird sogar noch der DeLonghi Magnifica Start genannt, der als Preistipp mit der Note 2,0 abschließt.

Selbstverständlich wundert es mich nicht, dass DeLonghi abräumt. Ich bin völlig fein damit, dass die ersten drei Plätze vom Eletta Explore, dem Magnifica Evo und dem DeLonghi PrimaDonna Soul besetzt werden. Wir sind schließlich genauso große Fans, alle drei Geräte sind top. Auch der Magnifica Start auf Platz 5 darf da stehen.

Alle Getränke in heiß & kalt

DeLonghi Eletta Explore Cold Brew

Kann praktisch alles – und das wirklich gut

Heißer & kalter Milchschaum

Heißer & kalter Kaffee

Einfache Bedienung

Vielschichtiges Aroma

Mahlwerk etwas laut

Getränke unübersichtlich

Luxuriöser Edelautomat

DeLonghi PrimaDonna Soul

Innovationen im „vernünftigen“ Format

Elektronisches Scheibenmahlwerk

Intuitive Bedienung

Viele (stufenlose) Einstellmöglichkeiten

Sehr guter Espresso und Milchschaum

Flotte Zubereitung

Display etwas fipsig

Merkwürdige „Adapt Bean Technologie“

Upgrade für Magnifica-Fans

DeLonghi Magnifica Start

Einstieger-Modell mit durchdachten Verbesserungen

Sehr einfache Handhabung

Kräftiger Espresso & Kaffee

Automatischer Milchschaum

Schön kompakt

Mahlwerk laut

Es müffelt nur abermals nach Industrie-Kuschelei, wenn sich der Text dermaßen verrenkt, um möglichst oft das Wort „DeLonghi“ unterzukriegen – und den Leser mit dem „falschen“ Gerät verwirrt.

Achtung, Verwechslungsgefahr: bester Vollautomat gleich neuester Vollautomat?

Auch wenn 2023 nicht das aufregendste Jahr für neue Kaffeevollautomaten war, gab es immer wieder schöne Ideen und Maschinen-Updates. Davon hält die Stiftung Warentest aber weniger.

Die insgesamt 19 Testkandidaten sind nicht unbedingt die aktuellsten ihrer Art. Das verwirrt Leser, die auf der Suche nach einer echten Neuerung sind. Um euch Sucharbeit abzunehmen, stelle ich veraltete Testkandidaten der Stiftung und ihre neueren Brüder aus meinem Test gegenüber.

Die Stiftung Warentest prüft…Aktueller ist …Das Neue ist …
DeLonghi Eletta Explore ECAM 450.55 SDeLonghi Eletta Explore ECAM 452.57.GKaltes Brühen & Kalter Milchschaum
DeLonghi Magnifica Start ECAM 220.22.GBDeLonghi Magnifica Start ECAM220.80.SBIntegrierter Milchaufschäumer
Tchibo Esperto ProTchibo Esperto2 CaffeMehr Funktionen, bessere Ergebnisse
Philips EP2231/40Philips 3300 LatteGoDer bisher gelungenste Philips Vollautomat zum tollen Preis
Melitta Barista T/TS SmartMelitta LatticiaKleiner, kompakter, günstiger, moderner
Nivona CafeRomatica 795Nivona Nivo 8Noch bessere Reinigung, top Gerät

Mir ist klar, dass man einen Kaffeevollautomaten aus einer höheren Klasse nicht direkt mit einem Vollautomaten aus einer günstigen Klasse vergleichen kann. 

Mir ist auch klar, dass Kaffeevollautomaten nicht „überaltern“, da die Kerntechnik gleich bleibt. Mir ist erst recht klar, dass eine Rieseneinrichtung wie die Stiftung Warentest nicht so beweglich ist wie wir.

Trotzdem finde ich, dass sie auf der Höhe der Zeit bleiben und nicht jedes Jahr Geräte recyceln sollten. Auch ihre Einseitigkeit in Sachen Marken müssen sie überwinden. 

Bei vier DeLonghis, drei Jura Kaffeevollautomaten, drei Philips-Geräten und zwei Melitta-Modellen fällt umso mehr auf, dass Siemens, Gaggia und Miele vollständig fehlen.

Andererseits muss ich festhalten, dass das Maschinenniveau im Vergleich zum vergangenen Test einen Sprung gemacht hat. Dort wurden uns nämlich noch Geräte präsentiert, die damals schon seit Jahren auf dem Markt waren.

Stiftung Warentest im Dauerclinch mit Krups

Bei Krups Kaffeevollautomaten hört der Spaß für die Stiftung schon immer auf. Nachdem sie uns 2020 mitgeteilt hat, dass sich beim Entkalken eines der (nicht genau benannten) Testkandidaten Nickel gelöst habe, fällt dieses Urteil 2023 für beide Kandidaten – den Krups Evidence One und den Krups Evidence Plus. Immerhin bekommen sie noch ein „befriedigend“.

Auffällig dieses Mal: Wurde 2020 noch lang und breit erklärt, warum Nickel so problematisch ist und dass man das Problem mit einmal mehr Spülen nach dem Entkalken lösen könne, gibt es dieses Mal nur einen kleinen Nebensatz zur Nickel-Problematik und keine Lösungsansätze.

Deshalb kann ich gut verstehen, dass Groupe SEB, Mutterkonzern von Krups, direkt ein Statement veröffentlicht hat. Darin positioniert sich das Unternehmen hart gegen die Stiftung. Der Tenor: So, wie ihr entkalkt, muss sich ja Nickel lösen. Außerdem hilft Spülen dagegen!

Versteht mich nicht falsch: Man sollte Konzernen nicht alles glauben. Doch die Testmethoden der Stiftung waren auch in meinem Expertenbereich schon immer fraglich. 

Außerdem hat die Stiftung selbst vergangenes Jahr noch die Lösung genannt, die sie dieses Mal einfach unterschlagen hat.

Reaktives Statement von Groupe SEB

Stiftung Warentest Kaffeevollautomaten Test 12/2020: Was bisher geschah…

Damit wir die Entwicklung von 2020 bis 2023 nachvollziehen können, gehen wir nochmal auf die Hauptpunkte meiner Kritik am Kaffeevollautomaten-Test der Stiftung von Dezember 2020 ein. Damals wurden 11 Geräte von denselben Herstellern untersucht.

„Dieser Test wird präsentiert von Tchibo …“

Wenn ihr die Heftausgabe von Dezember 2020 auf Seite 58 aufschlagt, beginnt der Text gleich mit ein paar Perlen:

Filterkaffee und Cappuccino werden als liebste Kaffeespezialitäten der Deutschen bezeichnet. Grundlage für die Aussage ist eine „Umfrage im Auftrag von Tchibo“ (S.58). 

Damit ist garantiert der Kaffeereport gemeint, den der Riesenröster seit mehreren Jahren mit dem Wirtschaftsmagazin brand eins veröffentlicht.  Er wird später im Text noch einmal zitiert, ich nutze ihn oft als statistische Quelle. Dass brand eins als Urheber nicht erwähnt wird, lassen wir an dieser Stelle noch durchgehen. 

Allerdings stolpern wir ein paar Zeilen später über folgende Aussagen:

Drei Geräte haben keine Milchschaumfunktion, sind dafür aber günstig: Die gute Tchibo Esperto Caffé ist mit rund 222 Euro weniger halb so teuer wie …“ 

Bis zu diesem Punkt wurde kein anderer Testsieger, kein anderer Hersteller, kein anderes Gerät genannt. Besonders merkwürdig: Wer leitet einen KaffeeVOLLautomaten Test ausgerechnet mit einem Gerät ein, dem eine wesentliche beliebte Funktion der Kategorie fehlt?

Während wir noch über dieses Storytelling den Kopf schütteln, gibt es wiederum ein paar Zeilen später noch einen Tchibo-Nachschlag: 

 „Wer auf die Schaumkrone nicht verzichten mag, kann sich zur Tchibo einen separaten Milchaufschäumer stellen.“

Danke für den krassen Tipp! Tchibo wird sich über die Doppelgelegenheit zum Geräte-Verkauf freuen!

Tchibo Esperto Caffè alle Getraenke

Bis hierhin haben wir immer noch nicht erfahren, wer der Testsieger ist – also mit Milchbehälter, Milchsystem und allem, was die Deutschen für ihre liebsten Kaffeespezialitäten benötigen. 

Insgesamt fällt der Name Tchibo allein auf den ersten beiden Seiten an fünf Stellen. Der Testsieger Jura E6 wird zweimal erwähnt. Der „Preis-Leistungs-Sieger“ von Philips darf ebenfalls zweimal auftreten. Allerdings erfahrt ihr nicht, um welches Gerät es sich handelt.

Genauso wenig findet ihr heraus, welche Version von „die Krups“ auf dem letzten Platz gelandet ist. Ihr erfahrt allerdings, dass dieses schlechte Testergebnis auf schlechten Schwermetall-Werten beruht. Siehe Nickel. Auch Maschinen von Melitta, Nivona und Siemens hätten ähnliche Probleme gehabt.

Das Testdesign auf dem Prüfstand

Die Stiftung gibt auf ihrer Seite zur Methodik an, dass sich die Kriterien seit 2016 nicht verändert haben. 35 Prozent entfallen auf eine wirklich hanebüchen lückenhaft beschriebene „sensorische Beurteilung“ durch „ein auf Kaffee­verkostung geschultes Panel aus acht Personen“.

Was ich davon halte, dass keine Namen genannt oder Nachweise zur Expertise erbracht werden, könnt ihr ausführlich in meinem Rant gegen die Kaffeetests der Stiftung Warentest nachlesen.

Von dort kennen wir auch schon „Barista-Meister“ Eric Wolf, der in der Bezahl-PDF des 12/20-Tests mit einem wirklich großartigen Foto zu sehen ist:

Stiftung Warentest Der Maestro Nimmt Mass

Wir alle wissen, wie wichtig der Tangens einer Milchschaumhaube für den Geschmack ist, oder?!

Eric hatte dieses Mal die undankbare Aufgabe, eine „Cappuccino-Kritik“ zu jedem Vollautomaten zu schreiben, die aber nicht in die Bewertung eingeflossen ist. Warum nicht?

Milchschaum allein ist schließlich keine wirkliche Aussage. Erst als Latte Macchiato oder Cappuccino zeigt sich oft, wie eine Maschine mit den wichtigen Komponenten Konsistenz, Temperatur, Mengenverhältnis etc. umgeht.

Über die Prüfmethodik heißt es weiter: „Der Test ist Teamarbeit. Neben technisch versierten Prüfern untersuchten sensorisch geschulte Verkoster die Qualitäten von Espresso und Milchschaum, fünf Tester begutachteten zudem die Handhabung.“

Handhabung bedeutet für die Stiftung, dass ein „Experte“ die Gebrauchsanleitung beurteilt und fünf „erfahrene Nutzer (Frauen und Männer unterschiedlichen Alters) […] das Zubereiten der Getränke [bewerteten]. Sie stellten unter anderem verschiedene Getränke ein, hantierten mit dem Wasser­tank, befüllten den Bohnenbehälter.“

Alles richtig, alles gut. Aber kann mir mal jemand erklären, wie man „Befüllen des Bohnenbehälters“ in eine Zahl übersetzt?

Die Testurteile im Expertencheck

Geht es um die Geräte selbst, habe ich eher Fragen als Einwände zum Testbericht. Ich drösel meine Anmerkungen mal auf:

  • Die Kaffeevollautomaten von Jura und Krups wurden nach „etlichen Tassen Kaffee“ zerlegt, um die Geräte mit nicht herausnehmbarer Brühgruppe auf Kaffeerückstände zu untersuchen.

Das Ergebnis: Die Jura E6 soll „kaum Kaffeereste“ enthalten haben, in der Krups landete wesentlich mehr Kaffee, „der sich nicht entfernen lässt“. Meine Frage ist, wie viel „etliche Tassen Kaffee“ sind und was als „kaum Kaffeereste“ gilt.

  • „Nur Jura und Melitta gelingt sehr guter Espresso“

Diese Gesamtüberschrift für das Warentest-Urteil klingt etwas sehr fundamental, aber sie ist zumindest in ihrer positiven Aussage nicht falsch. Ich habe den Testsieger Jura E8 bisher nicht selbst geprüft.

Jura Z8 Kaffeevollautomat Arne schluerft Espresso

Aber der Jura Z10 hat den besten Espresso und Kaffee produziert, den ich jemals aus einem Kaffeevollautomaten getrunken habe. Melitta Kaffeevollautomaten machen ebenso feinen Kaffee.

Bloß gibt es keinerlei nachvollziehbare Begründungen, wie die Stiftung zu diesem Urteil kommt. Wie viel ist objektiv messbar, was ist persönlicher Geschmack?

Hier wird der Milchschaum „gut“, der Espresso ebenso. Ich würde etwas Einspruch erheben: Allein aufgrund der vielen Mahlstufen und wegen der Einstellbarkeit der Schaumkonsistenz sollte es bessere Noten geben. Übrigens gibt es ist mit dem DeLonghi Dinamica Plus längst ein noch besseren Kandidat.

Diese Entscheidung muss man mir erklären. Der Avanza ist nur ein Melitta Purista, an den ein Milchschaumsystem geknüppert wurde. Der Purista wäre also der eigentliche Kandidat gewesen. 

Dann hätte der Tchibo Esperto Caffé jedoch einpacken müssen. Und das hätte (eventuell, vermutlich, unter Umständen) jemandem so gar nicht geschmeckt. Doch der Purista macht besseren Espresso.

Stattdessen wurden als Tchibo-Vergleichspartner zwei Kaffeevollautomaten von Beko und Grundig herangezogen. Also „ungefährliche“ Marken, die in diesem Segment keine Rolle spielen.

Ansonsten bleiben folgende Erkenntnisse:

  1. Mit dem Siemens EQ.300 wurde zwar ein ziemlich alter Siemens-Vertreter ins Rennen geschickt, aber diese Wahl untermauert einmal den Klassiker-Status der gesamten Markenreihe – wie ich finde.

  2. Den Verlierer Krups EA817810 habe ich noch nicht getestet. Aber er ähnelt sehr stark dem Krups EA8108, der in meinem Test ebenfalls nur halb überzeugen konnte.

  3. Gegen den Preis-Leistungs-Sieger Philips EP3246/70 habe ich nichts. Ich finde nur, dass sich DeLonghi Kaffeevollautomaten preislich besser positionieren.

DeLonghi Kaffeevollautomaten Vergleich nach Preisklasse

Wer ist die Stiftung Warentest überhaupt?

Um zu verstehen, warum die Stiftung Warentest kritisch gesehen werden sollte, müssen wir uns die Struktur anschauen und eine wichtige Frage stellen: 

Quis custodiet ipsos custodes – Who watches the watchmen? 

Nicht jede Prüfinstanz braucht eine Prüfinstanz, die die Prüfinstanz überprüft. Sonst kämen wir aus dem Prüfen nicht mehr raus. Doch die Stiftung Warentest ist nicht einfach irgendein Institut. Sie schafft mit ihren Testurteilen Fakten und Wettbewerbsvorteile auf dem Markt. 

Prangt auf irgendeinem Produkt ein Aufkleber mit dem TESTURTEIL der Stiftung Warentest, vertraut ihr diesem Produkt mehr. Das schafft eine Machtposition, die man hinterfragen sollte. Vor allem, wenn es um die Prüfkriterien oder die Auswahl der Geräte geht.

Die Stiftung muss sich diese Skepsis doppelt gefallen lassen. Denn auch wenn sie wie eine unabhängige Verbraucherorganisation wirkt (und es zu großen Teilen auch ist), „gehört“ sie dem Staat:

Sie wurde in den Sechzigern von der Adenauer-Regierung gegründet und bezieht einen Großteil des Stiftungsvermögens bis heute aus der Staatskasse.

Daran ist nichts Verwerfliches. Doch wenn eine Verbraucherorganisation mit dem Staat kuschelt, der seinerseits in jeder Legislaturperiode immer wieder im Bett mit irgendwelchen Industrie-Interessen erwischt wird, muss man fragen, wie das zusammenpasst. Eine gute Zusammenfassung liefert der ZEIT ONLINE Artikel „Die Anti-Postfaktiker“ von 2016: 

„Obwohl keine Instanz die Testmethoden der Stiftung wirklich kontrolliert, haben ihre Noten für Produkte und Dienstleistungen eine enorme Auswirkung auf die Käufer und natürlich die Hersteller.“

Einstmals kostete es nur eine einmalige Bearbeitungsgebühr, wenn ein Hersteller ein Test-Siegel auf Kaffeemaschinen oder Staubsauger klatschen wollte. Inzwischen werden mehrere tausend Euro fällig – pro Jahr. 

Die Bundesregierung hat die Stiftungsfinanzierung umgebaut, die StiWa ist auf weitere Einnahmequellen angewiesen … Muss ich diesen Gedanken ausführen oder seht ihr auch eine lukrative mögliche Verzahnung von Stiftung, Herstellern und Bewertungen? 

Es gibt mehrere Vorfälle, bei denen diese Verzahnung vermutet werden kann: Die Stiftung Warentest wurde 2017 dabei „erwischt“, wie sie Mobilfunktarife positiv bewertete, die die Netzneutralität verletzen.  

Was haben Kaffeemaschinen schon mit Kaffee zu tun?!

Trotz aller Fortschritte können wir uns die Testergebnisse der Stiftung zu Vollautomaten oder Siebträgermaschinen direkt schenken. Denn sie beruhen auf einer katastrophalen Einstellung zum eigentlichen Kernpunkt aller Tests.

In meinem Rant über die Kaffee-Tests der Stiftung Warentest habe ich ein Zitat von 2009 recycelt, das für die Stiftung bis heute Bestand hat:

Das sensorische Einheitsprofil der Kaffees im Test mag Kaffeegourmets nicht schmecken. Sie zahlen viel Geld für Kaffee einer bestimmten Herkunft und Sorte. Doch solche Spezialitätenröstungen haben mit dem Alltagskaffee von heute wenig gemeinsam. Handelsübliche Kaffees orientieren sich gezielt am populären Geschmack.

Über die industriell motivierte Arroganz, die aus diesem Zitat spricht, will ich an dieser Stelle gar nicht mehr weiter reden. Kaffeegourmets, unite!

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Viel wichtiger ist, was sich daraus für die Vollautomaten-Tests ergibt. Seit dem ersten Test 2016 kippt die Stiftung ausschließlich Illy-Bohnen in die Maschinen – nachzulesen unter „sensorische Beurteilung“ auf der Methodik-Seite.

Das Lustige daran: Diese Illy-Bohnen landeten beim hauseigenen Espresso-Test 2016 auf dem 15. Platz – als klares Schlusslicht. Gleichzeitig wurde aber ihre „besonders fein-porige Crema“ gelobt, auch wenn sie „stärker bitter“ schmeckten (12/2016 Test S. 21).

Noch lustiger: Die Stiftung spricht von der Sorte Caffè in grani. Das ist keine Sortenangabe. Das heißt einfach nur „Kaffeebohnen“.

Die Stiftung Warentest sagt euch also weder, womit sie genau getestet hat, noch warum dieser für schlecht befundene Kaffee gewählt wird. Und zwar immer und immer wieder.

Damit es richtig wehtut, gelten folgende Testbedingungen: „Das Kaffee­volumen wurde auf 40 Milliliter einge­stellt, ansonsten die Werks­einstellung belassen.

DeLonghi ECAM 22.110.B Kaffeevollautomat Espresso beziehen

Fassen wir die Einstellung der Stiftung Warentest zu Kaffee zusammen:

  1. Es ist völlig egal, welche Kaffeebohnen ihr in den Bohnenbehälter kippt. Hauptsache, sie schmecken schön einheitlich und sind schön billig.

  2. Werkseinstellungen sind natürlich für alle Modelle und Hersteller identisch. Klaro. Und sie sind natürlich total super.

2018 ist mir zuletzt der Hintern geplatzt und ich habe die Prüfer mit verschiedenen Fragen zu ihren Kaffee-bezogenen Tests gelöchert:

  1. „Ihr habt geschrieben, dass es ein Qualitätskriterium sei, wenn Zucker auf der Crema liegen bleibt. Woher kommt diese Info? Ich hätte gerne eine Quelle. Von Experten höre ich immer wieder, dass die Crema eigentlich für die Sensorik egal ist.“

  2. „Ihr schreibt auch ‚Der Espresso sollte kräftig, stark geröstet und bitter sowie deutlich säuerlich schmecken.‘ Wer sagt das? Hört sich wie die Beschreibung von jemandem an, der keinen Espresso mag. Und warum bringt ihr hier ‚stark geröstet‘ rein? Das liegt doch an der Röstung und nicht der Zubereitung.“

Immerhin habe ich Antworten bekommen:

Die Crema geht mit ihrem Aussehen und ihrer Beschaffenheit in unsere sensorischen Beurteilung des Espressos mit ein. Unsere Aussage, dass idealerweise aufgestreuter Zucker auf der Crema liegen bleiben und nicht sofort untergehen soll, zielt dabei auf die geforderte Konsistenz der Crema ab: Sie sollte möglichst fest und beständig sein.

Als Basis für die sensorische Beurteilung gleicht ein auf Kaffeeverkostung geschultes Panel aus acht Personen die Espressi anonymisiert und randomisiert mit einer bereits bestehenden Attributliste zur Beschreibung der Produkte ab.

Das Panel aus acht Personen beschreibt die Kategorien Aussehen, Geruch, Geschmack und Mundgefühl anhand einer stufenlosen Intensitätsskala und wir werten die Ergebnisse statistisch aus.

Wichtig ist beim Geschmack, dass durch die Maschinen kein Fremdgeschmack an den Espresso abgegeben wird – etwa nach Metall oder Kunststoff.

Darüber hinaus wurden Geschmacksattribute wie Gesamtintensität, geröstet, bitter und säuerlich überprüft. Im Vergleich bewerten wir intensiv schmeckende Espressi als positiv. Dazu zählt auch das Röstaroma der Bohnen. Es sollte im Espresso deutlich wahrnehmbar sein, aber das Getränk sollte nicht verbrannt schmecken.

Natürlich können geschmackliche Vorlieben bei nicht auf Kaffeeverkostung geschulten Personen durchaus individuell ausfallen oder anders wahrgenommen werden.

Beantwortet das meine Fragen? Eigentlich nicht. Vor allem würden mich die Quellen für die Thesen interessieren. Aber hey … mit Nachweisen hält sich die Stiftung selten auf. Sie muss schließlich trompeten!

Alarmismus, Industrie-Nähe & der Tellerrand

Die kuschelige Nähe der Stiftung Warentest zur Industrie wird nicht nur bei Kaffeebohnen deutlich. So mancher Vergleichstest wird auch auf Schadstoff-Ebene angezweifelt: 

Demnach schüre die Stiftung Warentest „Ängste unter den Verbrauchern, die teils völlig unberechtigt sind“, wie das Hamburger Umweltinstitut in einem Artikel der WirtschaftsWoche von 2014 zitiert wird.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung ergänzt: „Problematisch kann es sein, wenn die Stiftung ihre Testergebnisse so kommuniziert, dass diese zu vermeintlichen Gesundheitsrisiken aufgeblasen werden.“

Auf der einen Seite gut für uns: Die Testmaßstäbe sind oft deutlich strenger als die gesetzlichen Werte. Aber die gesetzlichen Werte sind an sich schon streng. 

Tanzt ein Kaffeeautomat auch nur ein bisschen aus der Reihe, wird er aber nicht einfach mit „leicht erhöhten Werten“ angezählt, sondern gleich zur lebensbedrohlichen Tötungsmaschine hochgejazzt.

Diesen Eindruck vermittelt auch der 2020-Test, der jedoch wenigstens noch Lösungen präsentiert. 2023 werden wir nur mit alarmistischen Aussagen abgespeist.

Ich kann die generellen Ergebnisse der Stiftung Warentest in dieser Hinsicht nicht anzweifeln. Ich will nur den zweifelhaften Alarmismus, der an ganz anderer Stelle (nämlich bei den Kaffeebohnen) angebracht wäre, abdämpfen.

Dann müsste man nämlich ernsthaft die Preisfrage stellen. Wenn die Stiftung überhaupt mal von Bio- oder Fairtrade-Produkten spricht, schaut sie ebenfalls nicht über den Tellerrand der Industrie hinaus. Siehe Kaffee-Test von 2016 oder Nachhaltigkeits-Siegel-Test 2016.

Quijote Kaffee zur Stiftung Warentest: „Diese Aussage ist eine Frechheit“

Ich habe die Stiftungs-Testberichte und Quarkantworten auf meine Fragen zum Anlass genommen, und mich mit Pingo, Gründer der Direktimportrösterei Quijote-Kaffee, über die Stiftung Warentest und ihren Blick auf Kaffee unterhalten.

Arne: Was sagst du zu der Aussage, dass ein fair gehandelter Bio-Kaffee für 10,60 EUR pro Kilo „teuer“ sei?

Pingo: Diese Aussage ist eine Frechheit. Teil unserer Firmenpolitik ist es, unsere Kunden nicht über den Preis sozial zu selektieren. Wir kaufen unseren Kaffee so „teuer“ wie möglich direkt beim Produzenten und geben ihn so preiswert wie möglich an unsere Kunden weiter. Unser „billigster“ Kaffee kostet trotzdem 11,50 Euro pro Pfund. Wer sich jemals damit beschäftigt hat, wieviel Arbeit in dem Produkt steckt, käme niemals dazu, 10,60 Euro für „teuer“ zu halten.

Arne: Würdest du dieser Aussage zustimmen: Ein Qualitätskriterium für guten Espresso ist es, dass Zucker auf der Crema liegen bleibt.

Pingo: Ich kenne den Wunsch vieler frisch gebackener Espressomaschinenbesitzer, dass ihr Espresso so aussehen soll wie in alten Werbespots von klassischen süditalienischen Espressomarken. Eine dicke Crema kann ein Indikator für halbwegs frische Bohnen sein und ist häufig ein Indikator für einen Anteil an Robusta-Bohnen – oder zumindest reichlich Naturals im Blend. Über die Qualität des Kaffees sagt Crema freilich gar nichts aus.

Arne: Was hältst du von dieser Aussage: Espresso sollte kräftig, stark geröstet und bitter sowie deutlich säuerlich schmecken?

Pingo:Bei kräftig und stark gehe ich noch mit. Das gefällt mir persönlich auch. Vor allem in Kombination mit einer deutlichen Süße. Säuerlich hört sich nicht schön an. Vielleicht verwechseln die Redakteure es mit fruchtig? Bitter mag ich gar nicht, bitter soll mir wegbleiben. Kaffee soll meiner Meinung nach niemals bitter sein. Hört sich für mich so an, als würden die Leute von der Stiftung Warentest zu viele alte Krimis lesen, in denen sich echte Kerle ihren Kaffee genau so wünschen.

Weitere wichtige Gesprächsthemen rund um den Wert von Kaffee werden im Videointerview mit Pingo und Katze von Quijote Coffee behandelt:

Zweifelhaftes im PDF-Format: Was ist ein Test der Stiftung Warentest wert? 

Mir ist es egal, ob die Stiftung Warentest ein Gerät von Miele, Philips, Saeco, Jura, Melitta oder Siemens zum Testsieger erklärt. Mir ist sogar fast wurscht, ob diese Maschine Milch schäumen kann oder ein unlesbares Display besitzt.

Kaffeevollautomaten Test Testgeraete mit Arne

Ich möchte nur wissen, wie die Stiftung Warentest zu diesem Ergebnis kommt. Und zwar nicht nur Wischiwaschi und mit irgendwelchen Floskeln. Sondern genau von Mahlwerk bis Wassertank. Dann kämen auch die Testkauf-Verdachtsmomente nicht auf.

Mein Kaffeevollautomaten Test 2024 ist auch nicht unfehlbar. Aber er tut auch nicht so, als wäre er es. Die Stiftung trägt jedoch einen Heiligenschein, mit dem wir uns als Konsumenten oft selbst blenden.

Seht ihr das genauso? Hinterlasst mir gern einen Kommentar!

FAQ

Nach meinen Analysen erfolgt die Stiftung Warentest augenscheinlich Industrie-Interessen und beweist sich als undurchsichtig. Die Testsieger müssen nicht vollkommen angezweifelt werden, das Testdesign schon.

Das Stiftungsvermögen wird vom Staat finanziert. Die Testsiegel werden gegen eine hohe Jahresgebühr an Unternehmen verkauft. Zieht eure eigenen Schlüsse.

Laut Stiftung Warentest ist es der DeLonghi Eletta Explore. Hab ich nichts dagegen. Ich habe keinen allgemeingültigen Testsieger, da die besten Vollautomaten jeweils andere Zielgruppen bedienen. 

Dein Kaffee-Experte
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Arne Preuss

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