Leitungswasser trinken – Ein Hoch auf die Rohrperle!

Moin! Ich bin Arne. Nach einigen Jahren als Barista habe ich mich einer Mission verschrieben: mehr guten Kaffee unter die Leute zu bringen. Dafür stellen mein Team und ich eine breite Wissensbasis zum Thema Kaffee für euch bereit.

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Manchmal sind wir Deutschen einfach völlig bekloppt. In Sachen Qualität ist Leitungswasser in Deutschland (fast) genauso gut wie Mineralwasser – zumindest in den meisten Regionen. Und trotzdem rennen wir in den Supermarkt und schleppen (stilles!) Mineralwasser kistenweise nach Hause.

Leitungswasser trinken

Manchmal sind wir Deutschen einfach völlig bekloppt. In Sachen Qualität ist Leitungswasser in Deutschland (fast) genauso gut wie Mineralwasser – zumindest in den meisten Regionen. Und trotzdem rennen wir in den Supermarkt und schleppen (stilles!) Mineralwasser kistenweise nach Hause.

Das mag daran liegen, dass wir Flüssigkeit, die direkt aus der Wand und vielleicht alten Rohren kommt, nicht trauen. Oder an den hübschen Formulierungen von klaren Bergquellen, optimalen Mineralstoffgehalten und engelsgeküssten Ionen, die auf den Wasserflaschen aneinandergereiht werden.

Ich habe mich mit Wasser grundsätzlich schon mehrfach auseinandergesetzt –  sei es als Blogbeitrag zum Thema Wasserfilter für den Vollautomaten oder zum Brita Wasserfilter.

Vor etlicher Zeit habe ich sogar einmal diverse Wassersorten aus der Flasche verkostet. Es dürfte klar sein, warum ich den Aufwand betreibe: Ohne Wasser wäre der schönste Kaffee nichts weiter als eine Ladung Staub, die in den Zahnlücken hängen bleibt.

Bisher habe ich mich aber noch nicht ausführlich mit Leitungswasser per se beschäftigt. Und dabei interessiert mich vor allem der gesundheitliche Aspekt – denn irgendein Medium kommt in schöner Regelmäßigkeit immer mit der Horrormeldung um die Ecke, dass Leitungswasser trinken schädlich ist und ihr euch literweise Legionellen, Coli-Bakterien und sonstwas ins Glas kippt.

Ist Leitungswasser gesund

Die wichtigste Frage lautet: Kann man Leitungswasser bedenkenlos trinken? Die wichtigste Antwort: natürlich! Und dafür gibt es mehr als einen Grund. Tauchen wir also direkt ein in die glitzernde Welt der Rohrperle und sparen wir uns ab jetzt den Weg zum Supermarkt.

Leitungswasser in Deutschland – Der Weg von der Quelle zum Hahn

Ähnlich wie beim fertig panierten Schnitzel aus dem Supermarkt wissen die meisten gar nicht, wie ihr Leitungswasser eigentlich von der Quelle bis zum Hahn kommt. Jede Station ist dabei wichtig, spielt sie doch eine entscheidende Rolle dabei, ob die Rohrperle am Ende Bestnoten oder Bläch-Schande erhält.

Die Berliner Wasserbetriebe zum Beispiel widmen ihrem Produkt eine eigene hübsch aufbereitete Seite, auf der man aus all dem Heile Welt-Marketing erst einmal die nackten Fakten herausfiltern muss:

  • Quelle der Versorgung ist meist das Grundwasser, das in Berlin zunächst über 650 Brunnen in neun Wasserwerke gepumpt wird.

  • Dort wird es aufbereitet – dazu kommen wir später noch einmal.

  • Dann gelangt es in die sogenannten Versorgungsleitungen, die quasi die Autobahnen der hauptstädtischen Wasserversorgung sind und sich hier über 7.917 Kilometer erstrecken.

  • Von dieser Wasserautobahn zweigen wiederum etwa 298.000 „Landstraßen“, also die Hausanschlüsse ab, die sich wiederum in die einzelnen Leitungen bis zum Wasserhahn aufteilen.

Was lernen wir daraus? Wasser nimmt einen langen Weg von der Quelle bis zum Hahn und es gibt durchaus zahlreiche Stellen, an denen das Wasser in irgendeiner Form verunreinigt werden kann.

Damit das nicht passiert, muss die Wasserqualität ständig kontrolliert werden – was nicht nur in Berlin täglich und an vielen Stellen der Wasserversorgung passiert. Dabei gibt es allerdings einige Abers, die auch die Berliner Wasserbetriebe einräumen:

  • Bleifreies Wasser klingt selbstverständlich, ist es aber nicht. Denn der gefährliche Stoff wird zwar dadurch unwahrscheinlich, dass keine Bleirohre mehr für die Wasserautobahnen und -landstraßen in Berlin verwendet werden. Einige unsanierte Häuser können dennoch immer mit solchen Rohren bestückt sein.

  • Hinter dem harmlosen Begriff „Spurenstoffe“ verbergen sich solch Leckereien wie Arzneimittelreste oder „Substanzen menschlichen Ursprungs“. Der entsprechende Artikel liest sich so, als wäre hier das letzte Wort in Sachen Klärung und Reinheit noch nicht gesprochen. Der Versorger versichert, dass diese Spuren weder problematisch, noch gefährlich sind. Wissen sollte man es trotzdem.

  • Nitrat steht aktuell hoch in der Diskussion, weil die Belastung damit in Deutschland außergewöhnlich hoch ist. Dazu gibt es sogar eine EU-Klage. Schuld ist angeblich die Düngerei der konventionellen Landwirtschaft. Für unser Trinkwasser bedeutet dies jedoch nicht, dass wir uns vergiften – es geht aber eindeutig ums Geld. Dazu später mehr.

Das Gespenst Legionellen, das auch in den Horror-News immer mal wieder rausgekramt wird, ist tatsächlich so eine Sache. Denn hier sind Vermieter und Eigentümer in der Verantwortung, die Legionellenfreiheit AM HAHN zu überprüfen. Und zwar regelmäßig und engmaschig.

Gesetzliche Grundlage dafür ist die sogenannte Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch, kurz Trinkwasserverordnung. Es lohnt sich wirklich, dieses Regelwerk einmal durchzulesen, wenn man daran zweifelt, dass deutsches Trinkwasser gut kontrolliert wird.

Dennoch: Es gibt IMMER die Möglichkeit, dass irgendwas im Wasser zurückbleibt, was wir dort nicht haben wollen. Wasserversorger sind auch nur Menschen. Aber Panikmache auf breiter Front, wie sie gerne mal zum Sommerloch-Sport erkoren wird, ist einfach fehl am Platz.

Interessante Facts zum Leitungswasser: Inhaltsstoffe und Verfügbarkeit. Plus eine kleine Rechnung

Normalerweise ist es nicht die feine englische Blogger-Art, auf Wikipedia-Artikel zu verweisen. Den Eintrag zur Siedlungswasserwirtschaft in Deutschland möchte ich euch trotzdem ans Herz legen.

Denn hier findet ihr einige äußerst interessante Denkanstöße zum Thema Leitungswasser, die euch das nächste Mal im Hinterkopf ziepen sollten, wenn ihr im Supermarkt mal wieder zur Stillwasser-Flasche greifen wollt:

Trink- und Mineralwasser aus statistischer Sicht

Der Trinkwasserverbrauch in Deutschland ist überaus niedrig. Das ist eine gute Nachricht, deutet das doch darauf hin, dass wir beim Duschen oder Klospülen nicht so verschwenderisch ans Werk gehen wie die Amis oder Franzosen.

Von den täglichen 123 Litern pro Kopf (2016) gehen rund drei Prozent fürs Kochen bzw. Trinken drauf. Das sind etwa 3,7 Liter am Tag. Gehen wir davon aus, dass durchaus der Großteil für Nudelwasser oder den Vollautomaten verwendet werden, trinken wir vielleicht statistisch gesehen 300 ml Leitungswasser am Tag.

Der Mineralwasserverbrauch in Deutschland, bei dem wir davon ausgehen können, dass er nicht fürs Klospülen oder Duschen verwendet wird, betrug 2016 etwa 148 Liter pro Kopf. Auf den Tag gerechnet wären das etwa 400 ml.

Mal abgesehen davon, dass schon diese etwa stoppelige Rechnung (wir sind hier nicht bei Statistika!) zeigt, dass wir viel zu wenig Wasser trinken, können wir daraus folgern, dass in etwa so viel Mineralwasser wie Leitungswasser konsumiert wird.

Inhaltsstoffe im Leitungswasser

Der wirkliche Denkanstoß entsteht aber erst, wenn wir uns dieses Verhältnis im Vergleich zu den Inhaltsstoffen und dem Preis angucken. Und hier wird es wirklich interessant:

Frisches Leitungswasser aus dem Wasserhahn

Die meisten von uns kaufen Mineralwasser, weil sie ihren täglichen Bedarf an wichtigen Spurenelementen wie Calcium, Magnesium etc. auch damit decken wollen. Und das ist grundsätzlich eine gute Idee. Je nachdem, wen man fragt, sind dabei stets unterschiedliche Marken am beliebtesten.

Nehmen wir uns einfach einmal eine Flasche Gerolsteiner Naturell vor – immer wieder ganz vorne auf den Ranglisten. 1 Liter aus der Flasche enthält laut Angaben des Herstellers rund 140 mg Calcium, 49 mg Magnesium, 3 mg Kalium und 12 mg Natrium.

Das Berliner Leitungswasser bzw. der Versorger, stellt diese Daten ebenfalls zur Verfügung. Hier wären es rund 108 mg Calcium, 11 mg Magnesium, 5 mg Kalium und 37 mg Natrium.

Worauf diese Zahlen hinauslaufen: Ja, Mineralwasser ist tatsächlich mineralreicher – auch wenn die jeweiligen Marken immer wieder andere Werte zeigen. Wichtiger ist aber, dass stinknormales Leitungswasser genau die gleichen Mineralien in nennenswerter gesundheitlich wichtiger Konzentration enthält, sodass sich beide Produkte gar nicht so sehr voneinander unterscheiden.

Und wir dürfen dabei eines nicht vergessen, wie auch dieser sehr pointierte ZEIT-Artikel festhält: Wasser, egal ob aus Hahn oder Flasche, egal mit wie vielen Mineralien, ist nur der ergänzende Lieferant für die Mikronährstoffe.

Unsere Hauptquelle ist und bleibt die Nahrung und wir würden bei einer ausgewogenen Ernährung auch ziemlich gut unterwegs sein, wenn wir nur destilliertes Wasser trinken würden. Macht natürlich kein vernünftiger Mensch, und das ist auch gut so.

Daraus folgt aber wiederum, dass wir dem Mineralgehalt des Wassers einfach viel zu viel Bedeutung beimessen, was es für die Wasserverkäufer, die sich damit dumm und dämlich verdienen, natürlich wiederum sehr einfach macht, uns mit Bergquellen-Mineralstoff-Geblubber das Gehirn zu verkleben.

Leitungswasser im Preisvergleich

Spätestens beim Preis sieht die Sache mit der Gleichheit ganz anders aus: Je nachdem, wo man die Flasche Gerolsteiner Naturell kauft, kostet der Liter rund 45 Cent. In Berlin kostet der Liter Leitungswasser rund 0,5 Cent pro Liter.

Dieser Wert kann je nach Region und Wasserversorger schwanken, und die Hauptstadt liegt ganz klar über dem Durchschnittswert von 0,2 Cent pro Liter in Deutschland.

Dennoch: Selbst mit diesem scheinbar lächerlichen Literpreis liegt Deutschland weit oben im Ländervergleich, hier ist Leitungswasser so teuer wie sonst kaum irgendwo in Europa.

Und das liegt rein rechnerisch witzigerweise daran, dass wir zu wenig verbrauchen. Denn die Leitungswasserversorgung und -entsorgung verursacht eigentlich nur mengenunabhängige Kosten, die wir bezahlen müssen, egal, wie viel wir abzapfen. Verbrauchen wir weniger, steigt also der Preis pro Liter an.

Hier kommt auch wieder das Nitrat-Problem ins Spiel, mit dem sich Wasserversorger aktuell intensiv herumschlagen müssen. Neue, noch engmaschigere Test- und vor allem Filteranlagen müssen her, sonst dürfte gar kein Wasser mehr aus der Leitung kommen. Und das wiederum kostet, was demnächst dafür sorgen KÖNNTE, dass die Wassergebühren steigen.

Mit einem Literpreis über zehn Cent werden wir trotzdem nicht rechnen müssen. Und da kann Leitungswasser gegenüber Mineralwasser einfach nur gewinnen.

Leitungswasser und Nachhaltigkeit

Zum Thema Nachhaltigkeit sage ich nur so viel: Ein Liter Leitungswasser wird durch sowieso bestehende Leitungen und Werke gepumpt, muss nicht irgendwo zwischengelagert werden und braucht auch nicht für jede Portion einen neuen Behälter. Natürlich verbraucht auch dieser Wasserkreislauf Strom und produziert zudem Abwasser, keine Frage.

Bei einer FLASCHE Mineralwasser dürfen wir allerdings neben der Produktion des Behältnisses, der Entsorgung und dem Recyclingprozess auch nicht solche „Kleinigkeiten“ wie LKW-Transport, Einkaufswege der Konsumenten etc. vergessen. In Sachen CO2-Emission steht also schon vorher fest, wer gewinnt.

Leitungswasser täglich trinken

Wer mir jetzt mit „Ich kaufe nur Glasflaschen!“ kommt, den muss ich leider enttäuschen: Da Glas schwerer ist und oft umständlicher verpackt werden muss, ist Glas in dieser Emissionshinsicht (zumindest was die Bereitstellung betrifft) leider schlechter unterwegs.
Leitungswasser lehnt sich hier zurück und gibt unterdessen mit seiner (theoretischen) Null-Emission an.

Andersherum muss sich PET die gesamte Wucht des Plastik-Hasses gefallen lassen und ist natürlich insgesamt ein Verbrechen an Natur und Vernunft.

Nach dieser doch sehr detaillierten Betrachtung, die in diesem Fall (ist mir bewusst!) eindeutig Pro-Leitungswasser ausfällt, bleibt dennoch die Erkenntnis: Mineral- und Leitungswasser nehmen sich nicht viel, wenn es um die Qualität geht, Rohrperle ist aberwitzig günstiger und steht in Deutschland sowieso und immer zur Verfügung.

Also ist Leitungswasser trinken nicht nur eine ökologische, sondern auch eine gesunde und vor allem ultragünstige Entscheidung. Ob es auch die geschmackliche bessere Entscheidung ist? Auftritt für die Kaffeenerds in drei, zwei, eins …

Kalk und Leitungswasser trinken – gehört eigentlich zusammen. Passt aber nicht immer.

Ausgesuchte Kaffeebars und Hobby-Barista meiden Rohrperle wie der Teufel das Weihwasser. Und die Begründung ist immer der böse Kalk. Die Calcium-Magnesium-Verbindung hat schon in so vielen meiner Texte und Tests eine Rolle gespielt, dass ich fast keinen Überblick mehr habe.

Und ich will euch nicht schon wieder mit einer detaillierten Betrachtung der deutschen Härte (ich LIEBE diese Maßeinheit) bombardieren.

An dieser Stelle zum Thema Kaffee und Leitungswasser nur so viel: Viel Kalk im deutschen Trinkwasser ist eine Tatsache. Und zu viel Kalk killt die feine Balance von Kaffee in jeder Zubereitungsmethode. Zu wenig aber genauso.

Darum ist es für Kaffee IMMER eine gute Idee, wenn ihr Leitungswasser filtern könnt – ob nun direkt im Vollautomaten oder extra im Brita. Ausnahmen gelten für alle Kaffeefans im Saarland und in Sachsen, ihr habt das beste Kaffeewasser ever direkt aus der Leitung!

In diesem Artikel geht es jedoch weniger um Kaffee, sondern ausnahmsweise einmal nur darum, ob man Leitungswasser trinken kann, trinken will und trinken sollte. Und wenn es um den Kalk geht, hätte ich für euch eine vielleicht überraschende Erkenntnis:

Unser hartes Wasser ist ein Segen für den Körper! Denn wenn wir von Kalk reden, meinen wir eigentlich das weiße Zeug, das zurückbleibt, wenn das Wasser verdunstet ist. Doch kalkhaltiges Wasser ist per se nur eine Lösung, in der ziemlich viel Magnesium und Calcium umherschwimmen.

Und beide Mineralstoffe sind unheimlich wichtig für uns – nicht umsonst schnabulieren die Deutschen Nahrungsergänzungsmittel mit diesen Inhaltsstoffen wie blöde. Dabei müssten sie nur den Hahn aufdrehen! Wir müssen nicht einmal den Taschenrechner zücken um zu erkennen, warum das die bessere Idee wäre.

Viel Kalk im Wasser lässt sich durchaus herausschmecken – was aber nur die merken, die sich zum Beispiel in Leipzig und Berlin schon einmal einen Vergleichsschluck gegönnt haben. Kalk addiert immer eine etwas säuerliche Grundnote dazu, die für viele von uns jedoch nach Heimat schmeckt.

Anders sieht die Sache allerdings bei Chlor aus. Und ja, auch das kommt schon einmal im Trinkwasser vor. Ähnlich wie im Schwimmbad soll Chlor nämlich desinfizieren und manchmal kippen die Versorger eine kleine Ladung ins Trinkwasser (was vor einigen Jahren in Düsseldorf der Fall war).

Auch hier werden die Vorschriften der Trinkwasserverordnung ganz sicher nicht außer Kraft gesetzt und ihr müsst hier nicht mit Schwimmbad-Mengen leben. Lecker ist diese Beigabe allerdings nicht und hat noch weniger im Kaffee zu suchen als Kalk.

Für den Fall also, dass bei euch mal einen Tag lang Chlorwasser aus der Leitung kommt, finde ich es durchaus okay, wenn ihr euch abgefülltes Mineralwasser holt. Ansonsten gilt: Leitungswasser trinken mit Kalk? Unbedingt!

Leitungswasser filtern – ein paar Gedanken

Kleine Anekdote: Neulich lag eine Bekannte von mir drei Tage lang kotzend flach. Den Grund für die plötzliche Erkrankung hatte sie ziemlich schnell identifiziert: Sie hatte sich in einem Berliner Sportstudio Wasser direkt aus dem Hahn in die Wasserflasche gefüllt:

„Und ich dachte noch, das Wasser ist ganz schön warm und schmeckt irgendwie komisch“, war die Moral von der Geschichte. WAS sie sich da aus dem Hahn gezerrt hat, kann man nicht wissen – und will man vermutlich auch nicht.

Bevor ihr jetzt panisch werdet und dringend von mir den Namen des Sportstudios haben wollt – die Auflösung in diesem Fall ist eine ganz andere: Statt erst einmal ein wenig Wasser ablaufen zu lassen, wie JEDER VON UNS das schon fast automatisch tun sollte, hat sie den Flaschenhals gleich drangehängt. Lektion gelernt.

Sobald ein Wasserhahn eine Weile nicht benutzt wird, steht Wasser in den Rohrleitungen und kann dort fröhlich vor sich hin reagieren. Umsichtige Reinigung und Kontrolle durch Wasserwerke hin oder her. Und auch der Keimfänger namens Wasserhahn darf nicht unterschätzt werden.

Dabei entstehen Keime, die unser Körper eher weniger Klasse findet – und auf die er unter Umständen entsprechend heftig reagiert. Was ich damit sagen will: Wenn die Wasserversorger sagen, dass sie über den letzten Meter zum Hahn keinerlei Kontrolle haben, dann ist das richtig.

Die Kontrolle (abgesehen von der Legionellen-Problematik) habt ihr: Wasser sollte immer erst einmal kurz abgelassen werden, bevor ihr die Menge, die ihr benötigt, abzapft. Wenn ihr euch dann immer noch Sorgen macht – die meist völlig unbegründet sind – hilft nur Abkochen.

Das wiederum bringt nur etwas, wenn euer Wasserkocher sauber ist. Brita Filter oder ähnliches, und das möchte ich an dieser Stelle noch einmal in aller Deutlichkeit betonen, sind gar nicht dafür da, Keime zu filtern! Auch wenn die Werbung das sehr subtil suggeriert und Verbraucherschützer deswegen vor einigen Jahren Sturm liefen.

Auch hier müsst ihr wiederum darauf achten, dass auch euer Filter sauber ist, denn auch dort finden Keime mehr als einen Tummelplatz.

Schlussendlich ist Leitungswasser filtern aus gesundheitlicher Sicht in Deutschland eigentlich völliger Blödsinn, solange es um die Keimbelastung geht – und solange die Vermieter oder ihr als Hausbesitzer der Sorgfaltspflicht nachkommen.

Und wie hier deutlich wird, kann es sogar sein, dass ihr mit Filterei und Co. eher genau das ins Wasser addiert, was ihr eigentlich loswerden wolltet.

Geschmacklich wiederum kann Filtern eine gute Idee sein, aber eben nur, wenn ihr beim Thema Aroma so sensibel seid wie ich.

Wann ist Leitungswasser trinken keine gute Idee?

Wenn wir unseren Blick von Leitungswasser in Deutschland auf Wasser weltweit erweitern, dann wird Rohrperle schnell zum Politikum und alles, was ich bis hierhin geschrieben habe, stimmt nicht mehr so ganz.

Da beschwert sich etwa die deutsche UNESCO-Kommission, dass Deutschland in der „Rangliste der Wasserqualität“ von 2003 so schlecht weggekommen ist. Der Konzern Nestlé ist inzwischen der Inbegriff des Teufels, wenn es um die weltweite Trinkwasserversorgung geht – und das zurecht, glaubt man den Medienberichten.

In jedem Fall solltet ihr vor eurem Urlaub – und zwar egal wo – erst einmal abchecken, wie es um die Leitungswasserqualität am Zielort bestellt ist. Denn nur, weil es in ein hoch entwickeltes Industrieland geht, heißt das noch lange nicht, dass ihr hier bedenkenlos den Hahn aufdrehen könnt.

Denn Industrie heißt auch immer Gefahr für die Wasserreinheit und es ist nicht gesagt, dass ein Urlaubsland, das bei der Produktion Spitze ist, auch beim Trinkwasser genauso gut ist. Ich würde euch immer empfehlen zum Beispiel beim Auswärtigen Amt vorbei zu schauen, das aktuelle Gefahren durch Trinkwasser bzw. Leitungswasser sehr genau aufschlüsselt.

Statt eines Fazits: Kleine Wasserkunde

Ich habe hoffentlich deutlich machen können, dass ihr eure Rohrperle zuhause gefahrlos genießen könnt. Sollte euch dennoch unwohl sein, fragt doch einfach mal bei den Versorgern genauer nach. Die sind schon aus Eigennutz daran interessiert, euch hier möglichst viele Informationen zu geben.

Wenn ihr mir jetzt immer noch nicht glaubt, dass Leitungswasser trinken fast schon ein Imperativ für kluge Köpfe ist, dann guckt beim Wasserkauf wenigstens ganz genau hin. Denn ähnlich wie bei Säften ist Wasser nicht gleich Wasser.

Ich habe Leitungs- und Trinkwasser synonym gebraucht, auch wenn das nicht ganz korrekt ist. Denn sollte ein Tümpel mit Süßwasser so sauber sein, dass auch ein zuständiges Amt das bestätigt, handelt es sich um Trinkwasser, dass ihr direkt schlabbern könnt. Aber wird damit wird es natürlich nicht zum Leitungswasser.

Richtiggehend schwierig ist der Begriff Quellwasser, der nach plätschernd klarem Trinkwasser aus dem Urgestein um die Ecke klingt – mit allen Benefits, die damit suggeriert werden. Die Quelle darf aber auch im burmesischen Hinterland liegen, was in Sachen CO2-Abdruck richtig blöd für euer Öko-Karma wäre.

Allerdings ist Quellwasser, das bei uns auf den Tisch kommt, durch Gestein natürlich gefiltert, mit Mineralien angereichert und darf nicht chemisch aufbereitet werden.

Das klingt super und ist auch nicht schlecht – nur steigt bei solchen Wässern, die nicht amtlich gekennzeichnet werden müssen, es aber ausnehmend gerne tun, der Literpreis mal schnell in Richtung 1 Euro.

Und das für Wasser, das rein gesetzlich noch unter den Anforderungen von Mineralwasser steht! Ja, Mineralwasser muss mikrobiell noch sauberer als Trinkwasser sein, damit es überhaupt verkauft werden darf.

Auch das ist gut. Aber wie wir gesehen haben, ist die Mikrobenbelastung in Deutschland sowieso nicht weiter erwähnenswert, wenn Trinkwasser aus dem Hahn kommt.

Der Gipfel des Wasserwahnsinns besteht aus zwei Extremen: Heilwasser und Tafelwasser. Heilwasser ist ein zugelassenes Arzneimittel und enthält wirklich herausragende Mineralstoffwerte.

Damit wird natürlich ebenso gern Geld gemacht wie mit dem Quellwasser-Begriff und Otto Normalmensch wird damit vielleicht ein bisschen gesünder, aber eben auch erheblich ärmer.

Tafelwasser ist eigentlich eine Frechheit. Hierbei handelt es sich um Stino-Leitungswasser, das nachträglich noch mit mehr oder weniger Salzen, Sole, Salzwasser oder Mineralien angereichert wird.

„Der große Schmu“, wie es das Manager Magazin so schön ausgedrückt hat, besteht hier darin, dass ein überaus billiges Produkt, zu dem die Hersteller noch nicht einmal sagen müssen, was genau gepanscht wird, zu einem überaus hohen Preis verkauft wird.

Fies gesagt könnte ein Konzern einfach nur den Wasserhahn aufdrehen, die Flaschen drunter halten und sie mit dem Etikett Tafelwasser versehen – und wäre damit auf der rechtlich sicheren Seite. Wer sich also Bonaqa und Co. kauft, verarscht sich im Grund selbst.

Diese kleine Warenkunde zeigt sehr deutlich, dass es kaum ein Grundnahrungsmittel mit so viel Konfliktpotential und Informationsbedarf gibt wie Trinkwasser. Wir halten es für selbstverständlich und wissen dennoch so gut wie nichts darüber.

Und diese Lücke nutzen Wasserhersteller – und das muss man leider so sagen – allesamt mit großem Erfolg aus. Denn tatsächlich würden wir als Verbraucher, vermutlich auch die Umwelt und auch unser Leitungssystem davon profitieren, wenn wir mehr Leitungswasser trinken würden. In diesem Sinne: Prost, Rohrperle!

Habt ihr noch Fragen oder wollt mehr wissen? Hinterlasst mir gerne einen Kommentar!

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